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Im Zustand der Schuld- und Zurechnungsunfähigkeit begangene Zuwiderhandlungen gegen eine Gewaltschutzanordnung können zivilrechtlich nicht mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft geahndet werden.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Meschede vom 27.05.2016 aufgehoben und die Anträge des Antragstellers auf Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft gegen die Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert für die Beschwerdeinstanz wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
2A.
3Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungshaft wegen Verstößen gegen Anordnungen nach dem GewaltschutzG.
4Der Antragsteller ist seit vielen Jahren Pfarrer in der katholischen Pfarrgemeinde St. P in O. Er lebt im dortigen Pfarrhaus. Die am ##.##.1943 geborene Antragsgegnerin lebt ebenfalls in O. Seit ca. 2001 bis heute belästigt sie den Antragsteller ganz erheblich und überaus häufig, insbesondere durch
5 häufige und regelmäßige Anrufe, teilweise mehrmals täglich, auch zur Nachtzeit, auch mit Aufforderungen zu sexuellen Handlungen,
6 Übersendung von Postkarten, Briefen und Paketen, insbesondere mit Liebesbekundungen und Aufforderungen zu sexuellen Handlungen,
7 Ansprechen und Anschreien im öffentlichen Raum, auch mit Aufforderungen zu sexuellen Handlungen,
8 Aufsuchen des Grundstücks des Pfarrhauses,
9 Tanzen auf dem Gelände des Pfarrhauses, auch in Unterwäsche, nur teilweise bekleidet oder nackt,
10 Deponieren von Gegenständen auf dem Grundstück des Pfarrhauses, auch von solchen mit sexuellen Anspielungen (Präservative, Gurken, Möhren, Bananen und Maiskolben),
11 Belästigung des Antragstellers in der Kirche in O, auch lautstark, und Störung von Gottesdiensten, die er feiert,
12 Verunstalten des Pkw des Antragstellers durch Bemalen und Ablegen von Gegenständen.
13Mit Beschluss vom 09.09.2011 untersagte das Amtsgericht – Familiengericht – Meschede der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung und gestützt auf das GewaltschutzG:
14 sich der Wohnung des Antragstellers U-Straße, O, sowie dem Pfarrheim der Kirchengemeinde O näher als 50 m zu nähern,
15 sich dem Antragsteller näher als 50 m zu nähern,
16 mit dem Antragsteller – auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln per Telefon, Handy, Fax, SMS – Verbindung aufzunehmen.
17 Falls es zu einem zufälligen Zusammentreffen komme, habe die Antragsgegnerin sofort einen gebührenden Abstand herzustellen.
18Zugleich drohte das Familiengericht der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten an.
19Auf die mündliche Verhandlung vom 09.12.2011 hielt das Familiengericht seinen vorgenannten Beschluss mit weiterem Beschluss vom 09.12.2011 aufrecht.
20Mit Beschluss vom 25.01.2012 setzte das Amtsgericht – Familiengericht – Meschede auf Antrag des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin wegen Zuwiderhandlungen gegen die Anordnungen in dem Beschluss vom 09.09.2011, begangen am 24.12.2011, 27.12.2011, 01.01.2012, 04.01.2012 und 05.01.2012, Ordnungshaft von 3 Monaten fest.
21Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wies der Senat durch Beschluss vom 29.02.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, dass die Antragsgegnerin, wie das Amtsgericht im Einzelnen festgestellt habe, mehrfach gegen die Unterlassungsgebote in dem erstinstanzlichen Beschluss vom 09.09.2011 verstoßen habe. Sie habe nicht hinreichend dargelegt, dass sie schuldunfähig sei. Die angeordnete Ordnungshaft und deren Dauer seien nicht zu beanstanden. Die Verhängung eines weiteren Ordnungsgeldes reiche nicht mehr aus, da das Amtsgericht bereits dreimal ein Ordnungsgeld gegen sie festgesetzt habe, ohne dass dies sie von weiteren Handlungen zum Nachteil des Antragstellers habe abhalten können.
22In der Folgezeit verbüßte die Antragsgegnerin die dreimonatige Ordnungshaft.
