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Das Entladen des eigenen Fahrzeugs ist dessen Betrieb nach § 7 Abs. 1 StVG zuzuordnen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.01.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
2Der Kläger nimmt die Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherung des Pkw Opel in Anspruch, den der Beklagte zu 1) am 22.05.2014 auf der L-Straße in H führte. Der Kläger hatte seinen Mercedes Transporter auf dem Bürgersteig vor seiner Wohnung entgegen der Fahrtrichtung abgestellt. Er befand sich noch an seinem Fahrzeug, als der Beklagte zu 1) dieses passieren wollte. Dabei kam es zu einer Kollision dergestalt, dass der Kläger von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst wurde, gegen die Windschutzscheibe schleuderte und von dort aus auf den Bürgersteig geworfen wurde.
3Die Unfallstelle befindet sich in einer Tempo-30-Zone.
4Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage Schadensersatz in Höhe von 1.249,50 Euro (1.150,45 Euro Zuzahlung für eine zahnprothetische Behandlung und 99,00 Euro für einen im Krankenhaus durch Aufschneiden zerstörten Trainingsanzug), ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.500,00 Euro sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten dem Grunde nach für weitere Schäden und die Freistellung von Rechtsanwaltskosten verfolgt.
5Hierzu hat er behauptet, er sei nach der Rückkehr von einem Einkauf durch die Seitentür seines Fahrzeuges zur Straße zunächst vorderseitig aus seinem Fahrzeug ausgestiegen. Danach habe er sich umgesehen und kein nahendes Fahrzeug gesehen. Sodann habe er hinter den Beifahrersitz gefasst und dort mehrere Milchpackungen hervorgenommen. Bei dem anschließenden Versuch, die Schiebetür seines Fahrzeuges zuzuziehen, sei er völlig überraschend seitlich/von hinten von dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) erfasst worden.
6Infolge des Anstoßes mit dem Kopf an die Windschutzscheibe habe er u.a. zwei Zähne vorne links oben verloren. Des Weiteren habe er eine Gehirnerschütterung, eine Thoraxprellung und eine Kopfplatzwunde erlitten und sei fünf Tage lang im Krankenhaus behandelt worden. Er habe eine hundertprozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit für die Dauer von drei Monaten erlitten. Des Weiteren habe er bis einschließlich Ende August 2014 an durchgehenden Kopfschmerzen und Schwindelattacken gelitten, die bis heute noch gelegentlich aufträten. Er befinde sich alle 14 Tage deshalb in ärztlicher Behandlung. Wegen des Verlustes der beiden Zähne habe er sich einer zahnprothetischen Behandlung unterziehen müssen. Bis zum Schadensereignis sei er als Rentner in der Lage gewesen, Nebenverdienste als erfahrener Hochleistungsschweißer zu erzielen. Diese Möglichkeit sei ihm nunmehr durch die unfallbedingten Kopfschmerzen und Schwindelattacken entzogen. Außerdem habe er ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Eintrittspflicht der Beklagten für seine Zukunftsschäden, die sich derzeit nicht beziffern ließe.
7Der Kläger hat beantragt,
81.
9die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 1.249,50 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,
102.
11die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,
123.
13festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, letztere, soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, aus dem Unfall vom 22.05.2014 auf der L-Straße in H zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen,
144.
15die Beklagte zu 2) zu verurteilen, den Kläger von dem nicht anrechenbaren Teil der außergerichtlichen Vergütung seines Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt N in H, für die vorgerichtliche Tätigkeit freizustellen.
16Die Beklagten haben beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie haben behauptet, der Beklagte habe gegen 9.20 Uhr die L-Straße in südlicher Richtung befahren, die Fahrbahn sei frei gewesen. Unmittelbar vor dem Beklagten zu 1), der nicht mehr habe ausweichen oder bremsen können, sei plötzlich der Kläger rückwärts aus der Schiebetür des Sprinters auf die Fahrbahn getreten, ohne den Verkehr auf der Straße überhaupt zu beobachten. Hiermit habe der Beklagte zu 1) auch nicht rechnen können. Er habe sein Fahrzeug sofort voll abgebremst und sei unmittelbar hinter dem Sprinter zum Stehen gekommen. Der Seitenabstand zum Bordstein habe mindestens einen Meter betragen. Zum Abschließen des Fahrzeuges hätte der Kläger auch nicht so weit auf der Fahrbahn stehen müssen, dass der Unfall entstanden wäre. Sämtliche Folgen des Unfalls würden mit Nichtwissen bestritten, an Schmerzensgeld sei maximal 2.500,00 Euro zu bemessen. Die Unfallschäden seien vollständig und folgenlos ausgeheilt.
