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Scheidet eine vom Tatrichter gemäß § 73 Abs. 1 StGB n.F. angeordnete Einziehung eines Tatertrags aus, weil sich der Angeklagte nicht mehr in dessen Besitz befindet, kommt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO und ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO die Anordnung der Einziehung des Wertes dieses Tatertrags gemäß § 73c S. 1 StGB n.F. durch das Revisionsgericht in Betracht.
Die Revision wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Wert der Taterträge in Höhe von 890,00 € eingezogen wird.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten wegen Betrugs in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Ferner hat das Amtsgericht - ohne diesbezügliche rechtliche Ausführungen in den schriftlichen Urteilsgründen oder Angabe der insofern angewandten Vorschriften - angeordnet, dass „die durch die Taten erlangten 890 € beim Angeklagten eingezogen“ werden; ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe hatte der Angeklagte die beiden durch seine Taten Geschädigten dazu veranlasst, ihm Bargeldbeträge in der vorgenannten Höhe auszuhändigen.
4Gegen das vorgenannte Urteil wendet sich der Angeklagte mit seinem rechtzeitig eingelegten Rechtsmittel, das er nach Zustellung des Urteils innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Sprungrevision bezeichnet und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet hat.
5Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt wie erkannt.
6II.
7Die Revision des Angeklagten ist zulässig, aber unbegründet.
81.
9Die Revision war gemäß dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, soweit sie sich mit der allgemeinen Sachrüge gegen den Schuld- und Strafausspruch wendet, da die Nachprüfung des Urteils insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
102.
11Wiederum zutreffend hat die Generalstaatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass eine auf § 73 Abs. 1 StGB in der ab dem 01.07.2017 geltenden Fassung (nachfolgend: n.F.) gestützte Einziehung des durch die Tat erlangten Bargelds vorliegend ausscheidet, da - ausgehend von den schriftlichen Urteilsgründen - sicher auszuschließen ist, dass sich dieses Bargeld noch im Besitz des zumindest im Tatzeitraum (16.-28.07.2017) arbeitslosen, Heroin und Kokain konsumierenden, in wirtschaftlicher Not befindlichen sowie von Gläubigern bedrängten Angeklagten befindet; im Übrigen würde schon eine zwischenzeitlich im Sinne des § 948 BGB erfolgte Vermengung dieses Bargelds mit anderen Geldscheinen bzw. -münzen dessen Einziehung nach § 73 StGB n.F. entgegenstehen (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 73c Rn. 6; Köhler, NStZ 2017, 497, 499 Fn. 35).
12Schon da die Einziehungsentscheidung in den Urteilsgründe keine rechtliche Begründung erfahren hat und auch nicht die insofern angewandten Vorschriften mitgeteilt worden sind, liegt auch kein offenkundiges, für alle klar zu Tage tretendes und daher ohne Weiteres zu berichtigendes Fassungsversehen in dem Sinne vor (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25.09.2013 - 4 StR 351/13 -, juris), dass das Amtsgericht tatsächlich die Einziehung des Wertes der fraglichen Taterträge gemäß § 73c S. 1 StGB n.F. angeordnet hat.
13Auf Grundlage der rechtsfehlerfreien Urteilsfeststellungen hat der Senat aber in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst diese Einziehung gemäß § 73c S. 1 StGB n.F. anordnen können (allg. vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2018 - 5 StR 623/17 -, juris; zur Umstellung der Anordnung von Verfall gemäß § 73 StGB a.F. auf Wertersatzverfall nach § 73a StGB a.F. vgl. Nack, GA 2003, 879, 884 Fn. 51; Schmidt in: LK-StGB, 12. Aufl., § 73a Rn. 15), da aus den vorgenannten Gründen die Einziehung der durch die Taten erlangten Bargeldbeträge nicht möglich ist. Ferner ist den schriftlichen Urteilsgründen auch kein konkreter Anhaltspunkt dafür zu entnehmen (vgl. zu dem diesbezüglichen Maßstab Reh, NZWiSt 2018, 20, 25), dass die Ansprüche der Geschädigten auf Rückgewähr des durch die Taten Erlangten bzw. auf Wertersatz etwa durch eine Leistung des Angeklagten oder einen Erlass (§ 397 BGB) im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits erloschen waren und daher gemäß § 73e Abs. 1 StGB n.F. eine Einziehung ausgeschlossen wäre; insbesondere die Erwägung im Rahmen der Strafzumessung, dass der Angeklagte (lediglich) „angab, dass er versucht habe, den Schaden wieder gut zu machen“, stellt zumal unter Berücksichtigung der Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten keinen solchen Anhaltspunkt dar, der diesbezüglich Anlass für eine weitere Sachaufklärung bieten würde.
14An dieser Änderung der Einziehungsanordnung auf die allein vom Angeklagten eingelegte Revision sieht sich der Senat - anders als bei einer Umstellung von der Anordnung des Verfalls auf eine Einziehung des Wertersatzes nach der bis zum 01.07.2017 maßgeblichen Rechtslage (vgl. OLG Hamm, JMBl. MW 1981, 107; Gössel in: LR-StPO, 26. Aufl., § 331 Rn. 36) - auch nicht unter dem Gesichtspunkt des in § 358 Abs. 2 StPO normierten Verschlechterungsverbotes gehindert, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können und hier lediglich ein Wertungsfehler bei der Rechtsanwendung in Rede steht, der im Ergebnis auf die Höhe des für eingezogen erklärten Betrages keinen Einfluss hat (vgl. BGH, Beschluss vom 16.05.2002 - 1 StR 87/02 -, juris, jew. zit. v. Nack, a.a.O.; Schmidt in: LK-StGB, a.a.O.).
15Etwaige vollstreckungsrechtliche Folgen - die in § 459g Abs. 1 StPO geregelte Vollstreckung der ursprünglich tenorierten Einziehung von Sachen wäre nicht ausführbar gewesen, schon weil auszuschließen ist, dass sich das fragliche Bargeld noch unvermengt im Besitz des Angeklagten befindet, während die nach § 459g Abs. 2 StPO erfolgende Vollstreckung der Einziehung des Wertes des Taterlangten hiervon nicht berührt wird - sind bei der Beurteilung einer unzulässigen Verschlechterung im Sinne der §§ 331 Abs. 1, 358 Abs. 2 StPO hingegen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. Gössel in: LR-StPO, a.a.O. Rn. 36; Frisch in: SK-StPO, 4. Aufl., § 331 Rn. 20). Ohnehin würde die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde gemäß § 62 Abs. 2 StVollstrO bei einer aus dem vorstehenden Grund nicht ausführbaren Vollstreckung nach § 459g Abs. 1 StPO die Prüfung einer nachträglichen Einziehung des Wertes des Taterlangten gemäß § 76 StGB durch das nach § 462a Abs. 2 S. 1 StPO zuständige Gericht des ersten Rechtszugs veranlassen (vgl. Appl in: KK-StPO, 7. Aufl., § 459g Rn. 8) und wäre selbst dann kein Grund ersichtlich, der dem Amtsgericht Dortmund Anlass geben könnte, im Rahmen dieser Prüfung von einer (erneuten) Einziehungsanordnung abzusehen, wenn ihm - was der Senat bezweifelt - in diesem Nachverfahren anders als im ursprünglichen Erkenntnisverfahren, in dem die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB n.F. zwingend zu erfolgen hat, noch ein Ermessensspielraum verbliebe (vgl. Eser in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 76 Rn. 9).
16III.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.