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1.
Ob die Haftsumme des Kommanditisten gedeckt ist, entscheidet sich allein nach der Bilanz mit fortgeführten Buchwerten, so dass der in Anspruch genommene Kommanditist auch nur mittels der Bilanzen beweisen kann, dass seine Haftsumme gedeckt ist.
2.
Die Verjährung der Haftung sowohl des Kommanditisten als auch des Kommanditisten-Treugebers richtet sich nach den Vorschriften der §§ 159, 160, 161 Abs. 2 HGB.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 06.06.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
2I.
3Die Klägerin macht Ansprüche wegen unmittelbarer Kommanditistenhaftung geltend.
4Sie ist Führerin eines Konsortiums von Großbanken, das auf der Grundlage eines Darlehensvertrages vom 27.06.2002 der C mbH & Co. KG (im Folgenden: C KG) einen Kredit in Höhe von 103.080.000,- € gewährte.
5Das Darlehen lief bis zum 30.12.2011 und wurde bislang nicht zurückgezahlt. Eine Verlängerung des Darlehens wurde nicht vereinbart.
6Kommanditistin der C KG ist die B GmbH (im Folgenden: B GmbH). Diese verwaltet treuhänderisch die Einlagen u.a. des Beklagten, der sich im Juni 2003 mit einer Summe von 20.000,- € zzgl. 1.000,- € Agio beteiligte, wobei er 6.000,- € davon erst im Dezember 2003 zahlte.
7In den Jahren 2003 bis 2010 wurden an den Beklagten Liquiditätsüberschüsse in Höhe von insgesamt 8.620,- € ausgeschüttet. Ferner führte die C KG in diesem Zeitraum für den Beklagten Kapitalertragssteuer in Höhe von 20,16 € sowie 1,11 € Solidaritätszuschlag ab.
8Die Einlage sowie das Agio wurden bei der C KG auf einem Kapitalkonto I gebucht (s. Anlage K 10 zur Klageschrift). Auf einem Kapitalkonto II wurden Gewinne, Verluste, Einzahlungen und Entnahmen gebucht, u.a. auch die vorgenannten Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 8.620,- € (s. Anlage K 10).
9Die Handelsbilanzen der C KG wiesen in den Jahren 2003 und 2004 erhebliche Verluste und in den Jahren 2005 bis 2010 Gewinne aus.
10Ausweislich des Jahresabschlusses der C KG zum Geschäftsjahr 2013 lebte die Haftung der Kommanditisten im Umfang der Entnahmen in Höhe von 17.409.337,12 € wieder auf. Selbst dieser Betrag reicht nicht aus, um die bestehenden Verbindlichkeiten der C KG aus den Darlehensverträgen zurückzuführen.
11Aufgrund dieser Kommanditisten-Entnahmen in Höhe von mehr als 17 Millionen € trat die B GmbH ihre Freistellungsansprüche gegen die Anleger aus dem Treuhandvertrag wegen Inanspruchnahme aus unmittelbarer Kommanditistenhaftung an die Klägerin ab.
12Diese verlangt nunmehr von dem Beklagten die Rückzahlung der an ihn geleisteten 8.641,27 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
13Dazu hat sie behauptet, die Auszahlungen seien stets bei Unterdeckung der Haftsumme des Beklagten aufgrund der Verluste und Entnahmen geschehen.
14Die Klägerin hat beantragt,
15den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 8.641,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 sowie außergerichtliche Kosten der Klägerin in Höhe von 808,13 € zu zahlen.
16Der Beklagte hat beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Der Beklagte meint, dass die Voraussetzungen einer Haftung nach §§ 171, 172 HGB nicht gegeben seien.
19Da seine Einlage fest auf dem Kapitalkonto I gebucht sei, die Ausschüttungen jedoch auf dem Kapitalkonto II, sei seine Einlage noch in voller Höhe eingezahlt vorhanden, so dass er nicht hafte. Für den Verlust der C KG im Jahre 2003 hafte er nach dem Gesellschaftsvertrag nur anteilig, da er dieser erst am 10.06.2003 wirksam beigetreten sei.
20Ferner könne die Klägerin nicht aus abgetretenem Recht vorgehen, da ein Abtretungsverbot gegeben sei. Schließlich habe er die Einrede der Verjährung erhoben.
