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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.)
2Vorbemerkung:
3Soweit im Folgenden unter I.) Ausführungen zu den Familienverhältnissen der Beteiligten gemacht werden, wird hiermit im Interesse einer besseren Lesbarkeit allein auf die Darstellung der Beteiligten Bezug genommen. Tatsächliche Feststellungen oder eine rechtliche Würdigung sind hiermit nicht verbunden.
4Der Vater des Betroffenen, nach seinen Angaben J Staatsangehöriger aus der Volksgruppe der K3, reiste im September 1999 nach Deutschland ein und stellte hier einen Asylantrag. Er gab seinen Namen mit S an. In der Anhörung durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 21.09.1999 gab er an, er sei in K geboren. Seine Verwandtschaft lebe sowohl in K als auch in U. Er sei seit dem 04.09.1998 (so der Text des Protokolls) mit I verheiratet. Sie hätten fünf gemeinsame Kinder, die in den folgenden Jahren geboren seien:
5T (1990), T2 (1992), T3 (1994), T4 (1997) und B (1999). Er erhielt in der Folgezeit Abschiebeschutz nach § 51 AuslG.
6Am 17.08.2001 reiste die Mutter des Betroffenen mit fünf Kindern, darunter dem Betroffenen, nach Deutschland ein. Sie erklärte die Ehefrau des S zu sein und gab ihren Namen mit I an. Die Personaldaten der Kinder gab sie wie folgt an:
7T, C, 02.01.1990,
8T2, C, 01.02.1992,
9T3, C, 06.03.1994,
10T4, C, 10.03.1997,
11B, C, 13.04.1999.
12Am 14.09.2001 brachte die Beteiligte zu 2) ihren Sohn S2 zur Welt, der standesamtlich als eheliches Kind registriert wurde. Für diesen wurde ein gesondertes Asylverfahren durchgeführt, in welchem die Beteiligten zu 1) und 2) angehört wurden. In dieser Anhörung am 19.12.2007 erklärte der Beteiligte zu 1) abermals, er sei in C, dem heutigen K, geboren. Sein Vater, der aus T5 stamme, sei früher nach C umgesiedelt und habe dort eine Bar betrieben.
13Am 27.10.2010 hat der Beteiligte zu 1) die Einbürgerung für sich und seine Kinder beantragt. Die Angaben zu den Personalien entsprachen dabei den Angaben im Asylverfahren. Die Beteiligten zu 1) und 2) gaben eine entsprechende eidesstattliche Versicherung ab. Das Einbürgerungsverfahren kam zunächst nicht in Gang, da die Beteiligten zu 1) und 2) auf mehrfache Hinweise der Behörde, dass die Kindesmutter dem Antrag hinsichtlich der minderjährigen Kinder beitreten müsse, nicht reagierten.
14Mit Schreiben vom 08.09.2011 wurden dann erstmals J Urkunden vorgelegt, u.a. ein Auszug aus dem Personenstandsregister vom 17.08.2011 sowie eine Geburtsurkunde für die Schwester des Beteiligten zu 3). Die augenfälligen Abweichungen hinsichtlich der Daten sowie insbes. der Namensführung wurden dahingehend erläutert, dass man im Asylverfahren die Daten aus dem Gedächtnis genannt habe und die Vornamen so angegeben habe, wie die Kinder zu Hause gerufen worden seien.
15Für den Beteiligten zu 1) und die Kinder -mit Ausnahme der Tochter T2- ergaben sich aus dem J Registerauszug damit folgende Personenstandsangaben anstelle der bisher angegebenen (was zu den nachfolgend aufgeführten Personenstandsverfahren geführt hat, vgl. näher unten):
16Registerauszug |
Ursprgl. Angaben |
Az Amtsgericht |
Az. Senat |
Sa, geb. am 05.02.1968 in T6 |
S, geb. am 05.02.1970 in C, |
3 III 57/12 |
I-15 W 149/14 |
Ta, geb. am 02.09.1990 in Faida, |
T, geb. am 02.01.1990 in C, |
3 III 52/12 |
I-15 W 159/14 |
T3a, geb. am 15.01.1995 in Faida, |
T3, geb. am 06.03.1994 in C, |
3 III 53/12 |
I-15 W 153/14 |
T4a, geb. am 06.04.1997 in Faida, |
T4, geb. am 10.03.1997 in C, |
3 III 55/12 |
I-15 W 152/14 |
Ba, geb. am 09.12.1998 in Dohuk, |
B, geb. am 13.04.1999 in C, |
3 III 54/12 |
I-15 W 158/14 |
Mit Bescheid vom 13.06.2012 hat die Einbürgerungsbehörde die Anträge wegen ungeklärter Identität zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Klage hat das VG Minden zurückgewiesen. Auf die Beschwerde u.a. des Beteiligten zu 3) hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen, diese letztlich aber zurückgewiesen.
18Am 16.10.2012 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, seinen Namen und den seiner Kinder zu berichtigen. Wie das Amtsgericht der unklaren Antragsfassung im Wege der Auslegung entnommen hat und wie im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt worden ist, sind die Anträge auf die Nachbeurkundung der Eheschließung der Eltern und der Geburt des Beteiligten zu 1) (3 III 57/12 = 15 W 149/14) sowie die Nachbeurkundung der Geburten der im Irak geborenen Kinder (mit Ausnahme der Tochter T2 alias T2a) nach Maßgabe der J Registereinträge gerichtet.
19Mit dem Antrag sind Kopien folgender Unterlagen vorgelegt worden:
20Auszug aus dem J Personenstandsregister (Standesamt T7) vom 05.12.2011 mit Überbeglaubigung durch L und J Behörden bis hin zum J Außenministerium nebst Übersetzung,
Eingangsbestätigung des J Generalkonsulats Frankfurt vom 15.05.2012 hinsichtlich eines Antrags auf Echtheitsbestätigung,
Flüchtlingsreiseausweis, ausgestellt vom Oberbürgermeister der Stadt C am 13.10.2009,
Aufenthaltstitel
30Tage-Visum der I2 Republik J mit einer Gültigkeitsdauer vom 21.07.2011 bis zum 19.10.2011 und einem Vermerk „Can depart the country up to 28.08.2011“; entsprechende Visa sind für alle weiteren Familienmitglieder vorhanden.
Die Beteiligte zu 2) trat in der Folgezeit dem Antrag des Beteiligten zu 1) bei und legte hier eine „Heiratsurkunde“ vom 18.08.2011 nebst Übersetzung vor, bei der es sich inhaltlich um die Registrierung einer nichtstaatlichen Eheschließung, deren Datum von den dort Erschienen mit dem 11.03.1988 angegeben wird.
27Das Amtsgericht hat sukzessive, teils von den Beteiligten, teils aus den Akten des OVG die Originale der J Unterlagen, darunter auch der J Identitätskarten für die Familienmitglieder beigezogen. Es hat sodann der beim BAMF existierenden „Stelle für Physikalische-Technische Urkundenuntersuchungen“ die folgenden Urkunden zugeleitet:
28--Identitätskarten/Personalausweise des Beteiligten zu 1) und der betroffenen Kinder,
29--Staatsangehörigkeitsausweis des Beteiligten zu 1),
30--Auszug aus dem Familienregister vom 05.12.2011 und
31--Heiratsurkunde vom 18.08.2011.
32Die Prüfstelle hat alleine den Staatsangehörigkeitsausweis des Beteiligten zu 1) als echt bewertet. Dieser verfüge über Sicherheitsmerkmale (Einstanzungen am Passbild), das Formular entspreche bekanntem Vergleichsmaterial, Fälschungsanzeichen seien nicht vorhanden.
33Die weiteren Urkunden wurden lediglich als „schlüssig“ bewertet. Angesichts der verwaltungstechnischen Situation in der autonomen Kurdenregion existiere dort kein einheitliches Formularwesen. Die vorliegenden Urkunden, für die kein gesichertes Vergleichsmaterial vorläge, entsprächen aber den insoweit vorkommenden Variationen. Fälschungsanzeichen im engeren Sinne seien nicht vorhanden. Allerdings seien bei zwei Identitätskarten Veränderungen erkennbar. Eine Berichtigung bei der Ausstellung lasse sich insoweit aber nicht ausschließen.
34Das Amtsgericht hat die Beteiligten anschließend aufgefordert zum Nachweis der Personenidentität Nationalpässe vorzulegen. Nachdem die Beteiligten dieser Notwendigkeit widersprochen hatten, hat das Amtsgericht die Anträge im vorliegenden Verfahren und in den Parallelverfahren zurückgewiesen. Gegen diese Beschlüsse ist jeweils Beschwerde eingelegt worden.
35Der hiermit befasste Senat hat in dem Verfahren betr. die Nachbeurkundungen der Geburt des Beteiligten zu 1) sowie seiner Heirat mit der Beteiligten zu 2) (I-15 W 149/14) einen Anhörungstermin durchgeführt. Die dortige Beschwerde ist auf Anregung des Senats zurückgenommen worden. Der Senat hat sodann in dem Beschwerdeverfahren I-15 W 158/14 betreffend den Bruder B (alias Ba) des hier Betroffenen die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Eine Rechtsbeschwerde wurde allerdings nicht eingelegt. Vielmehr wurden die Berufungsverfahren beim OVG Münster forciert, die jedoch, wie erwähnt, letztlich mit der Zurückweisung der Berufungen endeten. Die Revision wurde nicht zugelassen.
36II.)
37Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Antrag, das Standesamt zur Nachbeurkundung der Geburt des Beteiligten zu 3) zu verpflichten, zu Recht zurückgewiesen.
38Nach § 36 Abs.1 S.1 PStG kann eine im Ausland erfolgte Geburt auf Antrag im Geburtenregister beurkundet werden, wobei diese Möglichkeit nach Satz 3 der Vorschrift auch für anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gilt, wenn diese ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Die zuletzt genannten Voraussetzungen treffen auf den Beteiligten zu 3) zu. Nach § 36 Abs.1 S.2 i.V.m. § 9 PStG ist der jeweilige Antragsteller jedoch gehalten, alle nach § 21 Abs.1 PStG im Geburtsregister zu beurkundenden Tatsachen nachzuweisen, jedenfalls soweit das Standesamt bzw. das Personenstandsgericht diese nicht durch amtswegige Ermittlungen klären kann. Hierbei impliziert das Gesetz eine Rangfolge der Beweismittel, angefangen von öffentlichen Urkunden absteigend hin zur eidesstattlichen Versicherung eines Beteiligten. Nr.36.2 i.V.m. Nr.34.6 AVV-PStG bestimmt im Übrigen, dass eine Nachbeurkundung nur zu erfolgen hat, wenn der Personenstandsfall als solcher festgestellt werden könne. Soweit weitere Angaben nicht feststellbar seien, ist zu beurkunden, jedoch sind nur die nachgewiesenen Angaben aufzunehmen.
39Nach § 21 Abs.1 PStG sind in den Geburtseintrag grundsätzlich die folgenden Angaben aufzunehmen:
401.
41die Vornamen und der Geburtsname des Kindes,
422.
43Ort sowie Tag, Stunde und Minute der Geburt,
443.
45das Geschlecht des Kindes,
464.
47die Vornamen und die Familiennamen der Eltern sowie auf Wunsch eines Elternteils seine rechtliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist.
48Bei formaler Betrachtung ist der Verpflichtungsantrag schon deshalb unbegründet, weil die diesem zugrunde gelegten, dem J Register entnommenen Personenstandsdaten nach den eigenen Angaben der Beteiligten zu 1) bis 3) –mit Ausnahme des Namens- falsch sind. Der Senat hat, obwohl er sich, ggf. nach weiteren Ermittlungen, durchaus in der Lage sähe, zu den meisten Personenstandsmerkmalen des § 21 Abs.1 PStG Feststellungen im notwendigen Umfang zu treffen, davon abgesehen, auf eine sachdienliche Anpassung des Antrags hinzuwirken (vgl. hierzu Gaaz/Bornhofen a.a.O.§ 49 Rdn.10). Denn eine solche Anpassung oder ein Hilfsantrag könnte letztlich keinen Erfolg haben, da es ausgeschlossen erscheint, das tatsächliche Geburtsdatum des Beteiligten zu 3) festzustellen, dies nach Auffassung des Senats für eine Nachbeurkundung jedoch rechtlich unverzichtbar ist.
49Nach dem anwaltlichen Vortrag der Beteiligten zu 1) und 2) im Schriftsatz vom 21.03.2013 sind ihnen die Geburtsdaten ihrer Kinder nicht erinnerlich. Diese hätten in ihrem Kulturkreis keinerlei Bedeutung, eine Feier von Geburtstagen gebe es nicht. Die Angaben der Beteiligten scheiden als Grundlage der Feststellung des Geburtsdatums danach aus.
50Auch die von den Beteiligten vorgelegten Personenstandsurkunden ermöglichen keine hinreichend sichere Feststellung des Geburtsdatums. Zunächst ist festzuhalten, dass die J Urkunden mangels Legalisation keine öffentlichen Urkunden im Sinne des § 415 ZPO darstellen. Eine Legalisation J Urkunden findet seit Jahren mit Rücksicht auf die Unzuverlässigkeit des J Urkundswesens nicht mehr statt. Der Aufbau eines Systems von Vertrauensanwälten der deutschen Auslandsvertretungen im J war in der Vergangenheit ebenfalls nicht möglich und scheitert derzeit bereits an der Sicherheitslage. Die vorgelegten J Urkunden unterliegen daher nicht nur hinsichtlich ihrer Echtheit, sondern auch ihres Inhalts der freien Beweiswürdigung. Vorliegend kann sich der Senat nicht von der Richtigkeit der vorgelegten Urkunden hinsichtlich des Geburtsdatums überzeugen.
51Zum Ablauf des Registrierungsverfahrens haben die Beteiligten zu 1) und 2) wie folgt vortragen lassen:
52Die Registrierung erfolge dergestalt, dass ein Verwandter, hier überwiegend der Großvater, das Standesamt am Herkunftsort (hier in der heutigen autonomen (L-region) aufsuche und das Kind dort anmelde. Hierbei werde als Geburtsort immer der Registrierungsort bzw. ein in dem Amtsbezirk liegender Ort eingetragen. Dies sei der Grund dafür, dass als Geburtsort in den J Urkunden G angegeben sei, während die Kinder tatsächlich ausnahmslos in C geboren seien. In der jüngeren Vergangenheit sei es möglich und teilweise erforderlich gewesen, eine Registrierung in einem Krankenhaus vornehmen zu lassen, das dann eine Geburtsbescheinigung ausgestellt habe, die sodann auch bei der amtlichen Registrierung vorgelegt worden sei. Diese Geburtsbescheinigung des Krankenhauses habe man auch dann bekommen können, wenn das Kind nicht in dem Krankenhaus, sondern zu Hause geboren worden sei. G oder G2 ist ausweislich des öffentlich zugänglichen Kartenmaterials ein Ort wenige Kilometer südlich der Provinzhauptstadt E im autonomen Kurdengebiet, C/K hingegen ist eine Region/Stadt südlich von C2.
53Hinsichtlich des Beteiligten zu 3) haben sie mit Schriftsatz vom 21.10.2013 konkret vorgetragen, dass in dem Krankenhaus in E eine Geburtsurkunde beschafft worden sei, die am 15.01.1995 ausgestellt worden sei und das Geburtsdatum mit dem 02.01.1995 angegeben habe. Der bei der Registrierung eingeschaltete Großvater habe diese Urkunde aber nicht mit zur Registrierungsbehörde genommen und dort dann als „gegriffenes“ Geburtsdatum den 15.01.1995 angegeben. Dementsprechend sei die Registrierung erfolgt.
54Die Angaben der Beteiligten hinsichtlich des Ablaufs der Registrierung erscheinen dem Senat glaubhaft. Sie werden indiziell auch durch die für die Schwester des Beteiligten zu 3) K2 bzw. K8 vorgelegten Urkunden bestätigt. Für diese existiert zunächst eine vom 06.04.1997 datierende „Geburtsurkunde“, die als Geburtstag den 01.04.1997 angibt und laut Übersetzung von dem „Leiter des Krankenhauses“ unterschrieben ist. Demgegenüber weisen die Auszüge aus dem Personenstandsregister und dem Geburtenregister jeweils den 06.04.1997, also das Datum der Geburtsbescheinigung des Krankenhauses, als Geburtstag aus.
55All dies zeigt, dass Registrierungen der J Personenstandsbehörden -jedenfalls in dem hier zeitlich und räumlich in Frage stehenden Zusammenhang- keinen Beweiswert im Sinne des deutschen Personenstandsrechts haben. Ein Registrierungsverfahren, das teilweise aufgrund bewusst unrichtiger Gefälligkeitsbescheinigungen und der offenkundig nicht überprüften Angaben Dritter durchgeführt wird, die im konkreten Fall mehr als 500 Kilometer vom Ort des Geschehens entfernt waren, das offenbar bewusst einen falschen Geburtsort dokumentiert und nicht bereit ist, einen aus den eigenen Urkunden ersichtlichen Fehler zu korrigieren, kann zu keinen Registerinhalten führen, die ihrerseits Grundlage einer Beurkundung in Deutschland seien könnten.
56Lässt sich danach das genaue Geburtsdatum weder anhand der Angaben der Beteiligten noch anhand der vorgelegten Urkunden feststellen, stellt sich für den Senat die weitere Frage, ob sich dieses Defizit durch eine Anwendung der sog. Annäherungstheorie beheben lässt (vgl. hierzu zuletzt Senat, Beschluss vom 22. Dezember 2015 – I-15 W 137/14 –, juris m.w.N.). Im Ergebnis verneint der Senat diese Möglichkeit für das Geburtsdatum und jedenfalls für den Fall der Nachbeurkundung.
57Typischerweise dient die sog. Annäherungstheorie dazu, die Beurkundung eines feststehenden Personenstandsfalls zu ermöglichen, auch wenn einzelne Personenstandsmerkmale im Sinne des § 1 Abs.1 PStG entweder überhaupt nicht bekannt sind oder nicht beweissicher festgestellt werden können. Hauptanwendungsfall ist dabei die Ermöglichung der Erstbeurkundung eines Inlandsfalles, der andernfalls überhaupt nicht beurkundet werden könnte. Dies schließt allerdings die Anwendung auf Fälle der Nachbeurkundung nicht von vorneherein aus (Senat a.a.O.).
58Hier besteht die Besonderheit darin, dass einerseits ein Fall der Nachbeurkundung vorliegt, eine Beurkundung also rechtlich (für Inlandsfälle der Geburtsbeurkundung vgl. etwa Art.7 der UN-Kinderrechtskonvention) nicht zwingend geboten ist. Weiter liegen von vorneherein keine tragfähigen Angaben zum Geburtsdatum vor. Die Annäherungstheorie ließe sich hier also nur so anwenden, dass man anstelle eines Geburtsdatums einen Zeitraum beurkundet, in welchem die Geburt aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen überwiegend wahrscheinlich erscheint.
59Über die Möglichkeit einer Beurkundung unter Angabe eines Zeitraums verhalten sich lediglich § 40 Abs.3 PStV i.V.m. § 73 Nr.16 PStG sowie Nr.31.2 AVV-PStG für den Fall des Sterbeeintrags. Fälle eines unbekannten bzw. nur annäherungsweise feststellbaren Geburtszeitpunktes regelt das Gesetz hingegen (nur) in den §§ 24 und 25 PStG. In beiden Fällen wird dem Standesamt jedoch nicht die Möglichkeit einer annäherungsweisen Beurkundung eröffnet, vielmehr verweist das Gesetz die (fiktive) Feststellung des Geburtsdatums in diesen Fällen in die Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsbehörde. Obwohl dem Gesetzgeber also bewusst war, dass der Zeitpunkt eines Personenstandsfalles u.U. nicht exakt festzustellen ist, hat er eine Auflösung dieser Problematik im standesamtlichen Verfahren nur für das Sterberegister vorgesehen. Gleichwohl hat der Senat auch eine Nachbeurkundung der Geburt mit der ungefähren Angabe des Geburtszeitraums, wie im Senatstermin in der Sache der Beteiligten zu 1) und 2) erörtert, ernstlich in Erwägung gezogen, weil er das praktische Bedürfnis sieht, die Kinder von Flüchtlingen mit tragfähigen Personenstandspapieren zu versehen. Letztlich hält er eine solche Auslegung bzw. Anwendung des § 36 PStG aber nicht für tragfähig.
60Das deutsche Personenstandswesen ist auf die Beurkundung von Personenstandsfällen, also die amtliche Fixierung als feststehend erachteter Tatsachen ausgerichtet (vgl. §§ 9, 10 PStG). Hierin liegt eine gewisse Schwerfälligkeit des Verfahrens, aber auch der hohe Beweiswert deutscher Personenstandsurkunden begründet. Soweit im rechtspolitischen Raum immer wieder die Forderung nach einem leichteren Zugang zu Personenstandseinträgen eingefordert wird, wird verkannt, dass dies letztlich nur zu Lasten des Beweiswertes und damit der Verwertbarkeit der Urkunden für die Betroffenen gehen kann. Es kann daher keine Rede davon sein, dass eine konsequente Anwendung des Gesetzes dieses über die Bedürfnisse der Betroffenen stelle. Denn das wohlverstandene Bedürfnis der Betroffenen kann, wie nicht zuletzt der vorliegende Fall zeigt, nur darin bestehen, verwertbare Personenstandsurkunden und nicht irgendwelche Papiere haben.
61Soweit eine allzu enge Auslegung des Gesetzes, insbesondere in Fällen mit Auslandsberührung, eine Beurkundung völlig verhindern würde, schafft die Annäherungstheorie einen angemessenen Ausgleich dahingehend, dass der Personenstandsfall, wenn er als solcher feststeht, beurkundet werden kann und nicht feststellbare (sekundäre) Personenstandsmerkmale entweder als „unbekannt“ oder nach den Angaben der Beteiligten mit einem den Beweiswert aufhebenden Zusatz eingetragen werden.
62Als feststehend kann ein Personenstandsfall im beurkundungsrechtlichen Sinne aber noch nicht dann angesehen werden, wenn feststeht, dass es einen personenstandsrechtlichen „Vorfall“ gegeben hat. Natürlich kann schlechterdings nicht geleugnet werden, dass der Beteiligte zu 3) geboren ist. Um dies nachzuweisen bedarf es keiner Urkunde. Hinzutreten muss nach Auffassung des Senats vielmehr das statutsbegründende Kerndatum des Personenstandfalls, was nach Auffassung des Senats bei einer Heirat das Heiratsdatum und bei einer Geburt das Geburtsdatum ist. Dabei bedarf es nach Auffassung des Senats vorliegend keiner Entscheidung, ob auch die Unsicherheit um bis zu einen Tag, etwa bei Unsicherheit, ob die Geburt vor oder nach Mitternacht stattgefunden hat, einer Beurkundung entgegenstünde.
