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1.
Kündigt der Vermieter dem gewerblichen Mieter wegen Lärmbeeinträchtigungen fristlos, kommt es auf eine etwaige mangelhafte Schallisolierung des Mietobjektes nicht an, wenn sich die Unzulässigkeit der Lärmstörungen nicht allein aus der Lautstärke, sondern schon zumindest auch aus anderen Gründen ergibt, wie etwa einer unzulässigen Geräuschquelle oder einer einzuhaltenden Ruhezeit.
2.
Spricht ein Vermieter nach schon erfolgter Abmahnung aufgrund einer vergleichbaren weiteren Vertragspflichtverletzung des gewerblichen Mieters zunächst eine – erneute – Abmahnung aus, steht dies einer auf denselben Verstoß beruhenden nachfolgenden fristlosen Kündigung nicht zwingend entgegen, auch wenn der erneuten Abmahnung keine weitere vergleichbare Vertragspflichtverletzung folgte. Denn eine Abmahnung beinhaltet jedenfalls nicht ohne Weiteres auch einen Kündigungsverzicht und begründet auch nicht zwingend das Vorliegen einer unzulässigen Rechtsausübung im Falle einer gleichwohl nachfolgenden frist-losen Kündigung.
3.
§ 314 Abs. 3 BGB findet auf die fristlose Kündigung auch im gewerblichen Mietrecht keine Anwendung (Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 296/15 – Rn. 14 ff.).
Die Berufung des Beklagten gegen das am 5. Juni 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen – 12 O 171/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das vorbezeichnete landgerichtliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Verurteilung zur Herausgabe gemäß dem Tenor des vorbezeichneten landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000, - EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen bleibt dem Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt vom Beklagten Herausgabe einer verpachteten Gaststätte auf Grundlage einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
4Die Klägerin verpachtete dem Beklagten mit Vertrag vom 14.03.2017 (Bl. 9 ff. d.A.) Räumlichkeiten auf dem Grundstück F-Str. ### in I zum Betrieb einer Gaststätte. Das Pachtverhältnis begann am 01.05.2017 und sollte am 30.04.2027 enden. Es sollte sich jeweils um ein Jahr verlängern, wenn es nicht von einer Vertragspartei mindestens zwölf Monate vor Ablauf der Pachtzeit bzw. des jeweiligen Verlängerungszeitraumes schriftlich gegenüber dem anderen Vertragsteil gekündigt wird. Der Pachtzins beträgt 1.153, - EUR monatlich, die Betriebskostenvorauszahlung 247, - EUR. Oberhalb der Gaststätte befinden sich Wohnungen.
5Die Stadt I erteilte dem Beklagten mit Bescheid vom 30.05.2017 eine Erlaubnis gemäß § 2 Gaststättengesetz (Bl. 114 ff. d.A.). Diese enthält u.a. folgende Regelungen zum Lärmschutz:
6„[…]
72. Für die in baulichem Zusammenhang stehenden Wohnräume sind folgende Richtwerte einzuhalten:
8tagsüber 35 dB (A) – nachts 25 dB (A)
93. Als Nachtzeit gilt die Zeit von 22.00 Uhr – 06.00 Uhr. […]
104. Die im Betrieb befindliche elektroakustische Anlage ist stets mittels Schallpegelbegrenzer nur so zu betreiben, dass ein maximaler Innenpegel von LAFTM 80 dB (A) eingehalten wird.
115. Elektrisch oder elektronisch verstärkte Live-Musik […] oder Ansagen dürfen nur über die eingepegelte und verplombte Anlage im Betrieb abgespielt werden.
126. […]
137. Bei Live-Veranstaltungen und nach 22 Uhr sind Fenster und aus dem Gaststättenbetrieb führende Türen geschlossen zu halten.
148. Während der Nachtzeit (von 22 – 6 Uhr) sind musikalische Darbietungen sowie die Benutzung von elektroakustischen Anlagen untersagt, solange nicht durch Gutachten nachgewiesen ist, dass der bauliche Schallschutz gemäß DIN 4109 […] erfüllt ist.“
15Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.04.2018 (Bl. 24 ff. d.A.) mahnte die Klägerin den Beklagten u.a. dahingehend ab, dass er sowohl an Arbeitstagen als auch an Wochenenden erhebliche Lärmstörungen durch laut abgespielte Musik verursache. Dadurch würden die Mieter nicht unerheblich gestört und hätten Polizei und Ordnungsamt einschalten müssen. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, künftige Lärmstörungen, insbesondere eine Musikbeschallung in den üblichen Ruhezeiten, zu unterlassen. Sie wies darauf hin, dass der Beklagte, sollte er die Störungen aufrechterhalten, mit einer fristlosen Kündigung rechnen müsse.
16Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.06.2018 (Bl. 31 f. d.A.) erfolgte eine weitere Abmahnung der Klägerin, die sich darauf stützte, dass sich am Samstag, den 26.05.2018, Mieter über lautstarke Musik und Gegröle aus der Gaststätte beschwert hätten. Die Klägerin selbst habe gegen 22 Uhr von einem DJ gespielte laute Musik und grölende Menschen erleben müssen. Da der Beklagte nicht bereit gewesen sei, die Störungen für die übrigen Mitbewohner zu unterbinden, habe die Klägerin die Polizei informiert, die nach etwa 20 Minuten eingeschritten sei und den Beklagten abgemahnt habe. Die Klägerin wies den Beklagten im Schreiben darauf hin, dass er hiermit eine zweite Abmahnung hinsichtlich der Lärmstörung erhalte. Sie forderte ihn auf, künftig Lärmstörungen zu unterlassen, insbesondere Musikbeschallung in den üblichen Ruhezeiten. Sollte er dieser Abmahnung nicht Folge leisten, müsse er mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
17Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.06.2018 (Bl. 33 f. d.A.) mahnte die Klägerin den Beklagten wiederum u.a. wegen Lärmstörungen ab: Vom 09. auf den 10.06.2019 sei es erneut zu erheblichen Lärmstörungen gekommen. Der Lärm sei bis kurz nach 22 Uhr auf der Außenfläche vor der Gaststätte und danach in der Gaststätte verursacht worden. Die Mieter seien durch erheblichen Musiklärm und Gegröle bis 4 Uhr morgens gestört worden. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, die üblichen Ruhezeiten einzuhalten, insbesondere ab 22 Uhr abends die übrigen Hausbewohner weder durch lautstarke Musik noch durch lautes Gegröle der Besucher zu stören. Die Klägerin wies den Beklagten darauf hin, dass er, sollte er auch diese Abmahnung nicht ernst nehmen und weiterhin gegen seine Verpflichtungen aus dem geschlossenen Vertrag verstoßen, mit einer fristlosen Kündigung rechnen müsse.
18Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.07.2018 (Bl. 39 ff. d.A.) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos und forderte den Beklagten zur Herausgabe des Pachtgegenstandes bis zum 31.07.2018 auf. Dabei stützte sie sich u.a. auf Lärmstörungen des Beklagten:
19„[…]
201. Die Mieter im Hause F-Str. ### beschweren sich nach wie vor über laute Veranstaltungen mit Musikdarbietung. […] Nach wie vor halten Sie sich nicht an nächtliche Ruhezeiten. Zuletzt hat meine Mandantin hierzu einen Beschwerdebrief datierend vom 03.07.2018 erhalten. […] Zwischenzeitlich sind bereits Mietminderungen seitens der Mieter vorgenommen worden. Anlass hierzu geben die beständigen Lärm- und Geruchsbelästigungen, die von Ihnen ausgehen. […]
217. Am Freitag den 29.06.2018 ist es zu einer Lärmbelästigung Ihrerseits gekommen. Gegen 23.15 Uhr hat Sie eine Mieterin des Hauses persönlich angesprochen und darum gebeten, dass Sie doch endlich „für Ruhe sorgen mögen“. Des Weiteren bat die Mieterin darum, dass die Dunstabzugshaube endlich abgestellt würde. Eine Antwort hat sie hierauf nicht bekommen.“
22Der Beklagte leistete der Aufforderung zur Herausgabe nicht Folge.
23Die Klägerin hat behauptet, dass der Beklagte kalendertäglich nicht unerhebliche Lärmstörungen verursache, indem er Musik sehr laut abspiele. Dadurch würden die anderen Mieter erheblich gestört und hätten bereits wiederholt die Ordnungsbehörden einschalten müssen. Die Ruhezeiten würden nicht eingehalten. Sie hat im Übrigen Bezug auf den Inhalt ihrer Abmahnungen und des Kündigungsschreibens genommen.
