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Die Behandlung eines Soldaten als Notfallpatient in einem zivilen Krankenhaus wegen einer außerhalb der Dienstzeit erlittenen Verletzung oder Erkrankung ohne vorherige Beteiligung des Truppenarztes ist keine truppenärztliche Versorgung im Sinne des § 30 Abs. 1 SoldG.
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.03.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagten vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger verlangt Schadensersatz mit dem Vorwurf fehlerhafter ärztlicher Behandlung durch den Beklagten zu 1) in der Ambulanz des von der Beklagten zu 2) betriebenen Klinikums E am frühen Morgen des ##.11.2008, in welche er nach einer vorangegangenen tätlichen Auseinandersetzung durch die herbeigerufenen Rettungskräfte verbracht worden war. Nach der Diagnose einer Schädelprellung und daraufhin erfolgter Entlassung wurde er im weiteren Tagesverlauf bewusstlos aufgefunden, da es zu einer Gehirnblutung infolge einer Kalottenfraktur gekommen war. Er macht geltend, dass ihm bei regelrechter Diagnostik und Behandlung die dauerhaften Folgen seiner Erkrankung erspart geblieben wären.
4Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.
5Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagten für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht passivlegitimiert seien. Aufgrund der Anhörung des Klägers im Kammertermin am 18.03.2015 stehe fest, dass die Notfallbehandlung des Klägers nicht auf der Grundlage eines zivilrechtlichen Behandlungsvertrages erfolgt sei, sondern als hoheitliche Maßnahme im Auftrag der Bundeswehr. Der Kläger habe sich als Soldat ausgewiesen. Eine Überweisung durch Sanitätsoffiziere der Bundeswehr habe aufgrund der Eilbedürftigkeit der Behandlung nicht erfolgen können. Der Umstand, dass die Beeinträchtigungen des Klägers nicht als Wehrdienstbeschädigung anzusehen seien, sei für die Beurteilung der Hoheitlichkeit der Behandlung bedeutungslos. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Kläger für die Behandlung keine eigenen finanziellen Leistungen erbracht habe, sondern die Behandlungskosten vom Bund übernommen worden seien.
6Mit der Berufung vertieft der Kläger seine Auffassung, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) ein zivilrechtlicher Behandlungsvertrag zustande gekommen sei. Die Beklagten seien nicht hoheitlich im Auftrag der Bundeswehr tätig geworden oder von dieser konsiliarisch hinzugezogen worden. Auch eine nachträgliche Überweisung durch die Truppenärzte sei – anders als hinsichtlich der nachfolgenden Behandlung im Ev. Krankenhaus C2 oder der Anschlussheilbehandlung in der Klinik P – nicht erfolgt. Darüber hinaus würden Verletzung und Behandlung durch die Beklagte nicht auf wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen beruhen und es an einer inneren Beziehung zu dem soldatischen Bereich fehlen, vielmehr sich von der Behandlung eines im Zivilleben stehenden Menschen nicht unterscheiden, weshalb auch keine Wehrdienstbeschädigung vorgelegen habe. Die Bezahlung der Behandlung durch die Bundeswehr sei unbewiesen.
7Der Kläger beantragt,
8das am 18.03.2015 verkündete Urteil der Zivilkammer II des Landgerichts Detmold abzuändern und
91.
10die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 75.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2009,
112.
12die Beklagten ferner zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 6.390,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
133.
14festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner ihm sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welche er aus der fehlerhaften Behandlung vom ##.11.2008 im Klinikum E erlitten hat und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,
154.
16die Beklagten ferner zu verurteilen, an ihn 3.796,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
17hilfsweise,
18das vorbezeichnete Urteil nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
19Die Beklagten beantragen,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie verteidigen das angefochtene Urteil und verweisen darauf, dass bereits im Protokoll des Rettungsdienstes bei Einlieferung des Klägers in ihr Krankenhaus angegeben gewesen sei, dass Kostenträger die „Bundeswehr N“ sei.
22Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 1) angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T, M, I, N2 und T2 sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. K, welches von dem Mitverfasser Dr. C als weiterem Sachverständigen im Senatstermin am 22.02.2019 erläutert worden ist. Wegen der Ergebnisse der Anhörungen und der Zeugenvernehmungen wird auf die Berichterstattervermerke zu den Senatsterminen vom 11.01.2017 und vom 15.09.2017 verwiesen, wegen des Inhalts des Sachverständigengutachtens auf Bl. 343 ff d.A., wegen des Ergebnisses der Sachverständigenanhörung auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 22.02.2019, und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
23II.
24Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
25Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten aufgrund der Behandlung in der Notfallambulanz des von der Beklagten zu 2) getragenen Klinikums E durch den Beklagten zu 1) am frühen Morgen des ##.11.2008 keine Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1, 823, 831 BGB zu.
261.
27Allerdings scheitert die Klage entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht bereits an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten. Vielmehr ist hinsichtlich der Behandlung in der Notfallambulanz des Klinikums E ein Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) zustande gekommen. Zudem ist die Haftung des Beklagten zu 1) als behandelnden Arzt für Behandlungsfehler gemäß § 823 BGB grundsätzlich eröffnet. Beide Beklagten wurden nicht als Inhaber eines öffentlichen Amtes i.S.d. Art. 34 Satz 1 GG tätig, weshalb eine Haftung der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 GG nicht in Betracht kommt und die Haftung der Beklagten nicht gemäß Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen ist.
28Die Notfallbehandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 2) erfolgte nicht im Rahmen der truppenärztlichen Versorgung durch die Bundeswehr. Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der Behandlung unstreitig Soldat auf Zeit. Gemäß §§ 30 Abs. 1 SoldG, 69 Abs. 2 BBesG hatte er daher einen Anspruch auf unentgeltliche truppenärztliche Versorgung. Die truppenärztliche Versorgung wird im Regelfall durch die zuständigen Truppenärzte gewährt, wobei nach den Ziffern 401 und 501 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 69 Abs. 2 BBesG die stationäre Behandlung von Soldaten in den Bundeswehrkrankenhäusern erfolgt. Im Rahmen dieser Behandlung durch den Truppenarzt oder im Bundeswehrkrankenhaus entsteht kein zivilrechtliches Behandlungsverhältnis zwischen dem Soldaten und den handelnden Ärzten oder dem Bund als Krankenhausträger. Vielmehr begründet eine fehlerhafte Behandlung während der truppenärztlichen Versorgung eine Wehrdienstbeschädigung gemäß § 81 SVG, wobei sich die Ansprüche des Soldaten gegen den Bund aus den §§ 81a ff SVG ergeben. Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ist gemäß § 91a Abs. 1 SVG regelmäßig, außer im Fall einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung, ausgeschlossen.
29Sofern die Truppenärzte oder Bundeswehrkrankenhäuser einzelne Behandlungsmaßnahmen nicht vornehmen können, können sie den Soldaten gemäß Ziffern 402 und 502 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 69 Abs. 2 BBesG an einen zivilen Facharzt oder ein ziviles Krankenhaus überweisen. In diesem Fall kommt der zivilrechtliche Behandlungsvertrag zwischen dem Bund und dem jeweiligen Behandler bzw. Krankenhausträger zustande. Dies ändert nichts daran, dass im Falle fehlerhafter Behandlung durch die hinzugezogenen Ärzte die Behandlung des Soldaten im Rahmen staatlicher Gesundheitsfürsorge erfolgt ist und der Soldat, der nicht Vertragspartner geworden ist, daher die Ansprüche gemäß §§ 81a ff SVG gegen den Dienstherrn geltend machen kann, da auch in diesem Fall die gesundheitlichen Nachteile der fehlerhaften Behandlung eine Wehrdienstbeschädigung darstellen (vgl. BGH, NJW 1996, S. 2431; OLG Brandenburg, VersR 2001, S. 1428).
30Anders liegen die Dinge, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Soldat wegen einer außerhalb der Dienstzeit erlittenen Verletzung oder Erkrankung ohne vorherige Beteiligung eines Truppenarztes als Notfallpatient in einem zivilen Krankenhaus behandelt wird. Zwar besteht auch in diesem Fall ein Anspruch des Soldaten auf unentgeltliche medizinische Versorgung gegen seinen Dienstherrn. Der Dienstherr ist daher gegenüber dem Soldaten aus dem bestehenden Dienstverhältnis verpflichtet, die Kosten der Behandlungsmaßnahme zu tragen. Gleichwohl kommt ohne jede darauf gerichtete Willensbetätigung und mangels entsprechender Regelung ein Behandlungsvertrag zwischen dem Krankenhausträger und der Bundesrepublik Deutschland nicht zustande.
