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1.
Die Zahlung des Arbeitsfördergeldes ist eine Sozialleistung i.S.d. § 11 SGB I. Sie ist dazu bestimmt, die unfallbedingte Einschränkung oder Unfähigkeit des in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätigen Geschädigten, ein höheres Einkommen zu erzielen, zu kompensieren.
2.
Bei den auf das Arbeitsentgelt des Geschädigten in einer Behindertenwerkstätte entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen handeltes sich um eine Sozialleistung i.S.d. § 11 SGB I.
3.
Die dem allgemeinen Lebensbedarf eines jeden Menschen entsprechenden Unterbringungskosten sind mit dem Erwerbsschaden des Geschädigten kongruent.
Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 08.09.2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, über titulierte 29.554,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21.754,76 € seit dem 30.12.2013 und aus 7.800,00 € seit dem 04.11.2014 hinaus weitere
3.940,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz seit dem 30.12.2013 an den Kläger zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die übergangsfähigen Ansprüche zu erfüllen und die berechtigten Aufwendungen des Klägers zu ersetzen, soweit dieser als Folge der Verletzungen des Herrn C, geboren am ##.##.1985 aus dem Verkehrsunfall vom 12.09.1996 auf der Landstraße nach B vor dem Ort F Sozialversicherungsbeiträge für den Geschädigten erbringt.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen, die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 60 % und die Beklagte zu 40 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 71.576,32 € festgesetzt.
Gründe:
2Der Kläger ist Träger der Sozialhilfe und nimmt die Beklagte auf Erstattung ihrer Aufwendungen aus übergegangenem Recht in Anspruch. Hintergrund ist ein Unfall, bei dem der damals 10-jährige C (im Weiteren:der Geschädigte) schwer verletzt wurde. Sein Großvater fuhr das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug, dessen Insasse der Geschädigte war, und verschuldete den Unfall.
3Der Geschädigte erlitt ein Schädelhirntrauma 4. Grades sowie multiple Kontusionsblutungen, ein Hirnödem und weitere Verletzungen, die dazu führten, dass er in einem Wohnheim für Behinderte untergebracht und in einer Behindertenwerkstätte tätig ist.
4Der Kläger erbrachte umfangreiche Leistungen für den Geschädigten, und zwar Werkstattkosten, die sich aus Arbeitsfördergeld und Sozialversicherungsbeiträgen sowie weiteren unstreitigen Kosten zusammensetzen, ferner Kosten für die stationäre Unterbringung des Geschädigten.
5Die Beklagte, die ihre Einstandspflicht dem Grunde nach in vollem Umfang anerkennt, zahlte auf die begehrten Beträge Leistungen unter Abzug des Arbeitsfördergeldes, der Sozialversicherungsbeiträge, der Fahrtkosten, des vom Heim an den Geschädigten ausgezahlten Barbetrages und der Kleiderkosten sowie einer Eigen- ersparnis für ersparte Wohn- und Verpflegungskosten.
6Insgesamt hat die Beklagte von den durch den Kläger erbrachten Leistungen für die Jahre 2010 bis 2012 Arbeitsfördergelder und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 4.876,32 €, Fahrtkosten in Höhe von 9.318,76 €, Barbeträge in Höhe von 2.523,59 €, Kleidergeld in Höhe von 450,00 € und eine Eigenersparnis des Geschädigten in Höhe von 16.900,00 € in Abzug gebracht. Offengeblieben sind ferner vom Kläger im Jahre 2013 geleistete Heimunterbringungskosten in Höhe von 9.260,98 €.
7Die Beklagte schloss mit dem Geschädigten, vertreten durch seine Eltern, am 08.10.2001 einen Abfindungsvergleich über eine Summe von 450.000,00,- DM zur Abfindung aller bisherigen und künftigen Ansprüche aus dem Schadensereignis, womit auch Erwerbsschadensersatzansprüche abgegolten sein sollten, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Hand des Geschädigten befanden.
8Des Weiteren schloss die Beklagte eine Abfindungsvereinbarung mit der für den geschädigten zuständigen Pflegekasse, der B1, derzufolge mit einer Zahlung von 200.000,- € auf die B1 übergegangene Ersatzansprüche des Geschädigten wegen unfallbedingter Heilbehandlungskosten und künftig entstehender vermehrter Bedürfnisse endgültig abgegolten sein sollten.
9Der Kläger hat die Ansicht vertreten, es bestehe sachliche und zeitliche Kongruenz zwischen der Eingliederungshilfe und dem Erwerbsschaden des Geschädigten. Dieser sei gem. § 116 Abs. 1 SG X auf ihn übergegangen. Bei dem Arbeitsförderungsgeld handele es sich um erstattungsfähiges Arbeitsentgelt. Der Kläger ist ferner der Ansicht, er könne den von der Beklagten in Abzug gebrachten ersparten Aufwendungen des Geschädigten einen Erwerbsschaden entgegenhalten und mit diesem seinen Aufwendungsersatzanspruch auffüllen.
10Er behauptet, der Geschädigte hätte ohne das Schadensereignis als Arbeitnehmer ein monatliches Einkommen von ca. 2.200,00 € brutto bzw. 1.469,16 € netto erzielt.
11Der Kläger hat beantragt,
121.
