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Der Begriff des "Verkaufens" i.S.v. Art. 1, 2 Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 147/2003 des Rates vom 27.01.2003 (Abl. EG Nr. L24 S. 2; BAnz Nr. 34 vom 19.02.2003, S. 3030) bezieht sich nicht allein auf Kaufverträge im Sinne von § 433 BGB . Erfasst sind vielmehr alle schuldrechtlichen Verträge, die auf Zurverfügungstellung von vom Embargo umfassten Sachen, Dienstleistungen etc. verpflichten.
Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen, soweit die Angeklagten vom Vorwurf eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG (§ 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG a.F.) freigesprochen worden sind, sowie hinsichtlich des Angeklagten L im Gesamtstrafenausspruch, aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an eine andere als Strafrichter zuständige Abteilung des Amtsgerichts Münster zurückverwiesen.
Gründe
2I.
3Mit Strafbefehlen des Amtsgerichts Münster vom 14.08.2013 wurde den Angeklagten (u.a.) ein Verstoß gegen § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG durch einen am 31.10.2009 in einem Hotel in G erfolgten Abschluss eines Vertrages der beiden Angeklagten für die Fa. B UG, U mit dem als somalischer Präsident auftretenden E über bestimmte Sicherheitsleistungen zur Last gelegt.
4Nach Einspruch der Angeklagten gegen die Strafbefehle hat das Amtsgericht Münster den Angeklagten zu 1) wegen anderer Vorwürfe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt und ihn im Übrigen – wegen des o.g. Vorwurfs unter Anwendung von § 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG n.F. – sowie den Angeklagten zu 2), dem nur die o.g. Tat zur Last lag, freigesprochen. Es ist dabei von folgenden Feststellungen ausgegangen:
5„1.
6[…] Am 08.06.2009 wurde die Firma B als Unternehmensgesellschaft (Urkundenrolle Nr. ###/09) gegründet. Eine Eintragung in das Handelsregister unterblieb. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 900 Euro, wobei unter anderem Gründungsgesellschafter der Angeklagte zu 2) war. Dabei hielt der Angeklagte zu 2) neben den weiteren Mitgründungsgesellschaftern einen Anteil von 300 Euro. Der Angeklagte zu 1) ist als Gesellschafter [Anm. d. Senats: gemeint sein dürfte: Geschäftsführer] der Firma bestellt worden. Gegenstand Unternehmens der Firma B ist unter anderem die Sicherheitsberatung von Dritten, Dienstleistungen zur Ausbildung von Militär und Polizei, Leistungen auf dem Gebiet des Personen, Objekt- und Konvoischutz. Beide Angeklagten waren frühere Angehörige der Bundeswehr, vor allem der Angeklagte zu 2) hatte entsprechende Kenntnisse auf dem Gebiet des Geschäftszwecks der Firma B. Der Angeklagte zu 1) nahm hingegen hauptsächlich die kaufmännischen Aufgaben in der Gesellschaft war, da er in diesem Bereich besondere Erfahrung hatte.
7Im Jahr 2009 vermittelten Herr L2 und Herr P einen Kontakt zwischen der Firma B und dem Herrn E. Bei E handelt es sich um einen vermögenden Geschäftsmann und Sohn eines ehemaligen Botschafters der Republik Somalia bei den Vereinten Nationen. E behauptet, bei einer Präsidentschaftswahl zur nationalen Neuordnung nach dem Bürgerkrieg 2003 als Sieger hervorgegangen zu sein. Zur Verbreitung seiner Auffassung nutzt E eine eigene Werbeagentur namens „T-N". E selbst lehnt die Regierung des Präsidenten B2 ab. International auch vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anerkannt ist zurzeit die somalische Übergangs-Bundesregierung unter der Führung von Präsident B2. In Somalia selber herrscht seit dem Sturz der Militärdiktatur im Jahr 1991 Bürgerkrieg. Die somalische Übergangsregierung unter dem Präsidenten B2 genießt Anerkennung auch von der Bundesrepublik.
