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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die noch unbekannten Erben des Erblassers.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 133.300,- € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I
3Der Erblasser hat keine letztwillige Verfügung errichtet. Er war ledig und ohne Abkömmlinge. Seine Eltern, deren einziges Kind der Erblasser war, und seine Großeltern sind vorverstorben.
4Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 5. April 2016 Nachlasspflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 1) zum Nachlasspfleger. Als Wirkungskreis bestimmte das Nachlassgericht die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben. Der Beteiligte zu 1) geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Erbensuche bis Ende 2017 abgeschlossen werden kann.
5Der Erblasser verfügte über Geld- und Finanzvermögen im Gesamtwert von mehr als 400.000,- €. Er war Alleineigentümer der mit einem Einfamilienhaus bebauten Immobilie I ## in N. Das Einfamilienhaus ist seit dem Tod des Erblassers nicht mehr bewohnt.
6Der vom Beteiligten zu 1) im Juli 2016 beauftragte, für die Bewertung von Grundstücken öffentlich bestellte und vereidigte Sachverstände Dipl.-Ing. I2 kam in seinem schriftlichen Gutachten vom 17. August 2016 zu dem Ergebnis, dass die Immobilie – bezogen auf den Monat Mai 2016 – einen Verkehrswert von 120.000,- € hat. Der Sachverständige beschrieb den Garten der Immobilie als verwildert und schätzte den Bau- und Unterhaltungszustand des Gebäudes als wenig befriedigend ein; der Innenausbau sei verbraucht und insgesamt erneuerungsbedürftig.
7Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. Januar 2017 veräußerte der Beteiligte zu 1) in seiner Eigenschaft als Nachlasspfleger unter Vorbehalt der Genehmigung des Nachlassgerichts das Eigentum an der Immobilie I ## in N für einen Kaufpreis von 133.300,- € an die Eheleute X (UR-Nr. ##/2017 des Notars E in Recklinghausen). Mit weiterer notarieller Urkunde vom selben Tag (UR-Nr. 44/2017 des Notars E in S) bestellten der Beteiligte zu 1) in seiner Eigenschaft als Nachlasspfleger unter Vorbehalt der Genehmigung des Nachlassgerichts und die Eheleute X eine Grundschuld in Höhe von 200.000,- € zugunsten der E2 zum Zwecke der Finanzierung des Kaufpreises. Der Urkundsnotar legte beglaubigte Abschriften beider Urkunden, in denen der Beteiligte zu 1) jeweils die Genehmigung des Nachlassgerichts beantragt hatte, dem Amtsgericht vor.
8Das Nachlassgericht bestellte den Beteiligten zu 2) mit Beschluss vom 2. Februar 2017 im Genehmigungsverfahren hinsichtlich der notariellen Urkunden vom 27. Januar 2017 zum Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers. In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 22. Februar 2017 sprach sich der Beteiligte zu 2) gegen die Genehmigung aus. Er machte geltend, dass der Nachlasspfleger den Nachlass grundsätzlich in seinem Bestand zu sichern und zu erhalten habe und die wirtschaftliche Notwendigkeit des Immobilienverkaufs nicht begründet habe. Der Beteiligte zu 1) verwies demgegenüber auf die bestehende Grundfeuchtigkeit im Gebäudeinnern, die nur durch wöchentliche Lüftungsmaßnahmen zu regulieren sei, sowie auf die für eine Vermietung erforderliche kostenträchtigte Instandsetzung und Sanierung.
9Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht die Erklärungen des Beteiligten zu 1) aus den notariellen Urkunden vom 27. Januar 2017 genehmigt mit der Maßgabe der Zahlung des Kaufpreises nicht auf das im Kaufvertrag bezeichnete Konto, sondern auf eines der zum Nachlass gehörenden gesperrten Konten. Der Beteiligte zu 2) hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Genehmigungsfähigkeit nicht vorlägen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
11II
12Die gemäß § 58 Abs.1 FamFG statthafte Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist formgerecht, § 64 FamFG, innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 63 Abs.2 Nr.2 FamFG beim Amtsgericht eingelegt worden. Als bestellter Verfahrenspfleger ist der Beteiligte zu 2) gemäß § 59 Abs.1 FamFG beschwerdeberechtigt, weil er in seiner verfahrensrechtlichen Stellung als Verfahrtenspfleger die rechtlichen Interessen der unbekannten Erben wahrzunehmen hat.
13Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss zu Recht und mit sachgerechten Erwägungen das ihm bei der Entscheidung über die Frage der Genehmigung eingeräumte Ermessen dahin ausgeübt, dass es die Genehmigung erteilt hat.
14Sowohl die vom Beteiligten zu 1) im Hinblick auf die Grundstücksveräußerung als auch die von ihm für die Bestellung der Finanzierungsgrundschuld abgegebenen Erklärungen waren genehmigungsbedürftig, §§ 1960 Abs.2, 1915 Abs.1, 1821 Abs.1 Nr.1, Nr.2 BGB. Zuständig für die Entscheidung über die nach den vorstehenden Vorschriften notwendige gerichtliche Genehmigung ist das Nachlassgericht, § 1962 BGB.
15Die gerichtliche Entscheidung über die Genehmigung oder deren Ablehnung ist eine Ermessensentscheidung (vgl. allgemein Palandt/Götz, BGB, 76. Auflage, § 1828 Rn. 8). Maßgebliches Kriterium für das Nachlassgericht bei der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung von Genehmigungen für Erklärungen des Nachlasspflegers ist das Interesse der unbekannten Erben im Entscheidungszeitpunkt. Da die Erben unbekannt sind, ist aus der Natur der Sache heraus für eine Berücksichtigung von konkreten Individualinteressen kein Raum; abzustellen ist vielmehr nach objektiven Kriterien vor allem auf das wirtschaftlich und finanziell Vernünftige. Dabei ist allerdings dem Beteiligten zu 2) zuzustimmen, dass in der Regel der Erhalt des vorhandenen Nachlassbestandes zu den Aufgaben des bestellten Nachlasspflegers zählt, weil das maßgebliche Kriterium für die Anordnung der Nachlasspflegschaft die Sicherung des Nachlasses ist, § 1960 Abs.2, Abs.1 BGB.
16Auch in Ansehung dieses Grundsatzes ist aber im vorliegenden Fall die Erteilung der Genehmigung für die notariell beurkundeten Erklärungen des Beteiligten zu 1) vom 27. Februar 2017 interessengerecht. Dem Beteiligten zu 1) ist es gelungen, die Immobilie für mehr als 110 % des vom beauftragten Sachverständigen ermittelten Verkehrswertes zu veräußern. Die Veräußerung der Immobilie ist für den Nachlass daher bei objektiver Betrachtung wirtschaftlich vorteilhaft. Der Nachlass wird durch die preisgünstige Veräußerung nicht mehr mit den laufenden Kosten für Grundstücksabgaben belastet; hierbei weist der seit vielen Jahren in der Beschwerdeinstanz mit Nachlasssachen befasste Senat insbesondere darauf hin, dass erfahrungsgemäß für leer stehende Immobilien insbesondere hohe laufende Versicherungsbeiträge anfallen und Vorgaben wie regelmäßige Begehungen und Besichtigungen der Versicherungsunternehmen erfolgen, deren Beachtung zusätzliche Kosten für den Zeitaufwand des Nachlasspflegers und den Einsatz eines Hausmeisterbetriebes o.ä. verursacht. Wenn – wie vorliegend – kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass von Seiten eines oder mehrerer der noch unbekannten Erben ein signifikantes Interesse daran besteht, die Immobilie im Rahmen einer zukünftigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft als eigene zu erhalten, kann im Rahmen der gerichtlichen Ermessensausübung dieser Punkt von erheblicher Bedeutung sein. Angesichts des aus dem eingeholten Sachverständigengutachtens ersichtlichen Allgemeinzustandes der Immobilie schließt sich zudem der Senat auch ohne konkrete Angabe von Beträgen den Darlegungen des Beteiligten zu 1) und der Auffassung des Amtsgerichts an, dass eine Vermietung der Immobilie nur nach dem nicht geringen Einsatz von Kapital aus dem sonstigen Nachlass realistisch möglich wäre. Zudem verweist der Senat darauf, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Einfamilienhaus vom Erblasser bis hin zu einem sachverständig eingeschätzten „wenig befriedigenden Gesamtzustand“ abgewohnt worden war, auch kostenintensive Instandhaltungsmaßnahmen vor allem werterhaltend sind, in der Regel aber nur in vergleichsweise geringem Umfang wertsteigernd sein können. In der Regel bleibt eine – wenn überhaupt - erreichte Wertsteigerung betragsmäßig deutlich unter dem Umfang des Kapitaleinsatzes. Zudem ist häufig erforderlich, dass sich ein bestellter Nachlasspfleger hinsichtlich Art und Umfang von Instandhaltungsmaßnahmen sachverständig beraten lassen muss, wodurch der Nachlass wiederum mit zusätzlichen Kosten belastet werden muss. Die für das Ermöglichen einer wirtschaftlich sinnvollen Vermietung zu erwartenden Kosten rentieren sich nur über einen längeren Vermietungszeitraum, von dem keineswegs unterstellt werden kann, dass er den Interessen der unbekannten Erben entspricht.