31Insbesondere folgt das Zustandekommen eines Behandlungsvertrages nicht aus dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 31.01.1989 in Verbindung mit § 75 Abs. 3 SGB V. Denn diese Bestimmungen regeln nicht den vorliegenden Fall einer notärztlichen Behandlung, sondern nur den Fall, dass die Truppenärzte Soldaten zum Zwecke der Untersuchung oder Behandlung an zivile Behandler überweisen. An einer Überweisung vor Durchführung der Behandlung fehlt es im vorliegenden Fall. Allein die Übernahme der Behandlungskosten durch den Bund ist nicht geeignet, ein Vertragsverhältnis zwischen Krankenhausträger und der Bundesrepublik zu begründen. Vielmehr wirkt die Pflicht zur Übernahme der Kosten durch den Bund auf das Vertragsverhältnis zwischen Patient und Erbringer der ärztlichen Leistung nur insoweit ein, dass dieser dem Patienten zur fachgerechten Behandlung verpflichtet bleibt und für Behandlungsfehler ihm gegenüber haftet, gegen den Patienten aber keinen unmittelbaren Vergütungsanspruch besitzt, weil er seinen Honoraranspruch ausschließlich gegenüber dem Bund geltend machen kann.
32Aus diesem Grunde entsteht bei der Notfallbehandlung eines Soldaten ohne vorherige Einweisung durch den Truppenarzt ein privatärztliches Behandlungsverhältnis zwischen Patient und dem Behandlungsträger (so zutreffend in einem vergleichbaren Fall OLG Schleswig, GesR 2014, S. 667). Diese Sichtweise entspricht dem Willen der Beteiligten, der auf die unverzügliche Herbeiführung ärztlicher Hilfe gerichtet ist, ohne regelmäßig die Vertragspartnereigenschaft der Bundesrepublik Deutschland auch nur zu erwägen. Sie vermeidet darüber hinaus unauflösbare Wertungswidersprüche, wenn nämlich – wie im vorliegenden Fall vom Sozialgericht Dortmund durch Urteil vom 09.09.2014 rechtskräftig festgestellt wurde und sich im Übrigen aus dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 SVG zwingend ergibt – die gesundheitlichen Folgen der ärztlichen Behandlung keine Wehrdienstbeschädigung darstellen. Es ist nicht einzusehen, dass dem Soldaten bei fehlerhafter Behandlung zum einen keine Ansprüche gegen den Bund gemäß den §§ 81a ff SVG zustehen würden, ihm zudem aber auch die Inanspruchnahme des behandelnden Arztes und des Trägers der Notfallambulanz gemäß Artikel 34 GG verwehrt wäre. Die Annahme eines privatrechtlichen Behandlungsverhältnisses wird überdies gestützt durch die Regelung in Ziffer 104 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 69 Abs. 2 BBesG, wonach der Bund für ärztliche Behandlungen außerhalb der truppenärztlichen Versorgung nicht zur Kostentragung verpflichtet ist, es sei denn, es liegt ein Notfall vor. Auch bei dieser Regelung wird deutlich, dass es bei einer Behandlung, an deren Herbeiführung kein Truppenarzt beteiligt ist, an einem öffentlich-rechtlichen Behandlungsverhältnis fehlt und deshalb nur in Notfällen der Bund für die Kosten der Behandlung aufzukommen hat.
33Keine andere Beurteilung rechtfertigt der Umstand, dass der Kläger gegenüber den Rettungssanitätern auf dem Transport ins Krankenhaus der Beklagten zu 2) angegeben hat, Soldat zu sein. Diese Auskunft war schon aus dem Grunde geboten, weil die Bundesrepublik Deutschland zur Übernahme der Kosten verpflichtet war. Jedoch kann nicht angenommen werden, dass der Kläger allein durch die Angabe seines Soldatenstatus ohne Mitwirkung eines Truppenarztes berechtigt war, als Vertreter seines Dienstherrn einen Behandlungsvertrag zwischen dem Bund und der Beklagten zu 2) zu begründen. Aus demselben Grunde ist es auch unerheblich, ob der Kläger vor der Behandlung des Beklagten zu 1) gegenüber Mitarbeitern des Krankenhauses der Beklagten zu 2) angab, Soldat zu sein.
34Nicht von Bedeutung ist zudem, ob seitens des zuständigen Truppenarztes nachträglich eine Überweisung zur Notfallbehandlung an die Beklagte zu 2) gefertigt wurde. Abgesehen davon, dass die Behandlungsunterlagen des Klägers hierfür nichts hergeben, wäre jedenfalls eine nachträgliche Überweisung nicht geeignet, den zuvor geschlossenen zivilrechtlichen Behandlungsvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) aufzuheben und nachträglich ein Vertragsverhältnis zwischen dem Bund und der Beklagten zu 2) über die bereits erbrachten ärztlichen Leistungen zu begründen.