19Das Landgericht hat den Kläger und den Beklagten zu 1) sowie die Zeugin T zum Unfallhergang angehört und sodann mit Grund- und Teilurteil vom 20.01.2016 (Bl. 81 ff GA) die Beklagten zur Zahlung von 99,00 Euro verurteilt, dem Feststellungsantrag entsprochen und des Weiteren festgestellt, dass die Klage im Übrigen dem Grunde nach gerechtfertigt sei.
20Zur Begründung hat es ausgeführt, nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe zu seiner Überzeugung fest, dass der Unfall allein durch die Fahrweise des Beklagten zu 1) verursacht worden sei. Dieser sei mit zu geringem Seitenabstand zum Fahrbahnrand gefahren und habe aus Unaufmerksamkeit den dort vor der geöffneten Schiebetür des Mercedes stehenden Kläger übersehen, während ein unfallursächliches Fehlverhalten des Klägers durch die Beklagten nicht bewiesen sei. Der Beklagte hafte nach § 7 Abs. 1 StVG als Halter des unfallbeteiligten Fahrzeuges Opel für die entstandenen Schäden. Da sich die Kollision ereignet habe, als der Kläger bereits aus dem Mercedes gestiegen gewesen sei, habe sich dessen Betriebsgefahr hier nicht mehr ausgewirkt, so dass sich die Haftungsverteilung und der Umfang der Haftung vorliegend nach den §§ 9 StGB, 254 BGB richteten.
21Einen Verstoß des Klägers gegen die Verhaltensregeln des § 14 Abs. 1 StVO hätten die Beklagten nicht nachgewiesen. Es streite auch kein Anscheinsbeweis für ein entsprechendes Fehlverhalten des Klägers. Denn eine tatsächliche Vermutung für ein Verschulden des Klägers sei nicht gerechtfertigt, wenn wie hier eine Kollision nicht mit einer geöffneten, die Fahrbahn verengenden Tür, sondern mit einer aus einer geöffneten Schiebetür auf die Fahrbahn tretenden Person erfolge.
22Den Nachweis eines Mitverschuldens hätten die Beklagten jedoch nicht erbracht, vielmehr sei das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger bereits einige Zeit vor der Kollision aus dem Fahrzeug gestiegen gewesen und erst beim Zuziehen der Schiebetür von hinten angefahren worden sei. Dies ergebe sich aus den glaubhaften Angaben des Klägers selbst und den Angaben der Zeugin T.
23Demgegenüber bestünden Zweifel an der Richtigkeit des Vortrages der Beklagten, weil der Beklagte zu 1) vor dem Landgericht selbst angegeben habe, er habe den Kläger vor der Kollision überhaupt nicht bemerkt und könne sich die Ausführungen in der Klageerwiderung zum Aussteigen des Klägers nicht erklären.
24Eine Sorgfaltspflichtverletzung des Klägers aus anderen Vorschriften sei ebenfalls nicht ersichtlich. Dass der Kläger zu weit auf die Fahrbahn getreten sei, sei nicht ersichtlich. Anhand der Lichtbilder vom Unfallort sei ein Blutfleck auf der Fahrbahn ersichtlich, den der Kläger am rechten Fahrbahnrand hinterlassen habe. Die Lage dieses Blutflecks und die Position des Mercedes auf dem Gehweg stützten die Angaben des Klägers in seiner persönlichen Anhörung, er habe ganz nah vor dem Bordstein gestanden, als es zur Kollision gekommen sei.
25Dem Beklagten zu 1) sei hingegen ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO vorzuwerfen, da er unaufmerksam gefahren sei. Dies ergebe sich daraus, dass er den Kläger vor der Kollision nicht bemerkt habe. Auch sei der Seitenabstand, den er selbst mit 50 bis 60 cm zum Fahrbahnrand angegeben habe, zu gering gewesen. Auch der auf den Lichtbildern in der polizeilichen Ermittlungsakte ersichtliche Seitenabstand sei angesichts der Straßenverhältnisse zu gering gewesen.
26Der Kläger könne 99,00 Euro für seinen bei der notärztlichen Behandlung zerstörten Trainingsanzug verlangen, der beim Unfall erst ein Monat alt gewesen sei. Da der Kläger durch den Unfall verletzt worden sei und sich noch in Behandlung befinde, sei nicht ausgeschlossen, dass infolge des Unfalls noch weitere materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden entstehen könnten.
27Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung weiter verfolgen. Sie rügen einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, weil das Landgericht Feststellungen zu den räumlichen Verhältnissen beim Unfall vorgenommen habe, ohne die erforderliche Sachkunde hierfür zu besitzen oder auch nur darzulegen. So habe es den Beweisantrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens übergangen.
28Fehlerhaft sei auch, dass das Landgericht keinen gegen den Kläger streitenden Anscheinsbeweis angenommen habe, obgleich § 14 StVO die Sorgfaltspflichten gerade für das Ein- und Aussteigen anordne und nicht für das Türöffnen und Türschließen.
29Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung Bezug genommen.
30Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung.
31Der Senat hat Beweis über den Unfallhergang durch Einholung eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens erhoben.
32Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Ausführungen zu Ziff. II. verwiesen.
33II.
34Die Berufung des Klägers hat Erfolg, weil die Klage nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unbegründet ist. Der Kläger hat seinen Schaden selbst zu tragen.
35Entgegen den Ausführungen des Landgerichts sind die beiderseitigen Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten, nämlich des Klägers und des Beklagten zu 1), nach § 17 Abs. 1 StVG gegeneinander abzuwägen. Denn nicht nur die vom Beklagtenfahrzeug, sondern auch die vom Klägerfahrzeug ausgehende Betriebsgefahr hat zur Entstehung des Unfalls beigetragen.
36Der Betrieb eines Fahrzeuges i. S. d. § 7 StVG dauert fort, solange das Kraftfahrzeug im Verkehr verbleibt und die dadurch geschaffene Betriebsgefahr fortbesteht. Das Öffnen der Wagentür und das Aussteigen sowie das Verharren an der geöffneten Tür sowie auch das Türöffnen, um dem Wagen etwas zu entnehmen, sowie das Verlassen des Fahrzeuges und das Betreten der Fahrbahn gehören zum Betrieb eines Kraftfahrzeuges (Hentschel-König, StVG, 43. Aufl., München 2015, Rdnr. 8 m. w. N.). Schon aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, er habe seinem Fahrzeug die Einkäufe entnommen und sei dabei gewesen, die Tür zu schließen, als es zum Unfall kam, ergibt sich, dass die spezifische Betriebsgefahr seines Fahrzeuges hier an der Entstehung des Unfalls mitgewirkt hat, weil mit dem Betrieb eines Fahrzeuges typischerweise die Anwesenheit seines Fahrers im Gefahrenbereich der Straße verbunden ist und sich auch vorliegend kausal auf die Entstehung des Unfalls ausgewirkt hat.
37Die nach § 17 Abs. 1 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge, in deren Rahmen nur unstreitige oder nachgewiesene Umstände berücksichtigt werden können, führt hier zu einer Alleinhaftung des Klägers für die Folgen des Unfalls. Allein auf seiner Seite lässt sich ein gravierendes Verschulden an der Entstehung des Unfalls feststellen, während auf Seiten des Beklagten zu 1) nur die von seinem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr zu berücksichtigen ist, die nach Auffassung des Senats hier hinter dem Verschulden des Klägers zurückzutreten hat.
38Das vom Senat eingeholte verkehrsanalytische Sachverständigengutachten hat ergeben, dass der Beklagte zu 1) sowohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit an der Unfallstelle als auch einen ausreichenden Abstand zum rechten Fahrbahnrand eingehalten hat. Der Sachverständige Prof. Dr. U hat in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt, dass sich aus dem Zusammenspiel des Beschädigungsbildes am Pkw des Beklagten zu 1), der sogenannten kollisionsbedingten Wurfweite des Klägers und der Endposition des Fahrzeuges eine Ausgangsgeschwindigkeit von maximal 30 km/h ergebe.
39Hierzu hat der Sachverständige diverse Crashversuche mit einem Pkw und einem Dummy ausgewertet, die bei einer vergleichbaren Wurfweite des Dummys und vergleichbaren Beschädigungen am anstoßenden Fahrzeug eine Kollisions-geschwindigkeit von unter 30 km/h ergeben haben.