23Über die Antragsgegnerin wurden in der Vergangenheit in diversen gerichtlichen Verfahren mehrere Gutachten erstattet:
24a) Der Sachverständige Dr. M führte in seinem für die 6. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg erstatteten Gutachten vom 10.05.2008 (Bl. 87 – 128 d.A.) aus:
25 Die Antragsgegnerin leide an einer histrionischen Persönlichkeitsstörung, nicht aber an einer wahnhaften Störung oder an einer posttraumatischen Belastungsstörung, ebenso wenig an einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline,
26 aufgrund der histrionischen Persönlichkeitsstörung seien ihre Fähigkeiten, das Unrecht ihrer Handlungen zum Nachteil des Antragstellers einzusehen, nicht eingeschränkt, ebenso wenig ihre Steuerungsfähigkeit bezüglich dieser Handlungen.
27b) Der Sachverständige Dr. S stellte in seinem für die Staatsanwaltschaft Arnsberg in den Verfahren 292 Js 58/09, 292 Js 60/09, 292 Js 61/09, 292 Js 62/09, 292 Js 74/09, 292 Js 82/09, 292 Js 94/09, 292 Js 108/09, 292 Js 126/09, 292 Js 127/09, 292 Js 132/09, 292 Js 140/09 und 292 Js 141/09 erstatteten Gutachten vom 26.08.2009 (Bl. 22 – 53 d.A.) fest:
28 die Antragsgegnerin leide an einer histrionischen Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.4),
29 sie habe keine weiteren Störungen auf nervenärztlichem Gebiet, insbesondere keine Psychose und auch keine Wahnerkrankung,
30 an ihrer Einsichtsfähigkeit bezüglich der Strafbarkeit ihres Handelns bestünden keine vernünftigen Zweifel,
31 ihre Steuerungsfähigkeit bezüglich ihrer Taten sei weder aufgehoben noch erheblich gemindert gewesen,
32 eine schwere seelische Abartigkeit liege nicht vor.
33Der Sachverständige Dr. N führte in seinem im Strafverfahren Amtsgericht Meschede 8 Ds–292 Js 46/16 – 121/10 unter dem 03.05.2012 erstatteten Gutachten (Bl. 276 – 329 d.A.) aus:
34 die Antragsgegnerin leide an einer kombinierten histrionischen und dependenten Persönlichkeitsstörung, die als schwere andere seelische Abartigkeit bewertet werden könne, nicht aber an einer wahnhaften Störung, ebensowenig an einer intellektuellen Minderbegabung i.S. eines Schwachsinns oder an einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung,
35 die Antragsgegnerin habe keine hirnorganische Beeinträchtigung,
36 es liege weder eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit noch eine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit vor.
37Durch Urteil vom 27.03.2014 verurteilte das Amtsgericht Meschede die Antragsgegnerin wegen Nachstellung in 3 Fällen (vom 04.12.2009 – 05.02.2010, vom 30.04.2010 – 28.05.2010 und vom 11.12.2010 – 20.03.2013), in einem Fall tateinheitlich mit Hausfriedensbruch und in Tateinheit mit dem Verstoß gegen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz nach den §§ 238 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 4, 123 Abs. 1 StGB, 1, 4 GewaltschutzG, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und 2 Monaten. Wegen der zugrunde liegenden Feststellungen des Schöffengerichts nimmt der Senat zunächst auf die Gründe dieses Urteils Bezug. Weiter führte das Amtsgericht aus: Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Dr. N, denen das Gericht folge, sei davon auszugehen, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin bezüglich ihrer Taten nicht vermindert gewesen sei.
38Auf die Berufung der Antragsgegnerin hob das Landgericht Arnsberg vorgenannte Entscheidung durch Urteil vom 16.12.2015 auf (Landgericht Arnsberg II-1 Ns-360 Js 133/13-4/14). Zur Begründung führte die Strafkammer im Wesentlichen aus, aufgrund der gutachterlichen Feststellungen der Sachverständigen Prof. Dr. M2 und Dr. L könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegnerin die ihr zur Last gelegten Taten im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen habe. Der Sachverständige Prof. Dr. M2 habe festgestellt:
39 bei der Antragsgegnerin habe im Tatzeitraum eine wahnhafte Störung bestanden,
40 zudem habe bei ihr eine zumindest beginnende subkortikale Enzephalopathie vorgelegen, deren Ausprägungsgrad sich im Nachhinein nicht mehr bestimmen lasse,
41 bei beiden Erkrankungen handele es sich um krankhafte seelische Störungen i.S. des § 20 StGB,
42 aufgrund dieser Erkrankungen sei die Fähigkeit der Antragsgegnerin zur selbstkritischen Handlungsreflexion und –kontrolle in sehr deutlichem Maß eingeengt, möglicherweise sogar ganz aufgehoben gewesen.
