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Macht der Käufer eines vom sog. Abgasskandal betroffenen und bei einem Händler erworbenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB) allein gegen den Hersteller geltend, kann ein Gerichtstand gem. § 32 ZPO an dem Ort begründet sein, an dem der Kaufvertrag abgeschlossen worden ist, und an dem Ort, an dem die Erfüllungshandlungen zu dem Vertrag vorgenommen wurden. Ein Gerichtsstand an den genannten Orten setzt einen schlüssigen Klagevortrag zu einer beim Abschluss des Kaufvertrages und/oder seiner Erfüllung begangenen unerlaubten Handlung voraus. Im Falle einer behaupteten „Barzahlung“ ist insoweit näher auszuführen, wie diese konkret erfolgt sein soll. Wird die Zuständigkeit von einem verweisenden Gericht zwar rechtsfehlerhaft, aber mit einer nachvollziehbar begründeten Prüfung des § 32 ZPO verneint, kann der Verweisungsbeschluss verbindlich sein.
Örtlich zuständig ist das Landgericht Duisburg.
Gründe:
2I.
3Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.
4Dem Rechtsstreit liegt – soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang – im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:
5Mit Klageschrift vom 16.05.2018 hat der in T (LG-Bezirk Duisburg) wohnhafte Kläger vor dem Landgericht Essen Klage gegen die in X (LG-Bezirk Braunschweig) ansässige Beklagte – gestützt auf §§ 826, 249ff BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung – u.a auf Zahlung von 19.782,92 € Zug-um-Zug gegen Rückgabe des von ihm erworbenen Pkw W zzgl. Nebenforderungen erhoben. Der Kläger erwarb das im Klageantrag genauer bezeichnete Kfz. mit Kaufvertrag vom 29.03.2012 bei der Autohaus C GmbH in D (LG-Bezirk Essen) zum Kaufpreis von 42.025,00 €. Der Kaufpreis wurde nach Darlegung des Klägers durch Barzahlung in Höhe von 34.026,35 € sowie Inzahlungnahme eines Altfahrzeuges zum Preis von 8.000,00 € beglichen.
6Zur Begründung der geltend gemachten Klageforderung trägt der Kläger weiter vor, dass der Motor des erworbenen Pkw mit einem Diesel-Motor vom Typ F 2 ausgestattet ist, der mit einer sog. Abschaltsoftware ausgestattet sei. Nachdem der Kläger im Februar 2016 von der Beklagten hierüber informiert worden war, erklärte er mit anwaltlichem Schreiben vom 28.03.2018 die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag. Weiterhin forderte er die Beklage auf, das Fahrzeug Zug-um-Zug gegen Zahlung von 34.026,35 € zurückzunehmen, was die Beklagte ablehnte.
7Mit Klageerwiderung vom 27.07.2018 hat die Beklagte die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Essen gerügt. Insbesondere folge die Zuständigkeit nicht aus § 29 Abs. 1 ZPO, da dieser nur bei Streitigkeiten aus Vertragsverhältnissen Anwendung finde. Eine Zuständigkeit lasse sich auch aus § 32 ZPO nicht herleiten. Dies gelte schon deshalb, weil jeder schlüssige Vortrag dazu fehle, dass der Beklage eine unerlaubte Handlung vorzuwerfen wäre und dem Kläger im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts ein Vermögensschaden entstanden sei. Im Übrigen wäre der Gerichtsstand des Begehungsortes ebenfalls nicht im Landgerichtsbezirk Essen.
8Daraufhin hat das Landgericht Essen die Parteien mit Verfügung vom 03.08.2018 darauf hingewiesen, dass es die Bedenken der Beklagten gegen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts teile. Eine Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgte nicht aus § 29 ZPO. Denn soll ein Autokauf rückabgewickelt werden, sei der einheitliche Gerichtsstand des Erfüllungsortes dort anzunehmen, wo sich das gekaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Rückabwicklung bestimmungsgemäß befindet. Dies sei regelmäßig der Wohnsitz des Käufers, vorliegend also T. Auch § 32 ZPO begründe die Zuständigkeit des Landgerichts Essen nicht. Denn Ort des Schadenseintritts sei Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO. Dies sei ebenfalls der Wohnort des Geschädigten, hier also T, da sich dort das klägerische Vermögen befinde. Zugleicht hat das Landgericht Essen um Stellungnahme gebeten, ob Verweisung an das Landgericht Duisburg beantragt werde.
9Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2018 hat der Kläger daraufhin die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Duisburg beantragt. Daraufhin hat sich das Landgericht Essen – ohne vorherige Anhörung der Beklagten zu dem vom Kläger gestellten Verweisungsantrag – mit Beschluss vom 15.08.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Bezugnahme auf den zuvor erteilten Hinweis gemäß § 281 ZPO an das Landgericht Duisburg verwiesen.
10Das Landgericht Duisburg wiederum hat mit Beschluss vom 05.09.2018 die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt, sich seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Landgericht Essen zurückgegeben. Das Landgericht Essen sei gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO sei hier jedenfalls auch D, weil dort der Kaufvertrag geschlossen wurde.
11Das Landgericht Essen wiederum hat den Rechtsstreit mit Verfügung vom 09.10.2018 zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO dem Oberlandesgericht Hamm vorgelegt.
12Der Senat hat die Parteien mit Verfügung vom 02.11.2018 angehört.
13Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.11.2018 angeregt, die Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg zu beschließen. Der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO sei im Verhältnis zur Beklagten unter keinen Umständen im Bezirk des Landgerichts Essen begründet. Der Ort des Vertragsschlusses begründe weder einen Handlungs- noch einen Erfolgsort i.S.d. § 32 ZPO. Der vom Kläger behauptete deliktische Erfolg sei allenfalls dort eingetreten, wo das vermeintlich beeinträchtigte Vermögen belegen ist, also an dessen Wohnsitz. Erachte man diese – insbesondere mit Blick auf die nach Auffassung der Beklagten fehlende Substantiierung – nicht als gerichtsstandsbegründend, wäre die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Braunschweig gegeben.
14Der Kläger hat mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.11.2018 um Bestimmung des zuständigen Gerichts gebeten.
15II.
16Die Voraussetzungen einer Bestimmung des Gerichtsstands gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
17Das Landgericht Essen und das Landgericht Duisburg haben sich beide im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für örtlich unzuständig erklärt. Das Landgericht Essen hat den Rechtsstreit durch den grundsätzlich gemäß § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss vom 15.08.2018 an das Landgericht Duisburg verwiesen. Das Landgericht Duisburg hat durch den Parteien bekannt gemachten Beschluss vom 05.09.2018 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, sich ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Landgericht Essen zurückgegeben. Das genügt nach ständiger Rechtsprechung den Anforderungen, die an rechtskräftige Unzuständigkeitserklärungen im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.12.1987, I ARZ 809/87, juris; BGH, Beschluss vom 10.09.2002, X ARZ 217/02, juris; Senat, Beschluss vom 25.07.2013, 32 SA 46/13, juris). Das Landgericht Essen hat daraufhin den Rechtsstreit aufgrund Verfügung vom 09.10.2018 dem Oberlandesgericht Hamm zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.
18Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO auch zur Entscheidung über den Zuständigkeitsstreit berufen. Danach wird, wenn das höhere gemeinschaftliche Gericht der an dem Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte der Bundesgerichtshof ist, das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste, an dem Kompetenzkonflikt beteiligte Gericht gehört (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss v. 28.10.2013, 1 W 67/03; Zitat nach Juris). Vorliegend war das im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm gelegene Landgericht Essen zuerst mit der Sache befasst.
19Örtlich zuständig ist das Landgericht Duisburg, das an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Essen vom 15.08.2018 gebunden ist. Gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse grundsätzlich bindend, da - im Einklang mit der in § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO normierten Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen - im Interesse der Prozessökonomie das Verfahren verzögernde und verteuernde Zuständigkeitsstreitigkeiten vermieden werden sollen. Eine Bindung an den Verweisungsbeschluss ist nur ausnahmsweise zu verneinen, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist. Letzteres ist vorliegend jedoch, worauf noch einzugehen sein wird, im Ergebnis nicht der Fall.
