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Die Berufung des klagenden Landes gegen das am 11.09.2017 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen (Az.: 1 O 22/17) wird zurückgewiesen.
Das klagende Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Das durch den Landkreis B vertretene klagende Land (im Folgenden: der Kläger) nimmt die beklagte Bank auf Zahlung infolge einer angeblich fehlerhaften Drittschuldnererklärung nach einer Kontopfändung in Anspruch.
4Am 01.06.2011 erließ das Amtsgericht Uelzen zu Gunsten des Klägers einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 6.978,00 € gegen die Schuldnerin N. Nach zwischenzeitlichen Zahlungen bestand noch ein Rückstand in Höhe von 6.368,00 € (Bl. 6 d.A.).
5Am 10.06.2014 stellte der Kläger (unter Verwendung des amtlichen Vordrucks wegen Unterhaltsforderungen) beim Amtsgericht P-T einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Bl. 78 d.A.). Am 30.10.2014 wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Beklagten zugestellt (Bl. 76 d.A.). Die Schuldnerin war im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wie folgt bezeichnet:
6„Frau N, *##.##.19##,P Weg ##, ##### P1-T“
7Als gepfändete Forderung wurde angegeben ein „Anspruch (…) auf Zahlung der zu Gunsten des Schuldners bestehenden Guthaben seiner sämtlichen Girokonten (insbesondere seines Girokontos Nr. DE ## #### #### #### ##20 30) bei diesem Kreditinstitut einschließlich der Ansprüche auf Gutschrift der eingehenden Beträge“. Unter dem 31.10.2014 gab die Beklagte die gemäß der Zustellungsurkunde (Bl. 76 d.A.) geforderte Drittschuldnererklärung ab und teilte mit, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ins Leere gehe. Unstreitig hatte die Schuldnerin bei der Beklagten als Adresse „C 9a, ##### I“ angegeben. Ihrem tatsächlich bei der Beklagten geführten Girokonto war die IBAN DE## #### #### #### ###12 03 zugeordnet.
8Am 17.11.2014 war die Zustellung an die Schuldnerin unter der Anschrift C-Straße in ##### I erfolgreich. Anschließend vereinbarte der Kläger mit der Schuldnerin eine befristete Ratenzahlung von monatlich 30,00 € und bat der Kläger die Beklagte am 18.11.2014, die Kontopfändung „ruhend“ zu stellen. Mit Schreiben vom 16.07.2015 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Kontopfändung nunmehr weiterbetrieben werden sollte, weil die Schuldnerin der Ratenzahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Weil die Beklagte weiterhin keine Zuordnung vornahm, leitete der Kläger am 21.07.2015 ein Kontoabrufersuchen beim Bundeszentralamt für Steuern ein, über dessen Ergebnis er die Beklagte mit Schreiben vom 25.04.2016 unterrichtete (Bl. 25 d.A.). Gleichzeitig beantragte er beim Amtsgericht einen neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, nahm den Antrag aber wieder zurück. Die Beklagte teilte mit, dass die gepfändeten Konten zum Zeitpunkt der Pfändung bei Zustellung am 31.10.2014 kein Guthaben aufgewiesen hätten. Am 02.06.2016 wurde das Girokonto ohne Guthaben aufgelöst (Bl. 203 d.A.) und die Geschäftsbeziehung beendet.
9Mit der Klage hat der Kläger den Unterhaltsrückstand i.H.v. 6.368,00 € als Schadensersatz geltend gemacht (Bl. 62 d.A.). Jedenfalls ab Aufhebung der Ruhendstellung am 16.07.2015 hätten zwischenzeitlich unstreitig erfolgte Zahlungseingänge an den Kläger abgeführt werden müssen, da die Schuldnerin bis dahin – ebenfalls unstreitig – kein Pfändungsschutzkonto geführt habe (Bl. 46 d.A.).
10Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unbestimmt gewesen sei, weil die Schuldnerin nicht ausreichend identifizierbar bezeichnet worden sei. Unstreitig seien bei Zustellung des Beschlusses 200 Kundinnen im Datenbestand der Beklagten mit dem Namen N verzeichnet gewesen. Das standardisierte Suchverfahren, mit dem die Beklagte täglich ca. 1.700 Pfändungen bearbeite, verwende zunächst die Suchkriterien Name, Vorname sowie Wohnort. Das Geburtsdatum werde nur als weiteres Merkmal zur Identifizierung bei Übereinstimmung von Name und Wohnort verwendet. Deshalb habe die Suche mit den vom Kläger angegebenen Kriterien keinen Treffer ergeben. Eine isolierte Suche nach Name und Geburtsdatum werde nicht durchgeführt, da dieses Merkmal im Regelfall bei den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen nicht angegeben werde. Auch die durchgeführte Suche nach der (falschen) Kontonummer habe keinen Treffer ergeben. Er sei der Beklagten nicht zumutbar, weitere Ermittlungen zur Identifizierung der vom Kläger angegebenen Schuldnerin durchzuführen.
11Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausreichend bestimmt gewesen sei. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitere jedenfalls an seinem ganz überwiegenden Mitverschulden. Der Kläger habe es nämlich selbst versäumt, eine erfolgreiche Vollstreckung durchzuführen. Die Beklagte habe ihn schließlich gebeten, gegebenenfalls Voranschriften mitzuteilen, was der Kläger unterlassen habe, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter der Anschrift in P-T an die Schuldnerin fehlgeschlagen sei. Demgegenüber sei es der Beklagten nicht zumutbar gewesen, eine isolierte Suche anhand des Geburtsdatums bzw. in Kombination mit dem Namen durchzuführen.
12Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen sowie die dort wiedergegebenen Anträge der Parteien Bezug genommen.
13Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Das Landgericht sei selbst von einem wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausgegangen. Es sei nicht mehr zeitgemäß anzunehmen, dass das Geburtsdatum kein maßgebliches Suchkriterium sei. Unstreitig hätte die Beklagte anhand des Geburtsdatums die Schuldnerin eindeutig ermitteln können. Es hätte dann auch keine Unsicherheit aufgrund der unzutreffenden IBAN und Adresse bestanden, weil alle Konten der Schuldnerin gepfändet worden seien. Erst wenn auch unter Verwendung des Geburtsdatums mehrere Kundinnen identifiziert worden wären, wäre es Sache des Klägers gewesen, weitere Angaben zu machen. Insgesamt treffe den Kläger also kein überwiegendes Mitverschulden.
14Der Kläger beantragt,
15unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Essen vom 11.09.2017 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.386,00 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Es sei zutreffend zur Annahme eines überwiegenden Mitverschuldens des Klägers gelangt. Dieser habe trotz Kenntnis ab November 2014 die zutreffende Adresse nicht der Beklagten mitgeteilt. Die Beklagte habe mit den ihr vorliegenden Informationen die Schuldnerin nicht ermitteln können.
19Beide Parteien haben mit Schriftsätzen vom 03.09.2018 (Bl. 262 und 263 d.A.) ihre Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. §§ 525, 128 Abs. 2 ZPO erklärt.
20II.
21Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Denn das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat seine Schadensersatzforderung auf nicht abgeführte Beträge aufgrund der von ihm ausgebrachten Pfändung gestützt. Ein solcher Anspruch kann sich bei wirksamer – und damit erfolgreicher – Pfändung nicht aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO ergeben. Bei einer unwirksamen Pfändung besteht aber ebenfalls kein Anspruch aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO, weil die Wirksamkeit der Pfändung Voraussetzung der Auskunftspflicht ist (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 840 ZPO, Rn. 2). Als Schadensersatzprozess hat die Klage deshalb keine Aussicht auf Erfolg. Dass der Kläger aufgrund der erteilten Auskunft der Beklagten weitergehende Vollstreckungsmaßnahmen unterlassen hat, ist nicht dargelegt worden und sonst nicht ersichtlich.
22Aber auch als Drittschuldnerklage gem. § 835 ZPO wäre die Klage nach ggf. vorzunehmender Umstellung und Konkretisierung der Einzelforderungen unbegründet.
231.
