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Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
G r ü n d e
2I.
3Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
4Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 11.09.2019 (Bl. 50 ff. der elektronischen Gerichtsakte zweiter Instanz) greifen nicht durch.
5Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung der an den Beklagten geleisteten Prämien aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag zu.
61.
7Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 9 Nr. 1 zweiter Spiegelstrich der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Anl. K7, Bl. 64 ff. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz). Dessen Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn bei Beendigung der zuletzt bestehenden beitragsfreien Mitgliedschaft war seitens des Beklagten eine „sonstige“ Leistung im Sinne von § 9 Nr. 1 AVB in Form des Sterbegeldes nach § 8 AVB zu erbringen.
8a)
9Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Wendung „keine sonstigen Leistungen der Kasse“ nicht unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB. Aus § 3 Nr. 1 AVB ergibt sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass als Leistungsarten der Beklagten neben der (unter Umständen vorgezogenen) Altersrente des Weiteren die Hinterbliebenenrente, die Erwerbsminderungsrente und das Sterbegeld in Betracht kommen. Hierauf nimmt § 9 Nr. 1 AVB ersichtlich und in einer auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nachvollziehbaren Weise Bezug. Der Senat teilt nicht die in der Berufungsbegründung vertretene Auffassung, wonach sich aus der Verwendung des Wortes „sonstige“ ergebe, dass es sich um andere als die in § 3 genannten Leistungen handeln müsse. In dieser Weise wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Formulierung schon deshalb nicht verstehen, weil andere als die in § 3 genannten Leistungsarten im Vertrag nicht vereinbart sind. Die Wendung „sonstige Leistungen“ soll erkennbar vielmehr nur eine Abgrenzung zur ansonsten nach § 9 AVB geschuldeten Beitragsrückerstattung zum Ausdruck bringen.
10Das Sterbegeld nach § 8 AVB ist damit eine „sonstige Leistung“ im Sinne von § 9 Nr. 1 AVB, dessen Bezug eine Beitragsrückerstattung ausschließt.
11b)
12An diesem Auslegungsergebnis ändert sich entgegen der Berufungsbegründung auch nicht deshalb etwas, weil gemäß § 3 Abs. 1 AVB bei vorzeitiger Beendigung der Mitgliedschaft „ferner“ eine Beitragsrückerstattung nach Maßgabe von § 9 AVB gewährt wird. Dadurch soll vielmehr aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur deutlich gemacht werden, dass abgesehen von den in § 3 AVB genannten Leistungsarten (Altersrente, Hinterbliebenenrente, Erwerbsminderungsrente, Sterbegeld) in bestimmten Fällen eine Beitragsrückerstattung erfolgen kann. Dass dies allerdings nicht neben der Leistung von Sterbegeld möglich ist, ist in § 9 AVB wie dargelegt klar geregelt; Gegenteiliges kommt auch in § 3 AVB nicht zum Ausdruck.
13c)
14Die Regelung in § 9 Nr. 1 AVB in Verbindung mit § 8 AVB ist wirksam.
15Sie verstößt weder gegen § 308 Nr. 7 BGB, noch benachteiligt sie die Klägerin unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 und 2 BGB.
16aa)
17Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 7 BGB liegt schon deshalb nicht vor, weil die Vorschrift die Pauschalierung von Ansprüchen des Verwenders hinsichtlich der im Falle eines Rücktritts oder einer Kündigung bestehenden Ansprüche betrifft (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl. 2019, § 308 Rn. 39 f.). Hier geht es aber nicht um die Pauschalierung eines Anspruchs des Versicherers als Verwender der AVB, sondern um die Frage, ob und welche Ansprüche im Gegenzug dem Versicherungsnehmer zustehen.
18bb)
19Auch ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB liegt nicht vor.
20(1)
21Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht darin, dass für den Fall des Versterbens des Mitglieds vor Eintritt des Versicherungsfalls lediglich die Zahlung von Sterbegeld nach § 8 AVB, nicht aber eine Beitragsrückerstattung vorgesehen ist.
