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Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.10.2018 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung nach Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages in Anspruch.
4Dem Rechtsstreit liegt ein am 28.05.2002 zwischen dem Beklagten und der Dbank # AG und Co. KGaA (künftig: Dbank) geschlossener Verbraucherdarlehensvertrag zugrunde (Bl. 18 d.A.). Der Nettokredit belief sich auf 17.961,43 € zuzüglich Versicherungsbeitrag i.H.v. 1.680,60 € für eine Kreditlebensversicherung (Bl. 21 d.A.), also einen Nennbetrag von 19.642,03 €. Die Dbank berechnete eine Bearbeitungsgebühr i.H.v. 3 % mit 589,26 €. Der Kredit sollte bei einem Nominalzins von 13,96 % p.a. (effektiv 16,05 %) in monatlichen Raten von 380,00 € ab dem 27.06.2002 zurückgezahlt werden.
5Nachdem der Beklagte 2005 in Zahlungsrückstand geriet, forderte ihn die Dbank unter dem 20.06.2005 „letztmalig auf, den Gesamtrückstand von 1.519,60 € innerhalb von 14 Tagen einzuzahlen oder zu überweisen“ (Bl. 22 d.A.). Das Schreiben war mit „Letzte Mahnung“ überschrieben.
6Mit Schreiben vom 11.07.2005, das den Betreff „Ihre Kreditkonten“ trug, kündigte die Klägerin den Kredit gem. Nr. 4 der Kreditbedingungen. Weiter heißt es in dem Schreiben:
7„Damit sind insgesamt 14.771,52 € zur sofortigen Zahlung fällig. Auf diesen Betrag werden künftig Verzugszinsen berechnet.“
8Der Beklagte wurde weiter gebeten, sich ab sofort in allen Fragen an die Inkassoabteilung zu wenden, an die das Kreditkonto „wegen der erheblichen Zahlungsrückstände“ abgegeben werden müsse. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen (Bl. 23 d.A.).
9Den im Kündigungsschreiben angegebenen Saldo hat die Klägerin nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.07.2005 zunächst mit der Klage geltend gemacht und die Klage nach Hinweisen des Landgerichts i.H.v. 846,18 € zurückgenommen (Bearbeitungsgebühr von 589,26 € und Zinsen i.H.v. 256,92 € für die Zeit von Vertragsschluss bis zur Kündigung am 11.07.2005, Bl. 46 d.A.).
10Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
11Der (reduzierten) Klage hat das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 13.925,34 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.07.2005 zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei Inhaberin der streitgegenständlichen Forderung als Rechtsnachfolgerin der I GmbH geworden. Die I GmbH habe die Forderung durch Abtretungserklärung vom 29.04.2015 von der Sbank erhalten, wie sich hinreichend substantiiert aus der Abtretungsanzeige vom 12.08.2015 (Bl. 6 d.A.) ergebe. Die Sbank habe unter ihrer damaligen Firma Dbank den Verbraucherdarlehensvertrag im Jahre 2002 mit dem Beklagten geschlossen. Es sei gerichtsbekannt, dass die Dbank sich mit Beschluss vom 18.01.2010 zur Sbank umfirmiert habe.
12Das Darlehen valutiere noch i.H.v. 13.925,34 €. Die Klägerin habe die Verzugszinsen und Prämienhöhe korrekt berechnet. Diese Forderung sei fällig, weil die Klägerin das Darlehen gemäß § 498 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Fassung vom 02.01.2002 (a.F.) wirksam fristlos gekündigt und fällig gestellt habe. Der Beklagte sei mit der Zahlung von mehr als 2 fälligen Raten – insgesamt i.H.v. 1.519,60 € – in Rückstand geraten und habe trotz der Zahlungsaufforderung vom 20.06.2005 innerhalb der gesetzten Frist von 14 Tagen nicht gezahlt.
13Die Forderung der Klägerin sei nicht verjährt. Vielmehr sei der Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist gemäß § 497 Abs. 3 S. 3 BGB in der Fassung vom 02.01.2002 (a.F.) mit Eintritt des Verzuges für die Höchstdauer bis 10 Jahren gehemmt. Durch das Kündigungsschreiben vom 11.07.2005 sei der Beklagte in Verzug gesetzt worden. Darin habe die Dbank den Beklagten konkludent eindeutig und klar zur Zahlung des Restsaldos aufgefordert. Sie habe weiter deutlich gemacht, dass sich der Beklagte nunmehr wegen Nichtzahlung schadensersatzpflichtig mache. Durch den Hinweis, dass sich nun die Inkassoabteilung um die Eintreibung der erheblichen Zahlungsrückstände bemühen werde, habe sie dem Beklagten erneut vor Augen geführt, dass die sofortige Zahlung des gekündigten Restsaldos verlangt werde. Es sei unschädlich, die Mahnung mit der die Fälligkeit auslösenden Handlung zu verbinden. Bereits das mit „Letzte Mahnung“ überschriebene Schreiben vom 20.06.2005 habe dem Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben, sich mit der Richtigkeit der Forderung auseinanderzusetzen. Die Klägerin habe auch keine wesentlich zu hohe Forderung angemahnt, was gegebenenfalls einem Schuldnerverzug entgegenstehen könne.
14Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er die vollständige Klageabweisung begehrt. Die Forderung sei entgegen der Auffassung des Landgerichts mit Ablauf des 31.12.2008 verjährt gewesen. Eine Hemmung gemäß § 497 Abs. 3 BGB a.F. sei nicht eingetreten, weil sich der Beklagte nicht gemäß § 286 BGB in Verzug befunden habe. Die Mitteilung, dass die Forderung sofort zur Zahlung fällig sei, stelle keine Mahnung dar. Auch die Ankündigung, auf den Betrag künftig Verzugszinsen zu berechnen, sei keine eindeutige und bestimmte Zahlungsaufforderung. Dies könne der Schuldner auch nicht daraus ableiten, dass das Konto zur weiteren Bearbeitung an die Inkassoabteilung übergeben werde. Damit werde vielmehr suggeriert, es sollten noch weitere Schritte veranlasst werden und eine Mahnung erst durch die Inkassoabteilung erfolgen. Die Klägerin habe in ihrem Kündigungsschreiben keine Frist zur Zahlung bestimmt.
15Der Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
17Die Klägerin beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Insbesondere habe das Landgericht zu Recht in dem Kündigungsschreiben eine verzugsbegründende Mahnung gesehen. Dies entspreche den Grundsätzen der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 13.07.2010, XI ZR 27/10) und der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte (OLG Köln, Urteil vom 19.03.2014, 13 U 2005/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.05.2018, 17 U 117/17; OLG Dresden, Urteil vom 20.10.2016, 8 U 1211/16; Urteil vom 14.02.2019 , 8 U 472/18, Rn. 43, juris), insbesondere des OLG Düsseldorf (Urteil vom 04.05.2018, 17 U 117/17) im Parallelverfahren zwischen den Parteien zur identischen Forderung (im Rahmen einer Klage auf Widerruf einer Schufa-Mitteilung der Klägerin = dortige Beklagte). Das hier streitige Kündigungsschreiben sei in seiner Wirkung mit dem Fall der erstmaligen Übersendung einer Rechnung nicht vergleichbar.
20II.
21Die Berufung des Beklagten ist begründet. Denn das Landgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht einem etwaigen Rückzahlungsanspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB jedenfalls die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) entgegen, die er gemäß § 404 BGB auch der Klägerin entgegenhalten kann (vgl. Busche, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 404 Rn. 27). Das entspricht der Rechtsprechung des Senats in vergleichbar gelagerten Fällen (vgl. Hinweisverfügung vom 23.05.2016, 31 U 41/16; Beschluss vom 11.09.2017, 31 W 23/17), mit der sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt hat und an der im hier zu entscheidenden Fall festzuhalten ist.
221.
23Der Annahme der Verjährung steht nicht die Rechtskraftwirkung des Urteils im Parallelverfahren vor dem OLG Düsseldorf (17 U 117/17) entgegen. Obwohl Parteiidentität bestand und auch der hier geltend gemachte Rückzahlungsanspruch der Klägerin vom OLG Düsseldorf geprüft und bejaht worden ist, besteht keine Bindungswirkung aus § 322 Abs. 1 ZPO. Denn es erwachsen nur Entscheidungen über den Klageanspruch selbst in Rechtskraft und nicht die für diese Entscheidung tragenden Erwägungen oder sonstigen Urteilselemente (Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu § 322, Rn. 31). Das OLG Düsseldorf hat in den Urteilsgründen ausgeführt, dass „die Forderung der [Klägerin] auf Rückzahlung des gesamten Restbetrages des Darlehens nach Kündigung aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bislang nicht verjährt“ sei. Bei der Prüfung der Durchsetzbarkeit der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin an die SCHUFA Holding AG mitgeteilten offenen Forderung handelt es sich indes um eine bloße Vorfrage der klageabweisenden Entscheidung des OLG Düsseldorf über den dort geltend gemachten Widerrufsanspruch.
242.
