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Die Berufung des Klägers gegen das am 24.10.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2A.
3Der Kläger war für den Beklagten ab dem 1.2.2013 aufgrund der „Vertragsurkunde für hauptberufliche Vertrauensleute“ (Bl. 15 ff = Anl. K 1) als hauptberuflicher Vertreter tätig; er führte eine Agentur in A. Er beschäftigte Frau B zunächst als Auszubildende. Kurz vor Beendigung der Ausbildung schloss er mit ihr unter dem 16.5./16.6.2016 einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der ein monatliches Grundgehalt von 2.200,00 € (brutto) vorsah, dessen – tatsächlicher – Inhalt bezüglich der Gehaltshöhe und -struktur jedoch streitig ist. Für diesen Vertrag nahm der Kläger Personalkostenzuschüsse des Beklagten in Anspruch. Der Gewährung lagen mehrseitige, auch vom Kläger unterschriebene Bestimmungen (Anlage zur Vertragsurkunde für hauptberufliche Vertrauensleute … „Personalkostenzuschuss“; im Folgenden Zuschussvereinbarung) vom 6.10.2016 (Datum der Unterzeichnung durch den Beklagten) zugrunde. Die Zuschussgewährung sollte in monatlichen Zahlungen, für das erste Jahr in Höhe von 2.000,00 €, insgesamt über sechs Jahre erfolgen. Der Beklagte zahlte den Zuschuss rückwirkend ab dem 1.7.2016 in Höhe von monatlich 2.000,00 € aus. Gem. Ziff. 8. der Zuschussvereinbarung waren dem Beklagten „vertragliche Änderungen wie z.B. Kündigung oder Änderung der Konditionen des Mitarbeiter-/Handelsvertretervertrages … unverzüglich mitzuteilen“. Frau B bekam lediglich für Juli 2016 ein Brutto-Gehalt von 2.200,00 € überwiesen; 700,00 € wurden ihr im Folgemonat zurückbelastet. In der Folgezeit erhielt sie ein Festgehalt von stets 1.500,00 € brutto, daneben Betreuungsprovisionen aus ihrem eigenen Bestand. Ihre monatlichen Bezüge lagen stets über 2.000,00 € und im Durchschnitt des Zeitraums bis Ende 2016 über 2.200,00 €.
4Der Kläger hatte ferner bereits zum 1.4.2016 den gelernten Einzelhandelskaufmann C, der zuvor noch nicht als Versicherungsvertreter tätig gewesen war, zu einem monatlichen Festgehalt von (im ersten Jahr) 1.500,00 € eingestellt, für den er einen monatlichen Zuschuss des Beklagten von zunächst 1.200,00 € bezog. Dem lag eine entsprechende Zuschussvereinbarung, seitens des Beklagten am 21.3.2016 unterzeichnet, zugrunde. Das mit C bestehende Arbeitsverhältnis wurde, ohne den Beklagten zu informieren, ab dem 1.8.2016 durch einen Untervertretervertrag ersetzt.
5In der dem Kläger erteilten Abrechnung für Dezember 2016 brachte der Beklagte ihm einen Betrag in Höhe von 35.442,40 € gut. Dabei handelte es sich um die für das Jahr 2017 vorschüssig gezahlten Betreuungsprovisionen. Dieser Zahlung lag § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ zugrunde, die auszugsweise wie folgt lautet:
6Die Betreuungs- und Verwaltungsprovision (BP) wird jeweils vorschüssig für einen bestimmten Zeitraum … gezahlt. Der VM hat anteilig Anspruch auf BP nur für den Zeitraum in welchem er nach Fälligkeit der BP noch für den D tätig ist. Bei Beendigung des Agenturvertrages, hat der VM die BP, soweit sie ihm über den Zeitraum seiner Tätigkeit für den D hinaus bereits vorschüssig gezahlt wurde, zurückzuzahlen. Der zurückzuzahlende Betrag wird folgendermaßen berechnet: …
7Am 17.2.2017 fand sich der Kläger zu einem Gespräch mit Mitarbeitern des Beklagten in J ein, in dem die Differenzen zwischen den Angaben gegenüber dem Beklagten betr. das Gehalt der Frau B und der tatsächlichen Vertragsgestaltung thematisiert wurden. Der Kläger äußerte sich gegenüber dem Beklagten zu weiteren Fragen innerhalb der ihm eingeräumten Frist mit E-Mail vom 3.3.2017. Am 13.3.2017 kam es zu einem weiteren Gespräch zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter E des Beklagten bezüglich des Mitarbeiters C.
8Der Beklagte sprach unter dem 16.3.2017 gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine Verdachtskündigung mit sofortiger Wirkung und „äußerst hilfsweise“ eine Kündigung „zum nächst möglichen Termin“ aus. Der Kläger kündigte seinerseits fristlos unter dem 22.3.2017.
9Ab dem 1.6.2017 ist der Kläger zusammen mit den zwischenzeitlich ebenfalls gekündigten früheren Inhabern der Agentur des Beklagten K & L in F für die H Versicherung tätig.
10Der Kläger hat behauptet, der Mitarbeiter des Beklagten E habe ihm eine Bezuschussung eines Arbeitsverhältnisses mit Frau B von bis zu 2.000,00 € monatlich angeboten. Daraufhin sei der Arbeitsvertrag mit Frau B zu einem Gehalt von 2.200,00 € monatlich (nebst Anlagen betr. die Vergütung von Abschluss- und Neuordnungsprovisionen) abgeschlossen worden. Als Frau B dann nach Beginn des Arbeitsverhältnisses darum gebeten habe, ihr auch die Betreuungsprovisionen ihres Bestandes zukommen zu lassen, sei die Herabsetzung des Festgehalts auf 1.500,00 € monatlich vereinbart worden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Unterbleiben der (zeitnahen) Unterrichtung des Beklagten über die Vertragsänderungen betreffe bloße Informationspflichten, die nach den Regelungen in der Zuschussvereinbarung sanktionslos seien. Zu bestreiten sei, dass der Beklagte den Zuschuss immer nur prozentual von einem bestimmten Grundgehalt gewähre und ihn auf 2.000,00 € (monatlich) begrenze; jedenfalls ergebe sich das weder aus den Klauseln der Zuschussvereinbarung noch aus den vom Beklagten überreichten „Planungsunterlagen“. Es treffe ihn auch kein Täuschungsvorsatz, weil er Frau B stets mehr als die jeweils gewährten Zuschüsse gezahlt habe. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere ohnehin an der fehlenden Abmahnung, die in diesem Fall unentbehrlich gewesen sei.
11Der Kläger hat des Weiteren bestritten, sich geweigert zu haben, das Vertragsverhältnis zu seinem Mitarbeiter C aufzuklären. Tatsächlich habe ihm der Beklagte bei dem Gespräch in J dazu keine Gelegenheit gegeben.
12Dem Beklagten sei es in Person seines Mitarbeiters E auch bereits vor Februar 2017, genauer seit Umstellung der Verträge, bekannt gewesen, dass Frau B und Herr C Provisionsbeteiligungen erhielten und dass dies „mit den ursprünglichen Arbeitsverträgen“ nicht „übereinstimmte“.
13Der Kläger hat den ihm durch die fristlose Kündigung entstandenen Schaden in Form von Einnahmeausfällen für den Zeitraum von Mitte Februar 2017 bis einschließlich Mai 2017 auf 67.746,48 € bemessen. Er hat gemeint, die ab Juni 2017 zusammen mit K und L (Onkel und Vater des Klägers) bei der H Versicherung erzielten Einnahmen seien hälftig zwischen ihm einerseits und den Herren K und L andererseits zu teilen, weil die „Umsätze beider Geschäftsstellen“ gleich groß seien.
14Der Kläger hat ferner die Auffassung vertreten, sein Ausgleichsanspruch nach den „Grundsätzen Sach“ belaufe sich auf 34.572,52 €.