63Im vorliegenden Fall liegen nach Auffassung des Senats bislang keine verwertbaren Angaben vor, die in tatsächlicher Hinsicht die Überzeugung begründen können, dass der Beteiligte zu 3) tatsächlich in einem datumsmäßig exakt eingrenzbaren Zeitraum geboren worden ist: Die Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) sind ungeeignet, weil sie selbst vortragen nicht zu wissen, wann der Beteiligte zu 3) geboren wurde. Die Angaben in der Geburtsbescheinigung des Krankenhauses sind nach der Art ihres Zustandekommens bestenfalls zufällig richtig, was sich jedoch in keiner Weise überprüfen lässt. Die Eintragung im Personenstandsregister ist nach den eigenen Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) definitiv falsch. Eine zuverlässige zeitliche Eingrenzung eines Geburtszeitraumes könnte deshalb lediglich auf der Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens vorgenommen werden, durch das etwa anhand röntgenologischer Wachstumsuntersuchungen das jetzige Lebensalter des Beteiligten zu 3) annähernd bestimmt und daraus auf einen Geburtszeitraum zurückgeschlossen wird. Abgesehen von der mit einer solchen Untersuchung für den Beteiligten zu 3) verbundenen persönlichen Belastung muss jedoch damit gerechnet werden, dass ein auf diese Weise gewonnenes Ergebnis zu einem nicht auszuschließenden Geburtszeitraum führt, der ein Jahr deutlich überschreitet. Da entsprechende Untersuchungen bei allen fünf Geschwistern mit einer ähnlichen zeitlichen Ausdehnung eines möglichen Geburtszeitraumes durchgeführt werden müssten, könnte sich ergeben, dass die bei Anwendung der Annäherungsmethode in einen Geburtseintrag aufzunehmenden möglichen Geburtszeiträume von Geschwistern sich teilweise überschneiden und anhand der Geburtseinträge nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden könnte, welches der Geschwister das ältere ist, ein für das deutsche Personenstandsrecht unvorstellbares Ergebnis.
64Das Fehlen einer exakten Feststellung der Geburtstages lässt sich nach Auffassung des Senats auch nicht durch Feststellungen zu weiteren Personenstandsmerkmalen kompensieren. Im Grundsatz setzt die Beurkundung insbesondere der Geburt die Feststellung aller zu beurkundenden Tatsachen voraus (vgl. Gaaz/Bornhofen, PStG, 3.Aufl., § 22 Rdn.2). Denn auch wenn man die Abstammung und die Namensführung feststellen kann, bleibt das Datum das Merkmal, an das sich verschiedene rechtliche Konsequenzen (Volljährigkeit i.w.S., sozialrechtliche Folgen) anknüpfen und das den Personenstandsfall typischerweise von dem etwaiger Geschwister unterscheidet. So ist auch für die Nachbeurkundung der Ehe weitgehend anerkannt, dass hierzu zwingend das Heiratsdatum feststehen muss (KG StAZ 1992, 342; Gaaz/Bornhofen, a.a.O. § 34 Rdn.17). Nach Auffassung des Senats muss entsprechendes für die Nachbeurkundung einer Geburt gelten (unklar in diesem Zusammenhang Gaaz/Bornhofen, a.a.O. § 36 Rdn.17, die bei der Nichtfeststellbarkeit der „Geburt“ das Verwaltungsverfahren nach § 25 PStG für möglich halten).
65Aus den o.g. Regelungen betr. die Beurkundung eines Sterbefalls ergibt sich nichts anderes. Ein sachlicher Unterschied besteht hier darin, dass bei einer verstorbenen Person, soweit es sich nicht um einen Leichenfund handelt, den das Gesetz besonders regelt (§ 40 Abs.1 PStV), deren Personenstand in aller Regel bekannt ist, sich die Beurkundungsfunktion also von vorneherein auf die Frage des Todes und des Todeszeitpunkts konzentriert. Die (insbes. erbrechtlichen) Folgeprobleme, die sich hinsichtlich des Todeszeitpunkts aus dem Fehlen einer exakten Feststellung im Verhältnis zu anderen Sterbefällen ergeben können, regelt das Gesetz in § 11 VerschG.
66Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Unaufklärbarkeit des Geburtsdatums zu einer merklichen Einschränkung der Beurkundungsmöglichkeiten nach § 36 PStG führen kann, wenn das Personenstandswesen des Geburtslandes die hier zu Tage getretenen Defizite aufweist. Letztlich bestehen aus Sicht des Senats zur Auflösung der Problematik aber nur folgende Alternativen:
67 Absehen von der Beurkundung
68 Beurkundung mit einem „Geburtszeitraum“
69 Festsetzung des Geburtsdatums durch die Verwaltungsbehörde gemäß § 25 PStG.
70Der Senat hält die letztgenannte Alternative für rechtlich geboten.
71Das Gesetz sieht ein Verfahren zur Feststellung der Personenstandsmerkmale einer lebenden Person nur in den §§ 24, 25 PStG vor. Hinsichtlich des hier in Betracht zu ziehenden § 25 PStG wird eine Anwendung auf im Ausland geborene Nichtdeutsche jedoch abgelehnt, oder aber mit äußerster Zurückhaltung gesehen (ablehnend BVerwG Beschlüsse vom 23.09.1066 -VII C 23/66- und -VII C 112/65- = NJW 1967, 458, jeweils zu § 26 PStG a.F.; VG Berlin StAZ 2000, 242 sowie Beschluss vom 29.05.2013 -3 K 1012.12-, juris; zweifelnd bis unklar Gaaz/Bornhofen, a.a.O. § 25 Rdn.7 sowie § 36 Rdn.17; Rhein, PStG, 2012, § 25 Rdn.2).
72Der Senat hält dies für den Anwendungsbereich des § 36 PStG für falsch, da bei einem nicht feststellbaren Geburtsdatum die Annäherungstheorie nicht greifen kann, die Standesämter nach der oben beschriebenen Gesetzessystematik zu letztlich fiktiven Feststellungen nicht befugt sind und ein völliges Absehen von der Nachbeurkundung den Anwendungsbereich des § 36 Abs.1 S.3 PStG verkümmern ließe.