8Mit Herrn L2 und P gab es ein Treffen mit den Angeklagten am 29.09.2009 in E, bei dem ein mit „Provisionsvertrag" bezeichneter Vertrag unterschrieben worden ist. Nach dem Inhalt des Vertrages verpflichtete sich die Firma B im Falle des Zustandekommens eines Hauptvertrages zwischen der Firma B unter Republik Somalia, vertreten durch Herrn E, eine
9Provision an die Vermittler L2 und C zu zahlen. Zur tatsächlichen Auszahlung der Provision ist es nie gekommen.
10Sodann wurde am 31.10.2009 ein Treffen zwischen dem Berater des Herrn E, dem Herrn E selbst und den Angeklagten im Hotel Interkontinental in G organisiert. Anwesend war auch ein Leutnant, ein namentlich unbekannt gebliebener ehemaliger Kollege der Angeklagten, der als Dolmetscher fungierte. Bei diesem Treffen wurde ein in englischer Sprache verfasstes Schriftstück aufgesetzt und unterzeichnet. Für die Firma B fand die Unterzeichnung durch den Angeklagten zu 1) als Geschäftsführer statt, ferner wurde das Schriftstück durch Herrn E, der als Präsident der Republik Somalia bezeichnet wurde, unterzeichnet.
11Die Regelung vom 31.10.2009 enthält unter anderem einen ins Deutsche übersetzten Wortlaut wie folgt:
12„§1
13Der Vertrag umfasst Serviceleistungen, wie nachstehend aufgeführt und verfügbar gemacht, durch den Dienstleister für den Kunden über eine feste, unwiderrufliche Laufzeit von fünf Jahren. Die Option, diesen Vertrag zu verlängern, kann jederzeit gezogen werden; etwaige Veränderungen des Vertrages laufen[d] über zumindest zwei Jahre, soweit keine der Vertragsparteien mit einer Frist von sechs Monaten vor Vertragsablauf diesen schriftlich gekündigt hat. Dieser Vertrag stellt das Hauptvertragsdokument dar und behält seine Gültigkeit, bis er durch eine aktuelle Version unterzeichnet und durch die beiden Vertragsparteien ersetzt wird. Der Vertrag mit dem jeweiligen letzten Datum geht hierbei als verbindlich. Ergänzungen oder Zusätze zum Vertrag bedürfen der Schriftform und sind durch die beiden Vertragsparteien zu unterzeichnen.
14§2
15Die Vertragsparteien vereinbaren unwiderruflich hiermit wie folgt: Die B GSG erhält die Genehmigung zur Errichtung, dem Erwerb oder der Beteiligung an einer LTD. in Somalia, damit die B GSG ihre Tochterunternehmen oder Subunternehmen Sicherheitsdienste zu Lande, zu Wasser oder in der Luft in der Republik Somalia, ihre nationalen Gewässern, dem Luftraum und für die internationalen Botschaften zur Verfügung stellen können.
161. erstmalige Sicherheitsanalyse
172. strategische Operationen und Sicherheitsplanung
183. Sicherheitsberatung
194. Sicherheitsoperationen aller Art
205. Sicherheitstraining
216. Maßnahmen gegen Piraterie.
22Die vorstehend aufgeführten Serviceleistungen sind der B GSG in EURO Währung abzugelten durch die nachfolgend aufgeführten Vertragseinheiten, nämlich:
231. durch die Regierung von Somalia
242. durch Privatunternehmen.
25(...)
26§4
27Im Nachgang zu einer ersten Sicherheitsanalyse ergehen die folgenden Genehmigungen für die genau bestimmte und vereinbarte Anzahl der Mitarbeiter der B GSG:
281. Arbeitsgenehmigungen und Visa für die Dauer der Laufzeit des Vertrages
292. Aufenthaltsgenehmigungen für die Dauer der Laufzeit des Vertrages
303. Waffenscheine für die Dauer der Laufzeit des Vertrages
314. Genehmigungen zu Ein- und Ausfuhr von Waffen (einschließlich Endabnehmer Zertifikat) und Ausrüstung im Zusammenhang mit den Sicherheitsdienst Leistungen, die die B GSG, ihre Tochterunternehmen oder Sub- Unternehmer zur Verfügung stellen. Die Einfuhren unterliegen einer einstweiligen Berechnungsgrundlage und sind freigestellt von Einfuhrsteuern und Mehrwertsteuer.
