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Der Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) kann auch dann in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn das Gericht zwar entsprechend seiner Anregung bei der JVA ein nach seiner Darstellung für das Verfahren bedeutsames Schriftstück angefordert hat, er jedoch weder über diese gerichtliche Anforderung noch über die Mitteilung der JVA informiert worden ist, dass sich der fragliche „Originalantrag“ des Betroffenen nicht bei den dortigen Akten befinde, so dass ihm diesbezüglich keine Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des vorliegenden Rechtsmittels sowie des mit Beschluss des Senats vom 09.12.2017 - III-1 Vollz(Ws) 521/16 - abgeschlossenen Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Wuppertal zurückverwiesen.
Gründe:
2I.
3Der Betroffene begehrt vorliegend die Herausgabe eines bei der Firma F bestellten T-Shirts, die die Antragsgegnerin nach den Feststellungen des angegriffenen Beschlusses mit der Begründung abgelehnt hat, dass der Betroffene die Zusendung des T-Shirts gar nicht beantragt habe, so dass dieses auch nicht genehmigt worden sei.
4Nachdem der Senat auf eine Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit Beschluss vom 09.02.2017 eine erste diesbezügliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 31.10.2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Wuppertal zurückverwiesen hatte, hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 24.04.2017 den Antrag des Betroffenen vom 31.05.2016/15.06.2016 auf gerichtliche Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
5Gemäß § 15 Abs. 2 StVollzG NRW dürften Gefangene nur Sachen in Gewahrsam haben, die ihnen von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Den Gefangenen in der JVA S sei es – so die Strafvollstreckungskammer entsprechend der Darstellung der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren – lediglich gestattet, neben der anstaltseigenen Sportkleidung eigene Sport- und Freizeitbekleidung über den dortigen Kaufmann, nicht aber bei einem beliebigen Händler zu beziehen. Eine gleichwohl erteilte Genehmigung des T-Shirts habe der Betroffene schon nicht behauptet. Auch sei das vom Betroffenen begehrte T-Shirt angesichts der ausreichenden Möglichkeit zur Anschaffung privater Freizeit- und Sportbekleidung auch nicht unverhältnismäßigen Vorgaben der JVA nicht genehmigungsfähig.
6Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, welche das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mangels Zulassungsgrund für unzulässig hält.
7II.
81.
9Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zuzulassen, weil der allgemein anerkannte Zulassungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs durchgreift (vgl. Senatsbeschluss vom 16.07.2013 - III-1 Vollz (Ws) 256/13 -, juris; Arloth in: Arloth/Krä, StVollzG, 4. Aufl., § 116 Rn. 3a, jew. m. w. N.).
10Die im Wege der Verfahrensrüge geltend zu machende Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist in zulässiger Weise gemäß den §§ 120 Abs. 1 StVollzG, 344 Abs. 2 StPO erhoben worden. Die Betroffene hat zutreffend geltend gemacht, dass er im gerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 03.08.2016 beantragt hat, den von ihm nach seiner Darstellung nachträglich um das T-Shirt ergänzten Antrag auf Genehmigung der fraglichen Paketlieferung bei der Antragsgegnerin anzufordern, und dies in der angefochtenen Entscheidung nicht erkennbar berücksichtigt worden ist. Zwar ergibt sich aus der Gerichtsakte, dass die Strafvollstreckungskammer durchaus die Antragsgegnerin zur Vorlage des diesbezüglichen Originalantrags aufgefordert und diese mit Schreiben vom 26.09.2016 mitgeteilt hat, dass „weder ein Antrag aus der 15 KW noch der Originalantrag des Gefangenen zur Genehmigung des Paketes der Firma F“ der dortigen Akte zu entnehmen und deren Vorlage daher nicht möglich sei. Weder über die gerichtliche Anforderung noch über die Mitteilung der Antragsgegnerin ist der Betroffene jedoch informiert worden, so dass ihm insofern unter Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 Abs. 1 GG keine Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden ist.
11Auf diesem Verstoß beruht auch der angefochtene Beschluss, zumal es schon aufgrund des Gebotes, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 120 Abs. 1 StVollzG i.V.m. § 244 Abs. 2 StPO), nahegelegen hätte (bzw. im weiteren Verfahren naheliegen dürfte), die Antragsgegnerin zur Erklärung darüber zu veranlassen, aufgrund welcher Unterlagen oder sonstigen Erkenntnisquellen sie die Behauptung des Betroffenen bestreitet, dass er seinen Antrag bezüglich mehrerer bei der Firma F bestellter Gegenstände noch um ein T-Shirt ergänzt habe, wenn sie das entsprechende Original nicht zu ihren Akten genommen hat. Es kann daher zumindest nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Strafvollstreckungskammer zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn der Betroffene insofern Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme erhalten hätte.
12Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass nach der Darstellung im angefochtenen Beschluss dem Betroffenen schon nach eigenen Angaben gar keine Genehmigung für das T-Shirt erteilt worden und dieses angesichts der Vorgaben der Antragsgegnerin ohnehin nicht genehmigungsfähig sei.
13Hierbei kann dahinstehen, ob das Landgericht bei dieser Argumentation die Grenzen des § 115 Abs. 5 StVollzG hinreichend beachtet und nicht in unzulässiger Weise anstelle der Antragsgegnerin - die zumindest in erster Linie schlicht auf das Fehlen eines Genehmigungsantrags abgestellt hat - eigene Ermessenserwägungen angestellt hat (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 04.11.2014 - III-1 Vollz(Ws) 475/14 -, m.w.N.). Denn zum einen weist der Betroffene zumindest hinsichtlich seiner am 06.12.2016 protokollierten Erklärung zutreffend darauf hin, dass er durchaus ausdrücklich behauptet hat, dass ihm das fragliche T-Shirt von der Antragsgegnerin genehmigt worden sei. Zum anderen ist - ausgehend von der maßgeblichen gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 2 StVollzG - nicht ohne weiteres ersichtlich, warum ein handelsübliches T-Shirt von vornherein nicht genehmigungsfähig sein sollte; allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Bezug solcher Bekleidungsstücke über externe Händler grundsätzlich nicht genehmigt, begründet diese Annahme jedenfalls nicht.
142.
15Da die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Strafvollstreckungskammer grundsätzlich auch nicht dadurch geheilt werden kann, dass das rechtliche Gehör im Rechtsbeschwerdeverfahren gewährt bzw. nachgeholt wird, hat die Rechtsbeschwerde aus den vorgenannten Gründen zumindest vorläufig auch in der Sache Erfolg und ist die Sache zur Neubescheidung sowie zur gegebenenfalls veranlassten weiteren Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG).