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Das Studium an der Bethel School of Supernational Ministry begründet keinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt. Es steht einem Praktikum gleich, das nicht als angemessene Vorbildung zu einem angestrebten Beruf erforderlich ist.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen abgeändert und die Urkunde des Notar Dipl. Kfm. M W. C vom 26.11.1999 (Urkundenrolle Nr. ###/####) dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab November 2015 nicht mehr verpflichtet ist, an den Antragsgegner Unterhalt zu zahlen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Verfahrenswert für die erste Instanz und die Beschwerdeinstanz wird auf jeweils bis zu 6.000 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller verlangt die Abänderung einer notariellen Urkunde, in der er sich zu Unterhaltszahlungen zu Gunsten seines am 13.03.1997 geborenen Sohnes (Antragsgegner) verpflichtet hat.
4Die Ehe des Antragstellers mit der Kindesmutter wurde im Jahr 2000 geschieden. Zuvor hatte der Antragsteller sich in der Urkundenrolle Nr. ###/#### des Notars Dipl. Kfm. M W. C verpflichtet, an den Antragsgegner einen Betrag von monatlich 700 DM zu zahlen, jeweils zum 1. eines jeden Monats im Voraus, erstmals zum 1. des auf das Datum der Beurkundung des Vertrages folgenden Monats. Wegen dieser Zahlungsverpflichtungen hat sich der Antragsteller der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde (Bl. 5 ff. GA) Bezug genommen.
5Inklusive der Verpflichtung zur Zahlung der Krankenversicherung hat der Antragsteller zuletzt unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Anpassungen der Düsseldorfer Tabelle rund 700 € Unterhalt an den Antragsgegner gezahlt.
6Der volljährige Antragsgegner hat im Jahr 2015 seine Schulausbildung durch den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife beendet (vgl. Bl. 17 GA). Unter dem 01.05.2015 beantragte der Antragsgegner ein Studentenvisum für die USA für die „Bethel School of Supernational Ministry“. Einen Studienplatz an der Ruhruniversität C im Studiengang Wirtschaftspsychologie (Bachelor) erhielt der Antragsgegner nicht. Der Ablehnungsbescheid datiert vom 25.08.2015 (Bl. 16 GA). Vom 09.09.2015 bis zum 12.05.2016 studierte der Antragsgegner an der „Bethel School of Supernational Ministry“.
7Mit Schriftsatz vom 21.10.2015 (Bl. 14 GA) forderte der Antragsteller den Antragsgegner auf, ihm Auskunft über seine Ausbildung zukommen zu lassen. Mit Schriftsatz vom 16.11.2015 forderte der Antragsteller den Antragsgegner auf, auf die Rechte aus der notariellen Urkunde bis zum 27.11.2015 zu verzichten.
8Der Antragsteller hat gemeint, bei dieser „Bibelschule“ handele es sich nicht um eine Ausbildung. Durch den Besuch dieser Bibelschule erwerbe der Antragsgegner keinen beruflich qualifizierenden Abschluss. Der Antragsgegner versuche vielmehr durch diese Bibelschule, die Wartezeit für den von ihm angestrebten Studiengang der Wirtschaftspsychologie zu überbrücken. Durch den Besuch der Bethel School erhöhe der Antragsgegner nicht seine Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
9Der Antragsgegner hat behauptet, er absolviere ein Theologiestudium. Nach Abschluss des Studiums werde er als Pfarrer tätig.
10Das Familiengericht hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Der zulässige Antrag sei unbegründet. Der Antragsgegner habe gemäß § 1610 Abs. 2 BGB Anspruch auf Unterhalt. Nach den eigenen Angaben des Antragstellers im Rahmen der mündlichen Verhandlung qualifiziert der Besuch dieser Schule nach erfolgreichem Abschluss den Antragsgegner für eine Berufstätigkeit, nämlich für eine Tätigkeit als Prediger bzw. Pfarrer in einer so genannten freikirchlichen Gemeinde. Damit handele es sich um eine angemessene Ausbildung, die der Antragsgegner auch mit der gebotenen Zielstrebigkeit absolviere.
11Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Der Antragsteller behauptet, der Antragsgegner habe ihm mitgeteilt, er wolle im Jahr 2016 noch einmal in die USA zurück kehren. Ab Mai 2017 wolle der Antragsgegner aber in Deutschland ein Studium im Bereich der Wirtschaftswissenschaften aufnehmen. Die Bethel School sei auch nicht als Orientierungsphase unterhaltsrechtlich zu akzeptieren.
12Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
13unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht - Essen vom 04.05.16, Az. 104 F 458/14, die Urkunde des Herrn Notar Dipl. C vom 26.11.1999, Urkundenrolle Nr. ###/####, dahingehend abzuändern, dass der Antragsteller zu Unterhaltszahlungen für den Sohn K N, geboren am 13.03.1997, mit Wirkung seit dem Monat November 2015 nicht mehr verpflichtet ist.
14Der Antragsgegner beantragt,
15die Beschwerde zurückzuweisen
16Der Senat hat dem Antragsteller aufgegeben, aussagekräftige Unterlagen über den Studienverlauf an der Bethel School of Supernational Ministry und bereits erbrachte Studienleistungen vorzulegen, ferner den von ihm angestrebten Abschluss unter Vorlage von geeigneten Belegen darzulegen. Hierzu gehöre auch ein Beleg dazu, dass er mit einem erfolgreichen Studienabschluss die Möglichkeit habe, als Pfarrer zu arbeiten.
17Der Antragsgegner behauptet, er wolle das Studium an der Bethel School of Supernatural Ministry beenden. Nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung werde er vielleicht sein Wissen durch ein weiteres Studium vertiefen. Um Wartesemester anzusammeln, habe er einen Antrag auf Zuteilung des Studienplatzes gestellt. Nach Abschluss des Studiums könne er als Pfarrer in einer freikirchlichen Gemeinde arbeiten und seinen Lebensunterhalt verdienen.
18II.
19Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
201.
21Der Antragsteller hat hinreichende Tatsachen vorgetragen, die eine Abänderung der notariellen Urkunde ab November 2015 rechtfertigen, § 239 FamFG. Der Antragsteller hat vorgetragen, dass der Antragsgegner sein Abitur abgelegt hat und ab September 2015 an der Bethel School studiert. Damit hat er eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dargelegt.
222.
23Der Antragsteller hat nach den Grundsätzen der Änderung der Geschäftsgrundlage einen Anspruch auf Abänderung der notariellen Urkunde, § 313 BGB.
24a.
25Eine solche Abänderung ist insbesondere auch nach der notariellen Urkunde nicht ausgeschlossen. In der notariellen Urkunde ist ausgeführt, dass für die Abänderungsmöglichkeiten die gesetzlichen Bestimmungen gelten. Der Antragsteller sei jedoch in jedem Fall verpflichtet, mindestens die Unterhaltsbeträge entsprechend der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Hiermit sollte aber nicht eine Abänderbarkeit dann ausgeschlossen werden, wenn der Antragsgegner seinen Bedarf selbst sicherstellen kann und muss. So liegt es hier.
26b.
27Der Antragsgegner hat keinen Anspruch auf Weiterzahlung von Unterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB.
28Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Antragsteller dem Bruder des Antragsgegners für dessen Aufenthalt an der Bethel School of Supernational Ministry weitergezahlt hat. Ein Anerkenntnis einer Unterhaltspflicht im Verhältnis zum Antragsgegner liegt hierin nicht.
29Der Begriff der "Berufsausbildung" umfasst grundsätzlich nicht nur Ausbildungsmaßnahmen im engeren Sinne wie z.B. einen Unterricht oder die Teilnahme an Kursen. Unter dem Begriff sind vielmehr alle Maßnahmen zu verstehen, die dem Ziel dienen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (OLG Rostock FuR 2007, 546; G. Möller, FPR 2008, 347 m.w.N.).
30Auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 25.08.2016 eingereichten Unterlagen, handelt es sich bei der Ausbildung in der Bethel School of Supernatural Ministry nicht um eine Ausbildung handelt, für die der Antragsgegner Unterhalt verlangen kann.
31aa.
32Es ist unstreitig, dass es sich bei der Bethel School of Supernatural Ministry nicht um eine anerkannte Schule handelt. Ferner ist unstreitig, dass der Besuch nicht zu einem allgemeinen Abschluss führt.