21Mit Urteil vom 06.06.2016 hat das Landgericht Bochum den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 8.641,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 sowie außergerichtliche Kosten der Klägerin in Höhe von 808,13 € zu zahlen.
22Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung von 8.641,27 € aus §§ 171 I, II, 172 IV HGB, §§ 398 ff. BGB habe.
23Die Klägerin habe gegen die B GmbH als Kommanditistin einen Anspruch aus §§ 171 I, 172 IV HGB. Die an den Beklagten als Treugeber geflossenen Ausschüttungen seien als teilweise Rückzahlung der Einlage anzusehen, da die C KG keine ausreichenden Gewinne gemacht habe, so dass sich die Kapitaleinlage des Beklagten durch die Ausschüttungen reduziert habe. Da der Beklagte für das gesamte Jahr 2003 eine Ausschüttung erhalten habe, hafte er vollständig – und nicht nur anteilig – für den in diesem Jahr angefallenen Verlust. Obwohl die Ausschüttungen an den Beklagten als Treugeber geflossen seien, seien sie als Zahlungen an die B GmbH zu sehen.
24Die B GmbH wiederum habe aus § 9 Nr. 1 Satz 3 des Treuhandvertrages einen Freistellungsanspruch gegen den Beklagten, der sich darüber hinaus auch aus §§ 683 S. 1, 675 BGB ergebe.
25Die B GmbH habe ihre Ansprüche gegen den Beklagten wirksam an die Klägerin abgetreten. Dadurch habe sich der Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Dies habe jedoch keine inhaltliche Veränderung zur Folge, wenn die Abtretung des Freistellungsanspruchs – wie hier – gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld erfolgt. Ein Abtretungsverbot habe nicht vorgelegen; die Abtretung habe auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.
26Auch sei keine Verjährung eingetreten.
27Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
28Eine Unterdeckung im Sinne des § 172 IV HGB habe nicht vorgelegen, da die späteren Gewinne die anfänglichen Verluste kompensiert hätten. Hierbei sei auf die handelsrechtlichen Ergebnisse abzustellen.
29Für den in 2003 angefallenen Verlust hafte der Beklagte nur anteilig, da sein Beitritt erst am 10.06.2013 mit Unterschrift der C KG und der B GmbH wirksam geworden sei. Dies ergebe sich ausdrücklich aus §§ 3 VI, 12 IV des Gesellschaftsvertrages. Die anteilige Haftungsquote sei weiter zu reduzieren, da er nach seinem Beitritt zunächst lediglich 70 % seiner Einlage gezahlt habe und zum 31.12.2003 dann die restlichen 30 %. Statt eines handelsrechtlichen Verlustes in Höhe von 2.978,52 € ergebe sich für den Beklagten lediglich ein Verlust in Höhe von 1.165,30 €. Dass der Beklagte für 2003 auch nur eine anteilige Ausschüttung erhalten habe, sei daran zu erkennen, dass die Ausschüttungen für die Folgejahre deutlich höher ausgefallen seien.
30Aufgrund dessen habe sich das Kapitalkonto des Beklagten anders entwickelt als von der Klägerin behauptet. Ausgehend von dem anteiligen Verlust für 2003 in Höhe von 1.165,30 € ergebe sich für den Zeitraum bis einschließlich 2010 ein handelsrechtlicher Gewinn in Höhe von insgesamt 1.296,25 €. Da dieses Ergebnis positiv sei, habe sich die Einlage des Beklagten nicht reduziert, so dass seine Haftung ausgeschlossen sei. Hilfsweise sei der Anspruch der Klägerin um das positive handelsrechtliche Ergebnis in Höhe von 1.296,25 € zu reduzieren, so dass der Klägerin allenfalls ein Anspruch in Höhe von 7.345,02 € zustehe.
31Durch die Abtretung an die Klägerin habe sich der Freistellungsanspruch der B GmbH gegen den Beklagten in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, so dass das Abtretungsverbot des § 399 BGB greife. Darüber hinaus habe die B GmbH gegen § 8 II des Treuhandvertrages verstoßen, indem sie der Klägerin durch die Abtretung Auskünfte über die Beteiligung des Beklagten an der C KG erteilt habe, was sie nicht hätte tun dürfen. Dies habe zur Folge, dass die streitgegenständliche Inanspruchnahme nicht von der Freistellungsvereinbarung umfasst sei, so dass auch das Abtretungsverbot des § 399 BGB greife.
