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Gegen die zweitinstanzliche Festsetzung des Streitwerts durch das Landgericht ist die Beschwerde auch dann zum Oberlandesgericht zulässig, wenn der Instanzenzug in der Hauptsache beim Landgericht endet.
Der Streitwert für den Rechtsstreit wird in Abänderung der Streitwertfestsetzung des Landgerichts vom 24.09.2015 auf 2.856,87 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
31.
4Mit Klageschrift vom 20.09.2013 erhob die Klägerin Zahlungsklage zum Amtsgericht Dortmund gegen den beklagten Lebensversicherer auf Rückerstattung gezahlter Prämien, hilfsweise auf entsprechenden Schadensersatz und weiter hilfsweise auf Zahlung eines Mindestrückkaufswertes. Durch Urteil vom 19.02.2015 wies das Amtsgericht Dortmund die Klage der Klägerin ab. Auf ihr Rechtsmittel änderte das Landgericht Dortmund durch Berufungsurteil vom 24.09.2015 das angefochtene Urteil ab und gab der Klage teilweise statt. Den Streitwert für den Rechtsstreit setzte die Berufungszivilkammer auf 1.142,62 EUR fest.
5Gegen diesen Streitwertbeschluss legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 27.10.2015 „Beschwerde/Gegenvorstellung“ ein mit dem Ziel, dass der Streitwert auf 2.856,87 EU festgesetzt werde; hilfsweise beantragte er Berichtigung der Kostenentscheidung im Urteil der Berufungszivilkammer.
6Die Berufungszivilkammer des Landgerichts hat mit Beschluss vom 24.11.2015 der Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
72.
8Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist zulässig und begründet.
92.1.
10Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 1 und 5, 66 GKG iVm § 32 Abs. 2 RVG zulässig.
11Der Statthaftigkeit der Streitwertbeschwerde zum Oberlandesgericht als dem nächsthöheren Gericht steht nicht entgegen, dass das Landgericht hier als Berufungsgericht entschieden hat.
12Der Senat folgt nicht dem Beschluss des OLG Celle vom 15.11.2015 (11 W 87/05). Dieses hat in einem Fall wie dem hier gegebenen entschieden, dass als nächsthöheres Gericht im Sinne von § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG dasjenige Gericht anzusehen sei, das im Instanzenzug in der Hauptsache als nächstes zur Entscheidung berufen sei und dass dieses im Falle der Rechtsmittelzulassung der Bundesgerichtshof sei, an den jedoch nach § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG eine Streitwertbeschwerde nicht statt findet. Mangels Statthaftigkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache gegen Berufungsentscheidungen der Landgerichte sei eine Streitwertbeschwerde zum Oberlandesgericht nicht gegeben (OLG Celle a.a.O. Rn. 7 zitiert nach juris).
13Vielmehr folgt der Senat der Auffassung, dass als nächsthöheres Gericht im Sinne von § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG das in der Gerichtsorganisation übergeordnete Gericht, also das Oberlandesgericht, anzusehen ist (so (OLG Koblenz, Beschluss vom 12.03.2013 3 W 132/13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.09.2006, 24 W 45/06, OLG Stuttgart, Beschluss 12.01.2012 13 W 38/11; OLG Zweibrücken, Beschluss 11.11.2008, 4 W 88/08; OLG München Beschluss vom 14.05. 2009, 32 W 1336/09; OLG Celle, Beschluss vom 20.12.2006, 2 W 501/06; OLG Rostock Beschluss vom 14.08.2006 – 3 W 78/06; ebenso Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/
14Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 68 Rn. 21; Meyer, GKG, 13. Aufl., § 68 Rn. 15).
15Diese letztgenannte Sichtweise entspricht der eindeutig zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers: So heißt es in den Materialien zur Neufassung des Gerichtskostengesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 05.05.2004 (BGBl. I, 718) (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf vom 11.11.2003 BT-Drs. 15/1971, S. 158) zu § 66 GKG u.a., dass Absatz 3 Satz 2 zur Vereinfachung des kostenrechtlichen Verfahrens regeln soll, dass unabhängig vom Instanzenzug der Hauptsache als Beschwerdegericht grundsätzlich das allgemein dem erkennenden Gericht übergeordnete Gericht anzusehen sei. Weiter heißt es dort, dass deshalb, weil sich das Beschwerdegericht ausschließlich mit kostenrechtlichen Fragen zu befassen habe, eine Anbindung an den Instanzenzug der Hauptsache nicht zwingend geboten erscheine. Hintergrund der Regelung sei das Ziel, das Beschwerdeverfahren unabhängig vom Beschwerdeverfahren der Hauptsache auszugestalten. Zu § 68 GKG heißt es in den Materialien ausdrücklich, dass die Beschwerde auch dann zulässig sein soll, wenn das Rechtsmittelgericht die Entscheidung erlassen hat.
16Dieser gesetzgeberische Wille erhält weiteres Gewicht vor dem Hintergrund, dass der bis zum 30.06.2004 geltende § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG für die Streitwertbeschwerde regelte, dass über das Rechtsmittel "das nach den für die Hauptsache geltenden Vorschriften zuständige, im Rechtszug nächsthöhere Gericht" zu entscheiden hatte. Diese eindeutige Regelung ist von der Neufassung nicht übernommen worden. Der Senat schließt sich der Auffassung des OLG Koblenz (Beschluss vom 12.02.2008 5 W 70/08 Rn. 8 zitiert nach juris) an, dass es angesichts der obigen Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren ausgeschlossen erscheint, dass die sich aus der Neufassung ergebenden Folgen auf einem gesetzgeberischen Irrtum oder Versäumnis beruhen.
17Der Statthaftigkeit des Rechtsmittels steht die Regelung des § 567 Abs. 1 ZPO, wonach eine Beschwerde nur gegen Entscheidungen desjenigen Gerichts statthaft ist, das diese im 1. Rechtszuge erlässt, nicht entgegen, da insoweit § 68 GKG lex specialis ist (OLG Rostock Beschluss vom 14.08.2006 – 3 W 78/06, Rn. 7 zitiert nach juris; OLG Celle, Beschluss vom 17.11.2005 – 3 W 142/05, Rn. 11 zitiert nach juris).
182.
19Die danach zulässige Streitwertbeschwerde ist auch begründet.
20Der Streitwert für den Rechtsstreit ist auf 2.856,87 EUR festzusetzen. Unbeschadet der seitens der vom Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 24.11.2015 zitierten Rechtsprechung folgt der Senat aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in den Fällen der §§ 5a, 8 VVG a.F. der Rechtsprechung des IV. Zivilsenates der Bundesgerichtshofs, der in ständiger Praxis den Streitwert unter Einschluss der herausverlangten Nutzungen festsetzt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16.09.2015, Az: IV ZR 233/14, Tenor sowie Rn. 4 zitiert nach juris, wobei aus der erstinstanzlich zugrundeliegenden Entscheidung LG Aachen, Urteil vom 22.02.2013, Az: 9 O 488/11, Rn. 22, 23 zitiert nach juris, folgt, dass sich der vom IV. Zivilsenat des BGH festgesetzte Streitwert unter Einschluss der kapitalisierten Zinsen auf die zugleich herausverlangten Prämien errechnet).
213.
22Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 68 Abs. 8 GKG.