13die Beklagte zu verurteilen, 14.521,11 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,
142.
15die Beklagte zu verurteilen, 19.873,59 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an ihn zu zahlen,
163.
17festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die übergangsfähigen Ansprüche zu erfüllen und die berechtigten Aufwendungen des Klägers zu ersetzen, die dieser als Folge der Verletzungen des Herrn C, geboren am ##.##.1985, aus dem Verkehrsunfall auf der Landstraße nach B vor dem Ort B2 hat, soweit sie nicht von den Anträgen zu Ziffer 1), 2) und 5) erfasst sind,
184.
19die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.054,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,
205.
21die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 9.260,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit des klageerweiternden Schriftsatzes an ihn zu zahlen.
22Die Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Sie hat die Auffassung vertreten, zwischen den Leistungen des Klägers im Rahmen der Eingliederungshilfe und einem etwaigen Verdienstausfall des Geschädigten fehle es an der sachlichen und zeitlichen Kongruenz .i. S. d. § 116 SG X. Sie hat darauf hingewiesen, dass der Geschädigte bei einer Tätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt Fahrtkosten hätte aufwenden müssen, die jetzt erspart würden. Insoweit seien 10 % des fiktiven Nettoeinkommens in Ansatz zu bringen.
25Hinsichtlich des Ersatzanspruchs wegen vermehrter Bedürfnisse habe der Geschädigte Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, die schon im Unfallzeitpunkt vorrangig auf die Pflegekasse übergegangen seien. Auch seien Ansprüche wegen vermehrter Bedürfnisse teilweise durch Zahlungen der Pflegekasse erfüllt worden.
26Sie hat weiter die Auffassung vertreten, etwaige Ansprüche des Geschädigten auf Ersatz von Erwerbsschäden seien aufgrund der Zahlung aus dem Abfindungsvergleich mangels Bedürftigkeit des Geschädigten nicht auf den Kläger übergegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger jemals würde Sozialhilfeleistungen erbringen müssen. Hinsichtlich der Unterbringungskosten seien monatlich ersparte Eigenkosten für Verpflegungs- und Wohnkosten in Höhe von mindestens 650,00 € abzuziehen. Ein Verdienstausfallschaden sei fraglich, da der Geschädigte schon seinerzeit wegen einer psychomotorischen Entwicklungsretadierung eine Sonderschule besucht habe.
27Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag bestehe nicht, da sie, die Beklagte, ihre Haftung dem Gunde nach immer anerkannt habe.
28Das Landgericht Siegen hat die Beklagte zur Zahlung von 29.554,76 € verurteilt und antragsgemäß die Feststellung die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ausgesprochen. Es hat der Klägerin die von ihr verauslagten Arbeitsfördergelder insgesamt, die Fahrtkosten unter Abzug einer Eigenersparnis von 10 % sowie die Kosten der stationären Unterbringung von 24.700,00 € zugesprochen, nicht jedoch die begehrten Sozialversicherungsbeiträge, Kleidungskosten und Kosten für die dem Geschädigten ausgezahlten Barbeträge.
29Zur Begründung hat es ausgeführt, bei dem Arbeitsförderungsgeld handele es sich um eine zum Erwerbsschaden des Geschädigten kongruente Sozialleistung, denn sie diene ihrer Art nach dazu, den Verlust von Arbeitsentgelt auszugleichen. Dieser Anspruch sei weder durch den Abfindungsvergleich vom 28.10.2001 noch denjenigen vom 27.10.2005 ausgeschlossen. Denn der Anspruchsübergang auf den Kläger habe bereits im Augenblick des schadensstiftenden Ereignisses, also am 12.09.1996, stattgefunden und sei daher durch die nachfolgenden Vergleiche unberührt. Auch für die Bedürftigkeit des Geschädigten komme es auf den Zeitpunkt des Anspruchsüberganges an, nicht auf spätere Zeitpunkte. Fahrtkosten seien unter dem Gesichtspunkt der vermehrten Bedürfnisse nach § 843 BGB erstattungsfähig und auf den Kläger übergegangen. Nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung im Schadensrecht seien jedoch 10 % des fiktiven Nettoeinkommens als Fahrtkosten, die der Geschädigte ansonsten gehabt hätte, abzuziehen. Nach dem der Kläger vorgetragen habe, dass er sämtliche Pflegegeldleistungen, die der Geschädigte erhalten habe, in seiner Kostenaufstellung berücksichtigt habe, habe die Beklagte nicht weiter vorgebracht, welche weiteren Leistungen zu einer Anspruchserfüllung geführt haben könnten.
30Demgegenüber seien die Kosten für die Sozialversicherungsbeiträge des Geschädigten nicht ersatzfähig, da diese vergleichbar mit dem Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung seien, der auch ohne das schädigende Ereignis im Falle einer Erwerbstätigkeit des Geschädigten auf dem freien Markt entstanden wären. Die auf dem tatsächlichen Arbeitseinkommen des Geschädigten beruhende Zahlung durch den Kläger beseitige aber nicht die Nachteile, die dem Geschädigten durch die Störung seines Versicherungsverhältnisses entstanden seien. Auch die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2015 stehe dem nicht entgegen, da sie sich nur mit Krankenversicherungsbeiträgen einschließlich der Arbeitgeberanteile befasse. Auch erkenne der BGH die Ersatzfähigkeit nur an, wenn ein pflichtversicherter Geschädigter vor dem schädigenden Ereignis durch seine Arbeit solche Beiträge verdient habe, was vorliegend nicht der Fall sei.