73Richtig ist aus Sicht des Senats sicherlich, dass -entsprechend dem Wortlaut des § 25 PStG- die Durchführung des behördlichen Verfahrens voraussetzt, dass der Personenstand nicht aufklärbar ist. Auszuscheiden sind danach von vorneherein alle Fälle, in denen die objektiven Ermittlungsmöglichkeiten, z.B. aufgrund einer mangelnden Mitwirkung des Betroffenen nicht ausgeschöpft sind. Vorliegend ist das Geburtsdatum jedoch im Gesetzessinne unaufklärbar.
74Richtig ist weiter, dass bei der Anwendung des § 25 PStG auf Personenstandsfälle im Ausland aus völkerrechtlichen Gründen Zurückhaltung geboten ist. Grundsätzlich ist es Sache des Heimatstaates den Personenstand seiner Staatsangehörigen zu klären. Andererseits kommt die Anwendung des § 25 PStG in dem hier interessierenden Anwendungsrahmen des § 36 PStG jedoch von vorneherein nur für Personen in Betracht, deren Personalstatut sich -hier nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention- nach deutschem Recht richtet. In diesem Rahmen dürfte eine Verletzung völkerrechtlicher Grundsätze auszuschließen sein.
75Soweit die oben zitierten Stimmen in Rechtsprechung und Literatur auf die Möglichkeit der annäherungsweisen Nachbeurkundung verweisen (vgl. insoweit auch KG StAZ 1979, 293), trägt dies aus Sicht des Senats hinsichtlich des Geburtsdatums aus den o.g. Gründen nicht. Auffällig ist insoweit, dass sich keine der vorgenannten Stimmen mit der Frage des Geburtsdatums befasst. Erörtert werden vielmehr Personenstandsmerkmale, die auch aus Sicht des Senats für eine Beurkundung nicht zwingend genau feststehen müssen.
76Auch die Möglichkeit der Beschaffung und Vorlage von Nationalpässen würde das Problem allenfalls dann lösen, wenn man diesen, über den bisherigen Stand der einschlägigen Rechtsprechung hinaus, die Funktion einer verbindlichen Personenstandsfeststellung zuschreiben würde, die sie nach Auffassung des Senats weder nach seiner Funktion noch nach seinem Erklärungswert haben. Nach der insoweit weitgehend einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung kommt den Nationalpässen ein besonderer Beweiswert zu (vgl. Senat Beschluss vom 22.12.2015 -15 W 137/14-, juris, m.w.N.). Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nachweismöglichkeiten, ihrer besonderen Bestimmung für den internationalen Rechtsverkehr sowie des völkerrechtlichen Grundsatzes der Passhoheit erbringen sie grundsätzlich, d.h. widerlegbar, den Beweis der Identität des Passinhabers sowie der für ihn angegebenen Merkmale. Da dieser Beweis jedoch widerlegbar ist, ist die Vorlage eines Nationalpasses insoweit sinnlos, wenn bereits feststeht, dass ein bestimmtes dort angegebenes Datum falsch ist. Vorliegend hat der Senat keine Zweifel, dass ein Nationalpass des Beteiligten zu 3) allein nach Maßgabe der bereits vorliegenden Urkunden ausgestellt würde. Das dort angegebene Geburtsdatum ist aber nach dem eigenen Vortrag der Beteiligten falsch.
77Die von dem Senat danach zu verneinende Frage der Möglichkeit der Nachbeurkundung einer Geburt ohne (tatsächliche oder verwaltungsrechtliche) Feststellung des Geburtsdatums ist vorliegend auch entscheidungsrelevant. Denn der Senat sähe sich, ggf. nach weiteren Ermittlungen, durchaus in der Lage, zu den weiteren Personenstandsmerkmalen des § 21 Abs.1 PStG Feststellungen zu treffen, soweit diese notwendig sind.
78Hinsichtlich des Geburtsortes hätte der Senat nach den o.a. Überlegungen keine Bedenken, insoweit die Annäherungstheorie anzuwenden und die Beurkundung von „C“ mit einem die Beweiswirkung einschränkenden Zusatz anzuordnen. Näherer Klärung bedürfte allenfalls noch, wie die genaue namentliche Bezeichnung der Stadt ist. Nach dem -allerdings auf nur einer Quelle beruhenden- Kenntnisstand des Senats bezeichnet C im heutigen Sprachgebrauch die Provinz bzw. Region, während der Hauptort K genannt wird.
79Die Abstammung des Beteiligten zu 3) (§ 21 Abs.1 Nr.4 PStG) beurteilt sich gemäß Art.19 Abs.1 S.1 EGBGB grundsätzlich nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts zur Zeit der Begründung der Abstammung. Nach allen feststehenden Tatsachen, insbesondere dem Staatsangehörigkeitsausweis des Beteiligten zu 1) (dazu näher unten), dem Tätigwerden J Behörden und der in Deutschland dokumentierten Einreisehistorie, ist davon auszugehen, dass die Beteiligten J sind und im Zeitraum, der für die Geburt des Beteiligten zu 3) in Betracht gezogen werden kann, ihren Aufenthalt im J hatten.
80Das danach zunächst berufene J Recht geht als selbstverständlich davon aus, dass Mutter des Kindes die Frau ist, die es geboren hat (vgl. § 51 Gesetz über das Personalstatut/irakPStG, zitiert nach Bergmann u.a., Int. Familien- und Kindschaftsrecht). Insoweit hat der Senat -wiederum aufgrund der Gesamtumstände der Einreise- wenig Zweifel, dass die Beteiligte zu 2) die Mutter des Beteiligten zu 3) ist. Ggf. ließen sich in dieser Frage noch weitere Erkenntnisse durch die Einholung eines Abstammungsgutachtens erlangen.