25Der Anspruch auf Rückzahlung des Kündigungssaldos unterlag der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB. Diese begann mit Ablauf des Jahres 2005, in welchem dem Beklagten das Kündigungsschreiben vom 11.07.2005 zugegangen war, und endete zum Ablauf des 31.12.2008.
263.
27Der Ablauf der Verjährungsfrist war nicht gemäß § 497 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. gehemmt.
28Der Anwendbarkeit der Vorschrift kommt hier entscheidende Bedeutung zu. Entgegen der teilweise vertretenen Ansicht (BeckOK BGB/Möller, 49. Ed. 1.2.2019, BGB § 497 Rn. 11) schließt sich die 3-jährige Regelverjährungsfrist an den 10-jährigen Hemmungszeitraum gemäß § 497 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. an (vgl. BGH, Urteil vom 05.04.2011, XI ZR 201/09, Rn. 27; Senat, Beschluss vom 23.05.2016, 31 U 41/16; Senat, Urteil vom 05.09.2016, 31 U 28/15; OLG Hamm, Urteil vom 04.12.2018,19 U 66/18). Eine Hemmung nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. hätte demnach mit Verzugsbeginn, also Zugang des Kündigungsschreibens vom 11.07.2005 (am 13.07.2005 bei unterstellter 2-tägiger Postlaufzeit), begonnen und 10 Jahre angedauert. Ab dem 14.07.2015 hätte sich nach § 209 BGB übergangslos (Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., § 209 Rn. 1 und § 199 Rn. 41) die dreijährige Verjährungsfrist angeschlossen, so dass erneut rechtzeitig eine Verjährungshemmung durch Zustellung der Klageschrift am 05.06.2018 in diesem Rechtsstreit (Bl. 41 d.A.) auch unabhängig von § 167 ZPO eingetreten wäre.
294.
30Nach § 497 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. ist die Verjährung der Ansprüche auf Darlehensrückerstattung und Zinsen vom Eintritt des Verzugs an bis zu ihrer Feststellung in einer in § 197 Abs. 1 Nr. 3-5 BGB bezeichneten Art gehemmt, jedoch nicht länger als zehn Jahre von ihrer Entstehung an. Indes lässt sich hier nicht feststellen, dass der Beklagte sich mit der Rückzahlung des Darlehens in Verzug (§ 286 BGB) befunden hätte.
31Der Schuldner kommt durch eine Mahnung gemäß § 286 Abs. 1 S. 1 BGB in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, nicht leistet. An einer verzugsbegründenden Mahnung fehlt es hier. Das Kündigungsschreiben enthielt weder eine Mahnung noch war diese nach § 286 Abs. 2 BGB entbehrlich. § 286 Abs. 3 BGB ist auf Forderungen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag nicht anwendbar.
32a.
33Als verzugsbegründende Mahnung genügt zwar jede eindeutige und bestimmte Aufforderung, mit der der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt; auf die Rechtsfolgen eines Verzuges muss – anders als im Fall des § 286 Abs. 3 S. 1 BGB – nicht hingewiesen werden (vgl. BGH NJW 1998, 2132). Eine Mahnung kann zudem mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden werden und deswegen auch in einer Rechnung enthalten sein, selbst wenn nach den vertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen erst mit deren Zugang die Forderung fällig wird. Der vom Gesetzgeber mit den Regelungen des Verbraucherdarlehensrechts verfolgte Schuldnerschutz gebietet keine Auslegung von § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB dahingehend, dass Fälligstellung und Mahnung im Rahmen von § 497 BGB nicht verzugsbegründend verbunden werden können (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – XI ZR 27/10, Rn. 13, juris). Dabei handelt es sich jedoch um Ausnahmefälle (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2006 – X ZR 157/05 –, NJW 2006, 3271, Rn. 10; Urteil vom 13.07.2010 – XI ZR 27/10, juris Rn. 14; OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.04.2013 – 1 U 398/11, juris Rn. 43; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2012 – 23 U 68/12 –, Rn. 34 = NJW-RR 2013, 566; Senat, Hinweis vom 23.05.2016 – 31 U 41/16; Beschluss vom 02.08.2017 – 31 W 10/17; Beschluss vom 18.07.2018, 31 U 155/17). Auch wenn Fälligstellung und Mahnung in einem Schreiben verbunden werden können, müssen doch beide rechtlich getrennt zu beurteilenden Elemente für den Verzugsbeginn auch sprachlich bzw. inhaltlich unterscheidbar zum Ausdruck kommen. Andernfalls wäre ein Hinweis auf die mit der Fälligstellung eingetretene Zahlungspflicht im Regelfall als gleichzeitige Mahnung anzusehen, wodurch das Verhältnis von Regel und Ausnahme in das Gegenteil verkehrt wäre.