15Der Kläger hat beantragt,
161. festzustellen, dass das die Versicherungsvertreter-Vertragsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 22.3.2017, sondern durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 23.3.2017 beendet wurde,
172. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 102.319,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
183. den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über die Versicherungssummen aller dynamischen Lebens- und Rentenversicherungen zum 23.3.2017 zu erteilen, welche er während der Vertragslaufzeit des Versicherungsvertreter-Vertrags vom 1.2.2013 bis 23.3.2017 selbst vermittelt hat und die zum 23.3.2017 die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllten und zum letzten Erfüllungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind.
19Der Beklagte hat beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er hat die Auffassung vertreten, seine Kündigung vom 16.3.2017 habe das Handelsvertreterverhältnis mit dem Kläger sofort beendigt. Der Kläger habe ihm gegenüber ein Gehalt der Frau B von monatlich 2.200,00 € nur angegeben, um einen möglichst hohen Zuschuss zu erhalten; tatsächlich sei mit Frau B von Anfang an lediglich ein monatliches Grundgehalt von 1.500,00 € vereinbart worden. Zuschüsse in einer über 1.500,00 € hinausgehenden Höhe hätte der Kläger daher, wie er gewusst habe, bei wahrheitsgemäßen Angaben nicht erhalten; in diesem Umfang sei er, der Beklagte, geschädigt worden. Auch die Zuschüsse in Bezug auf das Arbeitsverhältnis mit C wären sofort eingestellt worden, wenn der Kläger vertragsgemäß über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit ihm informiert hätte. Zuschüsse im Hinblick auf das mit C sodann vereinbarte Untervertreterverhältnis wären mangels der erforderlichen Branchenerfahrung Cs nicht gewährt worden, wie der Kläger auch gewusst habe.
22Aufgrund des Verhaltens des Klägers sei die Vertrauensgrundlage unwiederbringlich zerstört worden, so dass es auch keiner Abmahnung bedurft habe. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger anlässlich der Erörterung des Vertragsverhältnisses mit Frau B nicht von sich aus offengelegt habe, mit C als Untervertreter zusammenzuarbeiten.
23Abgesehen davon, dass dem Kläger infolge der wirksamen fristlosen Kündigung ohnehin kein Anspruch auf Schadensersatz zustehe, sei die Ermittlung des dem Kläger infolge der Kündigung entstandenen Schadens auch insofern unzutreffend, als „sonstige Bezüge“ sowie eine Zahlung aus der „Jahresausschreibung 2016“, fortgeschrieben für 2017, nicht berücksichtigt werden könnten.
24Auch die Berechnungen des Klägers zum Ausgleichsanspruch seien teilweise nicht korrekt. Der Auskunftsanspruch bestehe nicht; die dynamischen Lebensversicherungen seien in die „Ausgleichsberechnung zum Vertragsende“ einbezogen. Im Übrigen sei bei der Bemessung eines etwaigen Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen, dass der Kläger in erheblichem Umfang Zuschüsse erhalten habe.
25Der Beklagte hat ferner hilfsweise die Aufrechnung gegenüber dem Ausgleichs- und ferner gegenüber den Schadensersatzansprüchen erklärt, und zwar zunächst mit Rückzahlungsansprüchen wegen der – aus seiner Sicht unberechtigten - Bezuschussung der Verträge B und C und sodann mit Ansprüchen auf Rückzahlung im Zusammenhang mit der Bestandsübertragung zu Beginn des Vertragsverhältnisses mit dem Kläger. In diesem Zusammenhang hat der Beklagte auf die „Anlage 5 zur Vertragsurkunde …“ verwiesen, wonach der Provisionsanspruch für die Kraftfahrtversicherung sowie für Betreuung und Verwaltung des übernommenen Bestandes für einen Zeitraum von 2 Jahren auf 50 % herabgesetzt sei, aus „technischen Gründen“ aber gleichwohl zunächst die vollen Beträge gutgeschrieben würden. Die Überzahlungen in einer Gesamthöhe von 36.905,74 € seien gem. der Abrechnung vom 17.3.2014 in 60 monatlichen Raten, und zwar durch monatliche Belastungen des Kontos des Klägers in Höhe von 615,10 €, zurückzuführen gewesen. Bei Vertragsende habe noch ein Betrag in Höhe von 14.762,14 € offen gestanden.
26Der Beklagte hat ferner im Rahmen seiner Widerklage geltend gemacht, infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses hätten die Leasingverträge über die fünf von der Agentur genutzten Fahrzeuge beendet werden müssen, wodurch sich vertragsgemäß Zahlungsverpflichtungen des Klägers in Höhe von 8.702,87 € und weiterer 750,00 € (betr. eine vom Kläger bzw. seinem in der betreffenden Verkehrsunfallangelegenheit beauftragten Anwalt vereinnahmte Wertminderung für das geleaste Fahrzeug QQ-~~ 7) ergeben hätten.
27Der Beklagte hat ferner gemeint, der Kläger schulde gem. § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ die (zeitanteilige) Rückzahlung von Betreuungsprovisionen in Höhe von 18.137,07 €. Dabei handele es sich um denjenigen Anteil der – unstreitig - für 2017 vorschüssig zu beanspruchenden Betreuungsprovisionen in Höhe von insgesamt 35.442,40 €, der gem. der Regelung in § 4 Nr. 3 der „Vertragsurkunde“ auf den Zeitraum nach Wirksamwerden der fristlosen Kündigung entfalle.
28Der Beklagte hat widerklagend beantragt,
29den Kläger zu verurteilen, an ihn 8.702,87 €, weitere 750,00 € und weitere 18.137,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit jeweiliger Rechtshängigkeit zu zahlen.
30Der Kläger hat beantragt,
31die Widerklage abzuweisen.
32Er hat die Berechtigung der mit der Widerklage verfolgten Beträge nach Grund und Höhe in Abrede gestellt.
33Bezüglich der Forderungen wegen der Rückgabe der Fahrzeuge hat er u.a. die Auffassung vertreten, die Berechnung der Mehrkilometer-Vergütung sei für den Fall der ordentlichen Beendigung des Agenturvertrags nicht aufrechtzuerhalten.
34Die Rückzahlung der zeitanteiligen Betreuungsprovision könne der Beklagte, so hat der Kläger gemeint, nicht verlangen, weil die Klausel § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ unwirksam sei, und zwar wegen Verstoßes gegen § 305 c BGB, aber auch wegen einer unzulässigen (mittelbaren) Kündigungserschwernis.
35Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die fristlose Kündigung des Beklagten sei wirksam gewesen. Der Widerklage hat das Landgericht überwiegend stattgegeben. Auf den Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers und den daraufhin ergangenen Beschluss des Landgerichts wird Bezug genommen.
36Mit der Berufung verfolgt der KIäger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.
37Er rügt, das Landgericht sei an diversen Stellen von einem unzutreffenden Sachverhalt bezüglich der Voraussetzungen, unter denen der Beklagte Personalkostenzuschüsse gewähre, ausgegangen, indem es den diesbezüglichen Vortrag des Beklagten fälschlich als unstreitig angesehen habe. Namentlich habe er, der Kläger, bestritten, dass der Beklagte eine Regelung praktiziere, wonach nur das Grundgehalt von Mitarbeitern der Vertrauensleute bezuschusst werde oder wonach die Bezuschussung von Untervertretern von den seitens des Beklagten behaupteten Voraussetzungen abhängig sei.
38Es bleibe mithin allein der Vorwurf übrig, er habe die Veränderungen bezüglich der Verträge B und C unter Verstoß gegen Ziff. 8. der Zuschussvereinbarung nicht unverzüglich mitgeteilt. Dieses Verhalten rechtfertige schon für sich betrachtet keine fristlose Kündigung, könne aber ohne Abmahnung keinesfalls eine fristlose Kündigung begründen.