24Der Kläger hat die Klage unter Hinweis auf § 840 Abs. 2 ZPO erhoben. In sämtlichen klägerischen Schriftsätzen wird auf den durch die Nichtabführung des gepfändeten Rückstandes entstandenen „Schaden“ des Klägers abgestellt. Das Landgericht hat den Rechtsstreit entsprechend als Schadensersatzprozess behandelt. Dabei hat das Landgericht allerdings die Frage der Wirksamkeit der Pfändung unbeantwortet gelassen, weil es den Streitgegenstand auf eine Schadensersatzforderung aus § 840 Abs. 2 ZPO beschränkt hat, die durch ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers gem. § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen sei. Dies begegnet bereits deshalb Bedenken, weil der Kläger bei Wirksamkeit der Pfändung jedenfalls die auf dem Konto eingegangenen Beträge (4.410,95 € für den Zeitraum Oktober 2014 bis Februar 2016) auch auf Grundlage einer Drittschuldnerklage (bzw. Einziehungsklage, vgl. Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, § 25 Rn. 339 u. Stöber, Forderungspfändung, 16. Aufl. 2013, Rn. 655 ff.) gemäß §§ 835 f. ZPO durch Realisierung der gepfändeten und ihm zur Einziehung überwiesenen Forderungen unabhängig von der Frage, ob die Drittschuldnerauskunft fehlerhaft war, verlangen könnte.
25Bei wirksamer Pfändung und dem erfolgten Zahlungsverbot (Bl. 87 d.A.) hätte die Beklagte gem. §§ 829 Abs. 1 ZPO, 135, 136 BGB nicht mit Wirkung zum Nachteil des Klägers über die gepfändeten Forderungen verfügen können, so dass sie auch nach Abbuchung grundsätzlich weiterhin zur Auszahlung an den Kläger verpflichtet gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1983 – VIII ZR 258/81 –, BGHZ 86, 337-340, Rn. 14; Stöber, Forderungspfändung, Rn. 565). Ein etwaiges Mitverschulden ist gegenüber der Drittschuldnerklage unerheblich.
26Als Zahlungsklage ist der Antrag neutral und es kommt auf den zu Grunde liegenden Lebenssachverhalt an, der im Rahmen des anzuwendenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs mit maßgeblich ist. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers über die Grundlage der Klageforderung wird deutlich, dass mit der Klage die unterlassene Auskehrung der nach Auffassung des Klägers wirksam gepfändeten, zwischenzeitlichen Guthabenbeträge auf dem Konto geltend gemacht werden sollte. Die Durchsetzung dieses Zahlungsanspruchs kann mit der Drittschuldnerklage bei Überweisung zur Einziehung gemäß § 835 ZPO erwirkt werden.
27Ein Schadensersatzanspruch gem. § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO besteht demgegenüber nicht. Er ist darauf gerichtet, den Gläubiger so zu stellen, wie er bei richtiger und rechtzeitiger Auskunft des Drittschuldners gestanden hätte (BAG, Urteil vom 7. Juli 2015,10 AZR 416/14, juris Rn. 35). Der Anspruch geht nicht dahin, den Gläubiger so zu behandeln, als bestünde die Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1977 – VIII ZR 76/76 –, BGHZ 69, 328-333, Rn. 25). Der Gläubiger muss also infolge einer unzutreffenden Auskunft einen Nachteil erlitten haben, der darin bestehen kann, dass er eine ansonsten im Wege der Vollstreckung realisierbare Forderung nicht mehr erlangen kann. Dieser Ausgangspunkt macht deutlich, dass ein ersatzfähiger Schaden ausscheidet, wenn sich die erteilte bzw. unterlassene Auskunft auf die Vollstreckungsmöglichkeiten des Gläubigers überhaupt nicht ausgewirkt hat.
28Der Anspruch aus § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO dient auch nicht dazu, Ansprüche auf bisher nicht freiwillig erfolgte Auszahlungen durch den Drittschuldner durchzusetzen. Es kann also nicht über § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO der Auszahlungsanspruch aus einer wirksamen Vollstreckungsmaßnahme durchgesetzt werden, sondern allenfalls ein Schaden aus unterlassenen weitergehenden Vollstreckungsmöglichkeiten (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 840 ZPO, Rn. 13).
