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Das äußere Bild eines Diebstahls kann vom Versicherungsnehmer durch Zeugenaussagen oder eigene Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nachgewiesen werden. Bei der persönlichen Anhörung kann nicht mehr vom Regelfall eines redlichen Versicherungsnehmers ausgegangen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen der Entwendung aufdrängen. Die Glaubwürdigkeit kann auch durch Unredlichkeiten infrage gestellt sein, die in keinem Bezug zum umstrittenen Versicherungsfall stehen.
(redaktioneller Leitsatz der Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm)
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
3Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder ein sonstiger Grund eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
4I.
5Die Berufung kann gem. § 513 ZPO mit Erfolg nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO beruhe oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
6Der Kläger meint, er habe den Beweis für das sog. äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung i.S.d A.2.2.2 AKB 10.2011 erbracht und rügt damit, dass das Landgericht seine Entscheidung auf einer anderen Tatsachengrundlage hätte treffen müssen.
7Dem kann nicht gefolgt werden.
8Die vom erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen sind der Entscheidung des Berufungsgerichts gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur dann nicht zugrunde zu legen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Tatsachenfeststellung gebieten.
9Solche Zweifel sind hier nicht gerechtfertigt.
10Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Kläger die Beweislast für den Nachweis des Versicherungsfalls einer bedingungsgemäßen Fahrzeugentwendung trägt und dabei die von der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen in Anspruch nehmen kann.
11Der Versicherungsnehmer genügt danach seiner Beweislast, wenn er Tatsachen vorträgt und zur Überzeugung des Gerichts beweist, die nach ihrem äußeren Bild mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine Wegnahme gegen den Willen des Versicherungsnehmers schließen lassen. Das äußere Bild eines Diebstahls ist im allgemeinen schon dann gegeben, wenn der Versicherungsnehmer das Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt hat, an dem er es später nicht mehr vorfindet (BGH, Urteil vom 17. Mai 1995 – IV ZR 279/94 –, BGHZ 130, 1-5, Rn. 8, 9; BGH, Urteil vom 30. Januar 2002 – IV ZR 263/00 –, Rn. 7, juris).
12Den Beweis des äußeren Bildes kann der Versicherungsnehmer über entsprechende Zeugenaussagen führen. Gelingt dies nicht, lässt sich der Beweis auch über die Angaben des Versicherungsnehmers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erbringen. Voraussetzung dafür ist aber immer, dass der Versicherungsnehmer glaubwürdig ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 1997 – IV ZR 12/96 –, Rn. 7, juris). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht der unredliche, sondern der redliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist (BGH, Urteil vom 05. Oktober 1983 – IVa ZR 19/82 –, Rn. 14, juris). Von einem Regelfall kann aber nicht mehr ausgegangen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die den Versicherungsnehmer als unglaubwürdig erscheinen lassen oder doch schwerwiegende Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen der Entwendung aufdrängen. Die Glaubwürdigkeit kann auch durch Unredlichkeiten in Frage gestellt sein, die in keinem Bezug zu dem umstrittenen Versicherungsfall stehen (BGH, Urteil vom 21. Februar 1996 – IV ZR 300/94 –, BGHZ 132, 79-84, Rn. 10).
13Gemessen daran hat der Kläger den ihm obliegenden Beweis des äußeren Bildes nicht erbracht.
141. Die Angaben des Zeugen X sind auch aus Sicht des Senats nicht geeignet, den Beweis für das äußere Bild zu erbringen.
15Das Landgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass sich die Aussage des Zeugen mit dem Klägervortrag teilweise nicht in Einklang bringen lässt.
16So hat der Zeuge anders als der Kläger geschildert, dass das versicherte Fahrzeug seitlich versetzt zu seinem Haus abgestellt und im Laufe des Abends noch einmal umgesetzt worden sei, während der Kläger behauptet hat, den Wagen unmittelbar auf Höhe des Hauses gegenüber vom Küchenfenster geparkt und dort stehen gelassen zu haben.
17Zudem hat der Zeuge nicht bestätigt, dass er mit dem Kläger in der Tatnacht noch ein Geschäft aufgesucht habe und dabei das Fahrzeug am Abstellort gesehen habe.
18Er hat lediglich die klägerische Behauptung bestätigt, dass man den Wagen zuletzt nachts gegen zwei Uhr vom Haus aus gesehen habe, als er mit dem Kläger am Küchenfenster geraucht habe, und dass der Wagen am nächsten Morgen gegen zehn Uhr nicht mehr am Abstellort gestanden habe. Worauf er seine Zeitangabe zur Beobachtung des Fahrzeugs am Tatabend stützte, konnte der Zeuge dabei nicht erklären.