352.
36Die Klage bleibt jedoch erfolglos, weil der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass dem Beklagten zu 1) bei der ambulanten Behandlung am Morgen des ##.11.2008 ein Behandlungsfehler zur Last fiel. Es ist dem Beklagten zu 1) nicht vorzuwerfen, dass er angesichts des ihm bekannten Sachverhalts und der Ergebnisse seiner Untersuchung lediglich vom Vorliegen einer Schädelprellung bei dem Kläger ausging und sowohl von der Anfertigung eines CT als auch von einer stationären Aufnahme des Klägers zur Beobachtung im Krankenhaus absah, vielmehr hat der Beklagte zu 1) den gebotenen ärztlichen Standard eingehalten. Die bedauerlichen Folgen der nicht erkannten Schädelverletzung des Klägers erweisen sich daher als schicksalhaft.
37a)
38Nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugen T, M, I, N2 und T2 kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger Auffälligkeiten und Symptome zeigte, welche weder im Rettungsbericht der Rettungssanitäter noch im ärztlichen Bericht des Beklagten zu 1) vom 09.01.2009 aufgeführt worden waren, oder der Beklagte zu 1) sonst über weitergehende Informationen von dem vorangehenden Geschehen verfügte. Für den Beklagten zu 1) stellte sich die Situation daher so dar, dass der Kläger vor der Einlieferung in die Ambulanz in eine Schlägerei geraten war und dabei einen Tritt gegen den Kopf erhalten hatte. Bei Eintreffen des von dem Zeugen T herbeigerufenen Rettungswagens wies der nicht deutlich alkoholisiert wirkende Kläger neben oberflächlichen Abschürfungen eine Schwellung des Nasenrückens und ein Hämatom am Kopf auf, war aber wach und orientiert. Der Gang und das Reaktionsvermögen sowie die Pupillenfunktion und die Atmung waren unauffällig. Eine Blutung aus den HNO-Bereichen war weder erkennbar noch bekannt. Obwohl der Kläger nach den Tätlichkeiten für eine kurze Zeit bewusstlos gewesen war, war dies den Rettungskräften nicht bekannt und wurde dies auch nicht vom Kläger dem Beklagten zu 1) geschildert. Ebenso erfolgte kein Hinweis des Klägers gegenüber den Rettungskräften oder dem Beklagten zu 1) auf das Vorhandensein von Kopf- oder sonstigen Schmerzen. Druck- oder Kalottenklopfschmerz, Übelkeit oder Erbrechen waren nicht vorhanden.
39Nicht feststellbar war, dass die zeitweilige Bewusstlosigkeit des Klägers den Rettungssanitäterinnen I und N2 beim Eintreffen am Ort des Vorfalls mitgeteilt oder sonst bekannt wurde und/oder dies dem Beklagten zu 1) nach Eintreffen im Krankenhaus berichtet wurde. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der Kläger Blutungen aus den HNO-Bereichen (Nasenbluten) aufwies, über starke Kopfschmerzen klagte oder merklich alkoholisiert war.
40Zwar hat der Kläger bei seiner Anhörung angegeben, beim Eintreffen in der Notaufnahme Schmerzen und Nasenbluten gehabt zu haben. Jedoch war sein Erinnerungsvermögen an die damaligen Ereignisse getrübt und ist ein Nasenbluten weder von dem Beklagten zu 1) noch von einem der Zeugen bestätigt worden. Für die Überzeugungsbildung des Senats war es ferner nicht ausreichend, dass der Zeuge T ausgesagt hat, dass er davon ausgehe, den Vorfall und die vorübergehende Bewusstlosigkeit des Klägers den Rettungssanitäterinnen geschildert zu haben, und ferner die Zeugen T und M übereinstimmend aussagten, dass der Kläger auf der Heimfahrt nach Beendigung der Behandlung durch den Beklagten zu 1) im Fahrzeug über Kopfschmerzen klagte. Denn auch die Bekundung des Zeugen T, die vorübergehende Bewusstlosigkeit des Klägers den Rettungssanitätern mitgeteilt zu haben, war von Unsicherheit geprägt und ist von den Zeugen I und N2 nicht bestätigt worden, ohne dass die Richtigkeit ihrer Angaben auszuschließen wäre. Auch der Beklagte zu 1) und die Zeugin T2 haben unwiderlegt angegeben, dass ihnen die Bewusstlosigkeit nicht bekannt war. Hinsichtlich des Auftretens von Kopfschmerzen bestehen zwar keine durchgreifenden Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen T und M, dass der Kläger auf der Heimfahrt zum Krankenhaus hierüber klagte. Nicht auszuschließen ist aber weder, dass die Kopfschmerzen erst nach dem Verlassen des Krankenhauses aufgetreten sind, noch, dass der Kläger etwaige vorhandene Beschwerden gegenüber den Rettungssanitätern und dem Beklagten zu 1) verschwieg. Denn sowohl aus der Aussage des Zeugen T als auch aus den Aussagen der Zeugen I und N2 geht hervor, dass der Kläger gegenüber den Rettungskräften versuchte, die Bedeutung des Vorfalls und seine Beschwerden zu bagatellisieren, weshalb er bereits überredet werden musste, ins Krankenhaus mitzukommen. Auch der Beklagte zu 1) bekundete, dass der Kläger eine Behandlung für unnötig erklärte. Schließlich ergeben weder die Aussagen der Zeugen noch die Einlassungen der Parteien Anhaltspunkte für eine erhebliche Alkoholisierung des Klägers.