29Demgegenüber besteht der Streitgegenstand der Drittschuldnerklage aus § 835 ZPO in der Einziehung der gepfändeten und überwiesenen Forderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner (bei Überweisung zur Einziehung). Die streitgegenständliche Forderung ist in einer § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Form zu bestimmen (vgl. BAG a.a.O., Rn. 11). Dazu gehört, dass die jeweils gepfändete Forderung auf Auszahlung eines Guthabens konkret dargelegt und der Höhe nach bestimmt wird. Betragsmäßig ist die Klage durch den Gesamtbetrag der titulierten Forderung begrenzt. Der Gläubiger kann sich also bei der Drittschuldnerklage nicht darauf beschränken, einfach den Gesamtbetrag der zu vollstreckenden Forderung gegen den Schuldner einzuklagen. Er muss jedenfalls bei einer Pfändung mehrerer Forderungen die einzelnen Teilforderungen genau spezifizieren (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 13; OLG Frankfurt, Urteil vom 15.06.1989, 3 U 123/88). Schwierigkeiten der Darlegung kann der Gläubiger nicht durch Hinweis auf eine Verletzung der Auskunftspflicht des Gläubigers umgehen, sondern ist gegebenenfalls auf eine Auskunft seines Schuldners gemäß § 836 Abs. 3 ZPO angewiesen (vgl. BAG, a.a.O., Rn. 24 ff.; BGH, Urteil vom 04.05.2006, IX ZR 189/04, juris Rn. 10).
302.
31Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht ansatzweise vom Kläger dargelegt worden. Bei einer wirksamen Pfändung ist dieser Schaden von vornherein bereits deshalb nicht entstanden, weil das Pfandrecht an den jeweiligen Forderungen noch besteht und die Beklagte durch eine Verfügung über die Forderung in Form der Auszahlung an die Schuldnerin im Verhältnis zum Kläger nicht von ihrer Forderung frei geworden ist. Es besteht also ein werthaltiger Zahlungsanspruch aus den gepfändeten Forderungen fort, der einen Schaden des Klägers ausschließt. Die Wirksamkeit der Pfändung ist insbesondere nicht davon abhängig, dass die Beklagte im Rahmen der Drittschuldnererklärung die Pfändung bestätigt oder anerkennt und die Kontosperre durchführt. Ein wirksam begründetes Pfändungspfandrecht besteht unabhängig davon und ist auch grundsätzlich zeitlich nicht beschränkt.
32Die Drittschuldnererklärung stellt lediglich eine (deklaratorische) Wissenserklärung dar und hat keinerlei konstitutive Wirkung für das Pfändungspfandrecht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1977 – VIII ZR 76/76 –, BGHZ 69, 328-333, Rn. 15 ff.). Bei einem wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entsteht das Pfandrecht mit wirksamer Zustellung an den Drittschuldner (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 829, Rn. 15). In diesem Moment werden die bestehenden bzw. künftigen Forderungen, auf die sich der Pfändungsbeschluss erstreckt, vom Pfändungspfandrecht umfasst (verstrickt). Ob die Beklagte die Schuldnerin zutreffend identifiziert hat oder nicht, bzw. ob sie dazu in der Lage war, ist allenfalls bei der Wirksamkeit des Pfändungsbeschlusses zu berücksichtigen, aber keine Frage der Rechtswirkung der Drittschuldnererklärung.
33Einen Ansatz für einen möglichen Schaden könnte allenfalls die Behauptung des Klägers liefern, er hätte bei einer zutreffenden Drittschuldnererklärung von einer Ratenzahlungsvereinbarung abgesehen. Dazu ist allerdings festzustellen, dass die Behauptung denkbar unsubstantiiert ist. Die Behauptung ist nämlich darauf gerichtet, dass der Kläger „gegebenenfalls“ keine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hätte, wenn „beispielsweise“ ausreichendes Guthaben vorhanden gewesen wäre, um den aufgelaufenen Rückstand zu tilgen. Es ist aber unstreitig, dass ein solches Guthaben im Oktober 2014 auf dem Konto der Schuldnerin nicht vorhanden war. Vielmehr wies das Konto Anfang November 2014 ein Guthaben von lediglich 17,72 € aus (Stand: 03.11.2014, Bl. 147 d.A.). Die vom Kläger geäußerte Vermutung kann also einen ersatzfähigen Schaden nicht begründen.