24Der Klägerin hat beantragt,
25den Beklagten zu verurteilen, die Gaststätte im Erdgeschoss des Hauses F-Str. ### in ##### I mit den Nebenräumen im Erdgeschoss und den Nebenräumen im Kellergeschoss, die in den anliegenden Lageplänen 1 und 2 rot umrandet und mit den Ziffern 1-12 gekennzeichnet sind,
26die in dem anliegenden Lageplan 3 grün umrandete und mit den Eckpunkten A-B-C-D-E-F-G-H gekennzeichnete Terrasse,
27die in dem anliegenden Lageplan 3 blau umrandeten und mit den Eckpunkten I-J-K-L-I gekennzeichneten Pkw-Stellplätze,
28die in dem anliegenden Lageplan 4 gelb umrandete und mit den Eckpunkten A-B-C-D-E-F-G-H-I-A dargestellte Grünfläche und das gesamte vorhandene Wirtschaftsinventar, was in der Anlage 5 im Einzelnen aufgeführt ist, an die Klägerin herauszugeben.
29Der Beklagte hat beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Er hat bestritten, dass Ruhezeiten nicht eingehalten worden seien und er kalendertäglich nicht unerhebliche Lärmstörungen verursache. Ebenso hat er die in den Abmahnungen behaupteten Lärmstörungen bestritten; wenn überhaupt habe es sich seiner Ansicht nach um zulässigen Lärm gehandelt. Er hat behauptet, keine dritten Personen engagiert bzw. es zugelassen zu haben, dass diese durch mitgebrachte Musikanlagen für Unterhaltungsmusik auf der Freifläche sorgten.
32Der Beklagte hat – insoweit unstreitig – behauptet, er habe durch einen Sachverständigen für Schall- und Lärmschutz die Beschallungsanlage messtechnisch einpegeln und versiegeln lassen, so dass die Lautstärke den mittleren Maximalpegel von 80 dB unterschreite. Ferner hat er behauptet, dass lediglich zur Eröffnung des Restaurants am 27.05.2017 im Außenbereich Livemusik gespielt worden sei. Mit Ausnahme einer Wohltätigkeitsveranstaltung (Jazzband) am 06.10.2018 habe es danach keinerlei Musik im Außenbereich mehr gegeben. Er achte darauf, dass die Fenster ab 22 Uhr geschlossen seien. Es fehle an einer ausreichenden Schalldämmung, so dass die Mieter den – seiner Ansicht nach – zulässigen Lärm als Belästigung empfunden hätten.
33Der Beklagte hat zudem behauptet, dass Lautsprecherboxen, durch die eine Lärmbelästigung hervorgerufen werde, sich im Außenbereich nicht befänden. Er hat die Ansicht vertreten, dass eine gewisse Geräuschkulisse bei einem solchen Betrieb hinzunehmen sei. Im Übrigen halte er sich an die Auflagen seiner Erlaubnis.
34Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts gem. §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB zustehe. Das Pachtverhältnis sei durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 10.07.2018 gem. § 581 Abs. 2, 543 Abs. 1 S. 2, 578 Abs. 2 S. 1, 569 Abs. 2 BGB beendet worden.
35Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Beklagte erheblichen Lärm verursacht habe, der die Wohnungsmieter stark gestört habe. Der Zeuge und Wohnungsmieter A habe ausgesagt, dass es an mehreren Tagen ruhestörenden Lärm gegeben habe, den er beim Ordnungsamt angezeigt habe. Insoweit habe er sich auf seine E-Mails an das Ordnungsamt bezogen und die dortigen Angaben bestätigt (vgl. Bl. 174, 175, 177, 178, 181, 183 d.A.). Die Außenlautsprecher seien am 06. und 08.12.2017 bis ca. 23 Uhr und am 07. und 09.12.2017 bis ca. 22 Uhr betrieben worden. Am 10.12.2017 sei bis 21.30 Uhr laute Musik durch die Außenlautsprecher zu hören gewesen. Am 03.02.2018 habe es einen „italienischen Abend“ mit Livemusik gegeben, der bis 3 Uhr gedauert habe. Am 10.03.2018 habe es einen „russischen Abend“ mit Livemusik bis um 2 Uhr gegeben. Am 21.04.2018 habe es eine Veranstaltung mit lauter Musik bis 3.40 Uhr gegeben, die Fenster seien nachts nicht geschlossen gewesen. Am 02.06.2018 habe es Livemusik bis ca. 3 Uhr gegeben. Am 09.06.2018 habe es laute Musik bis 4 Uhr gegeben, die Fenster seien nicht geschlossen gewesen. Insgesamt habe es einmal im Monat Livemusik gegeben. Die Fenster seien nicht um 22 Uhr geschlossen worden. Außerdem hätten zwei Außenlautsprecher Lärm verursacht. Diese seien erst nach Betriebsende ausgeschaltet worden, mal um 22 Uhr, mal um 1 Uhr nachts. Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen als glaubhaft eingestuft, insbesondere auf fehlende Belastungstendenzen hingewiesen.
36Die Ehefrau des Beklagten, die Zeugin H, habe bestätigt, dass es am 10.03.2018 einen „russischen Abend“ gegeben habe. Sie habe die Veranstaltung gegen 23 Uhr verlassen, andere Freunde seien bis 24 Uhr geblieben. Es habe laute Musik gegeben, es sei getanzt und gesungen worden. Wenn 50 Leute anwesend seien, werde es schon mal laut.
37Die Zeugin A, die Ehefrau des Zeugen A, habe die Angaben ihres Ehemannes bestätigt. „Italienische Abende“ hätten im Jahr 2017 alle vier bis sechs Wochen stattgefunden und bis 3 Uhr gedauert. Zum Teil sei es so laut gewesen, dass sie den eigenen Fernseher nicht habe hören können, obwohl dieser auf volle Lautstärke gestellt gewesen sei. Später sei es nicht mehr so laut gewesen. Sie habe sich Notizen gemacht und angeben können, dass es am 02.06.2018 bis 3 Uhr und am 09.06.2018 sogar bis um 4 Uhr laut gewesen sei. Am 10.03.2018 habe es einen „russischen Abend“ gegeben, bei dem es so laut gewesen sei, dass sogar ihre Füße gekribbelt hätten. Am 07.04., 02.06. und 09.06.2018 habe es einen lauten „italienischen Abend“ gegeben. Die Außenlautsprecher seien störend gewesen. Diese seien solange an gewesen, wie Betrieb in der Gaststätte gewesen sei. Auch ihre Aussage hat das Landgericht als glaubhaft eingestuft.
38Dass die Zeugen A durch den Lärm stark belästigt worden seien, werde auch durch ihre Mietminderung um 20 % belegt, die sie unabhängig voneinander angaben. Nach ihren Beschwerden beim Beklagten sei die Musik entweder ausgeschaltet oder leiser gedreht worden. Nach einiger Zeit sei es aber wieder lauter geworden.
39Auch die weitere Wohnungsmieterin und Zeugin P habe bestätigt, dass es mehrfach laute Musik aus der Gaststätte gegeben habe. Dies sei vor allem am Wochenende gewesen, weil da viele Veranstaltungen gewesen seien. Mittlerweile sei es leiser geworden. Lärmbelästigungen habe es aber bis November 2018 gegeben. Am schlimmsten sei es am 26.05.2018 gewesen. Sie habe sich auch beim Beklagten beschwert, dieser habe sie aber wegen des Lärms nicht verstehen können. Sie habe zweimal die Polizei angerufen. Auch sie habe die Miete um 25 % gemindert wegen des Lärms und einer Geruchsbelästigung aus dem Abflussrohr. Aber sie hätte auch allein wegen des Lärms die Miete gemindert. Sie habe ein Protokoll über ruhestören-den Lärm erstellt und folgende Belästigungen bestätigt:
40 Samstag, 03.02.2018, bis 3 Uhr nachts,
41 Samstag, 21.04.2018, bis ca. 3 Uhr nachts,
42 Samstag, 26.05.2018, Event mit DJ, ca. 23.30 Uhr sei Ruhe eingekehrt,
43 Samstag, 02.06.2018, bis ca. 3 Uhr nachts und
44 Samstag, 09.06.2018, bis ca. 4 Uhr morgens.
45Die Aussagen würden durch die Bekundungen der Zeugen H und T nicht erschüttert. Die Zeugin H habe den „russischen Abend“ bestätigt; unerheblich sei, dass sie behauptet habe, man habe sich noch unterhalten können. Sie habe auch bestätigen können, dass es „italienische Abende“ gegeben habe. Ferner habe sie sich daran erinnert, dass einmal kurz nach 23 oder 24 Uhr die Polizei dagewesen sei und gebeten habe, Fenster und Türen zu schließen. Sie hätten gewusst, dass die Fenster spät abends nicht hätten offen sein dürfen, wenn Livemusik gespielt worden sei. Die Zeugin habe zudem eingeräumt, dass es Außenlautsprecher gegeben habe, die im Sommer 2018 entfernt worden seien. Der Zeuge T habe angegeben, mehrfach in der Gaststätte Livemusik gemacht zu haben, zuletzt im Juni oder August 2018.