32(...)
33§6
34Zahlung:
35Die Zahlung(en) erfolgt/erfolgen auf folgende Art und Weise:
36…
371.
38100.000 EUR nach Steuer: Vor der ersten Sicherheitsanalyse
392.
404. 000 000 EUR für die Vorbereitung des Teams B, fällig bei Unterzeichnung dieses Vertrags und Zahlen in mehreren Branchen [Anm. d. Senats: gemeint ist offenbar: „zu zahlen in mehreren Tranchen“] für den Einsatz-von Personal und Ausrüstung (Land/Wasser/Luft), soweit dies benötigt wird, um mit dem Aufbau der Sicherheit zu beginnen. Dieser Betrag ist an die tatsächlichen operativen Erfordernisse anzupassen, soweit dies die Umstände verlangen und Einigkeit zwischen den unterzeichneten Parteien darüber hergestellt ist.
41Die erste zu zahlende Branche [Anm. d. Senats: gemeint ist offenbar: Tranche] beträgt 250.000 EUR; die ersten Maßnahmen einschließlich der in § 6.1 dieses Vertrages genannten, beginnen unmittelbar nach Erhalt der ersten Geldüberweisung.
42(...)
435.
44die Honorare/Gebühren pro Person belaufen sich in einem Rahmen von 1500 €/Tag bis 3.000 €/Tag.
45Beginn des Vertrages zum: 31.10.2009
46Ablauf des Vertrages: (Siehe § 1)
47Gerichtsstand: Deutschland-Düsseldorf
48Beginn der erstmaligen Sicherheitsanalyse zum:
49Innerhalb von 14 Arbeitstagen nach der ersten Zahlung (nicht weniger als 250.000 EURO).Die Ausrüstung mit angefordert nach vollständiger Leistung der ersten Zahlung.
50Beginn der operativen Maßnahmen zum:
51Innerhalb von drei Monaten nach Abschluss der erstmaligen Sicherheitsanalyse vorbehaltlich der Sicherstellung der operativen Einsatzfähigkeit und geführte Ausrüstung durch den Zoll. Die einzelnen operativen Maßnahmen ergeben sich aus der Sicherheitsanalyse und werden in einem gesonderten Vertragswerk beschrieben; sie beginne[n] nach erfolgter Zahlung, der unter § 6.3 bezifferten Beträge."
52Dass das Schriftstück vom 31.10.2009 unmittelbar nach Unterzeichnung tatsächlich gelten sollte und Rechte und Pflichten im Sinne eines Dienstleistungsvertrages auslösen sollte, konnte mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln in der durchgeführten Hauptverhandlung nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden. Nicht widerlegt werden konnten zur Überzeugung des Gerichts die Einlassungen der Angeklagten, Voraussetzung für eine Rechtswirksamkeit der Vereinbarung vom 31.10.2009 sei zunächst die internationale Anerkennung des Herrn E, dann weiter die Freigabe des Vorhabens durch zuständige Behörden und schließlich ein positives Ergebnis im Rahmen einer noch vorzunehmenden
53Sicherheitsanalyse, im Rahmen der noch Prüfungen hinsichtlich der Machbarkeit und Legalität des geplanten Vorhabens angestellt werden mussten.
54Über den Vertragsschluss informierte die Firma B mit Pressemitteilung vom 16.12.2009 auf ihrer Homepage. Die Pressemitteilung wurde von einem Herrn T verfasst, der unentgeltlich für die Firma B Pressemitteilungen schrieb, aber auch gleichzeitig für die PR-Aufgaben des Herrn E zuständig war. In der Pressemitteilung vom 16.12.2009 wurde auf der Internetseite der Firma B mitgeteilt, dass man einen exklusiven Vertrag mit dem Präsidenten der Republik Somalia, Herrn E, unterzeichnet habe. Es wurde berichtet, dass der Vertrag weitreichende und exklusive Aufgaben- und Kompetenzbereiche wie die strategische Beratung und Planungen zur Sicherheit bis hin zu operativen Umsetzung und Durchführung aller Maßnahmen beinhaltet, die notwendig sind, um Sicherheit und Frieden wiederherzustellen. Ebenso gehörten laut Pressemitteilung vor allem auch die verschiedenen Trainingsmaßnahmen und Ausbildungsmaßnahmen zu den Aufgabengebieten. Ein Schwerpunkt sollte bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität in der Piraterie legen.