39Das Landgericht habe auch ignoriert, dass er die Darstellung des Beklagten bestritten habe, wonach ihm die Vertragsänderungen bezüglich der Frau B erst am 8.2.2017 und bezüglich des Mitarbeiters C erst am 13.3.2017 bekannt geworden seien. Auch die Feststellung, der Mitarbeiter E sei „nicht der richtige Entscheidungsträger für die Frage der Beibehaltung oder Veränderung von Personalkostenzuschüssen“ gewesen, weshalb es auf seine – etwaige – Kenntnis ohnehin nicht ankomme, sei nicht tragfähig; vielmehr sei eine Wissenszurechnung vorzunehmen, zumal Herr E die Zuschüsse „organisiert“ habe.
40Der Kläger bekräftigt seine Auffassung, dass ein Schaden des Beklagten nicht feststellbar sei, weil die Mitarbeiter B und C mehr an Gehalt und Provisionen erhalten hätten, als die bei Abschluss der Zuschussvereinbarungen vorgelegten Verträge vorgesehen hätten.
41Dem geltend gemachten Ausgleichsanspruch gem. den „Grundsätzen Sach“ sei der Beklagte nicht erheblich entgegengetreten; auch der Auskunftsanspruch bezüglich der Anwendung der „Grundsätze Leben“ bestehe. Der Schadensersatzanspruch in Höhe von 67.746,48 € sei berechtigt; das Vertragsverhältnis sei aufgrund der im März 2017 ausgesprochenen Kündigung erst mit Ablauf des 30.6.2017 beendet worden, woraus sich ein Zeitraum von 3 ½ Monaten ergebe.
42Der Kläger bekräftigt seine Auffassung, wonach die Widerklageforderungen unbegründet seien. Zahlungsansprüche wegen der Leasingfahrzeuge in Höhe von 8.639,85 € bestünden nicht, schon weil der Beklagte dem Einwand, diese Forderungen seien bei einer Beendigung (auch) der Leasingverträge erst per 30.6.2017 nicht (in derselben Höhe) entstanden, nicht entgegengetreten sei.
43Ein Rückzahlungsanspruch auf (anteilige) Bestandspflegeprovisionen bestehe nicht. Die Klausel in § 4 Ziff. 3. S. 3 der „Vertragsurkunde“ sei unwirksam, weil dem Vertreter – bei unterjährigem Beginn des Vertretervertrags – für den Zeitraum zwischen dem Beginn seiner Tätigkeit bis zum Ende des betreffenden Kalenderjahres schon keine (anteilige) Bestandsprovision gewährt werde, woraus sich ein Verstoß gegen § 307 BGB ergebe. Es verbleibe auch bei dem Argument, dass die Regelung eine mit zwingenden Vorschriften des Handelsvertreterrechts nicht vereinbare mittelbare Kündigungserschwernis bewirke. Auch die Höhe der Forderung sei nicht näher dargelegt worden.
44Die Hilfsaufrechnung des Beklagten mit vermeintlichen Ansprüchen in Höhe von Zuschusszahlungen versage. Es bestünden keine Gegenforderungen aus der Bezuschussung der Mitarbeiterverträge, denn die betreffenden Zahlungen seien mit Rechtsgrund erfolgt, zumal der Beklagte die Zuschussvereinbarungen nie gekündigt habe. Eine Auslegung der Ziff. 2 der Vereinbarung, wonach bereits jede Änderung des erwähnten „Arbeits- / Handelsvertretervertrags vom 16.05.2016“ zu einem Wegfall der Bezuschussung führe, widerspreche dem hier anzuwendenden Auslegungsgrundsatz der Meistbegünstigung.
45Der Kläger beantragt,
46unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 24.10.2018
471. festzustellen, dass das Versicherungsvertreter-Vertragsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 22.3.2017, sondern durch die fristlose Kündigung des Klägers vom 23.3.2017 beendet wurde,
482. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 95.404,49 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
493. den Beklagten zu verurteilen, ihm Auskunft über die Versicherungssummen aller dynamischen Lebens- und Rentenversicherungen zum 23.3.2017 zu erteilen, welche er während der Vertragslaufzeit des Versicherungsvertreter-Vertrags vom 1.2.2013 bis 23.3.2017 selbst vermittelt hat und die zum 23.3.2017 die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllten und zum letzten Erfüllungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind sowie
504. die Widerklage abzuweisen.
51Der Beklagte beantragt,
52die Berufung zurückzuweisen.
53Er bekräftigt seine Auffassung, dass seine fristlose Kündigung vom 16.3.2017 wirksam gewesen sei. Der Kläger lenke von dem maßgeblichen Umstand ab, dass er ihm, dem Beklagten, vorgetäuscht habe, mit Frau B ein Grundgehalt von 2.200,00 € vereinbart zu haben, während er ihr von vornherein nur ein Grundgehalt von 1.500,00 € monatlich habe gewähren wollen, und zwar in Kenntnis dessen, dass Personalkostenzuschüsse bis 2.000,00 € monatlich gewährt würden. Falsch sei die Darstellung des Klägers, wonach E mitgeteilt worden sei, Frau B solle nur ein Grundgehalt von 1.500,00 € erhalten; vielmehr habe er E den Entwurf des Arbeitsvertrags vorgelegt, der ein Grundgehalt von 2.200,00 € vorgesehen habe. Ausdrücklich habe E dem Kläger auch in einem persönlichen Gespräch erklärt, die „volle Bezuschussung“ in Höhe von 2.000,00 € setze eine „entsprechende Grundgehaltszahlung“ voraus. Im Anschluss an das Gespräch habe E dem Kläger dann die E-Mail vom 14.6.2016 mit den „Planungsunterlagen“ (Anl. B5) übermittelt, in denen – entsprechend den Angaben des Klägers – von einem Grundgehalt in Höhe von 2.200,00 € ausgegangen worden sei. Bei Unterzeichnung der Personalkostenzuschuss-Vereinbarung im Oktober 2016 habe der Kläger ihn weiterhin in dem Glauben gelassen, Frau B erhalte ein Grundgehalt von 2.200,00 €. Erst anlässlich eines Gesprächs mit dem Kläger Anfang 2017 sei dessen Betrug aufgefallen; einen Wunsch der Frau B nach „Umstellung des Vertrags“ habe es nie gegeben, ebenso keine Vertragsumstellung. Mit ihr sei von vornherein vereinbart gewesen, dass sie ein Gehalt von 1.500,00 € bekomme. Der Kläger habe erneut in seiner schriftlichen Erklärung vom 3.3.2017 getäuscht, indem er erklärt habe, es sei nur die „Auszahlungsweise“ gegenüber Frau B geändert worden. Bei diesem Verhalten des Klägers sei eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung entbehrlich gewesen.
54Die fristlose Kündigung sei jedenfalls in der Zusammenschau mit der unterlassenen Mitteilung zur Umstellung des Vertrags C gerechtfertigt. Erst am 13.3.2017 habe der Kläger zugestanden, dass es insoweit zu einem Statuswechsel gekommen sei. Der mit C ab dem 1.8.2016 geltende Vertretervertrag sei vom Kläger, wie unstreitig blieb, vorprozessual nicht vorgelegt worden. Von E habe der Kläger gewusst, dass eine Bezuschussung von Vertreterverträgen mit branchenfremden Personen während der ersten drei Jahre ihrer Tätigkeit nicht stattfinde.
55Der Beklagte meint, der Widerklage sei zu Recht stattgegeben worden. Bezüglich der Forderungen in Bezug auf die Leasingfahrzeuge fehle es schon an einem ordnungsgemäßen Berufungsangriff, denn der Kläger habe die Begründung des Landgerichts, das auf die Überlassungsvereinbarungen abgestellt habe, überhaupt nicht angefochten. Der Kläger lege im Übrigen auch nicht dar, warum die Entscheidung des Landgerichts bezüglich der Rückzahlung von Betreuungsprovisionen falsch sei.
56Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N, B und E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstatter-Vermerk verwiesen. Der Beklagte hat die Widerklage in der mündlichen Verhandlung wegen der Forderung in Höhe von 750,00 € nebst anteiliger Zinsen mit Zustimmung des Klägers zurückgenommen.