81Als Vater des Kindes gilt nach J Recht grundsätzlich der Ehemann der Mutter. Der Senat ist vorliegend auch davon überzeugt, dass die Beteiligten zu 1) und 2) verheiratet sind. Lediglich von dem genauen Datum der Eheschließung hat er sich nicht überzeugen können, weshalb er ihnen in dem Verfahren 15 W 149/14 (betr. u.a. die Nachbeurkundung der Eheschließung) die Rücknahme der Beschwerde nahegelegt hat (zur Begründung vgl. oben).
82Nach J Recht (vgl. Art.13 Abs.1 EGBGB) wird die Ehe grundsätzlich durch einen privaten Vertrag geschlossen (§ 3 Abs.1 irakPStG). Dieser kann und muss im Grundsatz gerichtlich registriert werden (§ 10 irakPStG). Obwohl die genannte Bestimmung Zuwiderhandlungen unter Strafe stellt, sind der dt. Botschaft ausweislich der bei der Akte befindlichen Auskunft, irgendwelche Sanktionsfälle nie zur Kenntnis gelangt. Daneben kennt das J Recht auch die (öffentliche?) Anerkennung der Ehe (§ 11 irak.PStG), die zur Wirksamkeit der Ehe führt.
83Die Beteiligten haben eine Urkunde des Gerichts für Personenstandswesen in E vom 18.08.2011 vorgelegt, die von den Behörden der autonomen Region L sowie dem J Generalkonsulat in Frankfurt überbeglaubigt sind. Danach haben die Beteiligten zu 1) und 2) zu dem genannten Datum anerkannt, verheiratet zu sein. Auf ihren Antrag wurde die Ehe anerkannt und in das Eheregister aufgenommen.
84Der Senat verkennt nicht, dass diese Urkunde verschiedenen Bedenken begegnet. Zunächst weicht sie in der äußeren Gestaltung (Unterschriften, Stempel, Stempelmarke) von der Fotokopie ab, die die Beteiligte zu 2) bei ihrem Anschluss an den Antrag des Beteiligten zu 1) vorgelegt hat. Ggf. ließe sich dies durch die Existenz einer zweiten Ausfertigung erklären. Inhaltlich scheint sie die Vorschriften des § 10 irakPStG (gerichtliche Registrierung) mit denen des § 11 irakPStG (Anerkennung der Ehe) zu vermengen. Insoweit entspricht sie auch nicht dem Inhalt und dem äußeren Erscheinungsbild derjenigen Registrierungsurkunden, die dem Senat aus anderen Verfahren bekannt sind.
85Letztlich können diese Bedenken jedoch dahinstehen. Auch hinsichtlich der Frage, ob die Beteiligten zu 1) und 2) verheiratet sind, bedarf es nach Auffassung des Senats einer Würdigung der Gesamtumstände. Insoweit ist zunächst nochmals auf die in Deutschland dokumentierte „Familiengeschichte“ seit der Einreise zu verweisen. Der Beteiligte zu 1) handelt seit mehr als 15 Jahren als Vater der Kinder. Einen Grund, wieso er dies tun sollte, wenn sie nicht tatsächlich seine Kinder sind, vermag der Senat nicht zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Beteiligten zu 1) und zu 2) im August 2011 im J waren. Dies haben sie vor dem Senat eingeräumt, obwohl ihr anwaltlicher Vortrag zuvor eher in eine völlig andere Richtung ging. Ihre jetzigen Angaben sind angesichts der iranischen Visa insoweit auch glaubhaft. Kann danach aber davon ausgegangen werden, dass sie zur Zeit der Ausstellung der „Heiratsurkunde“ tatsächlich im J waren, so spricht dies mit ganz erheblichem Gewicht für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde. Denn da das J Recht mit dem Institut der Anerkennung (§ 11 irakPStG) ihnen die Möglichkeit eröffnete, die Rechtswirkungen der Ehe, sollten sie noch nicht eingetreten sein, herbeizuführen, macht es keinerlei Sinn, sich stattdessen eine falsche oder inhaltlich unrichtige zu beschaffen, die regelmäßig mit höheren „Kosten“ verbunden ist, als ein normaler gerichtlicher Vorgang.
86Hinsichtlich der Namensführung der Eltern und damit einhergehend derjenigen des Beteiligten zu 3) gilt Folgendes:
87Feststellen kann der Senat zunächst den Namen des Beteiligten zu 1) aufgrund der von ihm vorgelegten Staatsangehörigkeitsurkunde. Dieses Dokument ist seitens der Prüfstelle des BAMF als echt eingestuft worden. Der Senat ist aufgrund des Augenscheins des auf dem Staatsangehörigkeitsnachweis vorhandenen Fotos einerseits sowie des Beteiligten zu 1) persönlich und der ihn im Zeitverlauf darstellenden Fotos in den Ausländerakten auch davon überzeugt, dass insoweit Personenidentität besteht. Sonstige Bedenken gegen inhaltliche Richtigkeit dieses Dokuments betreffend die Namensführung bestehen nicht. Indiziell bestätigt wird die Namensführung zudem durch den J Nationalpass des Mannes, den die deutschen Behörden im Wege der Familienzusammenführung haben einreisen lassen, also als dessen Vater ansehen.
88Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Name der Beteiligten zu 2) so lautet, wie von ihr seit jeher gegenüber den deutschen Behörden angegeben. Irgendwelche Anhaltspunkte für Falschangaben haben sich bei ihr in den zurückliegenden Jahren nie ergeben. Auch werden ihre konsistenten Angaben durch die J Urkunden bestätigt. Auch wenn diese Urkunden einen nur geringen Beweiswert haben mögen, sieht der Senat keinen sachlichen Grund zu durchgreifenden Zweifeln gegen die Richtigkeit dieser Angaben.