201.
21Das Landgericht Essen könnte örtlich zuständig gewesen sein, was der Senat im Ergebnis offen lassen kann, weil ein verbindlicher Verweisungsbeschluss des Landgerichts Essen vorliegt (dazu unter Nr. 2).
22a) Die Zuständigkeit des Landgerichts Essen ergibt sich allerdings nicht aus § 29 Abs. 1 ZPO. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts ist gegenüber der Beklagten nicht begründet, da es im Verhältnis der Parteien an einer vertraglichen oder ihr gleichstehenden Sonderverbindung fehlt. Der Kaufvertrag ist mit der Vertragshändlerin der Beklagten geschlossen worden, die der Kläger nicht mitverklagt hat. Ein Schuldverhältnis mit der Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 311 Abs. 3 S. 1 BGB. Insbesondere hat die Beklagte nicht i.S.v. § 311 Abs. 3 S. 2 BGB in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss beeinflusst. Jedenfalls trägt der Kläger hierzu nichts vor.
23b) Allerdings wäre im Bezirk des Landgerichts Essen der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO begründet, wenn der Kläger von hier aus die Zahlung geleistet haben sollte, die zum Schaden geführt hat.
24aa) Begehungsorte der deliktischen Handlung sind sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen, und dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde (BGH, Urt. v. 28.02.1996 – XII ZR 181/93 – BGHZ 132, 111, zit. nach juris, Rn. 26; Urt. v. 02.03.2010 – XI ZR 23/09 – BGZ 184, 313, Rn. 12, Urt. v. 13.07.2010 – VI ZR 34/07 – NJW-RR 2008, 516, Rn. 24; Patzina, in: Münchener Kommentar, ZPO, Bd. 1, 5. Aufl. 2016, § 32 Rn. 20, jew. m.w.N.). Der Schadensort ist als solcher ohne Belang, es sei denn, dass der Schadenseintritt zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört (Schultzky, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 32 Rn. 19 m.w.N.).
25(1) Daraus folgt, dass der Kläger nicht auf den Ort beschränkt ist, an dem nach seinem Vortrag die Tathandlung begangen worden ist. Ihm steht vielmehr ein Wahlrecht zu, das er nach Belieben auszuüben berechtigt ist. Er kann auch dann am Erfolgsort klagen, wenn der Begehungsort woanders liegt. Ebenso kann er an jedem Erfolgsort klagen, wenn dieser in verschiedenen Gerichtsbezirken liegt (vgl. nur Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 1, 23. Aufl. 2014, § 32 Rn. 26 m.w.N.).
26(2) Wird die Haftung auf die Erfüllung des Betrugstatbestandes gem. § 823 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB gestützt, ist der Erfolgsort dort, wo die Täuschungshandlung einen Irrtum erregt oder die schädigende Vermögensverfügung ausgelöst hat. Wird ein Anspruch aus § 826 BGB geltend gemacht, gehört zum Tatbestand der unerlaubten Handlung der Eintritt eines Vermögensschadens (vgl. Toussaint, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 29. Edition (1.7.2018), § 32 Rn. 12.1 m.w.N.). Das nach § 32 ZPO zuständige Gericht ist daher in diesen Fällen nicht nur anhand des Ortes zu bestimmen, in dem der Täter gehandelt hat, sondern auch dort begründet, wo der Rechtsgutseingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist (vgl. Smid/Hartmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Bd. 1/2, 4. Aufl. 2015, § 32 Rn. 40 m.w.N.).
27Allerdings ist der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung der Vermögensschädigung nicht schon deshalb am Wohnsitz des Geschädigten begründet, weil sich dort sein Vermögen befindet. Denn die Konzentration der Zuständigkeit am Handlungs- oder Verletzungsort der unerlaubten Handlung knüpft an die Sachnähe und damit einhergehende leichtere Aufklärung des Sachverhalts an. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn immer auch auf den Ort abgestellt werden könnte, an dem sich das Vermögen des Geschädigten im Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung befunden hat (Senat, Beschluss v. 26.10.2018, I-32 SA 46/18, juris; OLG München, Urt. v. 21.1.1992 – 25 U 2987/91 – NJW-RR 1993, 701, 703, unter 2. m.w.N.; missverständlich insoweit Schultzky, a.a.O.: „Betrug am Belegenheitsort des Klägervermögens“).