41b)
42Aufgrund der sich ihm darbietenden Symptome und Erkenntnisse genügte die Behandlung des Beklagten zu 1), wie sie im ärztlichen Bericht vom 09.01.2009 beschrieben wurde, dem zeitgemäßen medizinisch-wissenschaftlichen Standard. Der Senat folgt bei dieser Beurteilung den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C im schriftlichen Gutachten vom 27.08.2018, welche der Sachverständige Dr. C im Senatstermin ergänzend erläutert hat.
43Der Richtigkeit ihrer Einschätzung, dass dem Beklagten zu 1) kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden könne, steht nicht entgegen, dass die vom Beklagten zu 1) gestellte Diagnose der Schädelprellung aus nachträglicher Sicht objektiv fehlerhaft war, weil der Kläger tatsächlich schon im Behandlungszeitpunkt eine Kalottenfraktur aufgewiesen haben muss, welche der Beklagte zu 1) nicht erkannt hatte und die im weiteren Verlauf des Tages zur Bewusstlosigkeit und einem akut lebensbedrohlichen Zustand mit der Notwendigkeit einer Notoperation sowie zu erheblichen dauerhaften Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes des Klägers führte. Denn maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob einem Arzt ein Diagnosefehler vorzuwerfen ist, sind nicht die nachträglich gewonnenen Erkenntnisse, sondern allein, ob der Arzt nach den ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten erhobene oder sonst vorliegende Befunde falsch interpretiert und deshalb nicht die aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs gebotenen therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen ergriffen hat (vgl. BGH, VersR 1988, S. 293). Grundsätzlich sind Diagnoseirrtümer nur mit Zurückhaltung als Behandlungsfehler zu bewerten, da die Symptome einer Erkrankung nicht immer eindeutig sind, sondern auf die verschiedensten Ursachen hinweisen können. Dies gilt auch dann, wenn eine Möglichkeit bestanden hätte, technische Hilfsmittel zur Gewinnung von zutreffenden Untersuchungsergebnissen einzusetzen (vgl. BGH, VersR 1981, S. 1033).
44Im vorliegenden Fall haben die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C überzeugend dargelegt, dass für den Beklagten zu 1) keine Anhaltspunkte vorhanden waren, aufgrund derer er bei dem Kläger die Diagnose Kalottenfraktur bzw. eines schweren Schädel-Hirn-Traumas stellen oder in Erwägung ziehen musste. Die hierfür typische Symptomatik mit Bewusstlosigkeit und/oder Übelkeit und Schwindel war für ihn nicht erkennbar. Auch eine Knochenstufe vermochte er nicht festzustellen. Das Vorhandensein eines großen Hämatoms schon zum Zeitpunkt der Behandlung des Beklagten zu 1) ist ebenso wenig feststellbar wie schwere Kopfschmerzen. Die Pupillen des Klägers zeigten sich unauffällig und eine Blutung aus HNO-Bereichen lag nicht vor. Die typischen Symptome der schweren Verletzung des Klägers traten erst ein, als er wieder zuhause eingetroffen und zu Bett gegangen war.
45Die objektiv schwere Verletzung des Klägers schließt den unauffälligen Befund im Zeitpunkt der Untersuchung nicht aus. Der Sachverständige Dr. C hat nachvollziehbar erläutert, dass eine Kalottenfraktur unter der Schädeldecke häufig nicht tastbar ist und sich auch ein Druckschmerz oder Kalottenklopfschmerz oft nicht feststellen lässt. Vielmehr ist es gerade bei einer Verletzung wie der vorliegenden nicht untypisch, dass der Patient trotz seiner schweren Verletzung völlig unverändert wirkt.