31Die Kosten für die stationäre Unterbringung seien hingegen in vollem Umfang erstattungsfähig, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, monatlich Abzüge für ersparte Aufwendungen des Geschädigten in Höhe von 650,00 € einzubehalten. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Geschädigte wirtschaftlich in der Lage gewesen wäre, diese Aufwendungen zu erbringen, nachdem der Kläger vorgetragen habe, der Geschädigte sei normal entwickelt gewesen und habe mit 3 Jahren den Kindergarten besucht, sei mit 7 Jahren eingeschult worden und habe dort keine Probleme gehabt, dass der Geschädigte zumindest den Hauptschulabschluss hätte erreichen und sodann eine normale Lehre machen können, so dass er als Arbeitnehmer etwa in der Baubranche tätig geworden wäre. Den insoweit ersparten Aufwendungen des Geschädigten stünde dessen Verdienstausfallschaden gegenüber, auf den der Kläger zurückgreifen könne. Insoweit bestehe auch zwischen der Leistung des Klägers in Gestalt der Übernahme der Wohnheimkosten und dem Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens des Geschädigten sachliche Kongruenz. Denn die stationäre Unterbringung diene sowohl dem Schadensersatzanspruch wegen vermehrter Bedürfnisse als auch dem wegen des zu erwartenden Verdienst-ausfalls des Geschädigten.
32Wegen der weiteren Entscheidungsgründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
33Gegen diese Entscheidung richten sich die Berufungen beider Parteien.
34Der Kläger begehrt mit seiner Berufung auch die Zahlung der Sozialversicherungs-beiträge, die er für das Arbeitseinkommen des Geschädigten erbracht hat sowie die Feststellung, dass die Beklagte künftig verpflichtet sei, ihr diese Auslagen zu erstatten.
35Er führt zur Begründung aus, noch in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.01.2015 (VI ZR 54/14) habe der Schädiger bzw. seine Haftpflichtversicherung auch die als Verdienstausfall anzusehenden Krankenversicherungsbeiträge des Geschädigten unter Einschluss des Arbeitgeberanteils zu erstatten. Die in dieser Entscheidung enthaltene Argumentation sei auch auf die von der Klägerin insgesamt zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge zu übertragen. Ebenfalls sei nicht geboten, die Entscheidung auf Personen zu beschränken, die im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stünden, da ansonsten ein geschädigtes Kind ohne Grund schlechter gestellt wäre.
36Der Verweis auf § 179 Abs. 1 a SGB VI gehe fehl, weil die Klägerin derartige Ansprüche nicht geltend mache. Auch verkenne das Landgericht, dass sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung durch den Arbeitnehmer erwirtschaftet würden. Der Bruttoarbeitslohn des Arbeitnehmers setze sich zusammen aus den zu leistenden Lohnsteuern und den vollen Versicherungsbeiträgen, die sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer teilten. Deshalb beruhten auch die nach dem tatsächlichen Arbeitseinkommen des Geschädigten geleisteten Zahlungen auf einer Störung des Versicherungsvertrags-verhältnisses des Geschädigten. Ohne den Arbeitgeberanteil wäre der Geschädigte nicht, jedenfalls nicht im tatsächlichen Umfang, sozialversichert.
37Aus diesem Grunde sei auch der Feststellungsantrag zu erweitern.
38Der Kläger beantragt abändernd,
391.
40die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über titulierte 29.554,76 € weitere 3.940,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen;
412.
42festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch soweit der Kläger Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten hat, die übergangsfähigen Ansprüche zu erfüllen und die berechtigten Aufwendungen des Klägers zu ersetzen, die dieser als Folge der Verletzungen des Herrn C, geboren am ##.##.1985 aus dem Verkehrsunfall vom 12.09.1996 auf der Landstraße nach B vor dem Ort F hat, soweit sie nicht vom Antrag zu Ziffer 1) erfasst sind.
43Die Beklagte beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen
45und mit ihrer eigenen Berufung
46unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Siegen vom 08.09.2015 die Klage kostenpflichtig abzuweisen, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr 3.918,76 € verurteilt worden ist.
47Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe der Feststellungsklage zu Unrecht stattgegeben, weil sie, die Beklagte, ihre Ersatzpflicht dem Grunde nach mehrfach ausdrücklich anerkannt habe.
48Der Geschädigte gehe in der Werkstatt für behinderte Menschen einer sozialversicherungspflichtigen und vergütungspflichtigen Tätigkeit nach. Die auf diese Vergütung entfallenden Sozialversicherungsbeiträge würden von dem Träger der Werkstatt wie von einem Arbeitgeber abgeführt und somit auch von diesem geschuldet. Die Bruttovergütung sei vom Schädiger nicht erstattungspflichtig, sie mindere im Gegenteil den Erwerbsschadensersatzanspruch des Geschädigten.