28bb) Demnach ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen und auf dieser Grundlage zu prüfen, wo die Verletzungshandlung vorgenommen und der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist (vgl. Senat a.a.O.).
29(1) Dass die Beklagte dem Kläger seinem Vortrag gemäß den Einsatz einer mit einer sog. Prüfstandentdeckungssoftware ausgestatteten Vorschalteinrichtung verschwiegen hat, kann einen Eingehungsbetrug i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB begründen, der darin liegt, dass der Käufer einen für ihn wirtschaftlich nachteiligen Vertrag mit dem Verkäufer des Fahrzeugs abgeschlossen hat. Infolge dieses Vertragsschlusses ist sein Vermögen mit einer ungewollten Verpflichtung negativ belastet worden. Dies folgt daraus, dass bei verständiger Würdigung und unter lebensnaher Betrachtung kein durchschnittlich informierter und wirtschaftlich vernünftig denkender Verbraucher ein Fahrzeug erwerben würde, welches mit einer gesetzeswidrigen Software ausgestattet ist. Ein solcher Verbraucher kann und muss nicht davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nur deshalb als eingehalten attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Lauf des Prüfstands erkannt und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung deswegen - in gesetzlich unzulässiger Weise - insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird (vgl. LG Paderborn, Urt. v. 07.04.2017 – 2 O 118/16, juris, Rn. 38; ebenso LG Krefeld, Urt. v. 04.10.2017 – 2 O 19/17 – juris, Rn. 25; Urt. v. 28.02.2018 – 7 O 10/17 – juris, Rn. 34).
30(2) Ein solcher Eingehungsbetrug ist vom Kläger allerdings schon gar nicht behauptet worden. Er trägt nicht vor, dass die Verkäuferin bösgläubig gewesen sei, so dass eine Mittäterschaft oder Teilnahme gem. §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 2, 26, 27 Abs. 1 StGB bzw. §§ 826, 830 Abs. 1, Abs. 2 BGB ausscheidet. In Betracht käme allenfalls eine mittelbare Täterschaft der Beklagten i.S.v. §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB, bei der die Tathandlung i.S.v. § 9 Abs. 1, 1. Alt. StGB allerdings sowohl am Ort des eigenen Tätigwerdens des Tatmittlers als auch dort begangen wird, wo das Werkzeug gehandelt hat, da dem mittelbaren Täter dessen Handlung zugerechnet wird (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.1991 – 1 StR 617/90 – wistra 1991, 135; Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 9 Rn. 4; Satzger, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl. 2017, § 9 Rn. 10; Werle/Jeßberger, Leipziger Kommentar, StGB, Bd. 1, 12. Aufl. 2007, § 9 Rn. 14).
31(3) Demnach kommt es für die Frage der örtlichen Zuständigkeit darauf an, wo die Erfüllungshandlungen i.S.v. § 362 Abs. 1 BGB vorgenommen worden sind. Dazu fehlt hinreichend konkreter Sachvortrag des Klägers, der sich darauf beschränkt, auf die – nicht vorgelegte – Rechnung „der Beklagtenseite vom 08.06.2012“ (angesichts der vertraglichen Konstellation: des Autohauses C?) einen Betrag in Höhe von 34.026,35 € „bar“ (wie? Lastschrifteinzug? Übereignung von Geldscheinen?) entrichtet zu haben. Insbesondere ergibt sich aus seinem Vorbringen nicht, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise der Kaufpreis gezahlt worden ist. Auch die mit der Klageschrift vorgelegte Bestellung vom 29.03.2012 legt lediglich nahe, dass anlässlich der Bestellung eine Inzahlungnahme eines Altfahrzeugs in Aussicht genommen war. Im Fall einer Überweisung liegt der Erfolgsort i.S.v. § 32 ZPO dort, wo die Bank des Klägers dessen Anweisung zum Geldtransfer erhalten und zu Lasten seines Kontos ausgeführt hat (vgl. BayObLG, Beschl. v. 27.03.2003 – 1Z AR 28/03 – MDR 2003, 893, zit. nach juris, Rn. 7). Falls das Landgericht diese Umstände für maßgeblich erkannt hätte, hätte es dem Kläger darauf hinweisen müssen, dass es seine diesbezüglichen Angaben für ungenügend i.S.v. § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO hält.