46Soweit die Zeugin H bestätigt habe, dass ein Gutachter vor Ort gewesen sei, der die Lautsprecher auf 80 dB eingestellt habe, sei dies unerheblich. Denn sowohl sie als auch der Zeuge T hätten bestätigt, dass dieser seine eigene Musikanlage mitgebracht habe, so dass jedenfalls nicht ausschließlich mit den Lautsprechern der Gaststätte Musik erzeugt worden sei.
47Auf eine unzureichende Schalldämmung komme es nicht an. Es handele sich um eine Ausflugsgaststätte in einem Naherholungsgebiet. Der Beklagte habe diese als solche und nicht als Diskothek gepachtet. Laute Musik bis in die frühen Morgenstunden habe nicht zum Vertragszweck gehört. Eine permanente Beschallung des Außenbereichs mit Lautsprechern sei ebenso wenig vereinbart worden. Die Terrasse sei lediglich als Außengastronomie für eine Speisegaststätte verpachtet worden.
48Die nach §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 3 S. 1 BGB erforderliche Abmahnung habe die Klägerin ausgesprochen. Auch nach den Abmahnungen vom 27.04. und 06.06.2018 habe es ruhestörenden Lärm bis in die Nachtstunden gegeben.
49Die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der beiderseitigen Interessen sei der Klägerin eine Fortsetzung des Pachtverhältnisses bis zum 30.04.2027 nicht zuzumuten. Mehrere Mieter hätten wegen des ruhestörenden Lärms bereits die Miete gemindert. Die Kammer habe bei der Anhörung den Eindruck gewonnen, dass das notwendige Vertrauensverhältnis für eine Fortsetzung des Pachtvertrages nicht mehr bestehe. Die Klägerin habe eine Vielzahl von Abmahnungen ausgesprochen und darin unterschiedliche Vertragsverletzungen geltend gemacht. Unabhängig davon, ob diese tatsächlich zuträfen und unter Berücksichtigung des Umstands, dass nicht alle eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnten, zeige dies jedenfalls, wie zerrüttet das Vertragsverhältnis sei.
50Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsziel weiterverfolgt.
51Er ist der Ansicht, dass die Kammer seinem Beweisangebot, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der von der Gaststätte herrührende Lärm die zulässige Lautstärke von 80 dB nicht überschreite, sondern eine etwaige Lärmbelästigung der Wohnungsmieter auf eine unzureichende Schallisolierung des mit Holzböden ausgestatteten Altbaus zurückzuführen sei, hätte nachkommen müssen.
52Die behaupteten Lärmstörungen stützten die fristlose Kündigung zudem nicht. Eine solche sei erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Mit dieser müsse eine konkrete Pflichtverletzung beanstandet werden, verbunden mit der Aufforderung, diese Pflichtverletzung zukünftig zu unterlassen. Die Pflichtverletzung sei genau zu bezeichnen, der zugrunde liegende Sachverhalt müsse konkret dargelegt und das Fehlverhalten genau bezeichnet werden. Die Abmahnungsgründe müssten mit den späteren Kündigungsgründen identisch sein.
53Diesen Anforderungen würden die Abmahnungen und die fristlose Kündigung der Klägerin nicht gerecht: In der Abmahnung vom 27.04.2018 habe die Klägerin nur pauschal gerügt, dass der Beklagte an Arbeitstagen und an Wochenenden durch lautes Abspielen von Musik erhebliche Lärmbelästigungen verursache. Eine konkrete Darlegung des Sachverhalts unter Angaben von Zeit und Örtlichkeit (innerhalb der Gaststätte oder im Außenbereich) fehle. Mit Schreiben vom 06.06.2018 sei lautstarke Musik und Gegröle aus der Gaststätte bzw. aus der Fläche vor der Gaststätte am 26.05.2019 um 22 Uhr beanstandet worden. In der Abmahnung vom 14.06.2018 fehle es hingegen wieder an einer präzisen Darstellung, wodurch die behauptete Lärmbelästigung verursacht worden sein solle. Somit erfülle allein die Abmahnung vom 06.06.2018 die Anforderungen an eine wirksame Beanstandung einer Vertragspflichtverletzung. Diese müsse aber auch erfolglos geblieben sein. Für die Frage der Zulässigkeit der Kündigung vom 10.07.2018 sei entscheidend, ob zwischen dem 06.06.2018 und dem 10.07.2018 Lärmbelästigungen stattgefunden hätten und ob diese Pflichtverletzungen mit den zuvor angemahnten Störungen identisch seien.
54Die Ausführungen in Ziffer 1 des Kündigungsschreibens genügten zudem nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung der fristlosen Kündigung. Es fehle an einer konkreten Darlegung des vermeintlichen weiteren Fehlverhaltens unter Angabe von Zeit und Ort der Pflichtverletzung. Auch die Ausführungen in Ziffer 7 erfüllten diese Voraussetzungen nicht. Hier fehle es an einer Darlegung der konkreten Art und Weise der behaupteten Lärmstörung. Es sei keine Identität mit dem angemahnten Fehlverhalten feststellbar.
55Zudem habe die behauptete Lärmbelästigung vom 29.06.2018 nicht bewiesen werden können. Keiner der Zeugen habe Angaben über Lärmstörungen am 29.06.2018 oder überhaupt in der Zeit nach Zugang der Abmahnung vom 06.06.2018 konkret berichten können. Am 29.06.2019 habe keine außergewöhnliche Veranstaltung, sondern nur der normale Bewirtungsbetrieb stattgefunden. Die letzten Tischrunden seien vor 22 Uhr beendet gewesen. Die Klägerin habe zudem schon nicht dargelegt, wann die Abmahnung dem Beklagten zugegangen sei, so dass der relevante Zeitraum nicht bestimmt werden könne.
56Soweit der Zeuge A ausgesagt habe, die Außenlautsprecher seien täglich an gewesen, sei damit noch keine Pflichtverletzung bewiesen. Unstreitig sei nämlich, dass der Beklagte die Lautsprecher zunächst im Einvernehmen mit der Klägerin genutzt habe. Der Zeuge habe sich nicht mehr daran erinnern können, ob bei dem Gespräch im Zusammenhang mit den Außenlautsprechern die Klägerin darauf bestanden habe, dass diese ganz entfernt oder nur versetzt würden. Die Klägerin habe damit nicht beweisen können, dass sie den Beklagten aufgefordert habe, diese zu entfernen. Auch dass die Musik aus den Außenlautsprechern über die zulässige Lautstärke hinaus gegangen sei, habe sie weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
57Überhaupt hätten die von der Klägerin benannten Zeugen mit Ausnahme der Veranstaltungen vom 08.03.2018 („russischer Abend“) und des Geburtstagsständchen für den Beklagten vom 21.03.2018 keine konkreten Angaben zu den behaupteten Pflichtverstößen machen können.
58Der Beklagte beantragt,
59die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Essen vom 05.06.2019, Az.: 12 O 171/18, abzuweisen.
60Die Klägerin beantragt,
61die Berufung zurückzuweisen.
62Sie verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, die Lärmbelästigungen seien ihr unzumutbar gewesen. Sie bestreitet, dass ein Gespräch über Außenlautsprecher zwischen den Parteien geführt worden sei.
63Sie behauptet, dass es sich bei der im Kündigungsschreiben unter Ziffer 7 bezeichneten Mieterin um die Zeugin P gehandelt habe. Diese habe sich am am 29.06.2018 gegen 23.15 Uhr beim Beklagten beschwert und ihn persönlich gebeten, doch endlich „für Ruhe sorgen“.
64Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil und die Sitzungsprotokolle vom 12.12.2018 (Bl. 164 ff. d.A.) und 15.05.2019 (Bl. 236 ff. d.A.) verwiesen.
65II.
66Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass das Pachtverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 10.07.2018 beendet worden ist und ihr daher einen Herausgabeanspruch gem. §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB zuerkannt.
671.