49Bei dem Arbeitsförderungsgeld, welches vom Rehabilitationsträger zur Auszahlung an den behinderten Menschen komme, der weniger als 325,00 € verdiene, handele es sich um eine Sozialleistung an den Werkstattträger zu dessen Entlastung, die das sozialversicherungspflichtige Entgelt des Geschädigten erhöhe, ohne dass diesem ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger zustehe.
50Zu Unrecht habe das Landgericht die von der Beklagten vorgenommene Kürzung des Ersatzanspruches um die ersparten Aufwendungen des Geschädigten nicht anerkannt. Selbst wenn man mit dem Landgericht davon ausginge, dass der Anspruchsübergang auf den Kläger schon zum Unfallzeitpunkt erfolgt sei, sei zu berücksichtigen, dass der Geschädigte auch danach einzugsermächtigt bleibe, was aus dem Nachrang der Sozialhilfe folge. Seine Ersatzansprüche einschließlich der Erwerbsschadensersatzanspruchs habe die Beklagte bereits im Jahre 2001 mit der Zahlung von 450.000,00 DM abgefunden. Daher sei der Geschädigte ab diesem Zeitpunkt in der Lage, seinen Lebensunterhalt bis zur Höhe von 650,00 € aus der Ersatzleistung zu bestreiten. Durch die Unterbringung erspare der Geschädigte mindestens 650,00 € im Monat. Die Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 07.12.2012 gehe fehl, da der Geschädigte mit den dortigen Haftpflichtversicherer einen Abfindungsvergleich über das Schmerzensgeld geschlossen habe, der gesamte Erwerbsschaden jedoch noch offen gewesen sei. Im Übrigen handele es sich bei den Kosten der Eingliederungshilfe um Aufwendungen, die der Schadensgruppe „vermehrte Bedürfnisse“ zuzurechnen seien und von der Beklagten voll ersetzt würden. Insoweit bestehe zum Erwerbsschadensersatz-anspruch des Klägers gegen die Beklagte keine sachliche Kongruenz.
51II.
52Die Berufung des Klägers hat Erfolg, auch soweit er mit dem Feststellungsantrag erstmals einen neuen Anspruch in zweiter Instanz geltend macht.
531.
54Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der auf das Arbeitsentgelt des Geschädigten in der Behindertenwerkstätte entfallenden Sozialversicherungsbeiträge beruht auf den §§ 7, 18 StVG, 3 Nr. 1 PflVG, 823, 249 ff. BGB, 116 SGB X. Insoweit handelt es sich um eine Sozialleistung i. S. d. § 11 SGB I, die der Kompensation eines Erwerbsschadens des Geschädigten zu dienen bestimmt ist und der ein Erwerbsschaden des Geschädigten gegenübersteht, welcher gem. § 116 SGB X auf den Kläger übergegangen ist.
55a)
56Grundsätzlich hat der Schädiger dem Geschädigten diejenigen Nachteile zu ersetzen, die ihm durch den Verlust einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entstehen, wozu auch Sozialversicherungsbeiträge gehören. Insoweit kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, ob der Leistende mit seiner Zahlung Beiträge des Verletzten ablöst, die zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes des Verletzten nötig sind, während der Versicherungsträger den Ersatzpflichtigen nicht auf Ersatz seines eigenen Schadens in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgelösten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungsverpflichtungen in Anspruch nehmen kann (BGH, Versicherungsrecht 07, 1536 ff., 1538).
57Bei den vom Kläger erbrachten Sozialversicherungsbeiträgen handelt es sich um eine echte Sozialleistung, auch wenn sie nach dem Entgelt berechnet wird, welches der Geschädigte für seine Tätigkeit in der Behindertenwerkstatt erzielt.
58Denn trotz der Wertung des § 138 SGB IX, wonach die Behinderten Arbeitnehmer sind oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehen, ist letztlich nicht davon auszugehen, dass es sich bei der in der Werkstätte erbrachten Leistung um eine einer auf dem ersten Arbeitsmarkt vergleichbare Arbeitsleistung handelt, in deren Rahmen der Behinderte ein Bruttoeinkommen einschließlich der Sozialversiche-rungsbeiträge selbst erwirtschaftet.
59Gem. § 41 Abs.1 SGB IX erhalten Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt behinderte Menschen, bei denen eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder eine Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung oder Weiterbildung wegen Art und Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder nicht wieder in Betracht kommen und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. Nach § 41 Abs. 3 SGB IX erhalten die Behinderten eine angemessene Vergütung, die den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit zu entsprechen hat, also nicht ausschließlich an der Leistung zu bemessen ist, wie es auf dem freien Arbeitsmarkt üblich wäre. Daraus erhellt, dass der Staat dem Behinderten aus unterschiedlichen sozialen Gründen eine vergütete Tätigkeit innerhalb eines geschützten Raumes zur Verfügung stellt, die dieser in der freien Wirtschaft nicht erlangen könnte. Insoweit handelt es sich um eine echte Sozialleistung des Staates, für die der Kläger hier einsteht. Dies betrifft auch die auf die Vergütung der Tätigkeit in der Behindertenwerkstätte entfallenden Sozialversicherungsbeiträge, welche der Kläger nach § 251 ABs. 2 S. 2 SGB V an den Träger der Einrichtung erstattet.
