Seite drucken Seite drucken   Entscheidung als PDF runterladen Entscheidung als PDF runterladen

Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 262/15

Datum:
22.04.2016
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 UF 262/15
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2016:0422.3UF262.15.00
 
Vorinstanz:
Amtsgericht Bochum, 6 O 270/14
Schlagworte:
Normen: FamFG § 65 Abs. 4, § 69 Abs. 1 S. 3, § 113 Abs. 1 S. 2, § 117 Abs. 2; ZPO § 308 Abs. 1 S. 1, § 538 Abs.2 S. 1 Nr. 1; Brüssel-IIa-Verordnung Art. 3 a); Rom-III-Verordnung Art. 1 Abs. 2, Art. 2, Art. 5, Art. 7 Abs. 1c), Art. 8a), Art. 10, Art. 12, Art. 18 Abs. 1; BGB § 242, § 1410, § 1564, § 1565 Abs. 1 , Abs. 2, 1566 Abs. 1, § 1567, § 1570 ff., § 1579, § 1609 Nr. 1; EGBGB Art. 6, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2, Art. 17 Abs. 3 S. 1, S. 2; VersAusglG § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 18 Abs. 1, 2, 3; libanesisches Familiengesetz von 1917, geändert durch Familiengesetz vom 16.07.1962, Art. 33-37, Art. 80-90, Art. 102-109, Art. 343, Art. 349 a), c), d), e), HUntProt, Art. 3 Abs. 1, Art. 5, Art. 6, Art. 7, Art. 8 Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Scheidung nach islamisch-sunnitischem Recht; Anzuwendendes Ehescheidungsrecht nach der für seit dem 21.06.2012 anhängige Verfahren allein maß-geblichen Rom-III-Verordnung: Recht des gewöhnlichen Aufenthalts nach Art. 8 a) oder Rechtswahl nach Art. 5, international anzuwendendes Scheidungsrecht, Versorgungsausgleichsrecht und Scheidungsfolgen-recht,Wirksamkeit eines vor dem Scharia-Richter im Libanon anlässlich der Eheschließung abgeschlosse-nen Ehevertrages mit der Vereinbarung eines „Mahr“ (Morgen- und Abendgabe); Recht der Ehefrau auf Einforderung der Abendgabe trotz eigenen Stellens des Scheidungsantrags im Rahmen des Ordre Public.
Leitsätze:

1. Ein mit der Beschwerde gerügter etwaiger Verstoß des erstinstanzlichen Scheidungsverbundbeschlusses gegen die §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 308 Abs. 1 ZPO wegen der Entscheidung über eine zu Protokoll der letzten mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragte Folgesache wird im Beschwerdeverfahren jedenfalls dadurch geheilt, dass der Beschwerdegegner die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und sich dadurch im Wege der – noch im Beschwerdeverfahren möglichen - Antragserweiterung den diesbezüg-lichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung zu eigen macht.

2. Eine gegenüber Art. 8 a) Rom-III-Verordnung vorrangige Rechtswahl des ausländischen Eherechts durch die Ehegatten nach Art. 5 Rom-III-Verordnung liegt nicht in dem Abschluss eines Ehevertrages über Mor-gen- und Abendgabe vor einem libanesischen Scharia-Gericht aus Anlass der Eheschließung.

3. Vereinbaren Ehegatten anlässlich der Eheschließung durch islamisch-sunnitischen Ehevertrag zugunsten der Ehefrau die Zahlung eines – in eine bei Eheschließung fällige Morgengabe und eine im Falle der Ehescheidung fällige Abendgabe unterfallenden - „Mahr“, genügt dieser vor einem Scharia-Gericht ge-schlossene und protokollierte Vertrag der im deutschen Recht vorgesehenen notariellen Form des § 1410 BGB.

4. Während sich das international anzuwendende Recht für den Anspruch auf die Morgengabe vor Einge-hung der Ehe nach dem „Verlöbnisstatut“ und während des Bestehens der Ehe nach Art. 14 EGBGB richtet, bestimmt sich das auf die – erst anlässlich der Ehescheidung fällig werdende - Abendgabe anzuwendende Sachrecht wegen des unterhaltsähnlichen Versorgungscharakters zugunsten der Ehefrau nach Art. 3 Abs. 1 und den Art. 5, 6, 7 und 8 des Haager Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (HUntProt).

5. Stellt die Ehefrau den Scheidungsantrag und beruft sich der Ehemann zur Verteidigung gegen die im Verbund mit der Ehescheidung geltend gemachte Zahlung der Abendgabe auf deren nach den Art. 80-90, 343 des Libanesischen Familiengesetzes vom 16.07.1962 nur bei Scheidungsverstoßung („talaq“) durch ihn eintretende Fälligkeit, verstößt dies gem. Art. 6 EGBGB sowie entsprechend den Art. 10, 12 Rom-III-Verordnung gegen den deutschen Ordre public und das Verbot der Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG).

 
Tenor:

I.

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bochum vom 17.11.2015 (Az.: 60 F 270/14) wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 17.260,00 € festgesetzt (Ehescheidung: 3.000,00 €, Versorgungsausgleich: 1.000,00 € und Abfindungszahlung: 13.260,00 € = 15.000,00 US-Dollar).

 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109
 

Seite drucken Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen Entscheidung als PDF runterladen

logo_justiz-nrw-online_rechtsprechungsdatenbank