34Gemessen an diesen Anforderungen musste der Beklagte nach seinem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) nicht bereits das Kündigungsschreiben vom 11.07.2005 als Mahnung verstehen. Die Mitteilung, die Forderung werde fällig gestellt, stellt für sich gesehen keine Mahnung dar, sondern erschöpft sich in der Rechtsfolge der Herbeiführung der (sofortigen) Zahlungspflicht (vgl. Senat, Hinweis vom 23.05.2016 – 31 U 41/16, juris Rn. 5; OLG Frankfurt, Urteil vom 19. November 2012 – 23 U 68/12 –, NJW-RR 2013, 566 - Rn. 34). Die Verpflichtung „zur sofortigen Zahlung“ ist unmittelbare Folge der Fälligstellung, so dass allein der Hinweis auf diese Rechtsfolge nicht zugleich als Mahnung zu verstehen ist.
35Die Ankündigung, dass auf den Schuldsaldo „künftig“ Verzugszinsen berechnet werden, stellt ebenfalls keine über die Fälligstellung hinausgehende, eindeutige und bestimmte, an den Schuldner gerichtete Aufforderung, den bezifferten Betrag unverzüglich zu erbringen, dar (vgl. Senat, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.). Zwar mag für einen juristisch vorgebildeten Darlehensnehmer erkennbar sein, dass die angedrohte Berechnung von Verzugszinsen zwingend eine vorangegangene Leistungsaufforderung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB voraussetzt. Ein solcher Schluss von der Ankündigung einer Rechtsfolge auf eine dieser Rechtsfolge notwendig vorangegangene Handlung der Gläubigerin kann einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher aber nicht abverlangt werden. Bei einem solchen Verbraucher, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2016 –XI ZR 549/14 –, Rn. 23), ist insbesondere die Vorstellung nicht ausgeschlossen, dass bereits mit Kündigung des Darlehens – ohne weitere Voraussetzung – diese Zinsen geschuldet werden (vgl. Senat, aaO). Darüber hinaus suggeriert die weitere in dem Schreiben enthaltene Information, das Konto werde zur „weiteren Bearbeitung unserer Inkassoabteilung übergeben“, dass weitere Schritte noch veranlasst werden und eine Mahnung erst von dieser Stelle erfolgen wird.
36Für diese Beurteilung spricht insbesondere, dass die Bank in ihrem Kündigungsschreiben keine Frist zur Zahlung bestimmt hat. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 286 Abs. 3 BGB darf ein Schuldner, wird eine Forderung durch Kündigung erst fällig gestellt, grundsätzlich von einer angemessenen Zahlungsfrist ausgehen, bevor Verzug eintritt; ihm ist zunächst die Möglichkeit einzuräumen, die geltend gemachte Forderung zu überprüfen (vgl. BGH, WM 1970, 1141; OLG Frankfurt, a.a.O.). Auch insoweit konnte und musste das Kündigungsschreiben nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 157,133 BGB) nicht bereits als Mahnung verstanden werden; die erstmals erstellte Rechnung – selbst mit Zahlungsziel – gilt im Verkehr üblicherweise nicht als Mahnung (vgl. BGH, NJW 2008, 50 ff.). Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2010(XI ZR 27/10). Darin hat der Bundesgerichtshof die nicht angegriffene tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts zur Einordnung des Kündigungsschreibens als gleichzeitige Mahnung übernommen und aufgrund der Besonderheiten des Revisionsverfahren keine eigene Bewertung vorgenommen.
37Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung der teilweise abweichenden Beurteilung vergleichbarer Fälle durch andere Oberlandesgerichte für den hier zu entscheidenden Fall fest (vgl. insbes. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Es kann dabei offenbleiben, ob in Fällen, in denen im Kündigungsschreiben neben der Erklärung zur Gesamtfälligstellung auch eine Frist zur Zahlung des Gesamtsaldos gesetzt wird (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 28. Juli 2014 –14 U 2180/13 –, Rn. 17, juris), eine Mahnung gesehen werden, und Verzug sodann nach Ablauf der Zahlungsfrist eintreten kann.
38b.
39Das Landgericht hat eine wirksame Mahnung zusammen mit der die Fälligkeit auslösenden Handlung maßgeblich damit begründet, dass der Beklagte des Schutzes einer getrennten Fälligstellung und Mahnung nicht bedurft habe, weil ihm bereits vor der Kündigung unter dem 20.06.2005 ein als „Letzte Mahnung“ überschriebenes Schreiben der Dbank zugegangen sei. Das Landgericht hat sich damit auf die Argumentation in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 04.05.2018(17 U 117/17) gestützt. Danach sei die Situation mit dem Fall der erstmaligen Übersendung einer Rechnung nicht vergleichbar.