34Nach Ermittlung der zutreffenden Kontonummer hat der Kläger versucht, eine erneute Pfändung herbeizuführen, dann aber nach Hinweis des Vollstreckungsgerichts auf die bereits bestehende Pfändung sämtlicher Konten davon Abstand genommen. Bei diesem Ablauf wäre grundsätzlich der Anwendungsbereich von § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO eröffnet. Allerdings hätte die Drittschuldnerauskunft der Beklagten nicht zu einem Unterlassen weiterer Vollstreckungsmaßnahmen beigetragen. Denn für den Fall, dass die erste Pfändung mangels ausreichender Bezeichnung der Schuldnerin unwirksam war, wäre die Drittschuldnererklärung der Beklagten zutreffend gewesen. Sie wäre dann nicht ursächlich für das Unterlassen weiterer Vollstreckungsmaßnahmen durch den Kläger und einen darauf gestützten Schaden geworden.
35Weil es auf die Frage des Mitverschuldens im Ergebnis nicht ankommt, wirkt sich der vom Landgericht nicht in die Beurteilung eines haftungsausschließenden Mitverschuldens einbezogene Umstand, dass der Kläger der Beklagten bereits im Schreiben vom 18.11.2014 die zutreffende Adresse C 9a in I mitgeteilt hat (Bl. 18 d.A.), nicht aus. In diesem Schreiben ist die Schuldnerin mit korrektem Namen, korrektem Geburtsdatum und korrekter Anschrift bezeichnet worden. Die Angabe ist zwar nicht ausdrücklich im Text des Schreibens erfolgt, sondern nur (kommentarlos) in die Betreffzeile aufgenommen worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte aber die Schuldnerin unter Verwendung der Angaben des Klägers zweifelsfrei identifizieren können. Dass die Kontopfändung mit diesem Schreiben gleichzeitig auf ruhend gestellt werden sollte, hat für die Möglichkeit der Zuordnung der Pfändung keine Auswirkung, wobei ggf. die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu berücksichtigen gewesen wäre, wonach eine einseitige Ruhendstellung durch den Gläubiger überhaupt nicht wirksam möglich ist (BGH, Beschluss vom 02.12.2015, VII ZB 42/14).
363.
37Die Klage hat aber auch dann keinen Erfolg, wenn sie im Interesse des Klägers als Drittschuldnerklage aufgefasst wird. Dabei können etwaige Bedenken gegen die Zulässigkeit wegen mangelnder Bestimmtheit der Klageforderung zurückgestellt werden (vgl. dazu BAG, Urteil vom 07.07.2015 – 10 AZR 416/14 und OLG Frankfurt, Urteil vom 15.06.1989, 3U 123/88) und es muss dem Kläger nicht Gelegenheit gegeben werden, die Bestimmtheit durch Konkretisierung der einzelnen Teilforderungen herbeizuführen. Denn es fehlt in jedem Fall an der Begründetheit einer solchen Klage.
38a.
39Bei der Drittschuldnerklage handelt es sich um eine Leistungsklage des Gläubigers, der nach Pfändung und Überweisung der Forderung gemäß § 836 Abs. 1 ZPO zur Einziehung ermächtigt ist, Zahlung an sich zu verlangen, um gegen den Drittschuldner einen Vollstreckungstitel zu erlangen (Musielak/Voit/Becker, 15. Aufl. 2018, ZPO § 835 Rn. 18; Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 836 ZPO, Rn. 4). Die aus der Einziehungsberechtigung folgende Aktivlegitimation (Prozessstandschaft, MüKoZPO/Smid, 5. Aufl. 2016, ZPO § 835 Rn. 13) ergibt sich aus einem wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Bei Unwirksamkeit dieses Beschlusses ist kein Pfändungspfandrecht an der geltend gemachten Forderung entstanden und die Überweisungswirkungen des § 836 Abs. 1 ZPO treten nicht ein. Der Prüfungsumfang des Prozessgerichts ist auf das wirksame Bestehen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beschränkt. Ein Verstoß gegen vollstreckungsrechtliche Verfahrensvorschriften wird demgegenüber nicht geprüft. Insoweit stellen die Möglichkeiten der Vollstreckungserinnerung für den Drittschuldner einen einfacheren und effektiveren Weg des Rechtsschutzes dar (Lackmann, ZVG, Rn. 347; Stöber, Forderungspfändung, Rn. 663). Deshalb ist der Einwand der Beklagten, der zugrunde liegende Titel hätte umgeschrieben werden müssen, unbeachtlich.