17Angesichts dieser Umstände kann der Senat die Veräußerung der Immobilie zu einem Kaufpreis, der mehr als 10 % über dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert liegt, im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nur als wirtschaftlich sinnvoll und sachgerecht einschätzen. Die Erteilung der Genehmigung durch das Nachlassgericht zur Veräußerung und der Ermöglichung der Kaufpreisfinanzierung für die Käufer durch Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld ist in keiner Weise ermessensfehlerhaft.
18Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens (vgl. Korintenberg/H. Schneider, GNotKG, 19. Auflage, Nr. 12320 KV Rn. 3) beruht auf § 81 Abs.1 S.1 FamFG.
19Es entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 81 Abs.1 S.1 FamFG, dass die im Rahmen einer angeordneten Nachlasspflegschaft anfallenden Gerichtskosten für das Verfahren über gesetzlich vorgeschriebene gerichtliche Genehmigungsentscheidungen von den Erben zu tragen sind. Denn das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung hinsichtlich der vom Gesetzgeber typischerweise als besonders bedeutend bzw. besonders gefahrenträchtig eingestuften Rechtshandlungen des Verfahrenspflegers besteht vor allem im Interesse der unbekannten Erben. Es ist daher im Regelfall nicht sachgerecht, den bestellten Nachlasspfleger oder den bestellten Verfahrenspfleger mit anfallenden Gerichtskosten zu belasten. Es ist vielmehr im Regelfall geboten, die noch unbekannten Erben mit den in ihrem objektivierten Interesse angefallenen Gerichtskosten zu belasten. Der Gesichtspunkt, dass das Genehmigungsverfahren im Interesse der Erben vom Gesetzgeber vorgesehen ist, schließt eine Kostenentscheidung zu Lasten des Nachlasspflegers oder des Ergänzungspflegers in der Regel auch dann aus, wenn einer von ihnen objektiv mit dem im Verfahren eingenommenen Standpunkt nicht durchzudringen vermag und daher gewissermaßen der im Genehmigungsverfahren unterliegende Beteiligte ist. Eine solche allein auf den Verfahrensausgang abstellende Betrachtungsweise widerspräche aber den Grundsätzen billigen Ermessens, weil die verfahrensrechtlich eingenommene Position des Nachlass- bzw. des Ergänzungspflegers primär fremdnützig ist. Denn sowohl der Nachlasspfleger als auch der Verfahrenspfleger sind zum Zwecke der Wahrnehmung der Interessen der unbekannten Erben bestellt. Jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – der vom Nachlass- bzw. vom Ergänzungspfleger im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens aufgrund pflichtgemäßer Ausübung des übertragenen fremdnützigen Amtes eingenommene Standpunkt sachlich vertretbar ist, haben die noch unbekannten Erben die hiermit verbundenen Kosten zu tragen. Ob im Ausnahmefall hinsichtlich entstehender Gerichtskosten dann etwas anderes gelten kann, wenn ein vom Nachlass- bzw. vom Ergänzungspfleger vertretener Standpunkt von vornherein verfehlt und den Interessen der unbekannten Erben ersichtlich konträr zuwiderlaufend ist, ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung.
20Für eine Verpflichtung zur Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht keine Veranlassung.
21Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 61 Abs.1, 60 Abs.1 GNotKG.
22Die Voraussetzungen des § 70 Abs.2 S.1 FamFG für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.