40Dem ist jedoch nicht zu folgen. Denn die Argumentation lässt die unterschiedlichen Bezugspunkte der beiden Schreiben außer Acht (vgl. Senat, Beschluss vom 09.08.2017, 31 W 10/17, Seite 5). Das Mahnschreiben vom 20.07.2005 bezog sich auf den „Gesamtrückstand“ von 1.519,60 €, also offene Raten, mit denen der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt in Zahlungsrückstand war, weil deren kalendermäßig bestimmte Fälligkeit eingetreten war. Nur insoweit stellte das Schreiben eine über den Hinweis auf die Fälligkeit hinausgehende Mahnung dar. Mit der anschließenden Kündigung bzw. Gesamtfälligstellung ergab sich demgegenüber eine völlig andere Forderung, nämlich die sofortige Gesamtrückzahlung des insgesamt noch offenen Kreditbetrages. Diese Forderung ist erst mit der Gesamtfälligstellung durch das Kündigungsschreiben vom 11.07.2005 entstanden. Für die Anwendung des § 497 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. auf diese Forderung kommt es auf eine gesonderte Inverzugsetzung für den fälligen Gesamtsaldo an (BeckOGK/Knops, 1.9.2018, BGB § 497 Rn. 33.1).
41Die Gesamtfälligstellung verlangt gemäß § 498 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. zwingend eine vorausgehende qualifizierte Mahnung, in der der bis dahin fällige Betrag beziffert und die Rückzahlung der gesamten Restschuld angedroht werden muss. Diese (verbraucherschützende) Regelung soll eine zusätzliche Warnung für den Darlehensnehmer sicherstellen und nicht die allgemeinen Anforderungen an die verzugsbegründende Mahnung hinsichtlich des Gesamtsaldos herabsetzen. Dieser Gesichtspunkt steht im Ergebnis auch einer Anwendung von § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB entgegen, wonach ein sofortiger Verzugseintritt aus besonderen Gründen auch ohne Mahnung angenommen werden kann, wenn dies unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist.
42Hinzu kommt, dass das vorangegangene Mahnschreiben vom 20.06.2005 für sich genommen nicht nachvollziehbar war. Denn darin hieß es, es stehe die zum 27.02.2005 fällig gewesene Rate i.H.v. „400,60 € zuzüglich der Folgerate und Bearbeitungskosten“ aus. Der angegebene Saldo von 1.519,60 € war damit rechnerisch aus dem Schreiben nicht zu ermitteln und konnte vom Beklagten auch nicht ohne Weiteres kontrolliert werden. Die angegebene Ratenhöhe entsprach bereits nicht der vertraglichen Festlegung von 380,00 €.
43c.
44Eine Mahnung war auch nicht gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB entbehrlich. Zwar bedarf es danach einer Mahnung nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt bzw. bestimmbar ist. Eine solche Festlegung muss aber durch Rechtsgeschäft – in der Regel in dem zugrunde liegenden Vertrag –, durch Gesetz oder in einem Urteil getroffen worden sein. Die – wie hier – einseitige Festlegung einer Leistungszeit („zur sofortigen Zahlung fällig“) durch den Gläubiger reicht, sofern dieser nicht nach § 315 BGB zur Bestimmung der Leistung berechtigt ist, nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2007 – III ZR 91 / 07, juris Rn. 7).
45d.
46§ 286 Abs. 3 Satz 1 BGB greift zugunsten der Klägerin ebenfalls nicht ein. Nach dieser Vorschrift kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens dann in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine Entgeltforderung geltend gemacht wird (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 8 U 1211/16 –, Rn. 8, juris), gegenüber einem Schuldner, der – wie hier der Beklagte - Verbraucher ist (§ 13 BGB), jedoch nur, wenn er auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 25.10.2017, a.a.O., Rn. 9). Daran fehlt es hier.
47III.
48Die Revision ist zuzulassen. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das OLG Düsseldorf hat in dem Urteil vom 04.05.2018 die hier maßgebliche Rechtsfrage des Verzugsbeginns abweichend beurteilt. Auch andere Oberlandesgerichte haben in vergleichbaren Fällen eine verzugsbegründende Mahnung angenommen, während die Rechtsprechung wieder anderer Oberlandesgerichte mit der hier vertretenen Auffassung in Einklang steht. Deshalb liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vor.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckung hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.