55Im Januar 2010 fand als Vorbereitung auf eine Investmentkonferenz für die Republik Somalia in Haan in einem Hotel eine Pressekonferenz statt, die auch der Herr E besuchte. Bei dieser Konferenz trafen die Angeklagten, die einen Sicherheitsauftrag für jemand anderes an diesem Tag hatten, jedoch im selben Hotel untergebracht waren, wieder auf Herrn E.
56Auf die Pressemitteilung vom 16.12.2009 wurde der Journalist E2 (vormals Richter) aufmerksam. Er begann zu recherchieren und interviewte im Mai 2010 telefonisch den Angeklagten zu 1) und den Herrn E. In dem Interview mit dem Angeklagten zu 1) wurde dabei nicht thematisiert, ob das Vorhaben der Firma B mit geltendem Recht vereinbart sei. Auch wurde nicht über die Legitimation des E gesprochen.
57Am 20.05.2010 wurde über die Presseabteilung des Herrn E (SOMA-Media) der Angeklagte zu 1) als Mandatsträger des Präsidenten der somalischen Republik, Herrn E, dargestellt.
58Am 22.05.2010 veröffentlichte unter anderem der Zeuge E2 über das Portal tagesschau.de einen Bericht über deutsche Söldner im Bürgerkrieg in Somalia. In dem Bericht wurde dargestellt, dass nach Informationen der Journalisten mehr als 100 ehemalige Bundeswehrsoldaten schon bald in den Bürgerkrieg in Somalia eingreifen sollen. Eine deutsche Firma habe einen sprechenden Vertrag mit einem somalischen Politiker geschlossen. Diese Berichterstattung des Zeugen löste ein
59großes politisches Echo aus und führte zu Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen die Angeklagten.
60Am 22.05.2010 veröffentlichte die Firma B eine Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Firma in keiner Weise gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder gegen die der Bundesregierung tätig werden wolle. Es wurde klargestellt, dass sich keine deutschen Staatsbürger auf Veranlassung der Firma in Somalia befinden oder dort tätig sind.
61Am 23.05.2010 veröffentlichte die Firma B eine weitere Stellungnahme zu der aktuellen Berichterstattung sowie weiteren Meldungen in der Presse. Es wurde bestätigt, dass ein Vertrag mit E abgeschlossen worden ist. Sobald dieser mit Billigung der UN die Staatsgeschäfte wieder aufgenommen habe, werde die Firma die Ausbildung, Ausrüstung und Versorgung der Feuerwehren, des Gesundheitswesens und Katastrophenschutz, der Polizei des Militärs übernehmen. Es wurde ausdrücklich klargestellt, dass man dabei eng mit der deutschen Regierung zusammenarbeiten wolle und in keiner Weise gegen deren Interesse tätig werden wolle.
62Mit Schreiben vom 28.05.2010 wurde der Angeklagte zu 1) als Geschäftsführer der Firma B vom Auswärtigen Amt angeschrieben und diesem mitgeteilt, dass Herr E nicht international anerkannt sei. Ferner wies das Auswärtige Amt auf die EU-Verordnung Nr. 147/2003 hin, nach der unter anderem verboten ist, Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Somalia mit Finanzmitteln, Finanzhilfen oder technische Beratung oder Hilfe in Zusammenhang mit militärischer Aktivität zu gewähren. Es wurde auch auf einen möglichen Verstoß gegen § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG hingewiesen.