32Zudem sei die Klageforderung verjährt. Die Fälligkeit der Freistellungsansprüche und ihre Verjährung richte sich allein nach dem Treuhandvertrag. Da dieser ein privatrechtlicher Vertrag sei, komme eine Analogie zu § 159 HGB nicht in Betracht. Die maßgebliche regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist habe spätestens am 31.12.2010 begonnen und damit – vor Einleitung des Mahnverfahren im Herbst 2014 – mit Ablauf des Jahres 2013 geendet. Zumindest die Höchstverjährungsfrist des § 199 IV BGB sei für die Ausschüttungen aus 2003 und 2004 vor Beginn des Mahnverfahrens abgelaufen gewesen, so dass die Klageforderung jedenfalls in Höhe von 1.620,- € verjährt sei.
33Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
34Der Beklagte habe die komplette Ausschüttung für 2003 erhalten und hafte entsprechend vollumfänglich für den Verlust des Jahres 2003. Gewinne, die die Ausschüttungen hätten abdecken können, seien jeweils auf dem Kapitalkonto des Beklagten nicht vorhanden gewesen, so dass dessen Kapitalkonto sehr wohl unter den Betrag seiner Einlage herabgemindert worden sei. Unerheblich sei, wann der Beklagte die Einlage zu welchem Anteil geleistet habe, da er auf jeden Fall in Höhe seiner Einlage hafte. Die Entwicklung seiner Kapitalkonten sei dem Beklagten auch jeweils jährlich mitgeteilt worden, ohne dass dieser auch nur einmal widersprochen hätte.
35Das Abtretungsverbot des § 399 BGB verfange nicht, da sich das Wesen des Freistellungsanspruchs durch die Abtretung gerade nicht verändert habe.
36Verjährung sei nicht eingetreten. Der Beklagte übersehe, dass seine Haftung nach § 172 IV HGB solange andauere, wie die Gesellschaft existiere, was nach wie vor der Fall sei. Die Forderung der Klägerin verjähre gemäß §§ 159, 160 HGB erst 5 Jahre nach deren Auflösung.
37II.
38Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
39A. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung von 8.641,27 € aus §§ 171 I, II, 172 IV HGB i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 4 TV, §§ 398 ff. BGB.
401.) Unstreitig liegt eine Gesellschaftsverbindlichkeit der C KG aus § 488 I 2 BGB vor, da diese mit der Klägerin als Konsortialführerin unter dem 27.06.2002 einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 103,08 Mill. € geschlossen hat und dieses Darlehen zur Rückzahlung fällig ist.
412.) Weiter ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Kapitaleinlage der B GmbH unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert war, und zwar ausweislich des Jahresabschlusses der C KG zum Geschäftsjahr 2013 um einen Betrag in Höhe von 17.409.337,12 €, und dass die Haftung der B GmbH als Kommanditistin in dieser Höhe nach §§ 171 I, II, 172 IV HGB wieder auflebte.
42Ausweislich der Bilanzen der C KG waren zu den Zeitpunkten der Ausschüttungszahlungen in den Jahren 2003 bis 2010 jeweils keine ausgewiesenen und den Kommanditisten zugewiesenen Gewinne vorhanden, die eine Ausschüttung ohne Reduzierung der Kapitalkonten unter die Haftsumme ermöglicht hätten. Auch dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
433.) Aufgrund dieser Ausführungen wird die Haftsumme – wie für eine Haftung des Kommanditisten nach § 172 IV HGB erforderlich (vgl. BGH, Urteil v. 22.03.2011, Az: II ZR 100/09, Tz 18) – auch unstreitig zur Befriedigung der Gläubiger benötigt.
444.) Unstreitig ist ferner, dass die B GmbH aufgrund des Wiederauflebens ihrer Kommanditistenhaftung gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von der Forderung der Klägerin aus §§ 171 I, II, 172 IV HGB nach § 9 Abs. 1 Satz 4 TV hat.