60Der Bundesgerichtshof hat in der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung vom 27. Januar 2015 (Versicherungsrecht 2015, 511 ff.) ausgeführt, dass die Kosten, die durch die Beschäftigung des Geschädigten in einer Werkstatt für behinderte Menschen und durch die Hilfen zu selbstbestimmten Leben im betreuten Wohnen entstanden seien, erstattungsfähig seien. Hierzu zählten auch die dem Träger der Werkstatt gem. § 251 Abs. 2 S. 2 SGB IV erstatteten Krankenversicherungs-beiträge, wenn der Geschädigte durch den Unfall seine krankenversicherungs-pflichtige Erwerbstätigkeit verloren habe. Dann diene die Übernahme der Kranken-versicherungsbeiträge durch den Kläger der weiteren Aufrechterhaltung des dem Geschädigten als Pflichtversicherten zustehenden Schutzes der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Verdienstausfallschaden können Krankenversicherungs-beiträge einschließlich der Arbeitgeberanteile umfassen, wenn ein pflichtversicherter Geschädigter vor dem schädigenden Ereignis durch seine Arbeit solche Beiträge verdient habe.
61Diese Entscheidung ist nach Auffassung des Senats auf alle lohnabhängigen Sozialversicherungsbeiträge anzuwenden, da ein sachlicher Unterschied zwischen den einzelnen Bereichen, die eine differenzierte Behandlung rechtfertigen könnte, nicht ersichtlich ist. Es ist aus Sicht des Geschädigten unerheblich, ob er durch den Schadensfall seinen krankenversicherungsrechtlichen oder seinen rentenversiche-rungsrechtlichen Status einbüßt.
62Ebensowenig kann es darauf ankommen, ob ein solcher Status bereits durch eigene Erwerbstätigkeit erwirtschaftet war und durch den Schadensfalls entfällt, weil der Geschädigte fortan nicht mehr erwerbstätig sein kann, oder aber ein solcher Status unfallbedingt von vornherein nicht erreichbar ist , weil der Geschädigte vor Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, insbesondere bereits im Kindesalter von dem Schadensfall betroffen wird.
63So hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung zu Rentenversiche-rungsbeiträgen als Erwerbsschaden (Versicherungsrecht 2007, 1536) ausgeführt, dass an den Vortrag zur Erwerbsprognose bei jüngeren Geschädigten, die noch keine Berufstätigkeit ausgeübt haben oder deren berufliche Entwicklung bisher unstet verlaufen ist, keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften, das Gericht vielmehr je nach Sachlage auch ohne näheren Vortrag der Klägerseite auf die Lebenserfahrung abstellen dürfe und müsse, wonach bei einem jüngeren Menschen ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden könne, dass er auf Dauer die Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht nutzen werde. Im dortigen Fall hatte der Bundesgerichtshof einen rentenversicherungsrechtlichen Schaden nicht deshalb verneint, weil der Geschädigte vor dem Unfall keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen war, sondern, weil er nicht vorgetragen hatte, dass er eine Erwerbstätigkeit ohne den Unfall aufgenommen hätte.
64In einer weiteren Entscheidung (NJW 2011, 1148 ff., 1149) hat der Bundesgerichts-hof postuliert, dass der Geschädigte, soweit wie möglich, konkrete Anhaltspunkte für die erforderliche Berufsprognose dartun müsse. Hieran dürften jedoch keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, insbesondere dann, wenn das haftungsaus-lösende Ereignis den Geschädigten zu einem Zeitpunkt getroffen habe, als er noch in der Ausbildung oder am Anfang seiner beruflichen Entwicklung gestanden habe und deshalb noch keine Erfolge in der von ihm angestrebten Tätigkeit habe nachweisen können. Treffe das Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstandes zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich sei, dürfe es dem Geschädigten nicht zum Nachteil gereichen, dass die Beurteilung des hypothetischen Verlaufs mit nicht zu beseitigen erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Denn es liege in der Verantwort-lichkeit des Schädigers, dass der Geschädigte in einem sehr frühen Zeitpunkt seiner Entwicklung aus der Bahn geworfen werde und dass sich daraus die besondere Schwierigkeit ergäbe, eine Prognose über deren Verlauf anzustellen.
65Der Senat tritt in vollem Umfang den Erwägungen des Landgerichts zu einer möglichen Erwerbstätigkeit des Geschädigten bei. Der Kläger hat ausreichend dazu vorgetragen, dass dieser nach seiner bisherigen Entwicklung jedenfalls einen Hauptschulabschluss gemacht und eine entsprechende Berufstätigkeit ergriffen hätte, wäre er nicht durch den Unfall erwerbsunfähig geworden. Auf das vom Geschädigten dann erzielte Einkommen hätte der Arbeitgeber entsprechende Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, während die vom Arbeitnehmer zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge unmittelbar von dessen Einkommen abgezogen worden wären. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitgeberanteil an den Sozialversiche-rungsbeiträgen nicht zum Erwerbsschaden des Geschädigten gehört, wie die oben zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2015 klarstellt. Denn auch die vom Arbeitgeber abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge sind vom Arbeitnehmer erwirtschaftet und Teil seines Entgelts, wenngleich er dieses insoweit nicht zu versteuern hat. Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung begründen den sozialversicherungsrechtlichen Status des Arbeitnehmers gleichermaßen und bestimmen, jedenfalls soweit es die Rentenversicherung betrifft, auch dessen Umfang bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
66Es besteht auch die gem. § 116 SGB X erforderliche sachliche und zeitliche Kongruenz zwischen dem so umrissenen Erwerbsschaden des Geschädigten und der vom Kläger erbrachten Sozialleistung. Denn die auf die Vergütung in der Behindertenwerkstätte entfallenen Sozialleistungen dienen dem Kranken- und Rentenversicherungsschutz des Geschädigten, sind somit auf den Ausgleich desjenigen Nachteils richtet, der dem Geschädigten dadurch entsteht, dass er seinen Sozialversicherungsschutz nicht durch eine entsprechende Erwerbstätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt selbst sicherstellen kann. Die in den Jahren 2010 bis 2012 entrichteten Sozialversicherungsbeiträge belaufen sich auf insgesamt 3.940,32 € und sich der Höhe nach unstreitig.