43Der Sachverständige Dr. L sei zu demselben Ergebnis gekommen. Der Sachverständige Dr. N habe erklärt, er könne nicht mehr ausschließen, dass die Antragsgegnerin die ihr zur Last gelegten Taten im Zustand des § 21 StGB begangen habe. Im Ergebnis greife bei der Prüfung, ob bei der Antragsgegnerin zu den Tatzeitpunkten die Voraussetzungen der Schuldunfähigkeit vorgelegen hätten, der Grundsatz „in dubio pro reo“ zu ihren Gunsten durch, so dass sie freizusprechen gewesen sei.
44Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht gegen die Antragsgegnerin Ordnungshaft von 4 Monaten festgesetzt. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe vielfach gegen ihre Verpflichtungen aus dem Beschluss vom 09.09.2011 verstoßen. Im Zeitraum vom 16.03.2013 bis zum 27.11.2015 habe sie an sehr vielen, vom Familiengericht im einzelnen benannten Tagen, das Gelände des Pfarrhauses in O aufgesucht, teilweise mit nacktem Oberkörper und tanzend, und dort Gegenstände abgelegt. Im Zeitraum vom 13.06.2013 bis zum 27.11.2015 habe sie den Antragsteller unzählige Male angerufen. Zudem habe sie sich ihm während von ihm gefeierter Gottesdienste regelmäßig auf weniger als 50 m genähert. In gleicher Weise habe sie sich bei sonstigen Gelegenheiten verhalten. Zudem habe der Antragsteller – unter detaillierter Darlegung – behauptet, die Antragsgegnerin habe im Zeitraum vom 14.04.2012 bis zum 14.03.2013 gegen die Verbote aus dem Beschluss vom 09.09.2011 verstoßen, indem sie ihn vielfach angerufen und dabei sexuelle Phantasien geäußert habe und Gegenstände mit sexuellen Bezügen und Liebesbekundungen auf dem Gelände des Pfarrhauses abgelegt habe. Da die verbüßte Ordnungshaft von 3 Monaten die Antragsgegnerin nicht von weiteren Zuwiderhandlungen gegen die Verbote aus den Beschlüssen vom 09.09.2011 und 09.12.2011 habe abhalten können, sei nunmehr Ordnungshaft von 4 Monaten notwendig, um diese Verbote durchzusetzen. Von der Schuldunfähigkeit der Antragsgegnerin könne nicht ausgegangen werden. Diese habe ihre Schuldunfähigkeit weder dargelegt noch bewiesen. Die zur Akte gelangten Gutachten der Sachverständigen Dr. M, Dr. S, Dr. N und Prof. Dr. M2 vermöchten nicht die Überzeugung zu begründen, die Antragsgegnerin sei schuldunfähig.
45Gegen diesen Beschluss, der ihren Verfahrensbevollmächtigten am 01.06.2016 zugestellt worden ist, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.06.2016, bei dem Amtsgericht am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie vor: Aufgrund der Vielzahl der vom Antragsteller vorgetragenen Zuwiderhandlungen gegen die Verbote aus dem Beschluss vom 09.09.2011, die sie begangen haben solle, und des Umstandes, dass diese Zuwiderhandlungen bereits vor mehreren Jahren erfolgt sein sollen, könne sie die Richtigkeit dieses Vortrages des Antragstellers nicht mehr überprüfen. Sie gehe jedoch davon aus, dass dieser Vortrag des Antragstellers zutreffend sei. Sie habe sämtliche Zuwiderhandlungen nicht schuldhaft begangen. Die Gutachten der Sachverständigen Dr. M, Dr. S und Dr. N aus den Jahren 2008, 2009 und 2012 könnten keine tragfähigen Feststellungen enthalten, ob sie, die Antragsgegnerin, die hier in Rede stehenden Handlungen schuldhaft oder schuldlos begangen habe. Das Amtsgericht habe zu Unrecht das Gutachten des Sachverständigen Dr. L vom 03.12.2013 nicht berücksichtigt. Dieser habe festgestellt, dass sie jedenfalls im Zeitraum von 2010 bis zum 20.03.2013 an einer wahnhaften Störung in Form eines Liebeswahns gelitten habe und bei ihr eine krankhafte seelische Störung i.S. des § 20 StGB vorliege. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Arnsberg habe dieser Sachverständige ausgeführt, dass ihre Handlungskontrolle und Steuerungsfähigkeit mit Sicherheit auszuschließen seien. Der Sachverständige Prof. Dr. M2 sei zu demselben Ergebnis gelangt. Er habe bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 11.02.2015 festgestellt, dass sie an einer wahnhaften Störung leide, die die Voraussetzungen einer krankhaften seelischen Störung i.S. des § 20 StGB erfülle. Weiter habe er festgestellt, dass ihr wegen dieser Störung bei ihren Taten das Unrechtsbewusstsein gefehlt habe. Bezüglich der länger zurückliegenden Taten habe er ausgeführt, dass ihre Handlungskontrolle erheblich eingeengt und möglicherweise sogar ganz aufgehoben gewesen sei. Ebenso könne der Amtsarzt des K, Herr Dr. T, der sie mehrfach behandelt habe, ihre Schuldunfähigkeit im hier maßgeblichen Zeitraum bestätigen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verhängten Ordnungshaft bestünden zudem deshalb, weil diese auch wegen solcher Taten festgesetzt worden sei, bezüglich derer sie vom Landgericht Arnsberg durch das Urteil vom 16.12.2015 freigesprochen worden sei.
46Durch seinen Beschluss vom 16.06.2016 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
47Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss und beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Er trägt vor: Die Ausführungen der Antragsgegnerin seien z.T. unzutreffend. Sie habe ihm erklärt, er müsse stellvertretend für ihren Vater büßen, der sie missbraucht habe. Die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M2 zur fehlenden Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin seien hoch spekulativ. Berücksichtigt werden müsse auch, dass mehrere Gutachter die Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin bejaht hätten und diese nach dem PsychKG geschlossen untergebracht worden sei. Ihr zielgerichtetes Verhalten ihm gegenüber deute auf bewusstes, absichtsvolles Verhalten hin. Sie setze ihre beschriebenen Handlungen zu seinem Nachteil fort, wobei sich die Frequenz dieser Handlungen nach dem freisprechenden Urteil des Landgerichts Arnsberg noch erhöht habe. Bei ihm verursachten diese Handlungen erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen.
48Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
49Der Senat hat Beweis erhoben durch Beiziehung des im Verfahren Landgericht Arnsberg II-1 Ns-360 Js 133/13-4/14 5 Ls 14/3 erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M2 vom 11.02.2015 sowie der im Verfahren Amtsgericht Meschede 5 Ls -360 Js 133/13-14/13 erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. L vom 03.12.2013 und des Sachverständigen Dr. N vom 03.05.2012 sowie durch Einholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M2. Für das Ergebnis dieser ergänzenden Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 28.12.2016 Bezug genommen.
50B.
51I.
52Die nach § 87 Abs. 4 FamFG, § 567 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung des Antrages des Antragstellers auf Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft, denn zur sicheren Überzeugung des Senats steht fest, dass die Antragsgegnerin die zahlreichen Handlungen zum Nachteil des Antragstellers, wegen derer das Familiengericht die Ordnungshaft gegen sie festgesetzt hat, im Zustand der Unzurechnungsfähigkeit – krankhafte Störung der Geistestätigkeit, die die freie Willensbestimmung ausschloss – gemäß den §§ 276 Abs. 1 S. 2, 827 Abs. 1 S. 1 BGB begangen hat.