45a) Dabei ist zwischen den Parteien auch nicht streitig, dass der Beklagte als Treugeber in derselben Höhe wie als unmittelbarer Kommanditist haftet, also insoweit, als er entweder seinen Haftanteil nicht bezahlt hat oder aber Gewinnanteile entnommen hat, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der Haftsumme herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den Haftanteil herabgemindert worden ist.
46b) Zudem sind sich die Parteien darüber einig, dass die Zahlen, die die Klägerin in der Anlage K 10 zur Klageschrift – auf die insoweit Bezug genommen wird – zu den Kapitalkonten des Beklagten vorgetragen hat, sich aus den Handelsbilanzen und deren Fortführung auf den Kapitalkonten des Beklagten ergeben. Diese Zahlen sind unstreitig auch die Grundlage für die steuerlichen Feststellungen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Fondgesellschaft und auch des konkreten Anteils des Beklagten gewesen.
47c) Der Einwand des Beklagten, dass er für das Jahr 2003 aufgrund seines erst am 10.06.2003 wirksam gewordenen Beitritts zur C KG nach § 12 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages nur anteilig – nämlich in Höhe von lediglich 1.165,30 € - für den eingetretenen Verlust hafte, so dass sich für den Zeitraum bis einschließlich 2010 ein handelsrechtlicher Gewinn in Höhe von insgesamt 1.296,25 € ergebe, der wiederum dazu führe, dass sich die Einlage des Beklagten nicht reduziert habe, so dass seine Haftung ausgeschlossen sei, greift nicht durch.
48Die Frage, ob die Haftsumme gedeckt ist, entscheidet sich nämlich allein nach der Bilanz mit fortgeführten Buchwerten (vgl. BGH NJW 1990, S. 1109, Tz 10; BGH, NJW 2009, S. 2126, Tz 13; Karsten Schmidt in: MüKo, HGB, 3. Aufl. 2012, §§ 171, 172 HGB, Rn 64, 79). Das hat zur Folge, dass der in Anspruch genommene Kommanditist auch nur unter Zuhilfenahme der Bilanzen beweisen kann, dass seine Haftsumme gedeckt ist (K. Schmidt, a.a.O., Rn 74). Dies ist im Interesse eines wirksamen Gläubigerschutzes geboten (vgl. BGH, NJW 1990, S. 1109, Tz 12). Bei der Berechnung des Kapitalkontos kommt es damit nicht auf Berechnungen an, die die Parteien im Rechtsstreit über die Kommanditistenhaftung nach §§ 171, 172 HGB vornehmen, da derartige Berechnungen von dem jeweiligen Parteivortrag abhängen, den die Gläubiger der C KG als Außenstehende mangels hinreichender Kenntnis über gesellschaftsinterne Vorgänge in der Regel gar nicht vollständig halten können.
49Hinzu kommt, dass jede Veränderung der Berechnung des Verlustanteils eines Kommanditisten unmittelbar zur Folge hätte, dass auch die Verlustanteile sämtlicher anderer Kommanditisten und Treugeber anders zu berechnen wären. Denn das, was nicht dem einen Kommanditisten als Verlust zugerechnet wird, muss zwingend irgendjemand anderem – gegebenenfalls nur anteilig – als Verlust zugerechnet werden.
50Ferner widerspräche eine derartige Berechnung in jedem Fall den festgestellten Steuerbescheiden und den testierten Bilanzen.
51d) Ebenso wenig greift der Einwand des Beklagten durch, dass ein Kommanditist oder Treugeber für den Verlust eines Geschäftsjahres auch nur anteilig entsprechend dem Umfang der gezahlten Kommanditeinlage haftet. Zum einen ergibt sich eine derartige Vereinbarung weder aus dem Gesellschafts- noch aus dem Treuhandvertrag. Zum Zweiten würde dies den zwingenden Regelungen der §§ 171, 172 HGB widersprechen und wäre damit unwirksam.
52e) Aufgrund dessen verbleibt es bei der von der Klägerin in der Anlage K 10 im Einzelnen vorgetragenen Entwicklung der Kapitalkonten und damit der Unterdeckung, die stets vorlag und die auch nicht durch spätere Gewinne ganz oder teilweise den Betrag der Auszahlung wieder kompensiert hat.