322.
33Ob dem Landgericht Essen in dieser Hinsicht ein Verfahrensfehler im Sinne einer unterlassenen Aufklärung unterlaufen ist, ist letztlich allerdings nicht entscheidungserheblich, da sich die Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg jedenfalls aus dem Verweisungsbeschluss vom 15.08.2018 ergibt.
34a) Ein Verweisungsbeschluss ist nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss nicht als im Rahmen des § 281 Abs. 1 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH, Beschl. v. 15.05.2011 – X AZR 109/11 – NJW-RR 2011, 1364, 1365, Rn. 9; Beschl. v. 19.02.2013 – X ARZ 507/12 – NJW-RR 2013, 764, 765, Rn. 7; Beschl. v. 09.06.2015 – X ARZ 115/15 – NJW-RR 2015, 1016, Rn. 9; stRspr).
35Der Verweisungsbeschluss beruht insbesondere nicht auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs. Das Landgericht Essen hat die Parteien jeweils mit Schreiben vom 03.08.2018 darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten erhobenen Bedenken gegen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geteilt würden und (allein) die Klägerseite um Stellungnahme binnen 2 Wochen gebeten, ob Verweisung an das Landgericht Duisburg beantragt werde. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.08.2018 die Verweisung an das Landgericht Duisburg beantragt. Ohne die Beklagte zu diesem Antrag explizit anzuhören, hat das Landgericht Essen sich daraufhin mit Beschluss vom 15.08.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Duisburg verwiesen. Mit Zustellung des Beschlusses hat das Landgericht Essen den Schriftsatz der Klägerseite vom 13.08.2018 der Beklagten erstmals zur Kenntnis gebracht. Dass das Landgericht Essen der Beklagten den Verweisungsantrag des Klägers nicht vor Beschlussfassung zur Stellungnahme zugeleitet und den Rechtsstreit schon vor Ablauf der Stellungnahmefrist verwiesen hat, war verfahrensfehlerhaft, begründet jedoch keinen die Bindungswirkung beseitigenden Gehörsverstoß (BGH, Beschluss vom 26.08.2014, X ARZ 275/14, MDR 2015, 51 – juris Rn 8). Denn entscheidend ist, dass die Beklagte die Möglichkeit hatte, zu der aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage Stellung zu beziehen und vorzutragen, welches Gericht für die Verhandlung des Rechtsstreits ihrer Auffassung nach berufen ist. Wenngleich der Beklagten nicht ausdrücklich eine eigene Frist zur Stellungnahme gesetzt worden ist, so kam durch die Übersendung der an den Kläger gerichteten Abschrift für die Gewährung rechtlichen Gehörs in ausreichendem Maß zum Ausdruck, dass sie gleichfalls zu der aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage Stellung beziehen konnte (BGH a.a.O., Rn 7). Hiervon hatte sie im Übrigen bereits in der Klageerwiderung vom 27.07.2018 (dort S. 25) Gebrauch gemacht und hat (allerdings erst im Nachgang zu der erfolgten Verweisung) mit Schriftsatz vom 21.11.2018 überdies angeregt, das Landgericht Duisburg als zuständiges Gericht zu bestimmen. Zur Begründung hat die Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Landgericht Essen für die Klage örtlich unzuständig sei, bei dem – vom Landgericht Essen als zuständig erachteten – Landgericht Duisburg aber der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO begründet sei, wenn man die vom Kläger (nach Auffassung der Beklagten bislang unsubstantiiert) behauptete Vermögensbeeinträchtigung zugrunde lege. Damit kann im Ergebnis ausgeschlossen werden, dass die Beklagte, die von einer Stellungnahme zu dem Hinweis des Landgerichts Essen abgesehen hat, bei Kenntnis des Verweisungsantrages der Klägerin innerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist Umstände vorgetragen hätte, die eine andere Entscheidung des verweisenden Gerichts, insbesondere eine Fortführung des Rechtsstreits vor dem Landgericht Essen als möglich erscheinen lassen (vgl. BGH a.a.O., Rn 8).