531. Der Senat legt den angefochtenen Beschluss dahingehend aus, dass sich die Festsetzung der Ordnungshaft nicht nur auf die zahlreichen Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerin im Zeitraum vom 16.03.2013 – 27.11.2015 bezieht, die das Familiengericht auf den Seiten 3 – 5 des angefochtenen Beschlusses als unstreitigen Vortrag dargestellt hat, sondern auch auf die weiteren Zuwiderhandlungen im Zeitraum zwischen dem 14.04.2012 und 14.03.2013, die das Familiengericht auf den Seiten 5 unten bis 6 unten seines Beschlusses als streitiges Vorbringen des Antragstellers behandelt hat („Der Antragsteller behauptet, die Antragsgegnerin habe ihn darüber hinaus am 14.04.2012 um 11:20 Uhr und um 17:00 Uhr angerufen und Sex-Fantasien ins Telefon gestöhnt. … “). Unter Ziffer II. seines Beschlusses nimmt das Familiengericht zur Begründung der Haftanordnung auch auf die Zuwiderhandlungen im Zeitraum zwischen dem 14.04.2012 und 14.03.2013 Bezug. Zudem hat das Familiengericht in seiner Entscheidungsbegründung weder ausgeführt noch angedeutet, dass es dem Vortrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe auch in dem Zeitraum vom 14.04.2012 – 14.03.2013 vielfach und ständig gegen die Anordnungen aus dem Beschluss vom 09.09.2011 verstoßen, nicht folge. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14.06.2016, dort S. 2 oben, sämtliche vom Antragsteller vorgetragenen und in dem angefochtenen Beschluss aufgeführten Zuwiderhandlungen zugestanden. Nach alledem muss die angefochtene Haftanordnung so verstanden werden, dass sie sich auch auf die Zuwiderhandlungen im letztgenannten Zeitraum bezieht. In diesem Sinne ist sie auch von der Antragsgegnerin und ihren Verfahrensbevollmächtigten verstanden worden, wie sich aus deren Beschwerdeschrift vom 14.06.2016 eindeutig ergibt.
542. Die Zwangsvollstreckung nach den §§ 95 FamFG, 890 ZPO setzt voraus, dass der Schuldner schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot verstoßen hat, denn es handelt sich bei der Festsetzung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft nicht nur um Zwangsmittel, sondern auch um die Sühne einer Zuwiderhandlung (BVerfG NJW-RR 2007, 860; Gruber, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 890 Rn. 21; Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 890 Rn. 5). Die Beweislast für das Fehlen des Verschuldens trägt der Schuldner (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 890 Rn. 5), hier mithin die Antragsgegnerin.
55a) Die Schuldfähigkeit bzw. Zurechnungsfähigkeit beurteilt sich gemäß § 276 Abs. 1 S. 2 BGB nach den §§ 827, 828 BGB. Nach § 827 Abs. 1 S. 1 BGB ist jemand für einen Schaden nicht verantwortlich, den er in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit verursacht hat. Hierunter fallen sämtliche Geisteskrankheiten, die die Freiheit der Willensbildung und Selbstbestimmung ausschließen oder wesentlich beeinträchtigen. Es kommt entscheidend darauf an, dass der Täter nicht mehr in der Lage ist, sein Verhalten an vernünftigen Erwägungen auszurichten, beispielsweise weil er sich in einem Wahnzustand befindet. Die bloße Minderung der Verstandes- und Willenskraft schließt dagegen die Zurechnungsfähigkeit nicht aus. Dabei muss der die Zurechnungsfähigkeit ausschließende krankhafte Zustand zum Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung vorliegen (Zum Ganzen Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 827 Rn. 9 f).
56b) Der Senat folgt den diesbezüglichen Ausführungen und Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. M2 uneingeschränkt. Danach steht fest, dass die Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin bezüglich ihrer Handlungen zum Nachteil des Antragstellers in den Jahren 2012 – 2015 ausgeschlossen war.