68Zwischen den Parteien wurde am 14.03.2017 ein Pachtvertrag über eine Gaststätte mit Kellergeschoss und Terrasse, Pkw-Stellplätzen und Grünfläche geschlossen. Der monatliche Pachtzins beträgt 1.153, - EUR nebst 247, - EUR Betriebskostenvorauszahlung. Die ursprüngliche Wirksamkeit des Pachtvertrages wird von den Parteien nicht in Frage gestellt.
692.
70Das Pachtverhältnis ist aber durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Klägerin vom 10.07.2018 gem. §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB (im Folgenden werden die einschlägigen Vorschriften des Mietrechts jeweils ohne erneuten Verweis auf § 581 Abs. 2 BGB angesprochen) beendet.
71In den wiederholten unzulässigen Lärmstörungen des Beklagten ist ein wichtiger Grund im Sinne von §§ 569 Abs. 2, 543 Abs. 1 BGB zu sehen (a), der von der Klägerin auch vor der Kündigung gegenüber dem Beklagten wirksam gem. § 543 Abs. 3 S. 1 BGB abgemahnt worden ist (b).
72a)
73Nach der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden. Ein solcher Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. § 569 Abs. 2 BGB ergänzt dies dahingehend, dass auch die nachhaltige Störung des Hausfriedens einen solchen wichtigen Grund darstellen kann.
74§ 569 Abs. 2 BGB schützt das für das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haus bedeutsame Erfordernis der gegenseitigen Rücksichtnahme (vgl. BGH NJW 2015, 1239 <1240, Rn. 13>; Guhling/Günter/Alberts, Gewerberaummiete, 2. Aufl. 2019, § 569 Rn. 29). Über die Verweisung in § 578 Abs. 1, Abs. 2 BGB ist die Vorschrift auch auf Mietverhältnisse über andere Räume, also auch über Gewerberäume, und Pachtverträge (§ 581 Abs. 2 BGB) anwendbar, soweit die Miete bzw. Pacht von Räumlichkeiten den Schwerpunkt bildet (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 30 m.w.N.). Eingreifen kann der Kündigungstatbestand nur, wenn das Miet- oder Pachtverhältnis sich – wie hier – auf eine Einheit innerhalb eines (Wohn- und/oder Geschäfts-)Hauses oder eines größeren Komplexes bezieht, weil es nur in diesem Falle eine Gemeinschaft von Mitmietern gibt (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 31).
75Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens setzt voraus, dass eine Mietpartei die gem. § 241 Abs. 2 BGB aus dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme folgende Pflicht, sich bei der Nutzung der Mietsache so zu verhalten, dass die anderen Mieter nicht mehr als unvermeidlich gestört werden, in schwerwiegender Weise verletzt (BGH NJW 2015, 1239 <1240, Rn. 13>). Damit werden einmalige und vereinzelte Vorfälle ebenso aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschieden wie Störungen, welche dem Bagatellbereich zuzuordnen sind (vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 949 <Rn. 29>; Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 35). Hält sich das beanstandete Verhalten des Vertragspartners im Rahmen seines Mietgebrauches bzw. seiner vertraglichen Handlungsmöglichkeiten, kann ihm keine objektive Vertragsverletzung und damit keine Störung des Hausfriedens vorgeworfen werden (KG NJOZ 2004, 45 <49 f.>; vgl. auch KG BeckRS 2017, 123613 <Rn. 45>).
76Zur außerordentlichen Kündigung berechtigt die nachhaltige Störung des Hausfriedens jedoch nur, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 S. 2 BGB). Entscheidend ist der objektive Maßstab eines verständigen Durchschnittsmenschen (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 37). Es ist eine Zukunftsprognose anzustellen, wie sich das Miet- bzw. Pachtverhältnis entwickeln wird, ob also und ggf. in welcher Intensität mit künftigen Störungen des Hausfriedens – innerhalb der verbleibenden Vertragszeit – zu rechnen ist. An das Merkmal der Unzumutbarkeit sind insoweit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OLG Hamburg BeckRS 2002, 30238086, noch zu § 554a BGB a.F.). Zu Lasten des den Hausfrieden störenden Vertragspartners ist vor allem zu berücksichtigen, wie schwerwiegend zum einen das Maß der Pflichtwidrigkeit und zum anderen die Intensität der Störung für die Mitmieter des Objektes ist. Wichtig ist für die Abwägung, ob das Verhalten des Kündigungsgegners zum Ausdruck bringt, dass ihm die Belange der anderen Hausnutzer gleichgültig sind, oder ob sein Verhalten als unbewusster Verstoß gegen deren Interessen zu verstehen ist (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 37). Von einer Zielgerichtetheit der Störung ist insbesondere auszugehen, wenn der Kündigungsgegner nach einer Abmahnung sein Verhalten fortsetzt (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 37).
77Indiz für das Vorliegen des Kündigungsgrundes aus § 569 Abs. 2 BGB kann dabei das Eintreten einer Mietminderung eines Mitmieters nach § 536 Abs. 1 BGB aufgrund des Verhaltens des Kündigungsgegners sein (Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 33; Staudinger/Emmerich, Neubearbeitung 2018, § 569 Rn. 24).
78Der Hausfrieden kann insbesondere durch Ruhestörungen eines Vertragspartners, welche andere Mitmieter in der Nutzung der von ihnen gemieteten Räume erheblich beeinträchtigen, gestört werden (vgl. BGH NZM 2005, 300; LG Dortmund BeckRS 2017, 126375 Rn. 37; Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 47 m.w.N.). Die Lärmeinwirkungen dürfen allerdings nicht zulässig mit dem betriebenen Gewerbebetrieb verbunden sein (KG BeckRS 2017, 123613 <Rn. 45>; vgl. auch KG NJOZ 2004, 45 <49 f.>).
79Vorliegend ist das Landgericht nach Beweisaufnahme zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass der Beklagte erheblichen Lärm verursacht hat, der die Wohnungsmieter stark gestört hat. Danach hat es bereits im Jahr 2017 regelmäßige Lärmstörungen – monatlich bzw. alle vier bis sechs Wochen – insbesondere durch die Veranstaltung „italienischer Abende“ gegeben, die bei lauter Musik bis ca. 3 Uhr morgens gedauert haben. Für das Jahr 2018 hat das Landgericht folgende Lärmstörungen festgestellt:
80Am 03.02.2018 fand ein „italienischer Abend“ mit Livemusik bis 3 Uhr nachts statt, was der Zeuge I2 A und die Zeugin P bestätigt haben. Am 10.03.2018 fand – wie die Zeugen A angaben – ein „russischer Abend“ mit Livemusik bis 2 Uhr nachts statt. Deren Aussage wurde jedenfalls teilweise von der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin H, bestätigt, die angab, dass die Veranstaltung mit rund 50 Leuten mindestens bis 24 Uhr gedauert habe, es laute Musik gegeben habe und getanzt und gesungen worden sei. Am 07.04.2018 fand ein lauter „italienischer Abend“ statt, wie die Zeugin I3 A unter Rückgriff auf ihre Notizen bestätigte. Am 21.04.2018 gab es eine laute Musikveranstaltung bis 3.40 Uhr, bei der die Fenster des Restaurants nicht geschlossen waren, wie die Zeugen I2 A und P angaben. Am 26.05.2018 fand ein „DJ-Event“ bis 23.30 Uhr statt, wie die Zeugin P angab. Am 02.06.2018 gab es Livemusik bis ca. 3 Uhr nachts, wie die Zeugen I2 A, I3 A und P bestätigten. Schließlich gab es am 09.06.2018 laute Musik bis ca. 4 Uhr nachts. Letzteres gaben die Zeugen I2 A, I3 A und P an.
81Nach den Aussagen der Zeugen sei der Lärm zum Teil so erheblich gewesen, dass man sich kaum mit dem Beklagten habe verständigen können (Zeugin P zum 26.5.2018), man in der Wohnung ein Kribbeln in den Füßen gespürt habe (Zeugin A zu dem „russischen Abend“ am 10.3.2018) und den Fernseher bei Maximallautstärke in der eigenen Wohnung nicht habe verstehen können (Zeugin A für einen Vorfall im Jahr 2017). Auch habe es bis in den Sommer 2018 an der Hauswand befestigte Außenlautsprecher gegeben, über die die Außenfläche ständig beschallt worden sei. Das Vorhandensein von Außenlautsprechern bis Sommer 2018 bestätigte sogar die Zeugin H in Widerspruch zum Beklagtenvortrag. Der Zeuge T hat seinerseits bekundet, dass er mehrfach Livemusik in der Gaststätte veranstaltet habe und dazu eine eigens von ihm mitgebrachte Musikanlage mit Lautsprechern verwendet habe.
82Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszugs bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht, vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. KG NJW 2008, 1006 <1006 f.>). Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben. Jedoch ist das Berufungsgericht zu einer erneuten Tatsachenfeststellung nur verpflichtet, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird (BGH, NJW-RR 2017, 75 <77, Rn. 24> m.w.N.).
83Die oben angeführten Feststellungen des Landgerichts zu den Lärmstörungen sind nachvollziehbar und plausibel. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, insbesondere der Beweiswürdigung, des Landgerichts begründen, sind nicht ersichtlich. Das Landgericht hat sich innerhalb der Grenzen des § 286 ZPO bewegt und es besteht auch kein Anlass, von dieser Beweiswürdigung abzuweichen. Die Berufung selbst stellt die Beweiswürdigung des Landgerichts und die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen zu den Lärmstörungen nicht substantiiert in Frage. Sie behauptet lediglich, die Zeugen hätten keine „konkreten zeitlichen Angaben zu den behaupteten Pflichtverstößen mit Ausnahme der Veranstaltungen vom 08.03.2018 (‚russischer Abend‛) und des Geburtstagsständchens für den Beklagten vom 21.03.2018“ gemacht. Dies ist ersichtlich falsch. Im Übrigen versucht die Berufung vielmehr, die Lärmstörungen als Folge der unzureichenden Schalldämmung des Gebäudes darzustellen, und hat insoweit bereits erstinstanzlich beantragt, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der von der Gaststätte herrührende Lärm die zulässige Lautstärke von 80 dB unterschreite und eine etwaige Lärmbelästigung auf eine unzureichende Schallisolierung des Altbaus zurückzuführen sei.
84Das Landgericht ist diesem Beweisantrag jedoch zu Recht nicht nachgekommen. Auf die dort aufgeworfenen Beweisfragen kommt es vorliegend nicht an. Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, die Gaststätte dürfe Lärm bis zu 80 dB emittieren, ist dies unzutreffend. Laut seiner Gaststättenerlaubnis ist zwar eine elektroakustische Anlage stets mittels Schallpegelbegrenzer so zu betreiben, dass ein maximaler Innenpegel von LAFTM 80 dB eingehalten wird (vgl. Bl. 118 d.A.). Aus den weiteren Lärmschutzanordnungen der Konzession ergibt sich jedoch, dass für die angrenzenden Wohnräume die Richtwerte von 35 dB tagsüber und 25 dB nachts eingehalten werden müssen. Damit ist die Lautstärke gemeint, die in der Nachbarwohnung auf den Mitmieter einwirkt. Eine schlechte Schallisolierung des Gebäudes ist insoweit nicht von Belang.
85Hinzu kommt, dass die Nachtzeit in der Erlaubnis auf 22 Uhr bis 6 Uhr festgesetzt ist. Während dieser Zeit sind musikalische Darbietungen sowie die Benutzung von elektroakustischen Anlagen (gänzlich) untersagt, solange nicht durch Gutachten nachgewiesen ist, dass der bauliche Schallschutz gemäß DIN 4109 erfüllt ist. Dass ein solcher Schallschutz gegeben ist, trägt der Beklagte selbst nicht vor, vielmehr macht er selbst geltend, die Schalldämmung des Gebäudes sei schlecht, was ihn schon nach der oben angesprochenen behördlichen Verfügung gerade von jedweder Benutzung elektroakustischer Anlagen in der Zeit ab 22 Uhr zwingend und nachhaltig hätte abhalten müssen. Dennoch hat der Beklagte seine elektroakustische Anlage in unzulässiger Weise an den oben dargestellten Tagen bis in den frühen Morgen betrieben. Auf eine Einhaltung des maximalen Innenpegels von 80 dB kommt es dabei nicht an, die Anlage hätte ab 22 Uhr vielmehr ausgeschaltet werden müssen.
86Dass der Beklagte auch in dem vorliegenden Rechtsstreit offenbar noch die Auffassung vertritt, er habe auch nach 22 Uhr und ungeachtet einer nicht vorhandenen besonderen Schalldämmung und nach mehreren nachhaltigen Beschwerden der Mitbewohner eine elektroakustische Anlage bis zu ihrem maximalen Innenpegel von immerhin 80 dB bis in die Nacht- und frühen Morgenstunden ohne weiteres betreiben dürfen, bestätigt und vertieft die der Kündigung zugrunde liegende Annahme, der Beklagte sei den berechtigten Interessen der Mitbewohner mit einer ganz besonderen und eben nicht mehr hinnehmbaren Rücksichtslosigkeit entgegen getreten.
87Nach der Erlaubnis darf Livemusik zudem nur über die eingepegelte Anlage – und nicht in der Nachtzeit – abgespielt werden. Dass der Beklagte hiergegen verstoßen hat, hat sogar der von ihm benannte Zeuge T selbst bestätigt, der angab, einige Male – und auch nach der Abmahnung der Klägerin – Livemusik in der Gaststätte gespielt und dafür seine eigene Anlage mit Lautsprechern mitgebracht zu haben. Damit setzt die Berufung sich nicht auseinander. Auch dies stellt eine unzulässige, der Gaststättenerlaubnis widersprechende und den Hausfrieden nachhaltig beeinträchtigende Lärmstörung dar. Nach der Erlaubnis sind bei Live-Veranstaltungen außerdem die Türen und Fenster ab 22 Uhr zu schließen. Auch dies ist nach den Zeugenaussagen ausdrücklich nicht geschehen. Sogar die Ehefrau des Beklagten hat einen Vorfall erinnert, bei dem gegen 23 oder 24 Uhr die Polizei gekommen sei und den Beklagten aufgefordert habe, Fenster und Türen zu schließen. Zu dieser Aufforderung wäre es nicht gekommen, wenn die Fenster und Türen beim Eintreffen der Polizei geschlossen gewesen wären. Zudem hat die Ehefrau des Beklagten – worauf der Senat ergänzend hinweist – ausgesagt, der Gastraum und die Küche seien baulich gleichsam ineinander übergegangen und jedenfalls die Fenster der Küche seien während der Öffnungszeiten des Lokals stets – und demnach auch in den Nachtstunden – geöffnet gewesen.
88Ebenfalls nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Beschallung der Außenflächen in der Erlaubnis ausdrücklich untersagt worden ist. Dennoch wurden – sogar nach Aussage der Zeugin H – Außenlautsprecher bis in den Sommer 2018 hinein betrieben. Auch diese Missachtung der Belange der Mitbewohner hat offenbar den Hausfrieden nachhaltig gestört. Ob eine solche Störung zur Begründung einer fristlosen Kündigung heranzuziehen wäre, wenn die Außenbeschallung – wie es unter den Parteien streitig ist – in Absprache mit der Klägerin erfolgt wäre, bedarf angesichts der auch ohne diesen Gesichtspunkt eindeutigen Rechtslage keiner Vertiefung.
89Auf das beantragte Sachverständigengutachten kommt es nach den vorstehenden Ausführungen somit nicht an. Der Beklagte hat in vielfacher Weise gegen die Lärmschutzregeln der Erlaubnis verstoßen, unabhängig davon, ob die Anlage auf 80 dB eingepegelt und verplombt worden ist. Dies kann vielmehr als wahr unterstellt werden, ohne dass dies etwas an den dargestellten widerrechtlichen, schwerwiegenden Lärmstörungen ändert.
90Nach der nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung des Landgerichts war daher zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung am 10.07.2018 von einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens durch den Beklagten durch unzulässige wiederholte und schwerwiegende Lärmemissionen auszugehen. Der Beklagte hat seine Musikveranstaltungen immer wieder und trotz mehrfacher Bitten und Abmahnungen bis in die frühen Morgenstunden fortgesetzt, sogar deren Frequenz in den Sommermonaten erhöht. Das Landgericht hat aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin A bindend festgestellt, dass der Beklagte nach persönlicher Aufforderung die Musik zwar zumeist leiser gedreht, diese aber kurz danach wieder aufgedreht habe. Diesen Lärm mussten die anderen Mieter nicht hinnehmen, da es sich – wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat – nicht um eine Diskothek, sondern um ein Ausflugslokal handelt, das an die üblichen Ruhezeiten gebunden ist und in dem der Betreiber ab 22 Uhr keine Musik mehr abspielen darf. Es handelte sich keinesfalls um typische, von einem Ausflugsrestaurant hinzunehmende, sondern um sowohl zeitlich als auch akustisch deutlich darüber hinausgehende widerrechtliche Lärmemissionen. Solche waren jedenfalls bis in den frühen Morgen hinein von den Mitmietern nicht zu dulden. Der Beklagte hat hierdurch das Gebot der Rücksichtnahme in gravierender Weise verletzt.