63Aufgrund der Resolution 733/1992 vom 23.01.1992 verhängten die Vereinten Nationen (UN) angesichts von Bürgerkrieg und Hungersnot in Somalia ein Waffenembargo. Die Kriegsparteien wurden angehalten humanitäre Hilfe nicht zu behindern und auf einem Waffenstillstand und Frieden hinzuarbeiten. Diese vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erlassene Resolution wurde mit Beschluss vom 27.01.2003 der Europäischen Union gestützt auf den gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 10.12.2002 über restriktive Maßnahmen gegenüber Somalia im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Beschluss 2002/960/GASP) in unmittelbar geltendes europäisches Recht umgesetzt. Nach Art. 1 der Verordnung der europäischen Gemeinschaft Nr. 147/2003 ist es untersagt, technische Beratung, vor der Ausbildung im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten, insbesondere Ausbildung und sonstige Hilfe im Zusammenhang mit der
64Herstellung, Instandhaltung und Verwendung von Waffen und damit verbundene Material jeglicher Art, mittelbar oder unmittelbar an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Somalia zu gewähren, zu verkaufen, zu liefern oder weiterzugeben.
65Ob einer der Angeklagten oder einer ihrer Mitarbeiter vor Vertragsschluss in Somalia gewesen ist und die Lage in Somalia ausgekundschaftet hat vor Vertragsschluss, konnte in der Hauptverhandlung nicht geklärt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, ob nach Vertragsschluss im Oktober 2009 die Angeklagten selber oder Mitarbeiter aufgrund des mit dem E zusammen unterschriebenen Schriftstückes in Somalia waren. Dass Gelder an die Firma B aufgrund des Schriftstücks vom 31.10.2009 geflossen sind, konnte nicht festgestellt werden.
66Vor dem Treffen am 31.10.2009 hatte die Firma B über den Angeklagten zu 1) schriftlichen Kontakt zu deutschen Behörden, wie unter anderem dem Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Auswärtigen Amt. In den Schriftsätzen wurde die Firma als privater militärischer Dienstleister vorgestellt und eine Zusammenarbeit wurde angeboten. Das Angebot wurde durch die Behörden abgelehnt.
67Anfang des Jahres 2009 wurde durch Herrn E eine Frau Dr. F in einem Schreiben als Honorarkonsul der Republik Somalia für die Bundesrepublik Deutschland benannt. Mit Schreiben vom 18.02.2009 teilte das Auswärtige Amt Frau Dr. F mit, dass Herr E nicht Präsident Somalias sei und international tatsächlich anerkannt der Präsident T sei. Sie wurde darauf hingewiesen, dass für eine geplante Veranstaltung mit E keine Werbung gemacht werden solle, da dies die Beziehungen Deutschlands zu international anerkannten Übergangsregierung beeinträchtigen könne. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass der Missbrauch von Titeln oder Berufsbezeichnungen in Deutschland strafbar sei. Dieses Fax wurde im Februar 2009 von Frau Dr. F an den Faxanschluss des Angeklagten zu 1) weitergeleitet. In welcher Verbindung die Angeklagten oder einer der Angeklagten mit Frau Dr. F stand, konnte der Hauptverhandlung nicht aufgeklärt werden.
68Mit E-Mail vom 17.11.2009 schrieb der Angeklagte zu 1) stellvertretend für die Firma B Herrn Dr. H in dessen Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter an. In dieser E-Mail wurde mitgeteilt, dass die Firma B seit längerer Zeit ein Gespräch mit der Bundesregierung suche. Die Firma B wurde vorgestellt. Ferner wurde mitgeteilt, dass die Firma von Herrn E mit der militärischen Beratung seines Stabes beauftragt wurde und dass ein Vertrag geschlossen wurde, Auszüge davon wurden als Anlage angehängt. Mit E-Mail vom 01.12.2009 wurde durch einen Mitarbeiter des Büros von Herrn H2
69dem Angeklagten mitgeteilt, dass die Anfrage ans Bundesministerium der Verteidigung weitergeleitet wurde. Mit E-Mail vom 10.03.2010 wurde der mit dem Büro des Herrn H2 geführte E-Mail Verkehr nebst Anlagen an das Bundesministerium der Verteidigung weitergeleitet.