57Der Sachverständige Prof. Dr. M2 hat in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, dass bei der Antragsgegnerin keine Persönlichkeitsstörung vorliege. Eine derartige Beeinträchtigung zeichne sich durch einen stabilen, langanhaltenden Verlauf aus und beginne bereits im späten Kindesalter oder in der Adoleszenz. Derartiges sei bei der Antragsgegnerin nicht festzustellen; diese habe vielmehr bis etwa 2002 keine abnormen Verhaltensweisen gezeigt, sondern fast 40 Jahre in ihrer Partnerschaft gelebt, ihren Sohn betreut und erzogen und sei berufstätig gewesen. Aufgrund dessen sei davon auszugehen, dass ihr Verhalten zum Nachteil des Antragstellers nicht auf eine Persönlichkeitsstörung zurückzuführen sei. Eine Verhaltensänderung im Alter von etwa 60 Jahren, wie sie bei der Antragsgegnerin ab etwa 2002 aufgetreten sei, begründe vielmehr generell einen Verdacht auf eine hirnorganische Ursache. Bei dem zuletzt bei der Antragsgegnerin am 17.11.2014 durchgeführten MRT sei eine fortgeschrittene subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie mit Zeichen einer generalisierten Hirnatrophie festgestellt worden. Typisch für eine derartige Erkrankung sei, dass die kognitiven Funktionen primär nicht wesentlich gestört seien, jedoch vor allem die affektiven Funktionen beeinträchtigt seien, insbesondere die realitätsgerechte Urteilsfähigkeit und die selbstkritische Handlungs- und Impulskontrolle. Diese Erkrankung gehe meist mit kritiklos vergröberndem Verhalten einher, wie es auch bei der Antragsgegnerin zu verzeichnen sei. Seit etwa 2002 habe die Antragsgegnerin zudem eine wahnhafte Störung (F 22.0 ICD-10) in Form eines Liebeswahns entwickelt. Ihre hirnorganisch bedingte Kritik- und Urteilsschwäche habe die Wahnentwicklung prädisponiert, sodann habe der Wahn ihre Kritik- und Urteilsfähigkeit weiter herabgesetzt. Die Unerschütterlichkeit, mit der die Antragsgegnerin die aus ihrer Sicht zum Antragsteller bestehende „Beziehung pflege“, trotz erfahrener nachteiliger juristischer Folgen wie Ordnungs- und Untersuchungshaft und geschlossener Unterbringung, zeige den wahnhaften Charakter ihres Erlebens. Die Art und Weise dieses Erlebens spiegele ihre wahnbedingte und hirnorganische Kritikschwäche wider. Sowohl bei der hirnorganischen Erkrankung als auch bei der wahnhaften Störung der Antragsgegnerin handele es sich um krankhafte seelische Störungen i.S. des § 20 StGB. Die Steuerungsmöglichkeiten der Antragsgegnerin, ihre Handlungen zum Nachteil des Antragstellers zu unterlassen, seien bezüglich der Taten, die Gegenstand des Strafverfahrens vor dem Landgericht Arnsberg waren, in sehr ausgeprägter Weise herabgesetzt, möglicherweise sogar völlig aufgehoben gewesen.
58In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29.06.2016 hat der Sachverständige Prof. Dr. M2 ausgeführt, dass aufgrund des Befundes der MRT-Untersuchung davon auszugehen sei, dass die Enzephalopathie im Jahr 2014 so weit ausgeprägt gewesen sei, dass in Verbindung mit der wahnhaften Störung jedenfalls ab 2014 die Fähigkeit der Antragsgegnerin zur selbstkritischen Steuerung und Kontrolle ihrer Handlungen zum Nachteil des Antragstellers gänzlich aufgehoben gewesen sei. Diese Feststellung hat der Sachverständige in seiner weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 28.12.2016 wiederholt und erläutert. Weiter hat er in der letztgenannten Stellungnahme ausgeführt, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin bereits in den Jahren 2012 und 2013 aufgehoben gewesen sei und auch in diesen beiden Jahren bei ihr eine krankhafte seelische Störung i.S. des § 20 StGB vorgelegen habe. Hierfür spreche, dass eine subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE) zwar nicht linear verlaufe, es jedoch keine anamnestischen Hinweise dafür gebe, dass sich die bei der Antragsgegnerin bestehende SAE in den Jahren 2012 und 2013 akut verschlechtert habe, z. B. infolge einer transitorischen ischämischen Attacke. Dieser Befund spreche dafür, dass die genannte Hirnerkrankung der Antragsgegnerin bereits 2012 und 2013 so stark ausgeprägt war, dass – in Verbindung mit der wahnhaften Störung –ihre Fähigkeiten zur Handlungskontrolle und –steuerung bezüglich ihrer Handlungen zum Nachteil des Antragstellers gänzlich aufgehoben gewesen seien.
59Der Senat folgt den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. M2 uneingeschränkt. Diese Feststellungen sind gut nachvollziehbar und in jeder Hinsicht überzeugend. Der Sachverständige ist ersichtlich von den zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen. Soweit er eine Persönlichkeitsstörung als Ursache des abnormen Verhaltens der Antragsgegnerin verneint, hat er dies überzeugend damit begründet, dass eine solche Erkrankung bereits im späten Kindesalter oder in der Adoleszenz beginne und sich durch das ganze Leben des Betroffenen ziehe, nicht aber erst im Alter von etwa 60 Jahren auftrete. Die 1943 geborene Antragsgegnerin habe dagegen bis etwa 2001 unauffällig gelebt, ihren Sohn erzogen und betreut, ihre Ehe geführt und sei kontinuierlich berufstätig gewesen. Erst ab ca. 2001 habe sie mit ihren Handlungen zum Nachteil des Antragstellers begonnen.