46Allerdings liegt ein haftungsrechtlich relevantes ärztliches Versäumnis auch dann vor, wenn der behandelnde Arzt eine objektiv unrichtige Diagnose zwar ohne vorwerfbare Fehlinterpretation von Befunden stellt, dies jedoch darauf beruht, dass der Arzt eine notwendige Befunderhebung vor der Diagnosestellung oder eine erforderliche Überprüfung der Diagnose unterlassen hat. Ein solcher Fehler in der Befunderhebung kann zur Folge haben, dass der behandelnde Arzt bzw. der Klinikträger für eine daraus folgende objektiv falsche Diagnose und für eine der tatsächlich vorhandenen Krankheiten nicht gerecht werdende Behandlung und deren Folgen einzustehen hat (vgl. nur BGH, VersR 2003, S. 1256).
47Jedoch lässt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch ein Befunderhebungsversäumnis des Beklagten zu 1), weil er insbesondere die Anfertigung eines CT vom Schädel des Klägers versäumt hätte, nicht feststellen. Denn nicht jede ungeklärte Kopfverletzung rechtfertigt bereits die Durchführung eines CT. Da die Durchführung dieser Diagnostik nicht nur mit Kosten, sondern vor allem auch mit einer nicht unerheblichen Strahlenbelastung für den Patienten verbunden ist, bedarf es ihrer Durchführung nur beim Vorliegen bestimmter Befunde wie Koma, Bewusstseinstrübung, Amnesie, anderer neurologische Störungen, Erbrechen, sofern ein enger zeitlicher Zusammenhang zur Gewalteinwirkung besteht, Krampfanfall, klinischer Zeichen oder röntgenologischer Nachweis einer Schädelfraktur, Verdacht auf Impressionsfraktur und/oder penetrierende Verletzungen, Verdacht auf Liquorfistel, Hinweisen auf eine Gerinnungsstörung, sowie in Zweifelsfällen bei unklaren Angaben über die Unfallanamnese, starken Kopfschmerzen, Intoxikation mit Alkohol oder Drogen oder Hinweisen auf ein Hochenergietrauma. Alle diese Indikationen sind indes von dem Beklagten zu 1), wie die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C ausgeführt haben, geprüft und ausgeschlossen worden, ohne dass sich insoweit ein Versäumnis des Beklagten zu 1) feststellen ließe. Die vorhandenen äußeren Verletzungen des Klägers mit oberflächlicher Abschürfung und Hämatom im Stirnbereich und einer Schwellung am Nasenrücken gaben keinen ausreichenden Hinweis auf eine schwere Kopfverletzung. Allein der Umstand, dass der Beklagte zu 1) den Glasgow-Coma-Wert des Klägers nicht bestimmte, ändert an der Bewertung nichts, weil aufgrund des Gesamtbildes kein Zweifel besteht, dass dieser Wert unauffällig war.
48Zwar hätte die vorübergehende Bewusstlosigkeit des Klägers eine absolute Indikation für die Anfertigung eines CT dargestellt, indes steht nicht fest, dass dieser Umstand – wie ausgeführt – dem Beklagten zu 1) vom Kläger oder von anderen Personen mitgeteilt wurde. Für das Vorhandensein schwerer Kopfschmerzen hatte er ebenso wenig Anhaltspunkte wie für eine Intoxikation mit Alkohol oder Drogen, da der Kläger allenfalls leicht alkoholisiert war. Der Unfallhergang war dem Beklagten zu 1) bekannt. Allein der Umstand, dass der Kläger einen Tritt gegen den Kopf bekommen hatte, begründet angesichts des Fehlens der vorstehend angeführten Befunde keine Verpflichtung zur Anfertigung eines CT. Insbesondere gibt der dem Beklagten zu 1) bekannte Umstand, dass ein Tritt gegen den Kopf des Klägers erfolgt war, noch keinen ausreichenden Anhalt auf das Vorliegen eines Hochenergietraumas.