70Beim Angeklagten zu 1) wurden anlässlich einer Durchsuchung am 24.08.2010 Entwürfe über Verträge für Mitarbeiter „Stand 01.01.2010" aufgefunden, die in § 1 eine konkrete Tätigkeit aufgrund eines Vertrages mit der Firma B und Herrn E in Somalia ab dem 27.05.2010 vorsahen. Die Verträge wurden nicht unterschrieben.“
71Das Amtsgericht hat den Freispruch umfassend begründet und im Wesentlichen gemeint, die Einlassung der Angeklagten, es habe sich bei der oben zitierten Vereinbarung zunächst einmal nur um eine unverbindliche Absichtserklärung gehandelt, nicht widerlegen zu können.
72Gegen das Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der (Sprung-)Revision, soweit die Angeklagten freigesprochen worden sind. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sie vertritt die Auffassung, dass bereits der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes ─ um ein solches handelt es sich ihrer Auffassung nach bei der Vereinbarung vom 31.10.2009 ─ gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG verstoße. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Angeklagten freigesprochen worden sind (sowie hinsichtlich des Gesamtstrafenausspruchs bzgl. des Angeklagten L) und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Die Angeklagten haben beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.
73II.
74Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft hat auf die Sachrüge hin Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang (§ 354 Abs. 2 StPO).
75Zutreffend geht das Amtsgericht von der Anwendung des § 18 Abs. 1 AWG n.F. aus, welcher § 34 Abs. 4 Nr. 2 und 3 AWG a.F. ersetzt (BT-Drs. 17/11127 S. 27; Wagner in: MK-StGB, 2. Aufl., § 18 AWG Rdn. 4; Oehmichen NZWiSt 2013, 339, 343) und welcher bei Vergleich der Strafrahmen den nach § 2 Abs. 3 StGB anzuwendenden milderen Straftatbestand darstellt. Dabei müssen allerdings neben den Strafbarkeitsvoraussetzungen des § 18 AWG etwaige weitergehende Tatbestandsvoraussetzungen nach § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG a.F. ebenfalls erfüllt sein.
76§ 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG setzt – ebenso wie § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG a.F. – eine Zuwiderhandlung (u.a.) gegen ein Verkaufs- und Dienstleistungsverbot voraus. Dieses Verbot muss – nach beiden Vorschriften – in einem unmittelbar geltenden Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union geregelt sein, welcher der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.
77Das hier relevante Verkaufs- und Dienstleistungsverbot beruht auf der Verordnung (EG) Nr. 147/2003 des Rates vom 27.01.2003 (Abl. EG Nr. L24 S. 2), welche ihrerseits auf dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 10.12.2002 über restriktive Maßnahmen gegen Somalia (Abl. EG L 334 vom 11.12.2002 S. 1) – im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik – beruht. Es handelt sich bei der Verordnung um einen unmittelbar geltenden Rechtsakt in dem o.g. Sinne (vgl. Diemer in: Erbs/Kolhaas, Stand: September 2011, § 34 AWG Rdn. 27).
78Anders als § 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG, der eine Veröffentlichung dieses Rechtsaktes in einem Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Union ausreichen lässt, verlangte § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG a.F. demgegenüber die Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Die o.g. Verordnung des Rates wurde im Bundesanzeiger Nr. 34 vom 19.02.2003, S. 3030, bekannt gemacht, was Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist (BGH, Urt. v. 21.04.1995 – 1 StR 700/94 – juris).
79Der Senat ist der Auffassung, dass sich die Angeklagten unter Zugrundelegung der bisherigen Feststellungen wegen eines Verstoßes gegen ein Verkaufs- und Dienstleistungsverbot in dem o.g. Sinne strafbar gemacht haben.