57B.
58Die zulässige Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
59I. Klage
60Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
611. Feststellungsantrag
62Das Begehren des Klägers auf Feststellung, das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei nicht infolge der Kündigung seitens des Beklagten, sondern erst aufgrund der (Eigen-)Kündigung des Klägers beendet worden, ist zulässig, aber unbegründet.
63a)
64Der Antrag ist insgesamt zulässig.
65Auch wenn feststeht, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien beendet worden ist, sich die Feststellung also auf ein vergangenes Rechtsverhältnis bezieht, ergeben sich aus ihm noch ungeklärte Rechtsfolgen (etwa betr. die Existenz eines Ausgleichsanspruchs). Auch eine – etwaige – Schadensersatzpflicht des Beklagten ist zwar weitgehend durch die Zahlungsanträge erfasst, doch ist nicht auszuschließen, dass es – z.B. im Fall eines Ausscheidens des Klägers aus den Diensten der H – zu weiteren Schäden kommt. In derartigen Fällen kann auch ein vergangenes Rechtsverhältnis noch Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 256 Rn. 3a).
66Auch das Feststellungsinteresse im Hinblick auf den „zweiten Teil“ des Antrags, die Beendigung des Vertragsverhältnisses durch die Eigenkündigung des Klägers festzustellen, ist gegeben. Zwar hat der Beklagte für den Fall, dass seine Kündigung unwirksam ist, die Berechtigung der (Eigen-)Kündigung des Klägers nicht in Abrede gestellt. Gleichwohl kann diese Feststellung jedenfalls unter dem Aspekt des Feststellungsinteresses gem. § 256 Abs. 2 ZPO begehrt werden, etwa im Hinblick auf das Schicksal der Ausgleichsansprüche und den sie betreffenden Tatbestand des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB.
67b)
68Der Feststellungsantrag ist jedoch (insgesamt) unbegründet, weil bereits die fristlose Kündigung seitens des Beklagten vom 16.3.2017 das Vertragsverhältnis mit dem Kläger beendet hat.
69aa)
70Nach der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger den Beklagten zunächst über dessen Mitarbeiter E darüber täuschte, der Angestellten B nicht das angeblich vorgesehene Gehalt von 2.200,00 € brutto monatlich zahlen zu wollen, sondern lediglich 1.500,00 €, um damit Zuschusszahlungen in Höhe von monatlich 2.000,00 € zu erhalten. Diese Täuschung setzte der Beklagte mit der Unterzeichnung der Zuschussvereinbarung im Oktober 2016, in der die aufgrund der Täuschung Es festgelegten Zuschusszahlungen nunmehr niedergelegt waren, fort. Dabei war ihm bewusst, dass er bei Angabe des (Fest-)Gehalts, das er tatsächlich zahlen wollte bzw. zahlte, nämlich 1.500,00 € monatlich, einen Zuschuss in Höhe von 2.000,00 monatlich (für das erste Jahr der Zuschussgewährung) nicht bekommen hätte.
71Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Angaben der Zeugen B und E.
72(1)
73Die Zeugin B bekundete, ihr gegenüber sei von vornherein verdeutlicht worden, dass sie nach ihrer Ausbildung kein (Fest-)Gehalt in einer Höhe von mehr als 1.500,00 € erhalten werde, freilich zzgl. der Bestandsprovisionen. Da der Arbeitsvertrag aber ein Gehalt von 2.200,00 € ausgewiesen habe, habe sie nachgefragt und vom Kläger die Antwort erhalten, dass ein Gehalt in dieser Höhe aufgenommen worden sei, um vom Beklagten einen Zuschuss in Höhe von 70 % dieses Betrages, also (etwa) in Höhe des „tatsächlich“ vereinbarten (Fest-)Gehalts – von 1.500,00 € - zu bekommen.
74Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben dieser Zeugin, die ruhig und sachlich auftrat und keine Belastungstendenzen zum Nachteil des Klägers erkennen ließ. Nicht ersichtlich ist im Übrigen, dass sie ein materielles oder auch nur immaterielles Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits hat. Sie hat die Ereignisse, die ihren beruflichen und privaten Werdegang, u.a. durch einen Wechsel zu anderen Agenturen des Beklagten im Ruhrgebiet, zwischenzeitlich erheblich beeinflusst haben, weshalb eine präzise Erinnerung der Zeugin naheliegt, auch detailliert und widerspruchsfrei dargelegt.
75Gestützt werden die Angaben durch die Aussage des Zeugen E, der bekundete, mit dem Kläger die Voraussetzungen für die Gewährungen von Personalkostenzuschüssen, und zwar im Vorfeld der Anstellung der Frau B nach Abschluss ihrer Ausbildung, auch in einem persönlichen Gespräch erörtert zu haben.
76Demgegenüber sieht der Senat die Einlassungen des Klägers, namentlich bezüglich eines kurz nach Beginn des Anstellungsverhältnisses artikulierten Wunschs der Frau B, auch die Bestandsprovisionen zu erhalten, als inhaltlich unzutreffend an. Schon aufgrund der eigenen Darstellung des Klägers, wonach sich Frau B mit einem Festgehalt von 2.200,00 € ohne die zusätzliche Zahlung von Bestandsprovisionen einverstanden erklärt habe (Schriftsatz vom 15.1.2018), ist nicht nachvollziehbar, dass Frau B sodann (erst) nach Zahlung des ersten vollen Gehalts „im Juli 2016“ festgestellt habe, dass sie die Bestandsprovisionen – anders als während ihrer Ausbildung – nun nicht mehr erhalte (a.a.O., S. 3). Vielmehr war für Frau B, wenn sie sich denn auf eine Gehaltsvereinbarung von 2.200,00 € „ohne Bestandsprovisionen“ eingelassen hätte, klar, dass sie entsprechende Zahlungen nicht mehr erhalten werde. Nach der – aus Sicht des Senats allein glaubhaften – Darstellung der Zeugin B, wonach von vornherein ein (Fest-)Gehalt von lediglich 1.500,00 € nebst den Bestandsprovisionen vereinbart war, bestand ohnehin kein Anlass für sie, (erst) nach Beginn des Anstellungsvertrags die Forderung auf Bestandsprovisionen zu erheben. Damit ist der Darstellung des Klägers der Boden entzogen, es sei erst im Laufe des Anstellungsverhältnisses auf den Wunsch der Frau B hin dazu gekommen, den zunächst einvernehmlich mit 2.200,00 € dotierten Anstellungsvertrag dahingehend abzuändern, dass lediglich 1.500,00 € nebst den Betreuungsprovisionen gezahlt werde.
77Auch die Aussage der Zeugin N, wonach Frau B etwa 1 ½ Monate nach dem Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses als Angestellte das Fehlen der Bestandsprovisionen moniert habe, worauf es später zu einem schriftlichen Arbeitsvertrag gekommen sei, der jetzt 1.500,00 € (Fest-)Gehalt sowie die Auszahlung von Bestandsprovisionen vorgesehen habe, steht der Überzeugung des Senats von der Richtigkeit der Darstellung der Zeugin B nicht entgegen. Wie bereits dargelegt, ist nicht nachvollziehbar, dass Frau B sich erst mehrere Wochen nach Beginn ihres Arbeitsvertrages über die Bestandteile ihrer Entlohnung klar geworden sein soll. Das von der Zeugin N angegebene Datum des angeblichen Gesprächs (angeblich genau zu dem Zeitpunkt, zu dem Frau B das Fehlen der Bestandsprovisionen festgestellt habe) erscheint konstruiert. Bemerkenswert ist im Übrigen, dass die Zeugin von der „Erstellung“ eines entsprechend geänderten Vertrags berichtete, was dahin zu verstehen ist, dass ein schriftliches Dokument erstellt worden ist. Der Kläger selbst führt jedoch aus, die von ihm behauptete Änderung sei „schriftlich nirgends hinterlegt“ worden (a.a.O., S. 4).
