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Der Gebührentatbestand in Nr. 15112 KV-GNotKG ist auf das Verfahren der Löschung des Hofvermerks gemäß § 3 Abs. 1 HöfeVO nicht anzuwenden. Es entspricht dem Willen des Gesetzgebers, dass die bisher aus § 18 HöfeVfO a.F. abgeleitete umfassende Gebührenfreiheit für das gesamte Verfahren zur Eintragung und Löschung eines Hofvermerks sowohl für die Verfahrenshandlungen des Landwirtschaftsgerichts als auch für die Verfahrenshandlungen des Grundbuchamts beibehalten werden.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Beckum vom 03.09.2015 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e
2A.
3Die Antragstellerin ist als Alleinerbin ihres am 27.01.2015 verstorbenen Ehemannes L X Eigentümerin der im Grundbuch von B Blatt ###, Amtsgericht Ahlen, eingetragenen landwirtschaftlichen Besitzung. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 09.07.2015 hat sie bei dem Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Beckum die Löschung des im Grundbuch eingetragenen Hofvermerks beantragt. Diesem Antrag hat das Landwirtschaftsgericht mit Ersuchen an das Grundbuchamt vom 05.08.2015 nach § 3 Abs.1 Nr.2 HöfeVfO entsprochen.
4Mit Beschluss vom 03.09.2015 hat das Landwirtschaftsgericht von der Festsetzung eines Geschäftswertes abgesehen und die Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gemäß § 79 GNotKG grundsätzlich gebotene Wertfestsetzung sei hier entbehrlich, da das Verfahren des Landwirtschaftsgerichts zur Löschung des Hofvermerks gerichtskostenfrei sei. Zwar gelte für das Verfahren nach Wortlaut und Systematik des Gesetzes die Auffangbestimmung des 15112 KV GNotKG, nach der eine halbe Gebühr nach § 34 GNotKG – Tabelle A zu erheben wäre. Dies entspreche jedoch nicht dem Willen des Gesetzgebers, wie er in den Gesetzesmaterialien zum 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drucks. 17/11471, S. 210) zum Ausdruck gekommen sei. Hiernach sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Eintragung und die Löschung eines Hofvermerks umfassend von Gebühren freistellen wollte, und zwar auch in Bezug auf das dem Verfahren beim Grundbuchamt vorgeschaltete Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf sei deutlich gemacht, dass die bisher in § 18 HöfeVfO a.F. geregelte Gebührenfreiheit der Eintragung und Löschung eines Hofvermerks fortgelten solle. Aus dieser Norm sei aber die Gebührenfreiheit des gerichtlichen Verfahrens und des Vollzugs der Eintragung durch das Grundbuchamt abgeleitet worden. Dies habe der Gesetzgeber nicht ändern wollen. Die Annahme der Gebührenfreiheit sei zudem sachgerecht, da schon die negative Hoferklärung des Inhabers allein das Löschungsersuchen rechtfertige und für das Landwirtschaftsgericht damit praktisch kein Prüfaufwand entstehe.
5Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 3., der beantragt, den Geschäftswert für das Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auf 89.400 € (20 % des Verkehrswertes des verfahrensgegenständlichen Grundstücks) festzusetzen. Für das Verfahren sei eine halbe Gebühr nach KV 15112 GNotKG entstanden. Dies folge aus dem klaren Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Etwas anderes sei auch aus der vom Landwirtschaftsgericht in Bezug genommenen Gesetzesbegründung nicht herzuleiten. Denn auch diese beziehe sich alleine auf die in Grundbuchsachen zu erhebenden Kosten und gelte nicht für das Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht. Eine Ausnahmeregelung in den Bestimmungen zum Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht (KV 15110 ff. GNotKG) habe der Gesetzgeber gerade nicht getroffen. Aus Gründen der Rechtsklarheit müsse daher die Auffangbestimmung des KV 15112 greifen.
6Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
7B.
8Die Beschwerde des Beteiligten zu 3. ist zulässig, aber unbegründet.
9I.
10Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung des § 83 Abs.1 GNotKG statthaft, da das Landwirtschaftsgericht die Festsetzung eines Geschäftswertes in der Annahme der Gebührenfreiheit abgelehnt hat (vgl. hierzu Korintenberg/ Fackelmann, 19. Aufl., § 83 GNotKG Rn.11 m.w.N.). Der Bezirksrevisor als Vertreter der Justizkasse ist auch insoweit beschwerdebefugt (Korintenberg/Fackelmann, a.a.O. Rn. 16). Form und Frist gemäß §§ 83 Abs.1, 81 Abs.3 GNotKG sind gewahrt.