49Die Anamneseerhebung des Beklagten zu 1) und die Dokumentation der erhobenen Befunde, wie sie sich aus dem Ärztlichen Bericht vom 09.01.2009 ergeben, waren ausreichend. Es besteht kein durchgreifender Zweifel gegen die Annahme, dass der Beklagte zu 1) die im Rahmen seiner Möglichkeiten zu gewinnenden anamnestischen Angaben eingeholt hat. Nach seiner unwiderlegten Aussage beruhen die Angaben in dem Ärztlichen Bericht auf den vom Rettungsdienst erhaltenen Informationen und eigenen Wahrnehmungen. Dass keine Bewusstlosigkeit beim Kläger vorgelegen habe, wurde ihm demnach vom Rettungsdienst mitgeteilt, die Frage nach dem Vorhandensein von Schwindel habe der Kläger verneint. Über Schmerzen habe der Kläger nicht geklagt, weshalb die Mitgabe von Paracetamol bei der Entlassung lediglich prophylaktisch erfolgt sei. Von einem Versäumnis bei der Anamneseerhebung ist auch nicht deshalb auszugehen, weil der Beklagte zu 1) die Dokumentation von Maßnahmen zur Befunderhebung versäumt hat. Vielmehr war eine weitergehende Dokumentation nicht erforderlich; insbesondere musste nicht dokumentiert werden, dass und mit welchem Ergebnis der Kläger nach Kopfschmerzen befragt wurde.
50Die diesbezüglichen Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C sind in jeder Hinsicht überzeugend. Ihre hohe Kompetenz als Direktor und Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie beim Universitätsklinikum F steht außer Frage. Ihre Ausführungen beruhen zudem auf einer sorgfältigen Erfassung des maßgeblichen Sachverhalts und der Beurteilungsgrundlagen und sind stets verständlich und nachvollziehbar. In gleichem Maße überzeugend waren auch die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C im Senatstermin vom 22.02.2019.
51Ohne Erfolg macht der Kläger demgegenüber geltend, dass die Sachverständigen in ihrer Beurteilung nicht von zutreffenden Leitlinien für die Behandlung des Schädel-Hirn-Traumas ausgegangen seien. Die Sachverständigen haben bei ihrer Beurteilung die Leitlinie „Schädel-Hirn-Trauma im Erwachsenenalter“ der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie e.V. in der im Behandlungszeitraum gültigen Version zugrunde gelegt, hinsichtlich derer kein Zweifel besteht, dass sie den seinerzeit von dem Beklagten zu 1) zu wahrenden medizinischen Standard wiedergab. Der Sachverständige Dr. C hat zudem überzeugend erläutert, dass diesen Leitlinien der Vorzug gegenüber der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie aus dem Jahre 2008 zu geben war. Dazu hat er ausgeführt, dass die Leitlinien für die Neurochirurgie nicht nur einen höheren Evidenzgrad besitzen und daher die fundiertere Aussage darstellen, sondern dass auch in Zusammenarbeit mit Unfallchirurgen erstellt wurden, welche regelmäßig in den Ambulanzen der Krankenhäuser tätig sind. Überdies hat der Sachverständige Dr. C überzeugend aufgezeigt, dass sich beide Leitlinien nicht wesentlich voneinander unterscheiden und vorliegend zum gleichen Ergebnis geführt hätten. Denn auch wenn die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie die Anfertigung eines CT bei Hinweisen für eine Weichteil- bzw. knöcherne Verletzung oberhalb des Clavikular-Niveaus verlangen, gilt dies nicht bei Bagatellverletzungen, von deren Vorliegen der Beklagte zu 1) ohne Verschulden ausgehen durfte.
52Die Glaubhaftigkeit der Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C wird nicht durch die Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Q und Dr. L in den Gutachten vom 21.03. und 26.11.2009 erschüttert, welche sie im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten zu 1) der StA Detmold, Aktenzeichen 41 Js 2617/08, erstellt haben. Zwar kommen die Sachverständigen Prof. Dr. Q und Dr. L darin zu dem Ergebnis, dass die Behandlung des Beklagten fehlerhaft gewesen sei, weil nach ihrer Auffassung die Anfertigung eines kranialen CT zwingend geboten gewesen wäre. Indes fehlt den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Q und Dr. L nicht nur deshalb die Überzeugungskraft, weil sie als Rechtsmediziner nicht dem Fachgebiet angehören, nach dessen Maßstäben sich die Beurteilung der Frage der Ordnungsgemäßheit oder Fehlerhaftigkeit der Behandlung richtet. Ihre Einschätzung beruht zudem maßgeblich auf ungesicherten Annahmen, welche sich durch die Beweisaufnahme des Senats nicht verifizieren ließen. So gehen sie im Gutachten vom 21.03.2009 davon aus, dass die vorübergehende Bewusstlosigkeit des Klägers den Rettungssanitätern bekannt gewesen sei und auch der Zeuge T als Begleiter des Klägers, welcher unzweifelhaft von der Bewusstlosigkeit des Klägers wusste, bei der ambulanten Behandlung des Klägers durch den Beklagten zu 1) anwesend gewesen sei (und darüber berichtet habe). Darüber hinaus unterstellen sie heftigste Kopfschmerzen mit hochgradiger Schwellung der rechten Schläfe und des äußeren Anteils der rechten Stirn, woraus sie folgern, dass sich bei der klinischen Untersuchung des Klägers ein Druckschmerz und ein Kalottenklopfschmerz gezeigt haben musste. Ebenso halten sie die Feststellung, dass keine Blutung aus den HNO-Bereichen vorhanden gewesen sei, für nicht zutreffend und glaubhaft. Schließlich gehen sie von einer offensichtlichen Alkoholisierung des Klägers aus.