91Die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses war der Klägerin zum Kündigungszeitpunkt, der insoweit für die Betrachtung entscheidend ist, auch nicht zuzumuten. Der Beklagte hielt sich ganz offensichtlich nicht an die Vorgaben seiner Erlaubnis und ließ sich auch von Abmahnungen nicht beeindrucken. Die Zeugen P und A hatten wegen der Lärmemissionen bereits die Miete zu 20 % und 25 % – die Zeugin P auch wegen Geruchsemissionen – gemindert. Es ist hier von einer zielgerichteten Störung des Beklagten auszugehen, der durch die Fortsetzung seines Verhaltens trotz der Bitten seiner Nachbarn und der Abmahnungen zeigte, dass ihm diese – die Nachbarn – und ihr Wohlbefinden letztlich gleichgültig waren. Die Fortsetzung des Pachtverhältnisses bis zur frühestmöglichen ordentlichen Kündigung zum 30.04.2027 war daher der Klägerin, auch unter Berücksichtigung der anderen Mitmieter, nicht zuzumuten.
92Ob darüber hinaus eine Zerrüttung des Pachtverhältnisses vorliegt, wie es das Landgericht aufgrund der Vielzahl von Abmahnungen auch mit Blick auf weitere Gründe angenommen hat, ist unerheblich.
93b)
94aa) Wie bei dem Grundtatbestand des § 543 Abs. 1 BGB, ist auch nach § 569 Abs. 2 BGB grundsätzlich eine Abmahnung gem. § 543 Abs. 3 S. 1 BGB erforderlich (vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 15350; Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 569 Rn. 40; BeckOGK-BGB/Geib, 1.10.2019, § 569 Rn. 43).
95Eine Abmahnung muss den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen (st.Rspr., vgl. nur. BGH NJW 2012, 53 <Rn 17> m.w.N.; vgl. auch BeckOGK-BGB/Mehle, a.a.O., § 543 Rn. 230). Das vertragswidrige Verhalten, gegen das sich der Vermieter wendet, muss im Rahmen der Rüge so genau bezeichnet sein, dass sich der Mieter danach richten kann (BGH NJW-RR 2000, 717 <718>). Erst eine nach Zugang der Abmahnung erfolgte erneute gleichartige Vertragsverletzung berechtigt den Vermieter zum Ausspruch einer außerordentlich fristlosen Kündigung. An das Kriterium der Gleichartigkeit dürfen dabei allerdings keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BeckOGK-BGB/Mehle, a.a.O., § 543 Rn. 235; vgl. auch Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn. 63).
96Vorliegend hat die Klägerin den Beklagten mehrfach wegen Lärmstörungen abgemahnt. Das Schreiben vom 27.04.2018 (Bl. 24 ff. d.A.) bezieht sich in allgemeiner Form auf erhebliche Lärmstörungen an Arbeitstagen wie an Wochenenden durch laut abgespielte Musik, durch die die Mieter gestört worden seien und Polizei und Ordnungsamt hätten eingeschaltet werden müssen. Davon zeitlich erfasst werden – ohne dass diese ausdrücklich im Schreiben benannt worden sind – die vom Landgericht festgestellten Lärmstörungen am 03.02.2018, 10.03.2018, 07.04.2018 und 21.04.2018. Das Schreiben vom 06.06.2018 (Bl. 31 f. d.A.) betrifft das von der Zeugin P bestätigte „DJ-Event“ am 26.05.2018. Mieter hätten sich demnach über lautstarke Musik und Gegröle aus der Gaststätte bzw. außerhalb derselben beschwert. Das Schreiben vom 14.06.2018 (Bl. 33 f. d.A.) betrifft das von den Zeugen A und der Zeugin P beschriebene laute Abspielen von Musik vom 9. auf den 10.06.2019 bis 4 Uhr morgens. Sämtliche Abmahnungen drohen im Falle des fortgesetzten Verstoßes – mithin in „qualifizierter“ Weise – die außerordentliche fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses an.
97Die Abmahnungen sind auch – entgegen der Auffassung der Berufung – hinreichend bestimmt. Die Abmahnung vom 27.04.2018 enthält einen klaren Hinweis auf den gerügten Sachverhalt, „Lärmstörungen durch abgespielte Musik“. Deswegen habe die Polizei und das Ordnungsamt verständigt werden müssen. Letzteres dürfte dem Beklagten als Adressaten dieser Maßnahmen ebenfalls erinnerlich sein und konkretisiert daher den gerügten Sachverhalt. Schließlich wurde der Beklagte aufgefordert, insbesondere Beschallungen während der Ruhezeiten zu unterlassen. Damit war auch der Hauptvorwurf noch einmal konkretisiert: Der Beklagte sollte – wie es auch seine Gaststättenerlaubnis vorsieht – keine Musik in den Ruhezeiten abspielen. Die Anforderungen an die Konkretheit und Bestimmtheit von Abmahnungen dürfen nicht überspannt werden, insbesondere muss es auch einem juristischen Laien möglich bleiben, eine solche rechtswirksam zu verfassen. Es reicht daher aus, wenn der Gegner den Vorwurf nachvollziehen und sich in Zukunft danach richten kann. Daran bestehen vorliegend keine Zweifel.
98Noch eindeutiger ist die Abmahnung vom 14.06.2018: Die Klägerin rügt einen konkreten Abend vom 09./10.06.2018 und konkrete Uhrzeiten: Bis kurz nach 22 Uhr sei es im Außenbereich laut gewesen, danach habe es in der Gaststätte erheblichen Musiklärm und Gegröle bis 4 Uhr morgens gegeben. Der Beklagte wurde erneut unmissverständlich aufgefordert, Musiklärm und lautes Gegröle in den Ruhezeiten zu unterbinden. Soweit der Beklagte einwendet, es sei nicht zu erkennen, wodurch die Lärmbelästigung verursacht worden sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Die Abmahnung muss nicht die konkrete (technische) Ursache im Sinne einer Musikanlage, Livemusik etc. bezeichnen. Die Bezeichnung „Musiklärm und Gegröle“ ist vollkommen ausreichend. Der Beklagte behauptet insoweit auch schon nicht, dass er die Abmahnung(-en) in irgendeiner Form missverstanden habe.
99Die Abmahnung vom 06.06.2018, die sich auf die Lärmstörung am 26.05.2018 („DJ-Event“) bezieht und ebenfalls die Lärmstörung durch Musikbeschallung in den Ruhezeiten rügt, erfüllt sogar nach Auffassung des Beklagten die Anforderungen an eine hinreichend bestimmte Abmahnung.
100Da bereits die Abmahnung vom 27.04.2018 wirksam war, entstand mit erneutem (zeitnahen) Verstoß des Beklagten gegen die dort gerügten Verhaltensweisen, nämlich das Abspielen von Musik in den Ruhezeiten, am 26.05.2018 („DJ-Event“) ein Kündigungsrecht der Klägerin, welches durch den weiteren Verstoß am 02.06.2018 (Livemusik bis 3 Uhr nachts) noch intensiviert wurde. Das von der Klägerin selbst als zweite Abmahnung bezeichnete Schreiben vom 06.06.2018 machte dieses Kündigungsrecht zunächst nicht geltend. Auch diese Abmahnung war wirksam und aktualisierte die Forderung der Klägerin vom 27.04.2018 nach einem Einhalten der Ruhezeiten. Ein erneuter Verstoß fand schließlich am 09./10.06.2018 statt, als laute Musik bis 4 Uhr morgens gespielt wurde. Hierdurch entstand erneut ein Kündigungsrecht der Klägerin. In sämtlichen Fällen handelte es sich auch um gleichartige Verstöße, da jeweils das Abspielen von Musik in den Ruhezeiten abgemahnt worden war.
101Dieses Kündigungsrecht hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 10.07.2018 wirksam ausgeübt. Dem steht auch nicht entgegen, dass sie auf das Verhalten des Beklagten in Bezug auf die Veranstaltung am 09./10.06.2018 nicht schon nach wenigen Tagen mit einer Kündigung reagiert, sondern den Beklagten mit Schreiben vom 14.06.2018 abgemahnt und ihn aufgefordert hat, die üblichen Ruhezeiten einzuhalten, sowie die fristlose Kündigung für den Fall angekündigt hat, dass er diese Abmahnung nicht ernst nehme und weiterhin gegen seine Verpflichtungen aus dem geschlossenen Vertrag verstoße.