78(2)
79Der Kläger handelte dabei auch in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, weil er davon ausging, bei wahrheitsgemäßer Angabe des mit Frau B tatsächlich vereinbarten (Fest-)Gehalts von (lediglich) 1.500,00 € den Zuschuss von 2.000,00 € nicht zu bekommen.
80Entgegen seiner Einlassung wusste der Kläger nämlich, dass er einen Zuschuss in Höhe der mit dem Beklagten vereinbarten 2.000,00 € nur erhalten konnte, wenn er Frau B zumindest ein (Fest-)Gehalt in dieser Höhe zahlte.
81Auch das ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen B und E. Die Begründung, die Frau B nach ihrer Bekundung vom Kläger dafür erhielt, dass im schriftlichen Arbeitsvertrag ein Gehalt von 2.200,00 € genannt war, lautete nämlich dahingehend, dies sei deshalb geschehen, um über einen Zuschuss seitens des Beklagten in Höhe von 70 % das (tatsächlich) vereinbarte Gehalt (von 1.500,00 €) abzudecken. Diese – bezüglich des genannten Prozentsatzes im Übrigen unrichtige und auch der Mitarbeiterin B gegenüber unlautere – Begründung des Klägers zeigt, dass ihm der Zusammenhang zwischen dem mit den jeweiligen Mitarbeitern vereinbarten (Fest-)Gehalt und der Höhe des zu erlangenden Zuschusses bewusst war. Eben dies folgt ferner aus der Aussage des Zeugen E, der bekundete, die Zuschussgewährung im Einzelnen mit dem Kläger erörtert zu haben. Auch an dieser Aussage hat der Senat keine Zweifel. Zwar steht der Zeuge „im Lager“ des Beklagten; auch ist ein latentes Interesse des Zeugen daran, etwaiges eigenes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Zuschussbewilligung zu kaschieren, um nachteilige Folgen für die eigene Stellung bei dem Beklagten zu vermeiden, in Rechnung zu stellen, auch wenn der Senat keinerlei konkrete Anhaltspunkte für ein solches Fehlverhalten erkennen konnte. Die Bekundungen des Zeugen, die widerspruchsfrei und plausibel waren, finden aber Bestätigung in dem unstreitig von ihm erstellten und dem Kläger zugeleiteten „Planungsbogen“ (Bl. 186 ff = Anl. B 5), aus dem sich die Bedeutung des Festgehalts als Einsatzgröße für die Bemessung eines Zuschusses eindeutig ergibt. Die Erstellung dieser Unterlagen wertet der Senat im Übrigen als Beleg dafür, dass der Zeuge E wegen eines zu gewährenden Zuschusses (stets) in konkreten und detaillierten Gesprächen mit den Vertragspartnern des Beklagten – und so auch mit dem Kläger – stand, um die notwendigen Grundlagen zu ermitteln. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Zuschussgewährung nach den internen Bestimmungen des Beklagten bei Angestellten nicht nur von der Höhe des (Fest-)Gehalts abhängt, sondern auch auf 100 % dieses Festgehalts und auf maximal 2.000,00 € monatlich begrenzt ist, und dass dies auch dem Kläger bereits vor Einstellung der Frau B im Sommer 2016 bekannt war. Das folgt zum einen daraus, dass der Kläger gegenüber Frau B selbst mit der Prozentzahl von 70 argumentierte, die dem Schema und der Begrenzung der Fördersätze im Hause des Beklagten entspricht. Zum anderen hat der Zeuge E bekundet, mit dem Kläger die Fördersätze für Frau B im Einzelnen erörtert zu haben, wobei sich der Kläger für den Höchstsatz, nämlich 100 %, absolut 2.000,00 € monatlich, entschieden habe.
82Die Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, entfällt im Übrigen nicht deshalb, weil der Kläger, wie der Senat durchaus unterstellt, stets vorhatte, den betreffenden Mitarbeitern, insbesondere auch der Frau B, (Gehalts-)Zahlungen in einer den begehrten bzw. bewilligten Zuschuss übersteigenden Höhe zukommen zu lassen.
83Denn diese Zahlungen stellen lediglich eine – wenn auch ggf. fremdnützige – Verwendung der zuvor zu Unrecht erhaltenen Zuschüsse dar. Sie ändern nichts daran, dass der Kläger wusste, im Fall der Offenbarung der tatsächlich vereinbarten Vertragsverhältnisse gegenüber dem Beklagten lediglich geringere Zuschusszahlungen zu erhalten. Die im Hause des Beklagten geltenden Regelungen der Zuschussgewährung durch Täuschungen zu unterlaufen, begründet die Absicht, sich rechtswidrige Vermögensvorteile zu verschaffen.
84(3)
85Infolge der Täuschung seitens des Klägers nahm der Beklagte Zuschusszahlungen in Höhe von monatlich 2.000,00 € anstelle der bei wahrheitsgemäßen Angaben bewilligten 1.500,00 € monatlich an den Kläger vor, wodurch ein entsprechender Vermögensschaden in Höhe von monatlich 500,00 €, somit bei Ausspruch der Kündigung von bereits 4.000,00 €, bei dem Beklagten eingetreten ist.
86Der Kläger kann die Ursächlichkeit seiner Täuschung für die Verfügungen des Beklagten – also für die Zuschusszahlungen in einer den Betrag von 1.500,00 € monatlich übersteigenden Höhe - nicht mit dem Argument in Abrede stellen, der Beklagte hätte auch bei Kenntnis des tatsächlich mit Frau B vereinbarten (Fest-)Gehalts von 1.500,00 € einen Zuschuss in Höhe von 2.000,00 € monatlich erbracht. Dem steht die Regelung im Hause des Beklagten entgegen, wonach die Zuschüsse bei Angestellten nicht oberhalb der (Fest-)Gehälter liegen. Auch dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Aussage des Zeugen E, die durch die von ihm vorgelegten Planungsbögen gestützt wird. Dass die Zuschussbewilligungen bei dem Beklagten an konkrete Voraussetzungen geknüpft sind, über die jedenfalls der Zeuge E nicht disponieren kann, und dass E im Übrigen über diese Voraussetzungen zuverlässig als Ansprechpartner der Agenturen auch für diese Fragen informiert war und ist, steht für den Senat aus den genannten Gründen fest.
87bb)
88Der Kläger hat sich sodann durch die Nichtanzeige der zwischenzeitlichen Veränderungen des Arbeitsvertrags, die noch vor Unterzeichnung der eigentlichen Zuschussvereinbarung seitens des Klägers zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Oktober 2016 eingetreten waren, erneut pflichtwidrig verhalten.
89Infolge der vorangegangenen Täuschung, die zur Aufnahme unzutreffend überhöhter Zuschussbeträge in die Vereinbarung geführt hatte, war der Kläger verpflichtet, den Beklagten spätestens zu dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme dieser ihm angebotenen Zuschussvereinbarung nunmehr über die tatsächliche Gehaltsvereinbarung mit Frau B aufzuklären. Sein Verschweigen in Kenntnis des Umstandes, den Beklagten solchermaßen zu entsprechenden Zahlungen zu veranlassen, ist als Fortsetzung der bereits begonnenen Täuschung des Beklagten über die Höhe des vereinbarten (Fest-)Gehalts anzusehen.
90bb)
91Das vorstehend dargestellte Fehlverhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Vorbereitung und dem Abschluss der Zuschussvereinbarung für Frau B stellt auch einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung im Sinne des § 89 a Abs. 1 HGB dar, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob dem Kläger auch in Bezug auf die Nichtanzeige der Vertragsänderung bezüglich des Mitarbeiters C ein weiterer Betrug oder lediglich eine – vorsätzliche oder fahrlässige – Pflichtverletzung zur Last fiel.
92Dem Beklagten war ein Festhalten an dem Vertrag mit dem Kläger bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung – hier gem. § 89 Abs. 1 HGB zum 30.6.2017 – nicht zumutbar.
93Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit kommt es weniger auf tatsächliche Schädigungen des Kündigenden als darauf an, ob für ihn vom Standpunkt eines vernünftigen, branchenüblichen Ermessens betrachtet die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen musste, dass seine Belange gefährdet seien (BGH, NJW-RR 1992, S. 481, 482; Emde, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 89 a Rn. 26)
94Indem der Kläger dem Beklagten gegenüber Täuschungen beging, um rechtswidrige Vermögensvorteile zu erlangen, begründete er die Befürchtung, sich auch in anderen Angelegenheiten, namentlich bei der Abwicklung von Schadensfällen, nicht verlässlich an den Interessen des Beklagten orientieren zu wollen oder zu können. Die Einschätzung des Beklagten, der Kläger sei damit für ihn als Agenturinhaber auch nur bis zum nächsten Kündigungstermin „untragbar“, ist in einer solchen Situation gerechtfertigt. Bedeutung hat dabei namentlich auch der Umstand, dass der Kläger seine durchaus verantwortungsvolle Position erst seit Beginn des Jahres 2013 innehatte, so dass er nicht auf eine langjährige beanstandungsfreie Zusammenarbeit verweisen kann, die Anlass für den Beklagten hätte sein können, seine Befürchtungen bezüglich der Integrität des Klägers zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zurückzustellen. Der Verweis des Klägers auf die lange „Familientradition“ führt zu keiner anderen Beurteilung, denn es kommt nur darauf an, ob und wie lange sich der Kläger bereits in der von ihm seit Beginn des Jahres 2013 eingenommenen Position bewährt hatte.
95cc)
96Eine Abmahnung war bei dieser Sachlage entbehrlich.
97Auch wenn das kündigungsrelevante Verhalten des Klägers nicht die sog. Leistungs-, sondern die Vertrauensseite betrifft, ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, so jedenfalls bei langjähriger Tätigkeit und „sicherem Fehlen“ eines Schadens des Unternehmers (Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 89 a Rn. 10). Andererseits ist eine Abmahnung bei schweren Pflichtverstößen entbehrlich, wenn eine Billigung des Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen ist (BGH, NJW-RR 2001, S. 677; Münchener Kommentar HGB/von Hoyningen-Huene, 4. Aufl. 2016, HGB § 89a Rn. 29).
98(1)
99Ein Sachverhalt, der eine Abmahnung im vorgenannten Sinn grundsätzlich erforderlich macht, ist schon nicht feststellbar. Weder bestand mit dem Kläger bereits ein langjähriges Vertragsverhältnis, zumal die von ihm angeführte „Familientradition“ nicht die eigene Tätigkeit des Klägers in der maßgeblichen Position als „Vertrauensmann“ ersetzt, noch lässt sich ausschließen, dass dem Beklagten durch die Zuschusszahlungen kein Schaden entstand. Letzteres wäre nur dann anzunehmen, wenn feststünde, dass der Beklagte dieselben Zuschüsse auch bei Kenntnis der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse erbracht hätte. Der Senat ist jedoch, wie bereits dargelegt, davon überzeugt, dass der Beklagte Zuschüsse im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis mit Frau B nicht in der Höhe von 2.000,00 € monatlich gewährt hätte.
100(2)
101Vielmehr lag ein schwerwiegender Pflichtverstoß vor.
102Das betrügerische Verhalten des Klägers war für den Beklagten angesichts der dem Kläger eingeräumten Vertrauensstellung, wie sie sich namentlich aus den unter § 2 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ genannten Aufgaben (u.a. Sorgfalt bei der Auswahl der Wagnisse, Mitwirkung bei der Ermittlung und Feststellung von Schäden, Mitteilung missbräuchlicher Verhaltensweisen von Versicherungsnehmern, Entgegennahme von Geldern) nicht akzeptabel. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Falles, die namentlich darin bestehen, dass sich der Beklagte für seine Zuschussgewährung lediglich (mittelbare) Vorteile in Gestalt bestimmter Umsatz- bzw. sog. Produktionszuwächse versprach, die er im Fall der Mitarbeiter des Klägers B und C möglicherweise sogar erhalten hätte. Denn die Verhaltensweise des Klägers wird durch ein Element der Täuschung oder Hintergehung bestimmt, das die Basis der Zusammenarbeit zerstört, weshalb eine Abmahnung auch nicht geeignet war, das solchermaßen verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen.
103dd)
104Die fristlose Kündigung konnte auch noch am 16.3.2017 erklärt werden.
105Die Regelung des § 626 Abs. 2 BGB (Kündigungsfrist von 2 Wochen) ist nicht auf Handelsvertreterverträge anwendbar (BGH NJW 1982, S. 2433). Doch ist die fristlose Kündigung innerhalb „angemessener Frist“ zu erklären. Eine Frist von 2 Monaten ist dabei allerdings in der Regel zu lang (BGH NJW 1994, S. 722). Hier hat der Beklagte vom Zeitpunkt der gebotenen Aufklärung an eine angemessene Frist eingehalten:
106Der Beklagte hat über das betrügerische Verhalten des Klägers in Bezug auf die Vorschussvereinbarung für Frau B erst in dem Gespräch in der Agentur am 8.2.2017 erfahren.
107Der Kläger behauptet indes eine viel frühere Kenntnisnahme, und zwar unter Berufung darauf, E habe regelmäßig an „Freitagssitzungen“ – in der Agentur K & L – teilgenommen, in denen auch über die hier in Rede stehenden Mitarbeiter gesprochen worden sei.
108Der Beklagte hat diese Behauptung entkräftet. Bereits die seitens des Klägers benannten Zeugen konnten aus eigener Wahrnehmung nicht über Gespräche zwischen dem Kläger und E über die Mitarbeiter B oder C oder gar über deren Inhalt berichten. Der Zeuge E indes hat plausibel und widerspruchsfrei dargelegt, über die vertraglichen „Verhältnisse“ bezüglich der Frau B erst Anfang Februar informiert worden zu sein.
109Auf die Frage, ob eine etwaige Kenntnis des Mitarbeiters und Direktionsbeauftragten E ohnehin nicht ausgereicht hätte, weil sie dem Beklagten nicht hätte zugerechnet werden können, kommt es demnach nicht an.
110Im Übrigen hat der Beklagte die Aufklärung des Sachverhalts zielstrebig betrieben. Das Gespräch in J mit dem Kläger war zeitnah auf den 17.2.2017 angesetzt. Auf dessen Bitte hin durfte ihm der Beklagte auch eine Frist bis zum 3.3.2017 zur Beantwortung weiterer Fragen einräumen. Nach Ablauf dieser Frist ist dann innerhalb von zwei Wochen die (fristlose) Kündigung erklärt worden.
1112.
112Die unter Ziff. II. der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche existieren nicht.
113a)
114Der vom Kläger geltend gemachte Ausgleichsanspruch nach den „Grundsätzen Sach“ besteht nicht.
115Jeglicher Anspruch des Klägers auf Ausgleich ist entfallen, weil für die Kündigung des Beklagten „ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters“ vorlag (§ 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB).
116Der unter Ziff. I. dargelegte wichtige Grund für die Kündigung beruhte auch auf einem schuldhaften Verhalten des Klägers.
117b)
118Auch ein sog. Kündigungsschaden des Klägers gem. § 89 a Abs. 2 HGB bestünde nur, wenn die fristlose Kündigung des Beklagten unwirksam gewesen wäre und damit die Eigenkündigung des Klägers veranlasst hätte.
119Das ist aus den bereits erwähnten Gründen nicht anzunehmen.
1203.
121Auch der Auskunftsanspruch des Klägers in Bezug auf seinen Ausgleichsanspruchs in Gestalt der „Grundsätze Leben“ existiert nicht.
122Wiederum ist auf § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB zu verweisen, dessen Voraussetzungen, wie bereits dargestellt, vorliegen.
123B. Widerklage
124Die Berufung des Klägers, soweit sie gegen das der Widerklage stattgebende Urteil gerichtet ist, hat gleichfalls keinen Erfolg.
125I.
