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1.
Nach Zurückverweisung des Verfahrens können grundsätzlich weitere Gebühren für den Rechtsanwalt anfallen, weil es sich gebührenrechtlich um einen neuen Rechtszug handelt.
2.
Im Zuge der Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht, das mit der Sache bereits befasst war, ist allerdings die vor diesem Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kamen vom 10.08.2016 (AZ: 11a F 81/14) wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3In dem Ausgangsverfahren hat der Mandant des Beteiligten zu 1), Herr I, beantragt, seine Ehe mit Frau Y scheiden sowie den Versorgungsausgleich durchzuführen. Herrn I ist antragsgemäß mit amtsgerichtlichen Beschluss vom 19.05.2014 für dieses Verfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 1) bewilligt worden. Mit Beschluss vom 18.03.2015 hat das Amtsgericht die Ehe von Herrn I und Frau Y geschieden sowie den Versorgungsausgleich durchgeführt. Gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich hat Herr I Beschwerde eingelegt. Herrn I ist auch für das Beschwerdeverfahren antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 1) bewilligt worden. Auf die Beschwerde hat der zuständige Senat des Oberlandegerichts Hamm mit Beschluss vom 31.08.2015 das Verfahren zur weiteren Entscheidung über den Versorgungsausgleich an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.04.2016 erneut den Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Beschluss ist rechtskräftig.
4Mit Antrag vom 02.04.2015 hat der Beteiligte zu 1) die Festsetzung seiner ihm im erstinstanzlichen Verfahren entstandenen Gebühren und Auslagen nach dem festgesetzten Verfahrenswert von 7.200,00 € (1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV, 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 RVG-VV, Auslagenpauschale) gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 719,95 € beantragt. Unter dem 03.06.2015 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Am 11.05.2016 hat der Beteiligte zu 1) die Festsetzung seiner ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 176,12 € beantragt. Auch diese Vergütung ist am 17.05.2016 durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle antragsgemäß festgesetzt worden. Mit weiterem Antrag vom 11.05.2016 hat der Beteiligte zu 1) schließlich erneut einen Antrag auf Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen gestellt, mit dem er im Hinblick auf die Zurückverweisung an das Amtsgericht und das dann im Anschluss dort weiter geführte Verfahren die Vergütung einer (weiteren) 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV sowie einer (weiteren)1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 RVG-VV nebst Auslagenpauschale nach einem Verfahrenswert von 1.000,00 € in Höhe von insgesamt 261,80 € beansprucht. Der Urkundsbeamte hat am 31.05.2016 den Antrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht könnten die geltend gemachten Gebühren und Auslagen nicht erneut beansprucht werden. Der gegen diesen Beschluss eingelegten Erinnerung des Beteiligten zu 1) hat der Urkundsbeamte nicht abgeholfen und sie der Abteilungsrichterin vorgelegt. Diese hat die Erinnerung des Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 10.08.2016 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 12.09.2016.
5II.
6Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
7Das Amtsgericht hat zu Recht mit Beschluss vom 10.08.2016 die Erinnerung des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Denn eine über die bereits am 03.06.2015 erfolgte Festsetzung der Vergütung des Beteiligten zu 1) hinausgehende Vergütungsfestsetzung kann für das erstinstanzliche Verfahren nicht erfolgen.
8Zwar erstreckt sich die mit Beschluss vom 19.05.2014 erfolgte Verfahrenskostenhilfebewilligung durch das Amtsgericht auch auf das nach erfolgter Zurückverweisung des Verfahrens durch das Oberlandesgericht fortgesetzte erstinstanzliche Verfahren. Die Vorschriften der §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG,119 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für jeden Rechtszug besonders erfolgt, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn durch die Zurückverweisung der Sache durch den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 31.08.2015 ist nach dem Sinn des § 119 S. 1 ZPO kein neuer Rechtszug eröffnet worden. Zweck des § 119 ZPO ist, dass das Gericht die Bewilligungsvoraussetzungen des § 114 ZPO für seinen Rechtszug nur einmal prüfen soll. Die Abänderung der die Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Entscheidung ist, abgesehen von der Änderungsmöglichkeit nach § 120 a ZPO beschränkt auf das Vorliegen einer der in § 124 ZPO abschließend normierten Gründe. Deshalb ist auch dann, wenn sich infolge der Zurückverweisung der Sache durch das Rechtsmittelgericht eine Änderung der rechtlichen Anknüpfungspunkte und der Beurteilungsmaßstäbe für dieselbe Rechtsverfolgung oder Verteidigung ergeben hat, eine erneute Überprüfung der prozesskostenhilferechtlichen Bewilligungsvoraussetzungen nicht veranlasst (OLG Schleswig NJW-RR 2015, 192; Zöller-Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 119 Rdnr. 5).