102bb) Die Klägerin hat insbesondere nicht auf das – erneut am 09./10.06.2018 entstandene – Kündigungsrecht durch die Abmahnung vom 14.06.2018 verzichtet. Im (Gewerbe-) Miet- bzw. Pachtrecht wird ein solcher Fall, soweit ersichtlich, nicht diskutiert. Allerdings wird im Arbeitsrecht ein solcher einseitiger, auch konkludenter Kündigungsverzicht durch Ausspruch einer Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer hinsichtlich der in der Abmahnung gerügten Pflichtverletzung unter bestimmten Bedingungen angenommen. Der Arbeitgeber gebe demnach mit einer Abmahnung zu erkennen, dass er das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört ansehe, als dass er es nicht mehr fortsetzen könnte. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn gem. §§ 133, 157 BGB der Abmahnung selbst oder den Umständen zu entnehmen ist, dass der Arbeitgeber die Angelegenheit mit der Abmahnung nicht als „erledigt“ ansieht (zum Ganzen BAG NZA 2016, 540 <542 Rn. 28> m.w.N.; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 18. Auflage 2019, § 132 Rn. 25 f.). Die Abmahnung müsse sich als abschließende Reaktion auf das beanstandete Verhalten verstehen lassen (BAG NZA 2016, 540 <542 Rn. 30>). Ein Verzicht könne nur dann angenommen werden, wenn die Vertragsrüge deutlich und unzweifelhaft zu erkennen gibt, dass der Arbeitgeber den vertraglichen Pflichtverstoß hiermit als ausreichend sanktioniert ansehe (BAG NZA 2003, 1388 <1389>; Schaub, a.a.O., Rn. 26). Das sei insbesondere dann nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber sich weitere rechtliche Konsequenzen wegen der Pflichtverstoßes vorbehalte, auch wenn er das Schreiben als Abmahnung bezeichne (BAG NZA 2003, 1388 <1389>).
103Unabhängig davon, ob sich die arbeitsrechtlichen Grundsätze auf das Miet- bzw. Pachtrecht übertragen lassen, woran der Senat erhebliche Zweifel hat (so stellt die kurze Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB z.B. keinen übertragbaren Rechtsgedanken dar, vgl. BGH NJW 1982, 2432 <2433>), ist in der Abmahnung der Klägerin vom 14.06.2018 kein Verzicht nach den dargestellten Maßstäben zu sehen. Der Verzicht auf das Kündigungsrecht muss eindeutig sein, an das einseitige Aufgeben rechtlicher Vorteile sind hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BAG NZA 2003, 1388 <1389>; NZA 2008, 403 <404>). Aus der Verwendung des Wortes „Abmahnung“ allein folgt kein Verzicht auf das Kündigungsrecht (vgl. BAG NZA 2003, 1388 <1389>). Soweit die Klägerin bezüglich der Lärmstörungen den Beklagten konkret auffordert, die üblichen Ruhezeiten einzuhalten, insbesondere die übrigen Hausbewohner nicht durch laute Musik zu stören, ist darin kein (eindeutiger) Verzicht zu sehen. Irgendwelche Gründe, warum die Klägerin gegenüber dem Beklagten aus dessen Sicht mit der Abmahnung vom 14.06.2018 den Eindruck habe erwecken wollen, sie habe ihm gegenüber auf irgendwelche Rechte verzichten wollen, die ihr gerade aus dem von ihr eindeutig missbilligten und mit der Abmahnung ausdrücklich als vertragsverletzend hervorgehobenen Verhalten des Beklagten am 9./10.06.2018 erwachsen waren, zeigt der Beklagte – auch nach Hinweis des Senats auf seine Rechtsauffassung in der mündlichen Verhandlung – nicht auf und sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr handelte es sich bei dem Schreiben erkennbar und hinreichend eindeutig um eine „Sofortmaßnahme“ zum Schutz der anderen Mieter, die gegenüber der Klägerin bereits die Miete gemindert hatten. Dass die Klägerin mit dieser Aufforderung die Lärmstörung vom 9. auf den 10.06.2018 als erledigt ansehen oder jedenfalls auf keinen Fall mehr zur Stützung einer dem Beklagten mehrfach nachhaltig angedrohten Kündigung heranziehen und damit letztlich den dem Beklagten erteilten Abmahnungen die Schärfe nehmen wollte, ergibt sich daraus nicht.
104Ein Verzicht ergibt sich ferner auch nicht aus dem allgemeinen Passus unter dem Schreiben, wonach der Beklagte mit der Kündigung des Pachtverhältnisses rechnen müsse, sollte er auch diese Abmahnung nicht ernst nehmen und weiterhin gegen seine Verpflichtungen verstoßen. Hierbei handelt es sich um eine das gesamte Schreiben, also auch die anderen Abmahngründe betreffende Aussage, die sich nicht spezifisch auf weitere Lärmstörungen bezog. Vielmehr ist der Passus auch in den übrigen Abmahnschreiben in ganz ähnlicher Form unten eingefügt gewesen, auch um jedenfalls den Anforderungen an eine „qualifizierte“ Abmahnung gerecht zu werden. Dafür, dass damit gleichzeitig auf das entstandene Kündigungsrecht verzichtet werden sollte, gibt der Passus nichts her. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Abmahnung eine erste Reaktion auf erneute Verstöße, insbesondere am 09./10.06.2018, darstellte, deren Behandlung durch die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig entschieden war. Insbesondere lag nahe, dass die Klägerin vor einer fristlosen außerordentlichen Kündigung mit erheblichen möglichen Konsequenzen für sie, sollte diese sich am Ende als unwirksam herausstellen, noch Sachaufklärung (Gespräche mit Zeugen etc.) betreiben wollte.
105Nach allem bestanden für die Annahme eines solchen Verzichts aus Sicht eines objektiven Empfängers keine Anhaltspunkte. Insofern ist auch hervorzuheben, dass auch der Beklagte an keiner Stelle vorgetragen oder auch nur angedeutet hat, dass er nach der Abmahnung davon ausgegangen sei, der Verstoß habe sich mit dieser erledigt und er sei – ohne einen weiteren Verstoß – vor einer außerordentlichen fristlosen Kündigung geschützt.
106Schließlich ist der Beklagte bereits mit den wirksamen Abmahnungen vom 27.04.2018 und 06.06.2018 darauf hingewiesen worden, dass ein weiterer Verstoß die fristlose Kündigung zur Folge haben könne. Dafür, dass die Klägerin mit der Abmahnung vom 14.06.2018 diese Androhungen zurücknehmen wollte, ist nichts ersichtlich, insbesondere konnte das Schreiben von einem objektiven Empfänger nicht derart verstanden werden.
107cc) Mit der Kündigung vom 10.07.2018 hat die Klägerin ferner nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen. Die Geltendmachung ihres Kündigungsrechtes war – auch nach der Abmahnung vom 14.06.2018 – nicht rechtsmissbräuchlich. Insbesondere liegt darin kein Widerspruch zu ihrem früheren Handeln. Nach dem Grundsatz venire contra factum proprium kann ein solches eine unzulässige Rechtsausübung und damit einen Verstoß gegen Treu und Glauben begründen, wenn das frühere Verhalten eines Vertragsteils für den anderen Teil einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand geschaffen haben oder die Treuwidrigkeit durch sonstige besondere Umstände begründet ist (vgl. BGH NJW 2005, 418 <421>; NJW-RR 1987, 335; BeckRS 1980, 31074346; OLG München NJW-RR 1992, 1037; HK-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 242 Rn. 36).
108Ein derartiger Vertrauenstatbestand kann grundsätzlich durch die Preisgabe von Rechten begründet werden. Die Ausübung eines an sich bestehenden Rechtes ist dann unzulässig, wenn der Berechtigte durch sein Verhalten einen ihm zurechenbaren und für ihn erkennbaren Vertrauenstatbestand geschaffen hat und wenn der andere Teil auf die vom Berechtigten einmal eingenommene Haltung vertrauen durfte und sich auf eine Weise eingerichtet hat, dass ihm die Anpassung an eine veränderte Rechtslage nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (OLG München NJW-RR 1992, 1037; vgl. auch BGH NJW-RR 1986, 162; BeckRS 1980, 31074346). Unzumutbar ist die Anpassung insbesondere nach der Vornahme wirtschaftlicher Dispositionen aufgrund des Vertrauenstatbestandes (vgl. BGH NJW-RR 1987, 335 <336 f.>). Die unzulässige Rechtsausübung kann sich zudem aus dem Widerspruch zu früheren Mitteilungen oder Zusicherungen ergeben. Eine unzulässige Rechtsausübung liegt z.B. in der Aufrechterhaltung einer Kündigung durch den Arbeitgeber, wenn dieser sich zuvor zur Rücknahme der Kündigung bereiterklärt hatte (BAG NJW 1969, 1048), oder in einer freien Kündigung eines Pachtvertrages trotz der Zusage, nur aus wichtigem Grund zu kündigen (OLG München NJW-RR 1992, 1037 <1037 f.>).