67b)
68Dem Kläger stehen auf diesen Betrag Rechtshängigkeitszinsen nach den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu.
69c)
70Weder der Vergleich vom 08.10.2001 noch die darauf gezahlte Abfindung in Höhe von 450.000,00 DM haben Einfluss auf den Erstattungsanspruch des Klägers. Auch insoweit folgt der Senat im vollen Umfang den zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung. Dass der Geschädigte bei Empfangnahme der Sozialleistungen des Klägers auch bedüftig war, ist für den fraglichen Leistungs-zeitraum durch die Entscheidung des Klägers nach § 118 SGB X auch für den Senat bindend festgestellt. Denn nach dieser Vorschrift ist ein Gericht, welches über einen nach § 116 SGB X übergegangenen Anspruch zu entscheiden hat, an eine unan-fechtbare Entscheidung gebunden, dass und in welchem Umfang der Leistungs-träger zur Leistung verpflichtet ist. Bei Sozialleistungen gehört hierzu jedenfalls die Bedürftigkeit des Geschädigten.
71Der Vergleich und die Zahlung haben jedoch auch keine Auswirkung auf den Erwerbsschaden des Geschädigten, weil der dem Geschädigten zustehende Erwerbsschadensersatzanspruch bereits im Zeitpunkt des Unfalls auf den Kläger übergegangen ist, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat. Der Anspruchsübergang im Wege der Legalsession vollzieht sich bei Sozialhilfeträgern, bei denen vor dem Unfall in der Regel noch keine Rechtsbeziehung zum Geschädigten besteht, in dem Moment, in dem infolge des schädigenden Ereignisses aufgrund konkreter Anhaltspunkte auch für eine Bedüftigkeit des Geschädigten mit der späteren Leistung des Sozialhilfeträgers zu rechnen ist (BGH NJW 1996, 726 ff., 727). Den Ausführungen des Landgerichts, dass wegen der schweren Kopf- und Hirnverletzungen des seinerzeit zehnjährigen Geschädigten schon damals die Befürchtung nahe lag, dieser werde künftig einer Erwerbstätigkeit nicht oder nur in geringem Umfang nachgehen können und somit auch Anhaltspunkte für eine spätere Eintrittpflicht des Sozialhilfeträgers gegeben waren, tritt der Senat in vollem Umfang bei.
72Der Anspruchsübergang wird nach der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Kind damals schon ein Schadensersatzanspruch gegen einen leistungsfähigen und leistungswilligen Haftpflichtversicherer zur Seite stand.
73§ 116 SGB X sei, um unter anderem das angestrebte Ziel der Entlastung der öffentlichen Kassen zu erreichen, auf einen möglichst frühzeitigen Forderungsübergang und damit auf einen alsbaldigen Anspruchsverlust bei dem Geschädigten ausgerichtet, um ihm etwaige dem Sozialleistungsträger nachteilige Verfügungen über seinen Schadensersatzanspruch zu verwehren. Demgegenüber scheine der Nachrang der Sozialhilfe einen frühen Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger zu verbieten, um so dem Geschädigten die Möglichkeit der Selbsthilfe durch Realisierung seines Anspruchs möglichst lange zu erhalten, weshalb der Geschädigte trotz des Anspruchsübergangs auf den Sozialhilfeträger gegenüber dem Schädiger weiterhin zur Einforderung der Schadensersatzleistung im Sinne einer Einziehungsermächtigung befugt sei (BGH a.a.O., S. 728).
74Aus diesem frühen Zeitpunkt des Forderungsübergangs folgt auch, dass durch die später gezahlte Abfindungssumme der Verdienstausfallanspruch des Klägers nicht erloschen ist. Die Beklagte, die sich auf den Erfüllungseinwand beruft und für diesen darlegungs- und beweispflichtig ist, trägt selbst vor, dass durch den Vergleich nur Erwerbsschadensansprüche abgegolten werden sollten, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Hand des Geschädigten befanden. Anders ist dies auch wegen des bereits im Zeitpunkt des Unfalls erfolgten Forderungsübergangs auf die Klägerin ohnehin nicht möglich. Die Zahlungen muss sich der Kläger auch nicht nach den §§ 407, 412 BGB entgegenhalten lassen, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Einigung mit dem Geschädigten Kenntnis vom Forderungsübergang hatte. Insoweit genügt nach der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (a.a.O., S. 729) die Kenntnis der Tatsachen , die den frühen Rechtsübergang bewirken, insbesondere die Kenntnis vom Ausmaß der Verletzungen. Daran besteht hier kein Zweifel.