80Art. 1, 2. Spiegelstrich der o.g. Verordnung untersagt u.a. „Hilfe oder Ausbildung im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten, insbesondere Ausbildung und sonstige Hilfe im Zusammenhang mit der Herstellung, Instandhaltung und Verwendung von Waffen und damit verbundenem Material jeglicher Art, mittelbar oder unmittelbar an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Somalia zu gewähren, zu verkaufen, zu liefern oder weiterzugeben“. Jedenfalls die Vertragsgegenstände (vgl. § 2) „Sicherheitsoperationen aller Art“ und „Maßnahmen gegen Piraterie“ fallen unter die Hilfe im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten. In diesem Zusammenhang sollte nach einer ersten Sicherheitsanalyse auch Personal und Ausrüstung im Rahmen von operativen Einsätzen eingesetzt werden (vgl. § 6 des Vertrages). Die Formulierung „zu verkaufen“ neben den weiteren Alternativen „gewähren“, „liefern“, „weitergeben“ zeigt, dass auch bereits das schuldrechtliche Vorfeld solcher Aktivitäten unter das Embargo fällt. Soweit es um Sachen geht, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch schon der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages den Straftatbestand des § 17 AWG i.V.m. § 74 AWV erfüllt (BGH NJW 2014, 3047; Ziervogel in Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, S. 881). Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Verkaufsbegriff dort ein anderer sein sollte als im hiesigen Zusammenhang.
81Der Begriff des „Verkaufs“ bezieht sich aber nicht allein auf Kaufverträge im Sinne von § 433 BGB. Erfasst sind vielmehr alle schuldrechtlichen Verträge, die auf Zurverfügungstellung von vom Embargo umfassten Sachen, Dienstleistungen etc. verpflichten (so wohl auch: Ziervogel a.a.O.; a.A. Pelz in: Hocke/Sachs/Pelz, Außenwirtschaftsrecht, § 18 Rdn. 12). Das ergibt sich aus Folgendem: Beratung, Hilfe oder Ausbildung lassen sich gewähren, liefern oder weitergeben. Die Verwendung von „Verkaufen“ in der o.g. Verordnung ergibt in diesem Zusammenhang nur dann Sinn, wenn man es nicht als Verkauf von Sachen, i.S. eines schuldrechtlichen Vertrages, gerichtet auf die Übereignung einer Sache gegen Entgelt, versteht, sondern auf den „Verkauf“ der genannten Dienstleistungen i.S. des Abschlusses eines schuldrechtlichen Vertrages auf Erbringung entsprechender Dienstleistungen bezieht. Auf eine solche weite Auslegung deutet auch Art. 1 Abs. 2 des genannten Gemeinsamen Standpunkts des Rates hin, der von „direkter oder indirekter Bereitstellung“ entsprechender Dienstleistungen spricht. Eine Bereitstellung ist aber noch nicht unbedingt die Erbringung der Dienstleistung, sondern erfasst schon das Vorfeld. Zudem muss man sehen, dass die Verwendung des Begriffs „Verkauf“ in einer EU- oder EG-Verordnung nicht zwangsläufig den Begrifflichkeiten im deutschen Recht entsprechen muss.
82Eine derartige Auslegung widerspricht nicht dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB. Ein Straftatbestand ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret beschrieben sind, dass der Einzelne die Möglichkeit hat, sein Verhalten auf die Rechtslage einzustellen (Fischer, StGB, 65. Aufl., § 1 Rdn. 6 m.w.N.). Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände müssen zu erkennen sein und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Das schließt nicht die Verwendung von Begriffen aus, die in besonderem Maße der Deutung durch den Richter bedürfen. Auch im Strafrecht steht der Gesetzgeber vor der Notwendigkeit, bei der Ausgestaltung der Straftatbestände der Vielfalt der zu erfassenden Sachverhalte Rechnung zu tragen. Es ist wegen der Allgemeinheit und Abstraktheit von Strafnormen unvermeidlich, dass in Grenzfällen zweifelhaft sein kann, ob ein konkretes Verhalten noch unter den gesetzlichen Tatbestand fällt oder nicht (BVerfG, Beschl. v. 06.05.1987 – 2 BvL 11/85 –Rn. 35 –juris = BVerfGE 75, 329-347).
83Daran gemessen sind die hier relevanten Normen noch hinreichend bestimmt und ergeben mit noch hinreichender Bestimmtheit, dass ein „Verkaufsverbot“ auch den Abschluss von Verträgen, welche auf die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind, erfasst.