126Dem Beklagten stehen die geltend gemachten Ansprüche aus der Abwicklung der Leasingverträge in der vom Landgericht zugesprochenen Gesamthöhe von 8.639,85 zu.
1271. betr. das Fahrzeug mit dem amtl. Kennz. YY-++ 00 (Opel Adam)
128Die Haftung des Klägers für den Ausgleich der Wertminderungen gem. Rechnungen vom 13.3.2017 über 267,92 € und vom 12.4.2017 über 184,01 € ergibt sich aus §§ 6 Nr. Nr. 3, 5 Nr. 2 der Vereinbarung zur Überlassung eines Fahrzeugs (im Folgenden: Überlassungsvereinbarung) vom 21.7.2015.
129Der Kläger hat auch die mit der Rechnung vom 4.5.2017 geltend gemachten Positionen in einer Gesamthöhe von 3.249,46 € zu tragen. Auf die Ausführungen des Landgerichts, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, wird Bezug genommen. Insbesondere folgt die Verpflichtung zur Zahlung der „pauschalen Wertminderung für den weiteren Haltereintrag“ in Höhe von 500,00 € (brutto) sowie der Gutachterkosten aus §§ 6 Nr. 3, 5 Nr. 2 der Überlassungsvereinbarung. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser Klausel, namentlich gem. §§ 309 Nr. 5, 310 Abs. 1, 307 BGB, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Mehrfahrleistung ist vom Kläger gem. §§ 6 Nr. 4 S. 2, 1 Nr. 3 der Überlassungsvereinbarung abzugelten; im Anhang zur Überlassungsvereinbarung sind u.a. die Kosten für Mehrkilometer mit 5,00 ct/km (brutto) ausgewiesen. Der vom Beklagten verwendete Berechnungsschlüssel entspricht der Regelung; die in Ansatz gebrachte Kilometerleistung hat der Kläger nicht in Abrede gestellt.
1302. betr. das Fahrzeug mit dem amtl. Kennz. YY-** 00 (Opel Adam)
131Geltend gemacht werden 1.875,68 € gem. Abrechnung vom 27.4.2017 (Bl. 225); zuerkannt hat das Landgericht nach Kürzung einer in Ansatz gebrachten konkreten Wertminderung gem. DEKRA-Gutachten (von 732,77 € auf 669,75 €) insgesamt 1.812,66 €.
132Dieser Betrag setzt sich aus 500,00 € wegen der Wertminderung für die 2. Haltereintragung, aus (verbleibenden) 669,75 € Wertminderung gem. DEKRA-Gutachten, aus 83,30 € Gutachterkosten nebst Umsatzsteuer und aus 456,96 € Mehrfahrleistung (0.042 €/km für 10.880 km) nebst Umsatzsteuer zusammen.
133Wegen der Berechtigung der geltend gemachten Positionen wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1. verwiesen. Einwendungen gegen die Parameter der Berechnung der Mehrkilometer sind nicht erhoben worden.
1343. betr. das Fahrzeug mit dem amtl. Kennz. QQ-** 0 (Opel Adam)
135Das Landgericht hat gem. der Rechnung des Beklagten vom 27.4.2017 insgesamt 713,21 € zugesprochen. Auch insoweit hat das Urteil Bestand.
136Unerheblich ist, dass der Beklagte für dieses Fahrzeug keine schriftliche, vom Kläger gegengezeichnete „Überlassungsvereinbarung“ vorlegen konnte. Denn es ist aufgrund des detaillierten und unwidersprochen gebliebenen Vortrags des Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen des Bestellprozederes zwingend auch die „Überlassungsvereinbarung“ bestätigt haben muss, um die Bestellung eines Fahrzeugs abschließen zu können.
137Ferner ist davon auszugehen, dass der Kläger – jedenfalls konkludent mit der Akzeptanz der Abbuchung der von ihm zu tragenden Leasingraten – auch dem Inhalt des „Anhangs zur Überlassungsvereinbarung“ zugestimmt hat, wie er auch Gegenstand der früheren Überlassungsvereinbarungen geworden war, namentlich bezüglich des Satzes von 0,05 €/km (brutto) für die „Mehrkilometer“.
138Der Betrag von 713,21 € setzt sich aus 500,00 € Kosten Wertminderung für die 2. Haltereintragung, aus 42,02 € Wertminderung gem. DEKRA-Gutachten, aus 83,30 € Gutachterkosten und aus 60,56 € Mehrfahrleistung (0,042 €/km (netto) für 1.442 km) nebst Umsatzsteuer auf Gutachtenkosten und Mehrkilometer-Betrag zusammen.
139Diese Positionen sind auch in diesem Fall berechtigt (s. Ziff. 1.).
1404. betr. das Fahrzeug mit dem amtl. Kennz. QQ-~~ 00 (Opel Adam)
141Geltend gemacht und zugesprochen wurden 1.448,73 € gem. Abrechnung vom 19.6.2017.
142Dieser Betrag setzt sich aus 500,00 € Kosten Wertminderung für die 2. Haltereintragung, 680,67 € Wertminderung gem. DEKRA-Gutachten, 83,30 € Gutachterkosten und 141,96 € Mehrfahrleistung (0.042 €/km netto für 3.380 km) zusammen; hinzukommen Umsatzsteuer auf Gutachterkosten und Mehrfahrleistung.
143Die Forderung ist dem Grunde nach berechtigt (s. Ziff. 1.); entscheidungserhebliche Einwendungen zur Höhe der Parameter hat der Kläger nicht vorgetragen.
1445. betr. das Fahrzeug mit dem amtl. Kennz. QQ-~~ 7(Golf Variant)
145Geltend gemacht und zugesprochen worden sind 963,86 € gem. Abrechnung vom 19.6.2017.
146Auch zu diesem Fahrzeug ist keine „Überlassungsvereinbarung“ seitens des Beklagten vorgelegt worden. Aus den unter Ziff. 3. genannten Gründen ist jedoch davon auszugehen, dass der Kläger die „Überlassungsvereinbarung“, wie sie bereits anlässlich der Übernahme anderer Fahrzeuge von ihm unterzeichnet worden ist, auch bei dieser Bestellung bzw. Fahrzeugübernahme akzeptiert hat. Entsprechendes gilt für den „Anhang zur Überlassungsvereinbarung“.
147Der geltend gemachte Betrag beinhaltet wiederum 500,00 € Wertminderung für die 2. Haltereintragung, Kosten für DEKRA-Gutachten in Höhe von 83,30 €, Kosten für „Neubeklebung nach Unfall“ in Höhe von 240,00 € sowie 66,50 € Mehrfahrleistung (0.042 €/km netto für 1.330 km) nebst Umsatzsteuer auf sämtliche Positionen (außer auf Wertminderung).
148Auch diese Forderungen sind begründet (s. Ziff. 1.).
1496.
150Die zugesprochenen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Eintritt der Rechtshängigkeit am 24.8.2017 haben ihre Grundlage in §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
151II.
152Dem Beklagten gebührt auch der geltend gemachte Anspruch auf zeitanteilige Rückzahlung der Betreuungsprovisionen (für 2017) in Höhe von 18.137,07 €.
153Der Anspruch folgt aus § 4 Ziff. 3. 3. Satz der „Vertragsurkunde“, wonach der Vertragspartner (VM) die BP, „soweit sie ihm über den Zeitraum seiner Tätigkeit für den D hinaus bereits vorschüssig gezahlt wurde“, zurückzuzahlen hat.
154Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Klausel wirksam.
1551.
156§§ 92 Abs. 4, 87a Abs. 1 HGB stehen der Rückforderung nicht entgegen, weil es sich bei den Betreuungsprovisionen nicht um Abschlussprovisionen handelt (OLG Düsseldorf, Urt. vom 2.10.2015, Az. 16 U 182/13).
157Veranlassung für die Annahme, die in § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ genannten Betreuungs- und Verwaltungsprovisionen enthielten – entgegen ihrem Wortlaut – (auch) Vergütungsbestandteile für eine Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit des Klägers, ergab sich weder aufgrund des Vortrags der Parteien noch aufgrund der zu den Akten gereichten Anlagen.
