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Sieht die Versorgungsordnung des Versorgungsträgers einer nach § 25 Abs. 1 VersAusglG auszugleichenden Hinterbliebenenrente die nachschüssige Auszahlung der Rente an den Rentenempfänger zum jeweiligen Monatsende vor, besteht keine Verpflichtung des Versorgungsträgers gem. den §§ 20 Abs. 3, 25 Abs. 4 VersAusglG, 1585 Abs. 1 BGB, die Leistung an den Hinterbliebenen vorschüssig zum jeweiligen Monatsersten zu erbringen.
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerinnen wird der am 02.10.2018 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl (Az. 36 F 373/17) im Ausspruch unter Ziff. röm. I. und II. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I.
Die Antragsgegnerin zu 1 wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 01.12.2016 im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für das Anrecht „Pensionskasse F VVaG im Tarif Marl“ (Vers.-Nr. ######) monatlich 67,31 € brutto, zahlbar und fällig zum letzten Tag eines jeden Monats, zu zahlen.
II.
Die Antragsgegnerin zu 2 wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 01.12.2016 im Wege des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für das Anrecht aufgrund der „Pensionszusage I“ (Vers.-Nr. ######) monatlich 206,69 € brutto, zahlbar und fällig zum letzten Tag eines jeden Monats, zu zahlen.
III.
Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Amtsgerichts. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
IV.
Der Beschwerdewert wird auf 2.000 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die am 20.04.1941 geborene Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerinnen als Versorgungsträger auf Zahlung von Ausgleichsrenten nach dem Tode ihres geschiedenen Ehemannes in Anspruch.
4Die am 20.08.1964 geschlossene Ehe der Antragstellerin und ihres am 24.11.2016 verstorbenen Ehemannes ist seit dem 01.02.1995 rechtskräftig geschieden. Mit Beschluss vom 30.03.1995 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom
513.06.1995 führte das Amtsgericht – Familiengericht – Marl (Az. 15 F 454/94 VA) den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durch. Neben dem Ausgleich wechselseitiger Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden die beiden verfahrensgegenständlichen Betriebsrenten des geschiedenen Ehemannes im Wege des erweiterten Splittings gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F. im Umfang von 78,40 DM monatlich auf das gesetzliche Rentenversicherungskonto der Antragstellerin übertragen und ihr im Übrigen der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten. Das später zur Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs von der Antragstellerin angestrengte Verfahren endete mit einem am 13.12.2007 vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Recklinghausen (Az. 71 F ###/07) geschlossenen Vergleich, mit welchem sich ihr geschiedener Ehemann verpflichtete, im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine monatliche Rente an sie in Höhe von 264 € zu zahlen. Zuletzt empfing die Antragstellerin von ihrem geschiedenen Ehemann monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 274 €.
6Mit am 23.12.2016 bei Gericht eingegangenem Antrag hat die nicht wiederverheiratete Antragstellerin nach dem Tode ihres geschiedenen Ehemannes von den Antragsgegnerinnen im Rahmen des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs die Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung und die Zahlung von Ausgleichsrenten gemäß § 25 Abs. 1 VersAusglG ab November 2016 verlangt (vgl. Antragsschrift vom 21.12.2016, Bl. 2 d.A., und Schriftsatz vom 05.10.2017, Bl. 9 f. d.A.).
7Nach Einholung einer Auskunft der F AG zur Höhe der monatlichen Ausgleichsrenten, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (vgl. Auskunft vom 10.04.2018, Bl. 53 f. d.A.), hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss die Antragsgegnerin zu 1 zur Zahlung von monatlich 67,31 € und die Antragsgegnerin zu 2 zur Zahlung von monatlich 206,69 € verpflichtet, jeweils beginnend ab dem 01.12.2016 und zum dritten Werktag eines jeden Monats.
8Mit ihren hiergegen eingelegten Beschwerden wenden sich die Antragsgegnerinnen allein gegen die von dem Familiengericht angeordnete Vorschüssigkeit der Leistungszahlungen. Sie rügen, dass die Zahlungen im Rahmen der Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nach den jeweiligen Versorgungsordnungen nachschüssig, d.h. zum jeweiligen Monatsende erfolgten. Die Nachschüssigkeit der Leistungszahlungen ergebe sich bezogen auf das Anrecht bei der Antragsgegnerin zu 1 aus § 13 Nr. 1 (Seite 11) der Versicherungsbedingungen (Bl. 92 ff. d.A.) und hinsichtlich des Anrechts bei der Antragsgegnerin zu 2 aus Ziff. 9.2 (Seite 9) der Versorgungsordnung (Bl. 118 ff. d.A.).
9II.
10Die Beschwerden der Antragsgegnerinnen sind gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen gemäß den §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig erhoben.
111. Die Antragsgegnerinnen wenden sich mit ihren Rechtsmitteln allein gegen die erstinstanzlich angeordnete Vorschüssigkeit der Rentenzahlungen. Im Übrigen greifen sie die amtsgerichtliche Entscheidung nicht an.