535.) Die am 14.03.2012 erfolgte Abtretung ist wirksam. Ein Abtretungsverbot liegt nicht vor.
54a) Die Voraussetzungen des § 399 1. Fall BGB liegen nicht vor, wenngleich die Zession des Anspruchs dazu führt, dass sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umwandelt (vgl. BGH, BGHZ 71, 167 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, 76. Aufl. 2017, § 257 BGB, Rn 1). Dies hat jedoch keine inhaltliche Veränderung zur Folge, wenn die Abtretung des Freistellungsanspruchs – wie hier – gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld erfolgt (BGH, NJW 2011, S. 2351, Tz 14; BGH, VersR 2012, S. 230, Tz 8). In diesem Fall ändert sich für den (Freistellungs-) Schuldner die letztlich zu erbringende Leistung - Freistellung durch Zahlung eines Geldbetrages an den Gläubiger - nicht (Palandt/Grüneberg, ebd., § 399 BGB, Rn 4).
55b) Ein vertragliches Abtretungsverbot nach § 399 2. Fall BGB ist gleichfalls nicht gegeben. Ein derartiges Verbot haben die Parteien weder im Treuhandvertrag vereinbart noch lässt es sich dem Treuhandvertrag im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte entnehmen (§§ 133, 157 BGB), insbesondere auch nicht aus der Verschwiegenheitspflicht nach § 8 Abs. 2 des Treuhandvertrages, wonach die B GmbH die Daten zum Kapitalkonto nur an bestimmte Dritte weitergibt.
56Diese Vereinbarung widerspricht im Falle der Kommanditistenhaftung schon dem Auskunftsanspruch des Gläubigers gegen die C KG und auch gegen den Treuhandkommanditisten. Überdies beinhaltet sie kein Abtretungsverbot.
57c) Der Befreiungsanspruch hat sich durch Abtretung an die Klägerin nach dem oben Gesagten in einen Zahlungsanspruch in Höhe der Schuld umgewandelt, von der freizustellen war (vgl. Palandt/Heinrichs, ebd., § 257 BGB, Rn 1). Das ist hier die Summe der Ausschüttungen, die an den Beklagten geflossen sind, und der für den Beklagten geleisteten Steuerzahlungen, soweit diese zu einer Rückgewährung der Einlage geführt haben, und die sich auf 8.641,27 € beläuft.
586.) Der Beklagte ist außerdem nicht berechtigt, die Leistung nach § 214 I BGB zu verweigern, da weder der Freistellungsanspruch der B GmbH im Zeitpunkt der Abtretung an die Klägerin (§ 404 BGB) noch der klageweise geltend gemachte Zahlungsanspruch bei Klagezustellung (§§ 253 I, 261 I ZPO) verjährt waren.
59a) Die Verjährung der Kommanditistenhaftung läuft nicht bereits mit dem haftungsbegründenden Auszahlungsvorgang an.
60Die durch die Auszahlung von Gewinnen entstehende Unterdeckung des Kapitelkontos stellt eine bloße Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung des Kommanditisten nach § 172 IV, 171 I, II HGB dar und ist als solche nicht maßgebend für den Verjährungsbeginn (OLG Hamm, Urteil v. 17.06.2009, Az: 8 U 99/08, Tz 76; OLG Nürnberg, WM 2009, S. 942, Tz 81).
61Die Verjährung der Haftung des Kommanditisten regelt sich vielmehr nach den Vorschriften der §§ 159, 160, 161 II HGB (OLG Frankfurt, Urteil v. 25.06.2009, Az: 15 U 101/08, Tz 20; Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 161 HGB, Rn 14).
62b) Auch die Verjährungsfrist für den Freistellungsanspruch der B GmbH als Treuhandkommanditistin nach § 9 Abs. 1 Satz 4 TV beginnt nicht vor dem Entstehen des Hauptanspruches nach § 172 IV HGB zu laufen (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 17.06.2009, Az: 8 U 99/08, Tz 77; OLG Nürnberg, WM 2009, S. 942, Tz 82). Der Beginn der Verjährung muss daher zeitlich nach der Inanspruchnahme der B GmbH durch die Klägerin liegen. Die Haftung der Treuhandkommanditistin nach § 172 IV HGB besteht - in ihrer Höhe abhängig von den Forderungen der einzelnen Gläubiger und abhängig von der Unterdeckung des Kapitalanteils - andauernd fort, solange die Gesellschaft existiert (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O.).