19Mit einer solchen Bestätigung der bloßen Rahmendaten des Klägervortrags ist der dem Kläger obliegende Beweis nicht erbracht. Er hat für das äußere Bild gem. § 286 ZPO den Vollbeweis zu erbringen. Der Vollbeweis setzt nach § 286 ZPO voraus, dass das Gericht ohne vernünftige Zweifel davon überzeugt ist, dass die klägerischen Behauptungen der Wahrheit entsprechen.
20Die Ungenauigkeiten der Zeugenaussage und insbesondere die Widersprüche zum Klägervortrag begründen jedoch Zweifel daran, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen.
21Ohne Erfolg hebt die Berufung in diesem Zusammenhang darauf ab, dass Ungenauigkeiten und Widersprüche auch darauf beruhen können, dass die Erinnerung des Zeugen wegen des Zeitablaufs und des Alkoholkonsums am Tatabend beeinträchtigt sei. Denn mit dieser möglichen Erklärung lässt sich nicht ausschließen, dass die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. Damit bleiben Zweifel, die einer gerichtlichen Überzeugungsbildung gem. § 286 ZPO entgegenstehen.
222. Den ihm obliegenden Beweis hat der Kläger auch nicht im Wege seiner persönlichen Anhörung erbracht.
23Das Landgericht hat zu Recht aufgrund von Widersprüchlichkeiten des Klägervortrags Bedenken an der Redlichkeit des Klägers erhoben.
24So hat der Kläger im Termin Angaben zum Abstellen des versicherten Fahrzeugs sowie zu seiner letzten Wahrnehmung des Wagens in der Tatnacht und zum Entdecken des Diebstahls am nächsten Morgen gemacht, die sämtlich im Widerspruch zu seiner Darstellung im Verhandlungsprotokoll vom 18.12.2014 stehen. Diese vom Landgericht im einzelnen dargestellten Widersprüche hat der Kläger mit der Berufung nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich darauf abgehoben, dass er sich aufgrund des Zeitablaufs und seines Alkoholkonsums am Tatabend an das Geschehen nicht mehr so gut erinnern könne.
25Mit dem Verweis auf seine Alkoholisierung kann der Kläger nicht erklären, weshalb er im Protokoll vom 18.12.2014 konkrete Angaben zum Geschehen in der Tatnacht gemacht hat, die mit seinen Aussagen vor dem Landgericht in Widerspruch stehen. Schließlich war er in der Lage, am 18.12.2014 konkrete Angaben zum Geschehensablauf zu machen. Die Erinnerung der Klägers war zum damaligen Zeitpunkt demnach nicht infolge des Alkoholgenusses getrübt. Vor diesem Hintergrund ist nicht plausibel, dass der Kläger zum späteren Zeitpunkt seiner Vernehmung vor dem Landgericht an alkoholbedingten Erinnerungslücken litt.
26Ebenso wenig sind die zum Protokoll vom 18.12.2014 in Widerspruch stehenden Angaben vor dem Landgericht damit zu erklären, dass die Erinnerung des Klägers durch den Zeitablauf getrübt gewesen wäre.
27Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung schließlich nicht bekundet, dass er sich nicht mehr im einzelnen an das Geschehen erinnern könne. Vielmehr hat er denn Ablauf des Tatabends konkret geschildert und dazu noch Angaben gemacht, die im Protokoll vom 18.12.2014 nicht vermerkt sind, wie etwa den nächtlichen Getränkekauf. Dies ist nicht damit zu erklären, dass die Erinnerung des Klägers vor dem Landgericht durch den Zeitablauf getrübt war.
28Die unterschiedlichen und widersprüchlichen Darstellungen des Klägers zum Geschehen am 13./14.08.2014 begründen deshalb ernstliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben.
29Unabhängig davon hat die Beklagte schon in erster Instanz zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger im Verhandlungsprotokoll vom 18.12.2014 auf die Frage nach Vorschäden nicht sämtliche Vorschäden angegeben hatte, wie sie im Schriftsatz vom 21.01.2016 angegeben worden sind. Auch daraus ergeben sich Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers.
30Damit ist insgesamt die Redlichkeitsvermutung erschüttert.
31Insgesamt ist dem Kläger so der Beweis des äußeren Bildes über seine Angaben im Termin verwehrt.
32II.
33Auf die Gebührenreduktion im Falle der Berufungsrücknahme wird hingewiesen (KV-Nr. 1222).