1582.
159Es ist nicht erkennbar, dass die Klausel gegen § 305 c Abs. 1 BGB verstößt. § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ ist weder überraschend noch mehrdeutig.
160Von einer überraschenden Klausel kann insbesondere nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Beklagte sich vom unterjährig ausscheidenden Vertreter die zeitanteilige Bestandsprovision wieder zurückzahlen lässt, dem neu Eintretenden aber für den Zeitraum ab Eintritt bis zum Jahresende keine Bestandsprovisionen zahlt. Welche Regelungen der Beklagte mit dem Vorgänger des Klägers getroffen hatte, war für den Kläger bei Abschluss seines eigenen Vertrags überhaupt nicht erkennbar. Eine solche vertragsübergreifende Handhabung des Beklagten, mag sie denn existieren, kann deshalb nicht dazu führen, die Regelung in § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ als überraschend anzusehen. Dass (ausdrücklich) „vorschüssig“ gewährte Leistungen im Fall einer zwischenzeitlichen Vertragsbeendigung zurückgefordert werden, stellt auch keine objektiv ungewöhnliche Regelung dar.
161Die Bestimmungen des § 4 Ziff. 3. der „Vertragsurkunde“ sind überdies auch nicht mehrdeutig.
1623.
163Die Auffassung des Klägers, die Klausel verstoße gegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil dem Vertreter bei unterjährigem Beginn des Handelsvertretervertrags keine zeitanteilige Betreuungsprovision für den Zeitraum bis zum Ende des betreffenden Kalenderjahres gewährt werde, überzeugt ebenfalls nicht.
164Soweit der Beklagte durch die Gestaltung der Verträge mit seinen Vertretern erreicht, dass er von der Zahlung der Betreuungsprovisionen für die betreffenden Rumpfkalenderjahre nach unterjährigem Eintritt eines neuen Vertragspartners (mit entsprechender Bestandsübertragung auf ihn) dispensiert ist, er aber die (bereits vorschüssig) an den austretenden Vertreter für diesen Zeitabschnitt gezahlte Betreuungsprovision wieder zurückerhält, wird dadurch keine unangemessene Benachteiligung des Austretenden begründet.
165Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 und 2 BGB lässt sich nur in Bezug auf ein bestimmtes Vertragsverhältnis treffen. Soweit die monierte „Ungerechtigkeit“ aber erst bei der gleichzeitigen Betrachtung zweier Vertragsverhältnisse (nämlich desjenigen mit dem Vorgänger und desjenigen mit dem Kläger) hervortritt, weil sich der Beklagte erst im Zusammenspiel mit den jeweiligen Regelungen einen bestimmten Vorteil verschafft, lässt sich damit die unangemessene Benachteiligung des einen Vertragspartners nicht begründen.
166Eine unangemessene Benachteiligung kommt in einer solchen Konstellation höchstens im Hinblick darauf in Betracht, dass der Kläger für die Zeit des ersten Rumpfkalenderjahres nach Beginn seiner Tätigkeit für den Beklagten keine Bestandsprovision erhalten hat. Darin ist jedoch weder ein Abweichen von einer gesetzlichen Regelung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) noch eine Gefährdung wesentlicher Rechte und Pflichten (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) zu sehen. Es handelt sich vielmehr um das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, das nicht durch die §§ 307ff. BGB reglementiert wird, sondern höchstens gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen kann, wofür im vorliegenden Fall gleichfalls nichts ersichtlich ist.
1673.
168Im Übrigen liegt auch keine unzulässige mittelbare Kündigungserschwernis durch die vertragliche Bestimmung zur vorschüssigen Auszahlung der Betreuungsprovision vor.
169Allerdings ist eine gegen § 89 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. HGB bzw. gegen § 89 a Abs. 1 S. 2 HGB verstoßende und damit unwirksame Einschränkung der Entschließungsfreiheit des Handelsvertreters bereits dann anzunehmen, wenn sie sich dadurch ergibt, dass an die Kündigung des Handelsvertreters wesentliche, eine Vertragsbeendigung erschwerende Nachteile geknüpft werden. Ob die an eine Vertragsbeendigung geknüpften Nachteile von solchem Gewicht sind, dass sie zu einer solchen unwirksamen Kündigungserschwernis führen, ist nach den Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen (BGH, Urt. vom 5.11.2015, Az. VII ZR 59/14).
170Es kann dahinstehen, ob § 4 Ziff. 3 S. 3 der „Vertragsurkunde“ bereits deshalb nicht (mittelbar) gegen die genannten Vorschriften des HGB verstößt, weil § 4 Ziff. 3 S. 1 offen lässt, für welchen Zeitraum eine vorschüssige Zahlung erfolgt, oder ob es bereits genügt, dass der Beklagte zu vorschüssigen Zahlungen für längere Zeiträume auch nur berechtigt ist.
171Ein Verstoß gegen § 89 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. bzw. gegen § 89 a Abs. 1 S. 2 HGB scheidet nach Auffassung des Senats deshalb aus, weil die vorschussweise Zahlung, die für einen längeren Zeitraum erfolgt, üblicherweise seitens des Handelsvertreters auch nur ratierlich verbraucht wird. Ist aber davon auszugehen, dass der Handelsvertreter den Betrag nur zeitanteilig aufzehrt und also diejenigen Anteile zunächst nicht antastet, die für die noch nicht abgelaufenen Zeitabschnitte der jeweiligen Vorschussperiode gezahlt worden sind, dann verfügt er stets über die Mittel, die im Falle einer Kündigung zur Rückzahlung aufzubringen sind. In einem solchen Fall liegt keine erhebliche Kündigungserschwernis vor. Die Entscheidung, sich von liquiden Mitteln trennen zu müssen, auf die bei einer unterjährigen Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses ohnehin kein Anspruch bestand, mag zwar schwerfallen, begründet allein aber keinen relevanten Nachteil.
172Insoweit liegt der Fall anders als bei Rückzahlungsregelungen in Bezug auf (Blanko-)Vorschusszahlungen oder sog. Garantieprovisionen, die für längere Zeiträume gewährt werden und dauerhaft über den tatsächlich verdienten Provisionen des Handelsvertreters liegen, weil solche Zahlungen zur Deckung des Lebensbedarfs eingesetzt und eben nicht zurückgelegt zu werden pflegen (einen solchen Fall betrifft auch OLG München, Urt. v. 9.3.2017, Az. 23 U 2601/16, ZVertriebsR 2017, 177).
1734.
174Die Berechnung der Rückforderung entspricht den in § 4 Ziff. 3 lit. a) und b) der „Vertragsurkunde“ vorgesehenen Rechenschritten.
175Die Einwendung des Klägers gegen die Höhe des Rückforderungsanspruchs, die er damit begründet, schon nicht den vollen Betrag, von dem der Beklagte bei seiner Berechnung ausgeht (35.242,40 €), sondern nur 33.249,21 € überwiesen erhalten zu haben, steht dem Anspruch des Beklagten nicht entgegen. Wie er unwidersprochen dargelegt hat, ergibt sich die Differenz aus einer Saldierung mit einer anderweitigen Rückforderung des Beklagten aus der Stornierung eines Vertrags. Dies ändert nichts daran, dass dem Kläger der Betrag von 35.242,40 € zunächst gutgebracht worden ist und als Grundlage für die Berechnung der zeitanteiligen Rückforderung verwendet werden durfte.
1765.
177Der Zinsanspruch, den der Beklagte für die Zeit ab Rechtshängigkeit verfolgt, ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
178C.
179Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
180Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts verlangen eine Befassung des Bundesgerichtshofs nicht. Die vorliegende Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des OLG Köln vom 24.6.2016 (Az. 19 U 181/15) betr. die Rückzahlung von Bestandsprovisionen, das im Hinblick auf spezifische, hier nicht verwandte Vertragsklauseln ergangen ist.