63Für die Treuhandkommanditistin entsteht daher auch fortlaufend immer wieder ein Befreiungsanspruch nach § 9 Abs. 1 Satz 4 TV gegen die Anleger, jeweils bemessen nach der eigenen Haftung und in unterschiedlicher Höhe.
64Der Freistellungsanspruch kann daher auch nicht vor der Verjährung des Hauptanspruchs nach § 172 IV HGB verjähren (OLG Hamm, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O.; OLG Köln, Beschluss v. 21.08.2008, Az: 18 U 63/08, Tz 27). Dieses Ergebnis trägt ferner den Grundsätzen Rechnung, wonach derjenige, der sich nur mittelbar über einen Treuhandkommanditisten an einer Publikumsgesellschaft beteiligt, nicht besser stehen soll, als wenn er sich unmittelbar an der Gesellschaft beteiligt hätte (vgl. BGH, NJW 1980, 1163 f.). Bei dieser rechtlichen Konstruktion dürfen auch die Gläubiger nicht allein deshalb schlechter gestellt werden, weil ihnen ein Treuhänder unmittelbar nach § 172 IV HGB haftet, nicht jedoch die "Treugeber - Kommanditisten", denen letztlich die Gewinnentnahmen zugute gekommen sind (OLG Nürnberg, a.a.O.).
65Sinn der Freistellungsregelung ist nämlich die uneingeschränkte Verlagerung der sich aus §§ 171 ff. HGB ergebenden wirtschaftlichen Risiken von der Treuhandkommanditistin auf die Treugeber. Dies ist auch der Zweck des Treuhandvertrages, vgl. dort § 1 Abs. 2 Satz 9. Dieser Regelungszweck wäre nicht zu erreichen, wenn der Freistellungsanspruch früher verjähren könnte als die Gesellschaftsverbindlichkeiten (vgl. OLG Nürnberg, a.a.O.; OLG Frankfurt, Urteil v. 25.06.2009, Az: 15 U 101/08, Tz 20; OLG Köln, Beschluss v. 21.08.2008, Az: 18 U 63/08, Tz 27).
66Nicht zuletzt gebietet auch der Gläubigerschutz die Anwendung der §§ 159, 160 HGB auf den Freistellungsanspruch. Könnte sich der Treugeber gegenüber dem Freistellungsanspruch bereits auf Verjährung berufen, bevor die Ansprüche der Gläubiger gegen die Treuhandkommanditistin verjährt sind, würde die in §§ 171 ff. HGB vorgesehene Haftung in erheblichem Umfang entwertet, weil eine Treuhandkommanditistin regelmäßig nicht über ein ausreichendes Eigenkapital verfügt, um bei Zahlungsschwierigkeiten der Kommanditgesellschaft die Gläubiger bedienen zu können (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Hamm, Urteil v. 17.06.2009, Az: 8 U 99/08, Tz 77).
67Es erschiene unbillig, wenn sich der wirtschaftlich durch die Ausschüttungen Begünstigte mit der Einrede der Verjährung gegen den Anspruch auf Freistellung von einer unverjährten Forderung verteidigen könnte, die auf diesen Ausschüttungen basiert. Es gibt keinen Grund, denjenigen, der seine Einlage über einen Treuhändergesellschafter leistet, bei der Verjährung besser zu stellen als wenn er selbst Gesellschafter wäre (BGH, Urt. v. 07.03.1983, Az: II ZR 82/82; OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.).
68c) Nach § 159 HGB verjähren Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft in fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt.
69Die C KG ist jedoch unstreitig noch nicht aufgelöst, so dass die Verjährungsfrist des § 159 HGB noch nicht zu laufen begonnen hat und Verjährung damit noch nicht eingetreten ist.
70B. Den der Klägerin durch das Landgericht zuerkannten Anspruch auf Zinsen und vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten greift die Berufung nicht an.
71III.
72Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
73Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung im Einzelfall. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.