752.
76Der erstmals in zweiter Instanz in dieser Form gestellte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Das gem. § 256 ZPO in diesem Punkt erforderliche Feststellungsinteresse folgt daraus, dass sich der Streit der Parteien zwar nicht um die Haftung der Beklagten dem Grunde nach, jedoch durchaus um ihre Einstandspflicht für die vom Kläger gezahlten Sozialversicherungsbeiträge dreht und eine Entscheidung des Senats geeignet ist, diese Frage dem Streit der Parteien ein für alle mal zu entziehen. Nach den obigen Ausführungen ist der Feststellungsantrag insoweit auch begründet.
77III.
781.
79Die Berufung der Beklagten hat insoweit Erfolg, als sie sich gegen den Feststellungsausspruch der erstinstanzlichen Entscheidung richtet. Insoweit fehlt dem Kläger das weiter oben bejahte besondere Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO im Hinblick darauf, dass die Beklagte wiederholt erklärt hat, den Schaden dem Grunde nach tragen zu wollen.
80Das Interesse an einer alsbaldigen Feststellung besteht, wenn eine tatsächliche Unsicherheit ein Rechtsverhältnis nach Art und Umfang gefährdet (BGH NJW 92, 437). Ein solches Feststellungsinteresse ist jedoch regelmäßig zu verneinen, wenn ein Anerkenntnis vorliegt und darüberhinaus eine Verjährung von Ansprüchen nicht droht. Ein deklaratorisches oder abstraktes Schuldanerkenntnis führt zu einem Neubeginn der Verjährung, wie sich aus den §§ 195, 199, 212 BGB ergibt. Soll das vom Schuldner abgegebene Anerkenntnis ein Feststellungsurteil ersetzen, ist anzunehmen, dass es die Verjährungsfrist konkludent auf 30 Jahre verlängert (BGH NJW 85, 792). Der Argumentation der Beklagten, dass nicht das Stammrecht, jedoch die aus ihm erwachsenen wiederkehrenden Ansprüche der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren unterliegen und dass durch ihr Anerkenntnis ein Feststellungsausspruch entbehrlich wird, ist zu entnehmen ,dass sie durch ihr Anerkenntnis idie Verjährungsfrist konkludent verlängern will.
81Selbst wenn man von einer solchen Verlängerung der Verjährungsfrist auf 30 Jahre nicht ausgehen wollte, so fehlt es doch an einem Interesse alsbaldiger Feststellung, da die Beklagte durch ihr bis zum heutigen Tage immer wieder erneuertes Anerkenntnis die Verjährungsfrist auch für die nach 2013 entstandenen laufenden Ansprüche zu neuem Lauf gebracht hat mit der Folge, dass gegenwärtig keinerlei Verjährung von Ansprüchen droht. Das Anerkenntnis eines Versicherers ist geeignet, eine Feststellungsklage entbehrlich zu machen ( Senat, Urteil vom 11.02.2000, 9 U 204/99 mit Bezugnahme auf BGH NJW 1985,761).
822.
83Die weitergehende Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
84a)
85Sie ist zunächst unbegründet, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Erstattung des Arbeitsfördergeldes richtet. Insoweit hat das Landgericht zu Recht darin eine Sozialleistung i. S. d. § 11 SGB I erblickt, die sachlich und zeitlich mit einem Verdienstschaden kongruent und geeignet ist, diesen jedenfalls teilweise auszugleichen. Nach der Zweckbestimmung des § 53 Abs. 3 SGB VII ist es eine besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, wozu auch das Arbeitsfördergeld zählt, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, dem behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von der Pflege zu machen. Diese Vorschrift wird ergänzt durch § 138 SGB IX, wonach behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten entweder Arbeitnehmer sind oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zu diesem stehen. Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ergibt sich ohne Weiteres, dass die Eingliederungshilfe und das in ihrem Rahmen gezahlte Arbeitsfördergeld den Zweck haben, einen Erwerbsschaden jedenfalls teilweise auszugleichen. Namentlich durch den Zuschuss in Gestalt des Arbeitsfördergeldes, der geringfügige Einkünfte unterhalb 325,00 € aufzustocken bestimmt ist, wird die unfallbedingte Unfähigkeit des Geschädigten, ein höheres Einkommen zu erzielen, wenn auch in bescheidenerem Umfang, kompensiert.
86Dementsprechend hat auch der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27.01.2015, Az. VI ZR 54/14, Rdnr. 23; Urteil vom 30.07.2015, VI ZR 379/14) alle Kosten als ersatzfähig angesehen, die durch die Beschäftigung des Geschädigten in einer Werkstatt für behinderte Menschen und durch die Hilfe zu selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten entstehen. Denn die mit der Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen verbundenen Kosten dienten der Aktivierung der verbliebenden Arbeitskraft des Behinderten und in diesem Sinne der Wiederherstellung eines dem früheren Lebenszuschnitt möglichst nahekommenden Zustandes (so auch OLG Köln, Urteil vom 30.03.84, 23 U 342/83, Rdnr. 25; Koblenz, Urteil vom 11.10.2004, 12 U 1258/03).