122. In der Sache erweisen sich die Beschwerden als begründet und führen – im tenorierten Umfang – zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
13Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die nicht wiederverheiratete Antragstellerin gemäß § 25 Abs. 1 VersAusglG gegen die Antragsgegnerinnen einen Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung hat, weil ihr geschiedener und zwischenzeitlich verstorbener Ehemann über Anrechte im Sinne von § 2 Abs. 1 VersAusglG verfügte, die eine entsprechende Hinterbliebenversorgung einer Witwe vorsahen und die anlässlich der Ehescheidung nicht vollständig ausgeglichen worden waren. Im Rahmen des mit Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 30.03.1995 i.V.m. dem Berichtigungsbeschluss vom 13.06.1995 (Az. 15 F 454/94) durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs war bezogen auf die beiden verfahrensgegenständlichen Anrechte nur ein Teilausgleich nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F. in Höhe von 78,40 DM durch erweitertes Splitting erfolgt und die Antragstellerin im Übrigen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen worden. Infolge des am 13.12.2007 vor dem Familiengericht Recklinghausen (Az. 71 F 148/07) geschlossenen Vergleichs hatte die Antragstellerin von ihrem geschiedenen Ehemann zu dessen Lebzeiten eine Ausgleichsrente empfangen, und zwar zuletzt in Höhe von 274 € im Monat. Das Familiengericht hat im hiesigen Verfahren auf der Grundlage der – ausdrücklich auch von der Antragstellerin gebilligten (vgl. Schriftsatz vom 14.11.2017, Bl. 65 d.A.) – Berechnung der F AG vom 10.04.2018 (vgl. Bl. 53 f. d.A.) die von der Antragsgegnerin zu 1 zu zahlende Ausgleichsrente auf 67,31 € brutto/Monat und die von der Antragsgegnerin zu 2 zu zahlende Ausgleichsrente auf 206,69 € brutto/Monat festgesetzt.
14Soweit das Familiengericht eine vorschüssige Zahlung der Ausgleichsrenten zum dritten Werktag eines jeden Monats angeordnet hat, ist die amtsgerichtliche Entscheidung – wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich – abzuändern. In der
15obergerichtlichen Rechtsprechung ist streitig, ob von dem Berechtigten die Zahlung der Hinterbliebenenrente gemäß den §§ 25 Abs. 4, 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585 Abs. 1 S. 2 BGB monatlich im Voraus verlangt werden kann (so Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschl. v. 23.02.2012 – 5 UF 76/11, FamRZ 2012, 1723-1726, juris Rn. 40; OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.09.2015 – 7 UF 451/15, FamRZ 2016, 550-554, juris 120) oder ob für die Fälligkeit der Rentenzahlung die Satzung des Versorgungsträgers maßgeblich ist (so OLG Frankfurt a.M. Beschlüsse vom 20.05.2016 – 4 UF 323/15, FamRZ 2017, 33-37, juris Rn. 26; vom 21.07.2011 – 3 UF 24/11, FamRZ 2012, 640, juris Rn. 11 f.). Für eine Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes in Anlehnung an die jeweilige Versorgungsordnung des Rententrägers spricht, dass § 25 Abs. 1 VersAusglG nicht die Intention zu entnehmen ist, den ausgleichsberechtigten geschiedenen Ehegatten besser zu stellen als den Hinterbliebenen. Die Bestimmung soll lediglich gewährleisten, dass der ausgleichsberechtigten Person diejenige Hinterbliebenenversorgung zuteil wird, die sie erhielte, wenn die Ehe bis zum Tod des ausgleichspflichtigen Ehegatten fortbestanden hätte. Diesem Gedanken der Gleichstellung widerspräche es aber, wenn in Anwendung der §§ 25 Abs. 4, 20 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1585 Abs. 1 S. 2 BGB stets – und unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung der Witwen-/Witwerrente durch die Satzung des Versorgungsträgers – eine Vorschüssigkeit der Rentenzahlung angeordnet werden würde. Denn dadurch würde der berechtigte geschiedene Ehegatte gegenüber dem Hinterbliebenen besser gestellt, der eine Leistungsgewährung nur nach Maßgabe der Versorgungsordnung und im Falle einer entsprechenden Regelung in der Satzung des Versorgungsträgers lediglich eine nachträgliche Rentenzahlung verlangen könnte. Der erkennende Senat vertritt daher im Anschluss an die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. die Auffassung, dass sich auch die Fälligkeit einer Ausgleichsrente nach der Versorgungsordnung/den Versicherungsbedingungen des Versorgungsträgers richtet und die in §§ 25 Abs. 4, 20 Abs. 3 VersAusglG enthaltene Verweisung auf § 1585 Abs. 1 BGB nur dann zum Tragen kommt, wenn die Versorgungsordnung zum Fälligkeitszeitpunkt keine Regelung vorsieht.
16Dies zugrunde legend ist im vorliegenden Verfahren eine Nachschüssigkeit der Rentenzahlungen anzuordnen. Für die Hinterbliebenenversorgung aus den verfahrensgegenständlichen Anrechten ist – wie die Antragsgegnerinnen mit ihrer Beschwerde zutreffend ausgeführt haben – sowohl in § 13 Nr. 1 (Seite 11) der am 01.01.1993 in Kraft getretenen „Versicherungsbedingungen der Pensionskasse E VVaG (N und U)“ als auch in Ziff. 9.2 (Seite 9) der „Pensionszusage für außertarifliche und leitende Angestellte der I GmbH H I“ in der Fassung vom 30.12.1985 bestimmt, dass die Leistungszahlung nachträglich erfolgt. Nichts anderes hat aus den vorstehend aufgezeigten Gründen auch für den Anspruch der Antragstellerin auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung zu gelten. Die Antragsgegnerinnen haben die der Antragstellerin zuerkannten Ausgleichsrenten daher zum Letzten eines jeden Monats zu entrichten. Die Antragstellerin hat sich mit dieser, im Hinweisbeschluss des Senats vom 10.04.2019 angekündigten Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden erklärt.
17III.
18Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus den § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG, § 20 Abs. 1 FamGKG. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 40 Abs. 1 S. 1, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.