60Die Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. M2, das Verhalten der Antragsgegnerin zum Nachteil des Antragstellers beruhe maßgeblich auch auf hirnorganischen Veränderungen bei der Antragsgegnerin, ist weiter deshalb überzeugend, weil eine derartige Erkrankung objektiv feststeht. Die vom Sachverständigen veranlasste MRT-Untersuchung des Schädels der Antragsgegnerin vom 17.11.2014 hat als Befund eine „fortgeschrittene subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie mit Zeichen einer generalisierten Hirnatrophie“ ergeben.
61Wie der Sachverständige Prof. Dr. M2 weiter ausgeführt hat, sind bei einer Hirnerkrankung wie der genannten primär weniger die kognitiven Funktionen betroffen, sondern vor allem die affektiven Funktionen, die realitätsgerechte Urteilsfähigkeit und insbesondere die selbstkritische Handlungs- und Impulskontrolle. Diese Auswirkungen entsprechen dem Verhalten, das die Antragsgegnerin seit vielen Jahren gegenüber dem Antragsteller an den Tag legt: Sie sieht ausweislich ihrer Angaben gegenüber dem Sachverständigen eine Verbindung zum „Innersten“ mit dem Antragsteller, eine „Seelenverbundenheit“ und eine „Zugehörigkeit“ zu ihm. „Sie wolle ihn glücklich machen und nehme es so wahr, dass er glücklich sei. Er dürfe seine wahren Gefühle nicht zeigen, da er Priester sei und sein Amt ausübe.“ Diese Äußerungen der Antragsgegnerin belegen, dass ihre affektiven Funktionen und ihre realitätsgerechte Urteilsfähigkeit offensichtlich massiv gestört sind. Dass ihre Handlungs- und Impulskontrolle ebenfalls schwerwiegend beeinträchtigt sind, wird dadurch belegt, dass sie trotz geschlossener Unterbringung nach dem PsychKG, Ordnungs- und Untersuchungshaft sowie umfassender, langjähriger gesellschaftlicher Ausgrenzung an ihrem Verhalten zum Nachteil des Antragstellers festhält. Im Ergebnis entspricht das von der Antragsgegnerin seit vielen Jahren gezeigte Verhalten den vom Sachverständigen Prof. Dr. M2 beschriebenen typischen Auswirkungen einer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie mit einer generalisierten Hirnatrophie.
62Aufgrund des bei der MRT-Untersuchung vom 17.11.2014 festgestellten Schweregrades der genannten Hirnerkrankung in Verbindung mit der wahnhaften Störung steht nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M2 sicher fest, dass die Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin bezüglich ihrer Handlungen zum Nachteil des Antragstellers ab 2014 aufgehoben war. Der Senat sieht keine Bedenken, auch dieser Feststellung zu folgen, insbesondere, weil das Ausmaß der Hirnerkrankung der Antragsgegnerin bei der genannten MRT-Untersuchung objektiv festgestellt worden ist.
