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Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 139/15

Datum:
24.05.2016
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 UF 139/15
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2016:0524.3UF139.15.00
 
Vorinstanz:
Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer, 18 F 246/13
Schlagworte:
Maßstab für die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf den nicht mit der Kindesmutter verhei-rateten Kindesvater bzw. die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf den bisher nicht mit sorgebe-rechtigten Kindesvater
Normen:
FamFG § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 64 Abs. 1, § 155a Abs. 3;; BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 u. 2, Abs. 3, § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 2,; § 1696 Abs. 1 S. 1 u. 2; GG Art. 6 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:

1.

§ 1626a BGB legt unabhängig von der in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitigen, aber weitgehend akademischen Frage, ob es sich um ein neues Leitbild oder ein neues Regel-Ausnahme-Verhältnis handelt, mit seiner gesetzlichen Vermutung, dass die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern dem Kindeswohl nicht widerspricht, einen eigenständigen Maßstab für deren erstmalige Einrichtung fest, da die Norm eine Prognoseentscheidung und nicht wie § 1671 BGB die nachträgliche Feststellung eines Scheiterns der gemeinsamen Elternverantwortung erfordert.

2.

Der Wertungswiderspruch, der sich insoweit zwischen § 1626a BGB und § 1671 BGB ergibt, kann nur dadurch aufgelöst werden, dass - ohne zwingende Prämisse einer Kindeswohldienlichkeit der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern - die Zugangsvoraussetzungen für deren erstmalige Anordnung nicht zu hoch angesetzt werden. Auch im Hinblick auf die gem. den §§ 1626a Abs. 2, 1696 Abs. 1 S. 2, 1671 BGB gegenüber dem ansonsten geltenden § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB milderen späteren Abänderungsvoraussetzungen kann es hinzunehmen sein, dass ggf. erst nach einer Zeit der Erprobung festzustellen ist, dass die erstmals angeordnete gemeinsame elterliche Sorge tatsächlich nicht funktioniert.

3.

Die fortbestehende Alleinsorge der Kindesmutter ist jedoch zum Kindeswohl vorzuziehen in Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge prognostisch praktisch nicht funktionieren würde, weil trotz der entsprechenden Verpflichtung tatsächlich keine Konsensmöglichkeit besteht, insbesondere bei gravierenden Kommunikationsdefiziten, bzw. wenn mit erheblicher Gewissheit zu erwarten ist, dass zwischen den Eltern auch zukünftig in den Kindesangelegenheiten keine Kooperation stattfindet, voraussichtlich auch mit professioneller Hilfe keine Aussicht auf Besserung besteht und sich dieser Umstand erheblich belastend auf das Kind auswirken würde. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass auch schon eine Phase des „Erprobens“ der gemeinsamen Elternverantwortung dem Kindeswohl schadet.

 
Tenor:

I.

Die Beschwerde des Kindesvaters und Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Gelsenkirchen-Buer vom 17. Juni 2015 (Az.: 18 F 246/13) wird zurückgewiesen.

II.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

III.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.500,00 EUR festgesetzt.

 
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