40b.
41Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss dem Drittschuldner zugestellt worden sein. Dies ist unstreitig ausweislich der Zustellungsurkunde am 30.10.2014 erfolgt (Bl. 76 d.A.).
42Gleichwohl ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts nicht wirksam geworden. Für die Wirksamkeit ist die eindeutige Bezeichnung der beteiligten Parteien (Gläubiger, Schuldner und Drittschuldner) erforderlich (BGH, Beschluss vom 02. Dezember 2015 – VII ZB 36/13 –, Rn. 7, juris – für Drittschuldner; Musielak/Voit/Becker, 15. Aufl. 2018, ZPO § 829 Rn. 3). Darüber hinaus muss die zu pfändende Forderung hinreichend bestimmt sein. Hier fehlt eine ausreichende Bezeichnung der Schuldnerin. Deshalb ist die Pfändung unwirksam (vgl. Musielak/Voit/Becker, 15. Aufl. 2018, ZPO § 829 Rn. 16).
43Bei der Bezeichnung der Schuldnerin reicht es aus, wenn sich aus dem Pfändungsbeschluss zweifelsfrei ergibt, um welche Person es sich handelt (BGH, Beschluss vom 02. Dezember 2015 – VII ZB 36/13 –, Rn. 7, juris). Welche Anforderungen konkret einzuhalten sind, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Nach der auch vom Landgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Stuttgart vom 17.03.1993 (1 U 116/92) richtet sich die ausreichende Bestimmbarkeit des Schuldners nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Eine falsche Bezeichnung kann dann unschädlich sein, wenn unabhängig davon eindeutig feststeht, wer gemeint ist (Stöber, Forderungspfändung, Rn. 511). Letztlich sind damit die Kriterien einer objektiven Auslegung unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes maßgeblich (§§ 133, 157 BGB). Es ist also nicht nur eine objektive Erkennbarkeit zu fordern, sondern es sind auch die berechtigten und für den Gläubiger erkennbaren Interessen des Drittschuldners als „Empfänger“ zu berücksichtigen. Deshalb können die Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit der Bezeichnung des Schuldners variieren (OLG Stuttgart, a.a.O.). Bei der Pfändung von Arbeitseinkommen bei einem mittelständischen Unternehmen mit überschaubarer Mitarbeiterzahl kann es z.B. ausreichend sein, lediglich den Namen des Schuldners zutreffend anzugeben, weil davon ausgegangen werden kann, dass dies zur eindeutigen Individualisierbarkeit für den Arbeitgeber ausreicht (Stöber, Forderungspfändung, Rn. 511). Andererseits können die Anforderungen strenger sein, wenn der Gläubiger erkennen kann, dass der Drittschuldner aus einer unübersehbaren Vielzahl von möglichen Geschäftspartnern den richtigen Schuldner auswählen muss. In einem solchen Fall treffen den Gläubiger besonders hohe Anforderungen an die zutreffende und für den Drittschuldner nachvollziehbare Individualisierbarkeit des Schuldners.
44aa.
45Im Streitfall hat sich der Kläger an eine bundesweit tätige Großbank mit Privatkundengeschäft gewandt, bei der jedenfalls der Name der Schuldnerin nicht zur hinreichenden Individualisierbarkeit ausreichte. Dies gilt umso mehr, als hinsichtlich des Namens zusätzliche Unsicherheiten dadurch auftraten, dass der zugrundeliegende Vollstreckungstitel noch auf den Mädchennamen der Schuldnerin lautete. Zur näheren Bestimmung, welche Kriterien zur Individualisierbarkeit in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen sind, können die §§ 313 Abs. 1 Nr. 1, 130 Nr. 1 ZPO herangezogen werden (Stöber, Forderungspfändung, Rn. 492). Nach § 130 Nr. 1 ZPO sind die Parteien nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung zu bezeichnen. Abgesehen von der veralteten Bezeichnung nach Stand oder Gewerbe ergibt sich aus dieser Vorschrift, dass neben dem Namen der Parteien der zutreffende Wohnort im Sinne einer ladungsfähigen Anschrift wesentliches Merkmal für die Individualisierung des Schuldners darstellt. Demgegenüber wird die Angabe des Geburtsdatums im Verfahrensrecht der ZPO nicht gefordert. Ein solches Erfordernis würde auch die meisten Gläubiger überfordern, weil ihnen aus einer geschäftsmäßigen Beziehung zum Schuldner das Geburtsdatum nicht bekannt sein muss. Demgegenüber ist es im Allgemeinen erforderlich bzw. üblich, die Adresse des Geschäftspartners zu kennen und aktuell zu halten. An der Kenntnis der aktuellen Adresse besteht schon ein eigenes Interesse des Gläubigers, weil er nur so die Erreichbarkeit seines Schuldners für künftige Vollstreckungsmaßnahmen sicherstellen kann.