63Weiter geht der Senat davon aus, dass die Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin im Hinblick auf ihr Verhalten gegenüber dem Antragsteller aufgrund ihrer subkortikalen arteriosklerotischen Enzephalopathie und der Hirnatrophie sowie ihrer wahnhaften Störung auch schon in den Jahren 2012 und 2013 aufgehoben war. Der Sachverständige Prof. Dr. M2 hat insoweit ausgeführt, es bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für den krankhaften Ausschluss der Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin auch in diesen Jahren. Er hat dies nachvollziehbar damit begründet, dass es keine anamnestischen Hinweise dafür gebe, dass sich die Hirnerkrankung der Antragsgegnerin in den Jahren 2012 und 2013 akut verschlechtert habe, d.h. das Krankheitsbild in diesen Jahren durchaus mit dem der Folgejahre vergleichbar sei. Auch diese Feststellung ist nachvollziehbar und überzeugend, so dass der Senat ihr folgt. Eines noch höheren Wahrscheinlichkeitsgrades bedarf es insoweit nicht, denn für die Feststellung einer Tatsache als Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung ist keine absolute oder unumstößliche Gewissheit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises erforderlich, sondern nur ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, NJW 2014, 71 Rn. 8). Dieses Beweismaß ist hier aufgrund der genannten Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. M2 erreicht. Konkrete Anhaltspunkte, die zu einer anderen Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit der Antragsgegnerin in den Jahren 2012 und 2013 führen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Gutachten der Sachverständigen Dr. M und Dr. S sind am 10.05.2008 bzw. am 26.08.2009 erstellt worden, mithin knapp 4 bzw. ca. 2½ Jahre vor Beginn des hier zu beurteilenden Zeitraums. Beide Sachverständige konnten naturgemäß keine Feststellungen zur Schuld(un)fähigkeit der Antragsgegnerin im Zeitraum ab April 2012 treffen. Dem Gutachten des Sachverständigen Dr. N vom 03.05.2012, demzufolge keine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit der Antragsgegnerin angenommen werden kann, folgt der Senat nicht. Dieser Sachverständige hat bei der Antragsgegnerin eine kombinierte Persönlichkeitsakzentuierung bzw. Persönlichkeitsstörung (S. 52 oben seines Gutachtens) mit histrionischen und dependenten Zügen diagnostiziert. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. M2 ist eine solche Störung bei der Antragsgegnerin jedoch „sicher nicht begründbar“, weil eine solche Störung in der Pubertät oder in der Adoleszenz einsetze, sich durch das ganze Leben des betroffenen Menschen hindurch ziehe und nicht erst im Alter von 60 Jahren eintrete; bei der Antragsgegnerin sei ein solcher Verlauf gerade nicht feststellbar. Zudem hat der Sachverständige Dr. N ausweislich der Ausführungen in dem freisprechenden Strafurteil des Landgerichts Arnsberg vom 16.12.2015 in der vorangegangenen Hauptverhandlung erklärt, er könne nicht mehr ausschließen, dass die Antragsgegnerin die angeklagten Handlungen zum Nachteil des Antragstellers im Zustand des § 21 StGB begangen habe.
643. Der Senat bedauert die Situation des Antragstellers außerordentlich. Für den Senat steht außer Frage, dass die langjährigen und vielfachen Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 09.09.2011 die Lebensqualität des Antragstellers massiv beeinträchtigen und ohne weiteres geeignet sind, seine Gesundheit gravierend zu schädigen. Diese Umstände können jedoch für den Senat – selbstverständlich – kein Anlass sein, sich über die fehlende Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin hinwegzusetzen.
65II.
66Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG. Obwohl die Beschwerde begründet ist, entspräche es nicht der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens insgesamt dem Antragsteller aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat durch ihre vielfachen rechtswidrigen Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsgebote aus dem Beschluss vom 09.09.2011 Anlass zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens gegeben, nicht aber der Antragsteller. Das Vollstreckungsverfahren hat ausschließlich wegen der fehlenden Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin keinen Erfolg. Dass die Antragsgegnerin ohne Schuld handelte, war für den Antragsteller bei Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht annähernd sicher erkennbar. Mehrere Sachverständige haben in der Vergangenheit ausgeführt, dass die Betroffene schuldfähig sei. Der Antragsteller hat im Verfahren keine unwahren Angaben gemacht, insbesondere nicht zu der Frage, ob die Antragsgegnerin schuldfähig war oder nicht. Die notwendige Prüfung und Klärung, ob die Antragsgegnerin schuldhaft handelte, ist im erstinstanzlichen Verfahren zu Unrecht unterblieben. Auch dies hat der Antragsteller nicht zu vertreten. Unter diesen Umständen entspricht die Kostenaufhebung der Billigkeit.
67III.
68Die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 49 FamGKG. Aufgrund der Dauer der vom Familiengericht verhängten Ordnungshaft sowie der Dauer und des Schwierigkeitsgrades des Verfahrens ist die Erhöhung des Verfahrenswerts auf 5.000 EUR gerechtfertigt.
69IV.
70Rechtsmittelbelehrung: Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 Abs. 2 S. 1 FamFG), liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Der für den Ausgang des Verfahrens entscheidende Streit der Beteiligten über die Schuldfähigkeit der Antragsgegnerin liegt auf tatsächlichem Gebiet. Der Senat hat seine Entscheidung auf der Grundlage der eindeutigen gesetzlichen Regelung, der ebenso eindeutigen, gesicherten höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung sowie der einschlägigen Kommentarliteratur getroffen.