22Entgegen der Berufungsbegründung liegt eine unangemessene Benachteiligung nicht deshalb vor, weil der Beklagte in Fällen wie dem vorliegenden die erhaltenen Prämien behalten darf, obwohl er – abgesehen von der Auszahlung des Sterbegeldes – keine Versicherungsleistung erbracht hat. Erstens liegt es in der Natur von Versicherungsverträgen, dass der Versicherungsnehmer unter Umständen über eine lange Zeit Prämien entrichtet, aber – wenn kein Versicherungsfall eintritt – unter Umständen niemals eine Leistung des Versicherers erhält. Zweitens ergibt sich aus § 211 Abs. 1 VVG, dass Pensionskassen wie der Beklagte in von der Aufsichtsbehörde genehmigten AVB sogar abweichende Regelungen hinsichtlich der Rückkaufswerte von Versicherungen, bei denen der Eintritt des Versicherungsfalls gewiss ist (§ 169 VVG), für den Fall der Kündigung, des Rücktritts oder der Anfechtung vorsehen können. Auch dies spricht für die Zulässigkeit einer Vereinbarung dahingehend, dass bei einem wie hier ungewissen Erreichen des Rentenalters dann, wenn dieser Fall wegen des Todes des Versicherungsnehmers nicht eintritt, über die Leistung des vereinbarten Sterbegeldes hinaus keine Rückzahlungen an den Versicherungsnehmer oder dessen Erben zu erfolgen haben.
23Es wäre der Klägerin – worauf auch das Landgericht zu Recht hinweist – unbenommen gewesen, neben der Altersrente auch eine Hinterbliebenenrente zu vereinbaren. Da sie dies nicht getan hat, bestand der Vertragszweck entgegen der Berufungsbegründung nicht in der Absicherung der Hinterbliebenen, oder jedenfalls nur in Höhe des für den hier in Rede stehenden Fall versprochenen Sterbegeldes. Im Übrigen würde gerade in Fällen, in denen – wie hier – eine solche Hinterbliebenenrente nicht vereinbart ist, die Sichtweise der Klägerin zu einer erheblichen Ungleichbehandlung führen. Denn nach Auffassung der Klägerin soll ein Erbe, nachdem das Mitglied kurz vor Eintritt des Versicherungsfalls verstorben ist, neben dem Sterbegeld 90 % der gezahlten Prämien zurückverlangen können, während einem Erben, nachdem das Mitglied kurz nach dem Beginn des Bezugs der Altersrente verstirbt, überhaupt keine Ansprüche zustünden. Das ist, wie auch das Landgericht zutreffend angenommen hat, offensichtlich nicht sachgerecht.
24(2)
25Ebenso wenig ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung daraus, dass das Sterbegeld grundsätzlich in Höhe der eingezahlten Prämien ausgezahlt wird, aber auf einen Betrag von höchstens 7.669,- € begrenzt ist.
26Selbst wenn diese Leistungshöchstgrenze an den Voraussetzungen von § 307 Abs. 1, 2 BGB zu messen sein sollte (vgl. dazu Prölss/Martin-Armbrüster, VVG, 30. Aufl. 2018, Einl. Rn. 97; BGH, Urteil vom 06.12.1995 – IV ZR 363/94, VersR 1996, 322), hielte sie einer solchen Inhaltskontrolle stand. Es trifft zwar zu, dass danach die Erben eines Mitglieds, das eben diesen Betrag an Prämien eingezahlt hat, letztlich die vollen Beiträge zurückerhielten, während dies bei einem Mitglied, das – wie der hiesige Erblasser – höhere Beitragszahlungen erbracht hat, nur ein gewisser Anteil davon ist. Es ist aber Versicherungsverträgen immanent, dass Versicherungsnehmer bei Vorliegen der vertraglichen Voraussetzungen gleichartige Leistungen erhalten unabhängig davon, wie lange und in welcher Höhe sie bereits Prämienzahlungen erbracht haben. Im Übrigen ist die Zulässigkeit einer solchen Begrenzung auf die üblichen Beerdigungskosten seitens des Gesetzgebers anerkannt, etwa in § 232 Abs. 1 Nr. 3 VAG und in § 2 Abs. 1 KStDV.
272.
28Aus einer ergänzenden Vertragsauslegung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht hergeleitet werden. Da die in den AVB enthaltenen vertraglichen Bestimmungen wirksam, vollständig und widerspruchsfrei sind, fehlt es schon an der dafür erforderlichen Lücke im Vertrag.
293.
30Die in der Berufungsbegründung enthaltenen Ausführungen zur Geltung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes führen zu keiner anderen Beurteilung. Weder aus dem AGG noch aus Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich eine Verpflichtung des Beklagten herleiten, die von ihm getroffenen vertraglichen Vereinbarungen am Verhalten anderer Versicherer auszurichten. Allenfalls ergäbe sich aus den genannten Vorschriften eine Verpflichtung, die eigenen Versicherungsnehmer nicht aus den in den Vorschriften des AGG genannten Gründen sachwidrig ungleich zu behandeln (vgl. dazu Prölss/Martin-Armbrüster, VVG, 30. Aufl. 2018, Einl. Rn. 296 ff.), worum es hier aber nicht geht.
31II.
32Auf die Gebührenermäßigung für den Fall der Berufungsrücknahme (KV Nr. 1222 GKG) wird hingewiesen.