9Vielmehr können für die Tätigkeit des Beteiligten zu 1) nach Zurückverweisung des Verfahrens durch das Oberlandesgericht grundsätzlich weitere Gebühren nach dem RVG anfallen. Denn nach § 21 Abs. 1 RVG ist das Verfahren gebührenrechtlich nach Zurückverweisung ein neuer Rechtszug. § 21 Abs. 1 RVG ergänzt für den Fall der Zurückverweisung § 15 Abs. 2 RVG (vgl. zum alten Recht OLG Düsseldorf AGS 2008, 242; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 15 RVG Rdnr. 74-Zurückverweisung; Gerold/Schmidt- Mayer, RVG, 22. Aufl, § 21 Rdnr. 8). Der schon vor der Zurückverweisung in dieser Angelegenheit tätig gewesen Anwalt enthält eine Gebühr für seine weitere Tätigkeit unabhängig von derjenigen Gebühr, die er im früheren erstinstanzlichen Verfahren und/oder in der Rechtsmittelinstanz vor dem Rechtsmittelgericht verdient hat (Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 21 RVG Rdnr. 16; Gerold/Schmidt- Mayer, RVG, 22. Aufl, § 21 Rdnr. 7).
10Jedoch kann zugunsten des Beteiligten zu 1) im Streitfall weder die beanspruchte Verfahrensgebühr noch die beanspruchte Terminsgebühr festgesetzt werden. Soweit eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das mit der Sache bereits befasst war, ist die vor diesem Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen, Vorbemerkung 3 Abs. 6 RVG- VV Anrechnung bei Zurückverweisung (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 21 RVG Rdnr. 17; Gerold/Schmidt- Mayer, RVG, 22. Aufl, § 21 Rdnr. 8). Die zugunsten des Beteiligten zu 1) bereits vor Zurückverweisung des Verfahrens entstandene und festgesetzte Verfahrensgebühr ist somit auf die mit Antrag vom 11.05.2016 geltend gemachte Verfahrensgebühr für das erneute erstinstanzliche Verfahren anzurechnen.
11Soweit der Beteiligte zu 1) nach Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht die Festsetzung einer weiteren Terminsgebühr verlangt, ist ihm entgegen zu halten, dass das Verfahren nach erfolgter Zurückverweisung im schriftlichen Verfahren vom Amtsgericht entschieden worden ist. Die amtliche Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV- RVG greift im Streitfall nicht. Denn nach § 221 Abs. 1 FamFG „soll“ das Familiengericht in einer Versorgungsausgleichssache die Angelegenheit mit den Ehegatten in einem Termin erörtern. Daraus folgt, dass ein Termin zwar im Regelfall, nicht aber notwendigerweise durchzuführen ist (so auch OLG Brandenburg FamRZ 2012,1581; OLG Nürnberg NZFam 2014, 854; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., VV 3104 Rdnr. 18-Versorgungsausgleich). Dass es sich im Streitfall nicht um ein isoliertes Versorgungsausgleichsverfahren handelt, sondern dieses ursprünglich als Folgesache Gegenstand des Ehescheidungsverfahrens war, rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht. Zwar ist gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2, 128 Abs. 1 FamFG auch für eine Versorgungsausgleichssache eine mündliche Verhandlung zwingend vorgeschrieben, wenn sie als Folgesache im Verbund mit der Scheidungssache steht. Dies gilt indessen nur, solange sie im Verbund steht. Für selbständige und aus dem Verbund ausgeschiedene Versorgungsausgleichsverfahren gilt dies nicht. In diesen Fällen erlangt die Regelung des § 221 Abs. 1 FamFG eigenständige Bedeutung (so auch OLG Köln NZFam 2015, 282).
12Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.