36Abgesehen von den Fällen, in denen der Verweisungsbeschluss aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Bestand haben kann, insbesondere weil das verweisende Gericht der beklagten Partei kein rechtliches Gehör zum Verweisungsantrag gewährt hat (dazu vorstehend), ist die Entscheidung, dass eine Verweisung als objektiv willkürlich anzusehen ist, eine vom Einzelfall abhängige, u. U. schwierige Bewertungsfrage. Brauchbare Kriterien können sein, dass die allgemeine Systematik des Verfahrensrechts eine Verweisung dieser Art nicht vorsieht, dass der Akteninhalt ausdrückliche Hinweise auf die Zuständigkeit des verweisenden Gerichts ergibt oder dass das verweisende Gericht selbst zu erkennen gegeben hat, dass es seine Zuständigkeit für möglicherweise gegeben hält. Demgegenüber wird man von einer Bindung ausgehen können, wenn die Verweisung sich im Ergebnis als vertretbar darstellt, wenn der Verweisungsbeschluss eingehend begründet ist, auch wenn das Gericht dabei von einer einhelligen oder herrschenden Meinung abweicht, wenn das Gericht einen relevanten Gesichtspunkt übersehen hat und von keiner Seite darauf hingewiesen wurde und keine Hinweise auf Vorsatz bestehen, schließlich wenn eine Verweisung auf den an das Gericht herangetragenen Wunsch beider Prozessparteien zurückgeht (Prütting, in: Münchener Kommentar, ZPO, Bd. 1, 5. Aufl. 2016, § 281 Rn. 56; ähnl. Bacher, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 29. Edition (Stand: 1.7.2018), § 281 Rn. 32).
37b) Gemessen an diesen Maßstäben vermag der Senat ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme objektiver Willkür nicht zu erkennen. Das Landgericht hat sich mit den Voraussetzungen des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung gem. § 32 ZPO befasst. Ein Verweisungsbeschluss kann zwar auch dann als willkürlich anzusehen sein, wenn sich das verweisende Gericht mit einer ganz einhelligen gegenteiligen Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum nicht auseinandergesetzt hat (Foerste, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 281 Rn. 17; Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 181 Rn. 17; vgl. zu einer unzureichenden Befassung mit § 24 ZPO auch Senat, Beschl. v. 4.4.2017 – 32 SA 9/17 – NZI 2017, 591, 592). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, da es trotz der Bekanntheit der Problematik und der Vielzahl der Klagen von Autobesitzern wegen des sog. Dieselskandals zur maßgeblichen Fallkonstellation einer isolierten Klage gegen die Herstellerin des Fahrzeugs, in denen der Kaufvertrag in einem anderen Gerichtsbezirk geschlossen worden ist, als der Kläger wohnt und die Herstellerin ihren Sitz hat, bislang weder obergerichtliche Rechtsprechung noch eine prägende Auffassung im Schrifttum gibt, über die sich das Landgericht Essen mit der Verweisung hinweggesetzt haben könnte.
383.
39Demnach war die Verweisung an das Landgericht Duisburg bindend und der Senat hatte keinen Anlass, den Rechtsstreit an das Landgericht Essen zurückzuverweisen.
40Darüber hinaus hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass eine Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 36 Abs. 3 S. 1 ZPO erforderlich sein könnte. Seine Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, wonach für die auf deliktische Ansprüche gegen die beklagte Fahrzeugherstellerin gerichtete Klage der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung begründet ist, da Begehungsorte i.S.v. § 32 ZPO sowohl am Sitz der Verkäuferin, wo der Kaufvertrag geschlossen worden sei, als auch am Wohnsitz des Klägers begründet seien, wo der Vermögensschaden eingetreten sei (Beschluss vom 30.10.2017 – 5 SA 44/17 – juris, Rn. 23). Soweit ersichtlich, liegen entgegenstehende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte nicht vor.