109Vorliegend hat die Klägerin mit ihrer Abmahnung vom 14.06.2018 aber keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass sie wegen der gerügten Verstöße ihr Kündigungsrecht nicht ausüben werde. Aus dem Schreiben ergibt sich – wie bereits oben dargelegt – eine solche Aussage nicht. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, das Schreiben in dieser Weise verstanden zu haben. Ein Widerspruch zwischen der Abmahnung und der späteren Kündigung ist nicht erkennbar. Hinzu kommt, dass der Beklagte sich nach Zugang der Abmahnung auch nicht in einer Art und Weise hinsichtlich des Fortbestandes des Pachtverhältnisses eingerichtet hätte, die die nachfolgende Kündigung unzumutbar erscheinen ließe.
110dd) Schließlich ist die Kündigung auch rechtzeitig, d.h. in hinreichend engem Zeitzusammenhang jedenfalls mit dem letzten Verstoß gegen den Lärmschutz am 09./10.06.2018, ausgesprochen worden.
111§ 314 Abs. 3 BGB, nach dem die außerordentliche und fristlose Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen innerhalb einer angemessenen Frist erklärt werden muss, ist nach richtiger Auffassung auch auf Gewerberaummietverhältnisse nicht anwendbar (KG BeckRS 2014, 2666; Böttcher in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 314 Rn. 15; Lützenkirchen in: Erman, a.a.O., § 543 Rn. 3; MüKo-BGB/Gaier, 8. Aufl. 2019, BGB § 314 Rn. 4, 13; Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 314 Rn. 4; Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rn. 44 ; für Wohnraummietverhältnisse der VIII. Zivilsenat: BGH NJW 2016, 3720 <3720 f., Rn. 14 ff.>; wohl auch BeckOGK-BGB/Mehle, a.a.O., § 543 Rn. 80; a.A. der XII. Zivilsenat: BGH NZM 2007, 400 <401>; NZM 2010, 552 <553>; Guhling/Günter/Alberts, a.a.O., § 543 Rn. 5 m.w.N.; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn. 5; Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 543 Rn. 90). Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat für Wohnraummietverhältnisse entschieden, dass es sich bei den §§ 543, 569 BGB um abschließende Sonderregelungen handelt (BGH NJW 2016, 3720 <3720 f., Rn. 14 ff.>). Danach spreche schon der Wortlaut der Vorschriften gegen eine zeitliche Schranke für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Eine zeitliche Beschränkung für den Ausspruch der Kündigung schrieben weder § 543 BGB noch § 569 BGB vor. Ebenso wenig verwiesen diese auf § 314 Abs. 3 BGB. Aus den Gesetzesmaterialien zu §§ 543, 569 BGB und § 314 BGB ergebe sich ferner eindeutig, dass die Vorschriften über die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses als abschließende spezielle Regelung konzipiert seien und von der Einfügung einer Bestimmung, wonach die Kündigung in „angemessener Frist“ zu erfolgen habe, bewusst abgesehen worden sei. Ein Kündigungsrecht könne bei längerer Nichtausübung insbesondere verwirkt werden, weshalb ein Bedürfnis für eine solche Festlegung nicht bestanden habe. Diese Argumentation des VIII. Zivilsenates ist auf Gewerberaummietverhältnisse, denen ebenfalls die §§ 543, 569 BGB als abschließende Sonderregelungen zugrunde liegen, zu übertragen. Sie ist allgemeingültig, ein spezifisch gewerberaummietrechtlicher Grund, dort – anders als bei Wohnraummietverhältnissen - § 314 Abs. 3 BGB anzuwenden, ist nicht zu erkennen.
112Unabhängig davon kann eine längere Verzögerung der Kündigungserklärung jedoch Rechtsfolgen nach sich ziehen, etwa in der Weise, dass es bei Kündigungstatbeständen, die auf eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung abstellen, an einer solchen fehlen kann (vgl. BeckOGK-BGB/Geib, a.a.O., § 569 Rn. 38), oder die Erklärung treuwidrig, insbesondere verwirkt sein kann (BGH NJW 2016, 3720 <3721, Rn. 20> m.w.N.). Dies ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls, eine starre Frist gibt es insoweit nicht (vgl. BGH NJW 2016, 3720 <3721, Rn. 21>; BeckOGK-BGB/Mehle, a.a.O., § 543 Rn. 81). Insbesondere enthält die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB keinen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch außerhalb des Arbeitsrechtes Anwendung fände (BGH NJW 1982, 2432 <2433>; NZM 2010, 552 <553>, weist zudem auf den zu beachtenden Unterschied zwischen einzelnen Pflichtverstößen und einem pflichtwidrigen Dauerverhalten hin). Zu beachten ist bei der Prüfung einer Verwirkung des Kündigungsrechts zudem, dass die Verwirkung eines Rechts voraussetzt, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGH NJW 2013, 3647 <3654, Rn. 66>; speziell zum Kündigungsrecht BGH NJW 2016, 3720 <3722, Rn. 25>).
113Vorliegend bestehen an der Rechtzeitigkeit der etwa einen Monat nach Entstehen bzw. Kenntniserlangung vom (letzten) Kündigungsrecht ausgesprochenen Kündigung keine Bedenken. Für eine Verwirkung fehlt es bereits an dem soeben beschriebenen Umstandsmoment, im Übrigen handelt es sich bei einem Monat, jedenfalls im vorliegenden Einzelfall, nicht um eine „längere Verzögerung“ (vgl. BeckOGK-BGB/Mehle, a.a.O., § 543 Rn. 81, i.d.R. 3 Monate; BeckOGK-BGB/Geib, a.a.O., § 569 Rn. 38; Lützenkirchen in: Erman, a.a.O., § 543 Rn. 3; Staudinger/Emmerich, a.a.O., § 543 Rn. 91 jeweils m.w.N.). Auch bei Anwendung des § 314 Abs. 3 BGB bestünden keine Zweifel an der Angemessenheit der Frist (vgl. BGH NZM 2007, 400 <401>: vier Monate; NZM 2010, 552 <553>: drei Monate; vgl. auch Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn. 35, 64; Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 569 Rn. 30; MüKo-BGB/Häublein, a.a.O., § 569 Rn. 25 jeweils m.w.N.).
114Eine Beweiserhebung in Bezug auf eine etwaige weitere Lärmstörung am 29.06.2018, wie sie die Klägerin in ihrem Kündigungsschreiben unter Ziffer 7 gerügt hat, war danach nicht mehr erforderlich.
115Soweit der Beklagte die ordnungsgemäße Begründung der Kündigung rügt, übersieht er, dass eine außerordentliche Kündigung in Gewerberaummietverhältnissen nicht begründet werden muss (BGH NJW 1980, 777 <779>; WM 1975, 897; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. 2014, § 543 Rn. 55). Die Kündigungsgründe müssen lediglich zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorgelegen haben (Schmidt-Futterer/Blank, a.a.O., § 543 Rn. 219). § 569 Abs. 4 BGB ist ausschließlich in Wohnraummietverhältnissen anwendbar; § 578 Abs. 2 BGB verweist lediglich auf § 569 Abs. 1 und 2 BGB. Es kommt also lediglich darauf an, ob eine gleichartige Vertragsverletzung nach Abmahnung und vor Kündigung stattgefunden hat. Das war hier der Fall.
116Soweit der Beklagte weiter vorträgt, die Klägerin habe nicht dargelegt, wann ihm die Abmahnung vom 06.06.2018 zugegangen sei, liegt darin schon kein hinreichendes Bestreiten des Umstandes, dass die Abmahnung ihm vor der folgenden Lärmstörung in der Nacht vom 09./10.06.2018 zugegangen ist. Dass sie ihm zugegangen ist, bestreitet er nicht. Unabhängig davon war der Beklagte bereits durch das Schreiben vom 27.04.2018 wirksam abgemahnt worden. Durch die Lärmstörungen am 26.05.2018, 02.06.2018 und 09./10.06.2018 ist somit in jedem Fall ein wirksames Kündigungsrecht der Klägerin entstanden, welches sie mit dem Schreiben vom 10.07.2018 ausgeübt hat. Dass der Beklagte das Schreiben vom 27.04.2018 nicht (rechtzeitig) bekommen habe, trägt er nicht vor. An der Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung bestehen auch für diesen Fall keine Bedenken (s.o.).
117III.
118Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 7, 10, 711 S. 1 ZPO.
119Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.