11II.
12Die Beschwerde jedoch unbegründet. Die Festsetzung eines Geschäftswertes für die Gerichtsgebühren ist entbehrlich, da das Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht nach § 1 Abs.4 HöfeO i.V.m. § 3 Abs.1 HöfeVfO betreffend das Ersuchen um Löschung eines Hofvermerks gerichtsgebührenfrei ist.
131.
14Zutreffend ist allerdings, dass sich die Gebührenfreiheit nicht unmittelbar aus den für das Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht geltenden Vorschriften des KV GNotKG (Teil 1 Hauptabschnitt 5. Abschnitt 1.) ergibt. Nach dem Wortlaut und der Systematik der dortigen Regelungen scheint vielmehr der Auffangtatbestand Nr. 15112 zu greifen. Etwas anderes lässt sich auch der Gesetzesbegründung zu diesem Abschnitt nicht unmittelbar entnehmen. Vielmehr heißt es in der Einzelbegründung zu Nr. 15112: „Diese Vorschrift stellt einen Auffangtatbestand für sämtliche Verfahren vor den Landwirtschaftsgerichten dar, die nicht in Nr. 15110 KV geregelt sind. Aus Vereinfachungsgründen wird für sämtliche Verfahren ein einheitlicher Gebührensatz vorgesehen.“
152.
16Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Landwirtschaftsgerichts, dass die Anwendung des Gebührentatbestandes in Nr. 15112 KV-GNotKG für das Verfahren nach § 3 Abs.1 HöfeVfO nicht dem Willen des Gesetzgeber entspricht. Der Gesetzgeber wollte bei der Reform des Kostenrechts durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vielmehr die bis dahin aus § 18 HöfeVfO a.F. abgeleitete umfassende Gebührenfreiheit für das gesamte Verfahren zur Eintragung oder Löschung eines Hofvermerks, sowohl für die Verfahrenshandlungen des Landwirtschaftsgerichts als auch für die Verfahrenshandlungen des Grundbuchamtes, beibehalten. Dass sich aus Wortlaut und Systematik des KV-GNotKG etwas anderes zu ergeben scheint, beruht nach der Überzeugung des Senats auf einem Versehen des Gesetzgebers, der im Zusammenhang mit der Aufhebung des § 18 HöfeVfO a.F. und der Übertragung des Regelungsgehaltes dieser Vorschriften in die Vorschriften des GNotKG die Zweigliedrigkeit des Verfahrens bei der Eintragung bzw. Löschung des Hofvermerks nicht hinreichend in den Blick genommen hat. Dieser Umstand ist bei der Auslegung der Gebührentatbestände des KV GNotKG zu berücksichtigen und führt zu einer vom Wortlaut und von der Systematik des Gesetzes abweichenden Interpretation.
17a)
18Ob die Kostenfreiheit des Verfahrens nach § 3 Abs.1 HöfeVfO auch nach der Neuregelung der Materie durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz fort gilt, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum allerdings uneinheitlich beurteilt.
19Zum Teil wird mit Blick auf die dargestellte Systematik des Kostenverzeichnisses zum GNotKG angenommen, für das Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts an das Grundbuchamt sei eine 05, Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG zu erheben (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 28.01.2015 – 7 W 1/15 L -, RdL 2015, 136; jetzt anders Beschluss vom 17.10.2016 – 7 W 35/16 (L) - Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 19. Aufl., Nr. 15112 KV-GNotKG Rn.20; HK-GNotKG/Giers, KV Vorbem. 1.5.1.1., Rn.2).
20Demgegenüber meint das OLG Schleswig, aus der Gesetzesbegründung folge, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die nach der bisherigen Bestimmung des § 18 HöfeVfO a.F. geltende Gebührenfreiheit weiterhin sowohl für die Tätigkeit des Grundbuchamts als auch für die Tätigkeit des Landwirtschaftsgerichts gelten solle (Beschluss vom 31.05.2016 – 60L WLw 22/15 -, JurBüro 2016, 478).
21b)
22Der Senat schließt sich der letztgenannten Rechtsauffassung an. Aus den Gesetzesmaterialien folgt, dass der Gesetzgeber mit der Aufhebung der bisherigen Bestimmung des § 18 HöfeVfO a.F. durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes keine inhaltliche Änderung der Gebührenregelung bewirken wollte, sondern allein den Zweck verfolgt hat, die bestehende Regelung in die Kodifikation des GNotKG zu überführen.