89Hinsichtlich der Namensführung des Beteiligten zu 3) geht der Senat aufgrund aller J Urkunden davon aus, dass die Familie keinen dem deutschen Familiennahmen vergleichbaren Sippen- oder Stammesnamen (laqab) führt. Danach ist davon auszugehen, dass der Beteiligte zu 3) nach J Recht ausschließlich einen Eigennamen traditionell-B2 Prägung erworben hat, bestehend aus einer dreigliedrigen Namenskette Eigenname-Eigenname des Vaters-Eigenname des Großvaters (vgl. OLG Nürnberg FGPrax 2015, 189f; Rohrmeier StAZ 2012, 117). Die danach maßgebenden Eigennamen des Vaters und des Großvaters, lassen sich anhand des Staatsangehörigkeitsausweises des Beteiligten zu 1) feststellen (vgl. oben).
90Seinen individuellen Eigennamen erwirbt ein Kind nach J Recht durch Bestimmung seitens der Sorgeberechtigten, im Zweifel also der Eltern oder des Vaters. Gesetzliche Regelungen hierzu existieren nicht (vgl. OLG Nürnberg a.a.O.; Standesamt und Ausländer, Stichwort Irak XI.4). Objektiv feststellen lässt sich insoweit, dass die J Behörden jedenfalls ab 2011 den Beteiligten zu 3) mit dem Eigennamen „O“ (genauer mit einem entsprechenden Namen in B2 Schrift) kennen. Dabei hält der Senat es für glaubhaft, dass der Beteiligte, wie im Auszug aus dem Familien- oder Zivilstandsregister vom 05.12.2011 angegeben, mit dem vorgenannten Namen registriert worden ist. Maßgebend hierfür sind die folgenden Überlegungen:
91Zunächst kann angesichts der vorhandenen Überbeglaubigungen sowie des Ergebnisses der Untersuchungsstelle des BAMF davon ausgegangen werden, dass der Auszug echt ist, mögen einzelne Angaben (insbesondere die Zeitangaben) auch inhaltlichen Bedenken unterliegen. Dafür, dass der Eigenname des Beteiligten zu 3) in diesem Zusammenhang falsch eingetragen worden sein könnte, also eine Gefälligkeitsbeurkundung vorliegt, sind weder Anhaltspunkte, noch denkbare Gründe ersichtlich. Dabei ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 3) im ungefähren Alter von sechs bis sieben Jahren nach Deutschland eingereist ist und damit den weit überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens hier verbracht hat, wo er mittlerweile auch einen gesicherten Aufenthaltsstatus hat. Vor diesem Hintergrund ist ein Motiv, die Identität durch die Angabe eines (nunmehr) falschen Namens zu verschleiern, -bezogen auf das Jahr 2011- auszuschließen. Die damals ausgestellten Papiere sind nach dem zeitlichen Zusammenhang zur Vorlage in dem Einbürgerungsverfahren beschafft worden. Hierfür haben die Beteiligten zu 1) und 2) ausweislich der J Visa einen erheblichen Aufwand betrieben. Wären diese Papiere aus „Gefälligkeit“ inhaltlich falsch ausgestellt worden und wäre dies das Ziel der Beteiligten zu 1) und 2) gewesen, hätten sie sich Papiere beschaffen können, die inhaltlich vollständig ihren ursprünglichen Angaben in Deutschland entsprachen. Die nächstliegende Erklärung für die Angabe des Eigennamens des Beteiligten zu 3) in dem Auszug ist danach, dass er zeitlich vorhergehend mit diesem Namen registriert worden ist.
92Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob die Angabe der ursprünglichen Eigennamen gegenüber den deutschen Behörden schlicht falsch war, oder die Erklärungen der Beteiligten zu 1) und 2) zutreffen, wonach die Kinder mit offiziellen muslimisch-L Namen registriert, in ihrem familiären Umfeld aber mit ihren K3 geprägten Namen gerufen worden seien. Auch im letztgenannten Fall liegt eine rechtlich wirksame Namensvergabe nur hinsichtlich des zu registrierenden Namens vor. Denn es entspricht ja gerade dem Willen des oder der Bestimmungsbefugten, dass allein dieser Name im Rechtsverkehr nach außen in Erscheinung tritt.
93Soweit die lateinische Schreibweise des Namens zwischen O, O2 etc. wechselt, sähe der Senat ebenfalls kein Problem, das der Beurkundung entgegenstehen könnte. Für den Namen ist im Ausgangspunkt auf die B2 Schriftzeichen abzustellen (vgl. im Einzelnen OLG Nürnberg a.a.O.). Für den Fall, dass die Sprache in der der Name erworben wurde, keine lateinischen Schriftzeichen verwendet, bestimmt A 4.2 der AVV-PStG, dass dieser nach der einschlägigen ISO-Norm, soweit vorhanden, durch Transliteration, also zeichengetreu, zu übertragen ist. Für das B2 Schriftsystem existiert auch eine solche Norm (ISO 233). Bei den vorliegenden Übersetzungen kann hingegen davon ausgegangen werden, dass die Namen in diesen nicht durch Transliteration übertragen, sondern durch eine dem Hörempfinden des jeweiligen Übersetzers entsprechende Schreibweise transkribiert worden sind.
94Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs.1, 36 Abs.1 und 2 GNotKG.
95Der Senat hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs.2 S.1 Nr.1 und 2 FamFG zugelassen. Die Frage, inwieweit die Annäherungstheorie im Rahmen des § 36 Abs.1 PStG auch auf das Geburtsdatum angewandt werden kann, ist -soweit ersichtlich- bislang völlig ungeklärt, besitzt aber angesichts der derzeit obwaltenden Umstände eine hohe praktische Relevanz für eine unabsehbare Vielzahl von Fällen. Zudem sieht sich der Senat -jedenfalls im argumentativen Bereich- im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
96Rechtsmittelbelehrung:
97Gegen diesen Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe einzulegen. Der Beschwerdeführer muss sich bei der Einlegung der Rechtsbeschwerdeschrift durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Der Beteiligte zu 5) kann sich bei dem Bundesgerichtshof auch durch einen eigenen Beschäftigten mit der Befähigung zum Richteramt vertreten lassen.