53Im weiteren Gutachten vom 26.11.2009 berücksichtigen sie zwar, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beklagte zu 1) Kenntnis von Nasenbluten und einer zuvor eingetretenen Bewusstlosigkeit hatte. Gleichwohl halten sie es nach wie vor für unglaubhaft, dass bei der körperlichen Untersuchung des Klägers keine Kopfschmerzen, kein Kalottenklopfschmerz und kein Druckschmerz im Kopfbereich bestanden. Aufgrund angenommener Intoxikation mit Alkohol und Drogen und bestehender Hinweise für eine Weichteil- bzw. knöcherne Verletzung oberhalb des Clavikular-Niveaus sowie des Verletzungsmechanismus „Fußtritt gegen den am Boden liegenden Kläger“ bestand nach ihrer Auffassung weiterhin die Indikation für die Anfertigung eines CT. Aber auch bei dieser erneuten Einschätzung wird deutlich, dass die Annahmen des Sachverständigen Prof. Dr. Q und Dr. L auf ungesicherten Grundlagen beruhen. Wie bereits ausgeführt wurde, bestand für eine Intoxikation des Klägers mit Alkohol kein ausreichender Anhaltspunkt. Eine Auseinandersetzung mit dem Aspekt, dass allein das Erfolgen eines Fußtrittes gegen den am Boden liegenden Kläger nach keiner der vorliegenden Leitlinien bereits ohne das Hinzukommen weiterer Anhaltspunkte die Anfertigung eines CT erfordert, ist nicht erfolgt. Ungesichert ist ferner, dass der Kläger bereits bei der Untersuchung durch den Beklagten zu 1) an heftigen Kopfschmerzen litt und – falls dies der Fall war – dass er dies dem Beklagten zu 1) mitteilte. Nicht näher begründet und durch die Leitlinien nicht gestützt ist zudem, dass es nicht glaubhaft sei, dass bei der körperlichen Untersuchung des Klägers kein Druckschmerz und kein Kalottenklopfschmerz festgestellt wurde. Der Sachverständige Dr. C hat demgegenüber glaubhaft ausgeführt, dass auch bei einer schweren Verletzung, wie sie der Kläger objektiv erlitten hatte, häufig kein Druckschmerz und kein Kalottenklopfschmerz feststellbar sind.
54Dem Beklagten zu 1) ist ferner nicht vorzuwerfen, dass er den Kläger nach seiner Behandlung aus dem Krankenhaus entließ, statt ihn stationär zur Beobachtung aufzunehmen. Auch insofern haben die Sachverständigen Prof. Dr. K und Dr. C überzeugend dargelegt, dass für eine derartige Maßnahme keine ausreichenden Befunde vorhanden waren. Überzeugend erscheint auch der Hinweis des Sachverständigen Dr. C, dass die Beobachtung des Patienten regelmäßig nur dann geboten ist, wenn die Anfertigung eines CT nicht möglich ist, ein Patient der Strahlenbelastung durch ein CT nicht ausgesetzt werden soll oder eine bereits durchgeführte Diagnostik mittels CT keinen eindeutigen Ausschluss einer Schädel-Hirn-Verletzung erbracht hat.
55Maßnahmen zur näheren Feststellung der Alkoholisierung des Klägers waren angesichts seiner geringen Alkoholisierung von vornherein nicht geboten.
563.
57Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
58Die Zulassung der Revision war nicht geboten, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Der Senat hatte über einen Einzelfall ohne grundsätzliche Bedeutung zu entscheiden. Von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte ist er nicht abgewichen.