87Soweit in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.07.2015 eine Kongruenz zwischen den vom Sozialhilfeträger erbrachten Leistungen und dem Erwerbsschaden des Geschädigten im Ergebnis verneint wurde, beruhte dies in dem konkreten Fall allein darauf, dass die vom Sozialhilfeträger erbrachten und eingeklagten Leistungen nicht dem Geschädigten, sondern der Werkstatt zugute gekommen sind und somit dessen Erwerbsschaden gerade nicht minderten. Dieser Fall liegt hier erkennbar nicht vor.
88b)
89Ohne Erfolg greift die Beklagte schließlich die Ausgangsentscheidung dahin an, diese habe zu Unrecht die von ihr in Abzug gebrachten ersparten Aufwendungen von den Heimkosten unberücksichtigt gelassen. Bei den Heimkosten handelt es sich um Sozialleistungen nach den §§ 35 SGB XII, 27 b SGB XII i. V. m. 42 SGB XII, die die unterschiedlichsten Bedürfnisse des Geschädigten wie die Verpflegung, die Unterbringung, die Heizkosten etc. abdecken.
90Soweit die genannten Heimunterbringungskosten über dasjenige hinausgehen, was jeder Mensch zur Deckung seines allgemeinen Lebensbedarfs benötigt, handelt es sich um Sonderbedarf, die entsprechende Leistung des Klägers ist daher mit einem Schadensersatzanspruch des Geschädigten wegen vermehrter dürfnisse i.S.d.
91§ 843 Abs. 1, 2. Alt. BGB deckungsgleich. Hinsichtlich derjenigen Unterbringungs-kosten, die sich in der Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs erschöpfen, den jeder Mensch zu decken hat, handelt es sich hingegen um eine Leistung, die wiederum mit dem Erwerbsschaden des Geschädigten kongruent ist. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen (VersR 71, 107 ff; VersR 66, 1028 ff.), besonders deutlich in seiner Entscheidung vom 03.04.84 (VersR 84, 583 ff.) ausgeführt, dass der Schaden, der darin besteht, dass der Geschädigte unfallbedingt außerstande ist, seinen eigenen Unterhalt sicherzustellen, mit dem Erwerbsschaden deckungsgleich ist, weil der Geschädigte seinen Lebensunterhalt in der Regel aus seinem Verdienst bestreitet.
92Der Senat schließt sich dieser Wertung in vollem Umfang an. Auf diese Weise wird der Geschädigte durch den Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger weder schlechter noch besser gestellt, als er ohne den Unfall stünde.
93Denn ist er in der Lage, seinen Lebensunterhalt, der vorübergehend durch ein Krankenhaus oder eine andere Einrichtung gedeckt wird, aus seinem Verdienst zu bestreiten, etwa, weil er Lohnfortzahungen erhält oder aus seinem Vermögen lebt, so muss er sich berechtigterweise entgegenhalten lassen, dass er nur die unfallbedingten Mehrkosten vom Schädiger verlangen kann, da er die anderen Kosten ansonsten auch aus seinem Verdienst bestreiten müsste. Dass es sich hierbei rechtstechnisch um ersparte Aufwendungen handelt, ist nach der eben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu verneinen.
94Es geht vielmehr darum, dass der Schaden überhaupt nur in Höhe der über den normalen Unterhaltsbedarf hinausgehenden Mehrkosten entsteht.
95Ist hingegen der Geschädigte unfallbedingt überhaupt nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, besteht sein Erwerbsschaden genau darin, dass er den Teil des Erwerbseinkommens, der zur Unterhaltung des Lebensunterhalts dienen würde, nicht mehr erzielen kann. Seinen darüber hinausgehenden Erwerbsschaden könnte er jedoch jederzeit selbst gegenüber dem Schädiger geltend machen.
96Auch der Schädiger wird durch den Anspruchsübergang nicht benachteiligt, weil er dem Geschädigten, der seinen Erwerbsschaden ihm gegenüber geltend macht, entgegenhalten könnte, dass dieser zum Teil auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, nämlich genau in Höhe der Lebenshaltungskosten, die anderweitig durch die Heimunterbringung gedeckt sind.
97Ein Anspruchsübergang hinsichtlich des Erwerbsschadens des Geschädigten auf den Kläger hat, wie bereits ausgeführt wurde, bereits im Unfallzeitpunkt stattgefunden. Da der Kläger unbestritten vorgetragen hat, dass der Geschädigte in der Lage gewesen wäre, ein Nettoeinkommen in Höhe von gerundet 1.460,00 € zu erzielen, unterliegt es auch keinem Zweifel, dass nach Abzug des in der Behindertenwerkstatt tatsächlich erzielten und insoweit den Erwerbsschaden verringernden Einkommens i.H.v. 325,- € ein Erwerbsschaden von wenigstens 650,- € verbleibt.
98IV.
99Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
100Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 543 ZPO, da die im Prozess diskutierte Frage, ob die Beklagte zum Abzug der Heim- und Verpflegungskosten berechtigt ist, bereits durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt ist.