33Der Senat verkennt nicht, dass der Antragsgegner ein Zertifikat eingereicht hat, das bescheinigt, dass er das erste Studienjahr vollständig absolviert hat. Der Senat verkennt ebenfalls nicht, dass der Antragsgegner Unterlagen eingereicht hat, nach denen er das zweite Studienjahr von September 2016 bis Mai 2017 absolvieren wird.
34Entscheidend ist, dass dieser Abschluss den Antragsgegner nicht weitergehend qualifiziert. Der Antragsgegner hat behauptet, er könne nach Abschluss seines Studiums als Pfarrer in einer freikirchlichen Gemeinde arbeiten und seinen Lebensunterhalt verdienen. Als Beweis hat er eine einzuholende Auskunft bei der D Gemeinde F angeboten. Ausweislich der Bescheinigung der D Gemeinde F vom 02.03.2016 (Bl. 112 GA) gibt es eine solche Möglichkeit der Tätigkeit aber gerade nicht. Vielmehr wird dort Folgendes ausgeführt: „Mit der im christlichen Bereich anerkannten und geschützten Ausbildung bei der Bethel School können wir uns auch einen hauptamtlichen Einsatz in unserer Gemeinde, z.B. als Jugendleiter, vorstellen.“ Der Unterschied zwischen einer Tätigkeit als Pfarrer und der als Jugendleiter liegt auf der Hand. Hinzu kommt, dass senatsbekannt ist, dass eine Tätigkeit als Jugendleiter in kirchlichen Einrichtungen nicht zwingend von einem vorangegangenen Studium abgehängt.
35Der Umstand, dass in dieser Bescheinigung angeführt ist, die Ausbildung diene auch zur Charakterbildung der jungen Leute, führt nicht dazu, dass ein Unterhaltsanspruch begründet werden kann. Auch z.B. eine Weltreise mag der Charakterbildung dienen. Eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern besteht hierfür aber nicht.
36bb.
37Damit ist dieses „Studium“ nach Auffassung des Senats mit einem Praktikum vergleichbar.
38Insoweit gilt, dass das Praktikum als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sein muss. Auch insoweit gilt nämlich, dass Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB zweckgebunden sind und nur insoweit geschuldet werden, als sie für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich sind (vergleiche G. Möller, a.a.O.). Wenn die Tätigkeit nicht der Vorbereitung zu einem Studium oder als Voraussetzung für eine andere Ausbildung dient, besteht kein Unterhaltsanspruch, (vgl. G.Möller, a.a.O. m.w.N.).
39Nach den obigen Ausführungen ist das Studium gerade nicht als angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich.
40cc.
41Dieses Studium ist auch nicht mit einem freiwilligen sozialen Jahr vergleichbar.
42Bei dem freiwilligen sozialen Jahr wird von der wohl h.M. (vgl. OLG Celle FamRZ 2012, 995, vgl. auch G.Möller, a.a.O. mit Nachweisen zur Gegenauffassung, wobei die Entscheidungen im Wesentlichen noch zur alten Gesetzeslage ergangen sind) nicht gefordert, dass das freiwillige soziale Jahr zwingende Voraussetzung für einen bereits beabsichtigten weiteren Ausbildungsweg ist. Hintergrund ist, dass in § 1 des Jugendfreiwilligendienstegesetz – JFDG davon ausgegangen wird, dass Jugendfreiwilligendienste die "Bildungsfähigkeit" der Jugendlichen erhöhen. Deswegen ist eine pädagogische Begleitung eines anerkannten Trägers erforderlich. Eine solche Begleitung eines anerkannten Trägers liegt gerade nicht vor. Deswegen verbleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen. Hiernach kann nur Ausbildungsunterhalt verlangt werden, wenn die Ausbildung im weitesten Sinn berufsvorbereitend ist. Dies ist bei einer Bibelschule und einem sich ggfls. anschließenden Studium im betriebswirtschaftlichen Bereich gerade nicht der Fall.
43c.
44Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass der gesunde Antragsgegner seinen Bedarf durch eine vollschichtige Aushilfstätigkeit selbst decken kann.
453.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG. Bei der Wertfestsetzung hat der Senat auf den in der notariellen Urkunde titulierten Unterhalt abgestellt.