84Zwar könnte die Formulierung von § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG a.F. bzw. § 18 Abs. 1 Nr. 1a AWG n.F. darauf hindeuten, dass mit „Verkaufsverbot“ nur das Verbot des Abschlusses von Kaufverträgen i.S.v. § 433 BGB gemeint ist. Dafür spricht, dass dort differenziert wird zwischen (u.a.) Verkauf und Dienstleistung. Andererseits ist dort gerade nicht die Rede von „Kauf“, was der Terminologie des 1. Titels des 8. Abschnitts des 2. Buches des BGB entsprechen würde. Ein Gleichlauf von „Verkauf“ und „Kauf“ ist daher schon nicht zwingend. Hinzu kommt, dass im allgemeinen Sprachgebrauch ebenfalls häufig auch davon die Rede ist, dass „Leistungen verkauft“ werden. Die eigentliche Bedeutung von „Verkauf“ erschließt sich daher nur durch die Hinzuziehung des europäischen Rechtsaktes (s.o.). Daraus ergibt sich aber hinreichend konkret, dass auch bereits der Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages auf Erbringung von Dienstleistungen inkriminiert sein soll (s.o.). Da dieser auch ordnungsgemäß veröffentlich worden war, konnten die Angeklagten ihr Verhalten auch entsprechend hierauf einstellen.
85Wie die Revisionsführerin zutreffend ausführt, wird – jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen – durch den o.g. Vertrag eine unmittelbare Verpflichtung der B herbeigeführt. Es handelt sich nicht lediglich um eine Absichtserklärung. Hierbei geht es – anders als die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil nahelegt – nicht um eine Frage tatsächlicher Art, die von der Einschätzung der Angeklagten abhängt (UA S. 24: „Im Zweifel konnten die Einlassung[en] der Angeklagten, es sei noch gar kein richtiger Vertrag geschlossen worden, man habe sich erst bei den Behörden über eine mögliche Machbarkeit und Legalität des Vorhabens informieren wollen […], nicht […] widerlegt werden“.). Vielmehr handelt es sich um eine Rechtsfrage. Bei deren Beantwortung wäre, wenn die Angeklagten tatsächlich vorgehabt hätten, den Vertrag für sich noch nicht als bindend zu erachten, § 116 BGB zu beachten. Vom objektiven Empfängerhorizont aus betrachtet, ergeben die bisherigen Feststellungen hingegen keine Anhaltspunkte dafür, dass die o.g. Vereinbarung kein Vertrag, sondern eine bloße Absichtserklärung sein sollte. Vielmehr sind einige vertragliche Verpflichtungen bereits fest fixiert worden (etwa die „erstmalige Sicherheitsanalyse“ innerhalb von 14 Arbeitstagen nach der ersten Zahlung sowie die Zahlung von 100.000 Euro „vor der ersten Sicherheitsanalyse“), andere Klauseln haben eher den Charakter einer Rahmenvereinbarung, deren nähere Ausgestaltung (grds. nicht hingegen das „Ob“ der weiteren Maßnahmen) sich dann augenscheinlich nach dem Ergebnis der ersten Sicherheitsanalyse richten sollte. Der Vertragsbeginn ist mit dem 31.10.2009 bestimmt worden. Dass sich einzelne Vertragsklauseln möglicherweise auf den ersten Blick widersprechen (so ist etwa die Höhe des ersten Betrages einmal mit 100.000 Euro, ein anderes mal mit „250.000 Euro bzw. „nicht weniger als 250.000 Euro“ beziffert), hindert noch nicht zwangsläufig den wirksamen Vertragsschluss, sondern erfordert ggf. eine (ergänzende) Vertragsauslegung.
86Da weitere Feststellungen nötig und möglich sind, hebt der Senat das angefochtene Urteil in dem o.g. Umfang auf und verweist die Sache insoweit zurück. Da eine Verurteilung des Angeklagten L wegen Verstoßes gegen das AWG in Betracht kommt und dann eine weitere Einzelstrafe in die Gesamtstrafenbildung einzubeziehen wäre, konnte die Gesamtstrafe ebenfalls keinen Bestand haben.