46Zur notwendigen Individualisierung ist also die Angabe der korrekten Anschrift zu fordern. Dass es sich bei der Angabe des Klägers nicht um die aktuelle und zutreffend bei der Beklagten geführte Adresse gehandelt hat, ist zwischen den Parteien unstreitig.
47bb.
48Die Angabe einer unrichtigen Anschrift des Schuldners ist nur ausnahmsweise unschädlich, wenn für den Drittschuldner durch zusätzliche Angaben (Ersatzkriterien) erkennbar ist, wer gemeint ist (KG, Beschluss vom 08. März 1994 – 1 W 797/94 –, Rn. 4, juris; Stöber, Forderungspfändung, Rn. 511). Unstreitig hat der Kläger jedoch eine unzutreffende Kontoverbindung (IBAN) verwendet. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die angegebene IBAN hinsichtlich der letzten Ziffern mit der tatsächlichen, bei der Beklagten geführten IBAN identisch war. Denn es ist nicht von der Beklagten zu fordern, die Angaben auf eine Teilidentität und eventuelle „Zahlendreher“ hin zu überprüfen.
49Auch die Angabe des (korrekten) Geburtsdatums ersetzte die Adressangabe nicht. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Geburtsdatum lediglich als nachrangiges Hilfskriterium zur zusätzlichen Identifizierung bei Übereinstimmung des Wohnortes verwendet. Denn die Beklagte kann nicht davon ausgehen, dass ihr in allen Fällen bei der Zustellung von Pfändungsbeschlüssen das Geburtsdatum mitgeteilt wird. Das Landgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass allein eine Übereinstimmung von Name und Geburtsdatum nicht zur hinreichenden Identifizierung ausgereicht hätte, wenn gleichzeitig sowohl die Bankverbindung als auch die in erster Linie maßgebliche Adresse unzutreffend waren. Die Verwechselungswahrscheinlichkeit bei Übereinstimmung lediglich des Namens und des Geburtsdatums ist zu hoch, als dass es zumutbar wäre, allein darauf die Kontosperrung einzuleiten. Es ist unstreitig, dass die Beklagte 200 Kundinnen mit dem Namen der Schuldnerin in ihrem Datenbestand hatte. Auch wenn in diesem Fall nur eine Kundin mit dem angegebenen Geburtsdatum vorhanden war, lässt sich allein daraus (bei abweichender Anschrift) nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit schließen, dass es sich um die Schuldnerin des Klägers handelte.
50cc.
51Die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses muss im Zeitpunkt der Zustellung gegeben sein. Es ist auch im Rahmen der übrigen für die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses notwendigen Angaben anerkannt, dass lediglich die Umstände zu berücksichtigen sind, die sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss selbst ergeben (BGH, Urteil vom 27.04.2017, IX ZR 192/15, Rz. 7). Deshalb genügt eine nachträgliche Angabe der zutreffenden Adresse, mit der die Identifizierung hätte nachgeholt werden können, nicht. Vielmehr wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, bei Bekanntwerden der unzutreffenden Adressierung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dessen Berichtigung herbeizuführen und eine erneute Zustellung an die Beklagte zu veranlassen. Andernfalls wäre ein aus Gesichtspunkten der Rechtssicherheit nicht hinzunehmender Schwebezustand bis zum Nachholen der erforderlichen Angaben die Folge.
524.
53In Ermangelung eines wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat die Klage auch hinsichtlich der Nebenforderungen unter keinem Gesichtspunkt Erfolg.
54III.
55Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.