23(1)
24Zu bedenken ist insoweit zunächst, dass auch die Vorschrift des § 18 HöfeVfO a.F. nach ihrem Wortlaut dahingehend hätte verstanden werden können, dass sie ausschließlich für das Verfahren vor dem Grundbuchamt Geltung beansprucht. Denn auch in dieser Vorschrift fand das dem Grundbuchverfahren vorgeschaltete Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht keine ausdrückliche Erwähnung. Gleichwohl entsprach es allgemeiner Ansicht, dass sich die Gebührenfreiheit nicht nur auf die Eintragung oder Löschung des Hofvermerks selbst bezog, sondern dass das Ersuchen des Landwirtschaftsgerichts und das vorausgegangene Verfahren beim Landwirtschaftsgericht ebenfalls von der Gebührenfreiheit umfasst waren (vgl. OLG Schleswig, a.a.O. - juris Rn.18 - mit Nachweisen zur einhelligen Auffassung in der Kommentarliteratur).
25(2)
26An dieser Regelung wollte der Gesetzgeber festhalten. Dies folgt schon aus der Einzelbegründung zu Nr. 14160 KV-GNotKG (BT-Drs. 17/11471 – neu – S.210), in der es heißt: „Neben der Regelung des § 67 KostO soll zusätzlich die bisher in § 18 HöfeVfO geregelte Gebührenfreiheit für die Vereinigung der zu einem Hof gehörenden Grundstücke zu einem Grundstück geregelt werden. Die Gebührenfreiheit der Eintragung und Löschung eines Hofvermerks muss nicht mehr explizit geregelt werden, da die Gebühr 1460 nur in den in der Anmerkung abschließend aufgezählten Fällen entstehen soll und der Hofvermerk hier nicht genannt ist.“ Zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht darauf hingewiesen, dass bereits durch diese Formulierung hinreichend deutlich wird, dass der Gesetzgeber am Regelungsgehalt des § 18 HöfeVfO insgesamt nichts ändern wollte.
27Darüber hinaus lässt sich dieser Wille des Gesetzgebers zumindest mittelbar auch aus der Einzelbegründung zu Nr. 15112 KV-GNotKG entnehmen. Denn soweit durch die Schaffung des Auffangtatbestandes Abweichungen von der bisher geltenden Rechtslage bewirkt werden sollten, ist dies in der Begründung jeweils ausdrücklich erwähnt (BT-Drs. 17/11471 – neu – S.213). So weist die Begründung etwa darauf hin, dass die frühere Privilegierung für Übergabeverträge in gerichtlichen Verfahren bewusst nicht übernommen wurde. Auch die durch die Neuregelung bewirkte teilweise Reduzierung der Gebühren in Landpachtsachen und in Pachtkreditsachen ist ausdrücklich erwähnt. Mit dem OLG Schleswig (a.a.O. – juris Rn.30) ist der Senat daher der Auffassung, dass der Gesetzgeber, hätte er die Gebührenfreiheit des gesamten zweigliedrigen Verfahrens zur Eintragung oder Löschung des Hofvermerks ändern wollen, dies in der Begründung zum Auffangtatbestand gemäß Nr. 15112 KV-GNotKG ebenfalls ausgeführt hätte.
28Vor diesem Hintergrund vermag der Senat der Einschätzung des OLG Celle (a.a.O. – juris Rn.14) nicht zu folgen, wenn dieses ausführt, die Absicht des Gesetzgebers, das gesamte Eintragungsverfahren einschließlich des landwirtschaftsgerichtlichen Löschungsersuchens gebührenfrei zu stellen, lasse sich der Gesetzesbegründung nicht zweifelsfrei entnehmen.
29(3)
30Zu Recht hat das OLG Schleswig (a.a.O. – juris Rn.31 f.) schließlich noch hervorgehoben, dass die Gebührenfreiheit des gesamten Verfahrens auch dem Umstand Rechnung trägt, dass die Eintragung und Löschung des Hofvermerks als äußeres Zeichen für die Begründung oder Aufhebung der Hofeigenschaft auch einem öffentlichen Interesse an der Erkennbarkeit der Anwendbarkeit des allgemeinen Erbrechts oder des Sondererbrechts der Höfeordnung dient. Zudem steht die Gebührenfreiheit mit dem geringen Verfahrensaufwand für das vom Landwirtschaftsgericht zu veranlassende Ersuchen in Einklang.
31C.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 83 Abs.3 GNotKG.
33Der Beschluss ist gemäß §§ 83 Abs.2 S.7, 81 Abs.3 S.3 GNotKG unanfechtbar.