40Soweit der Kläger beanstandet, dass das für den Versuch verwendete Fahrzeug nicht exakt der Form und den Maßen des Beklagtenfahrzeuges, der Dummy nicht dem Gewicht und der Größe des Klägers entspreche, hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung nachvollziehbar und überzeugend erläutert, dass es nach ganz herrschender Meinung in der Wissenschaft nicht auf einen maßgeschnei-derten Dummy und einen übereinstimmenden Pkw-Typ für eine Vergleichbarkeit der Versuche ankomme. Derartige Details könnten sich allenfalls in einem Geschwindigkeitsbereich von plus/minus 2 – 3 km/h auswirken. Außerdem hat der Sachverständige ebenfalls völlig überzeugend ausgeführt, dass bei höheren Geschwindigkeiten sowohl die Verletzungen des Klägers als auch die Schäden am Auto wesentlich gravierender gewesen wären. Er hat namentlich zu der vom Kläger zur Diskussion gestellten Ausgangsgeschwindigkeit von 50 km/h angegeben, dass der Kläger bei einer solchen Kollisionsgeschwindigkeit den Unfall höchstwahrscheinlich nicht überlebt hätte. Dabei hat es der Sachverständige für irrelevant angesehen, in welcher konkreten Position der Kläger im Kollisionszeitpunkt getroffen worden sei, nämlich ob von der Seite oder von rückwärts.
41Als weiteres Ergebnis des Gutachtens ist festzuhalten, dass der Kläger einen Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand von 1,20 m eingehalten hat. Dies ergibt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen aus der von der Polizei fotografisch festgehaltenen Endstellung des Fahrzeuges, die auch erkennen lässt, dass ein Lenkeinschlag der Räder nicht vorlag. Demzufolge lässt sich die Kollisionsstellung des Fahrzeuges ermitteln, indem das Fahrzeug aus seiner Endposition gradlinig zurückgesetzt wird. Es ergibt sich dann zwingend ein Seitenabstand des Fahrzeuges von 1,20 m zum rechten Fahrbahnrand.
42Auch die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers haben den Sachverständigen nicht zu einer anderen Beurteilung veranlasst. Die Möglichkeit, dass der Beklagte zu 1) im Zeitpunkt der Kollision das Lenkrad nach links gerissen hat und dann ein Stück geradeaus gefahren ist, um in seine Endposition zu gelangen, hat der Sachverständige im Termin vor dem Senat eindeutig ausgeschlossen. Denn die Zeit für einen solchen Spurwechsel hätte der Kläger nach den Ausführungen des Sachverständigen auf einer Strecke von nur 16 m bis zur Endstellung nicht gehabt, zumal allein die Reaktionszeit bereits 1 Sekunde betragen hätte, sodass der Beklagte zu 1) bei einer Geschwindigkeit von 30 km/h in diesem Zeitraum bereits 9 m zurückgelegt hätte.
43Des Weiteren vermochte der Sachverständige den Seitenabstand auch durch die seitliche Wurfweite des Dummy aus den genannten Versuchen zu verifizieren.
44Aus Anlage A 18 zum Gutachten ergibt sich, dass der Dummy bei einem Teilanstoss über 1 m weit vom Fahrzeug weggeschleudert wird, so wie es auch beim Kläger der Fall war, der nach dem Unfall am Rinnstein lag und nicht etwa auf dem Bürgersteig, wohin er hätte geworfen werden müssen, wenn das Fahrzeug einen geringeren Seitenabstand als 1,20 m innegehabt hätte. Bei einem Seitenabstand von 1,20 m hätte jedoch der Kläger problemlos sein Auto verschließen können, ohne dass es zu einem Unfall gekommen wäre.
45Aus letztgenannter Feststellung des Sachverständigen folgt zugleich zwingend, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt einen Schritt zurück von seinem Auto weg gemacht haben muss, um bei einem Seitenabstand von 1,20 m mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) zu kollidieren. Der Kläger ist somit, ohne auf das Fahrzeug des Beklagten zu 1) zu achten, unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 StVO weit in die Fahrbahn hineingetreten und hat den Unfall hierdurch allein verschuldet.
46Ob darüber hinaus mit dem Sachverständigen von einer Unabwendbarkeit des Unfalls für den Beklagten zu 1) i. S. d. § 17 Abs. 3 StVG auszugehen ist oder aber von einem Idealfahrer nicht zu verlangen gewesen wäre, dass er angesichts des auf der Fahrbahn stehenden Klägers noch einen größeren Seitenabstand gewählt hätte, kann angesichts der obigen Ausführungen dahinstehen. Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs hat jedenfalls hinter dem groben Verschulden des Klägers an der Entstehung des Unfalls zurückzutreten.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708, 713 ZPO.