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Will ein Gläubiger auf Vermögen zugreifen, welches vom in Anspruch genommenen Schuldner auf seine Ehefrau übertragen wurde, muss er zunächst einen vollstreckbaren Schuldtitel gegen den Schuldner erwirken, zuvor ist eine gegen die Ehefrau angestrengte Anfechtungsklage unzulässig. Der entscheidungsreife Anfechtungsprozess ist nicht deswegen gem. § 148 ZPO auszusetzen, weil die Existenz einer ausstehenden Entscheidung in dem anderen Verfahren für den Anfechtungsprozess von Bedeutung ist.
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.05.2015 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II.Das angefochtene Urteil der 30. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 13.05.2015 ist vorläufig vollstreckbar.
Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
III.
Der Wert der Berufung wird auf 1.690.472,50 € festgesetzt.
Gründe
2A.
3Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten im Wege der Anfechtungsklage die Duldung der Zwangsvollstreckung geltend.
4Die Beklagte ist die Ehefrau des Herrn Dr. T. Mit der vorliegenden Anfechtungsklage begehrt die Klägerin die Befriedigung in Höhe eines Teilbetrags von 1.690.472,50 € bezüglich ihres behaupteten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 103.000.000,00 €.
5Herr Dr. T übertrug der Beklagten in den Jahren 2011 und 2012 mehrere Miteigentumsanteile an Grundstücken sowie im Jahr 2011 auf gemeinsamen Konten angelegte Geldbeträge.
6Wegen einer Forderung in Höhe von 500.000,00 € gegen Herrn Dr. T begehrt die Klägerin die Duldung der Zwangsvollstreckung in näher bezeichnete Grundstücke, hilfsweise Wertersatz. Wegen einer Forderung in Höhe von 1.190.472,50 € begehrt die Klägerin die Duldung der Zwangsvollstreckung in näher bezeichnete Konten und Depots.
7Das Landgericht hat die Klage mit Hinweis auf deren Unzulässigkeit abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage fehle. Die Klägerin sei nämlich gemäß § 2 AnfG derzeit nicht zur Anfechtung berechtigt, da sie keinen vollstreckbaren Schuldtitel gegen Herrn Dr. T besitze.
8Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz einschließlich der Anträge im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil einschließlich der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
9Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
10Die Klägerin hat angekündigt die Abänderung des angefochtenen Urteils dahingehend zu beantragen, dass
111) die Beklagte verurteilt wird, wegen einer Forderung der Klägerin gegen Herrn Dr. T in Höhe von 500.000,00 € die Zwangsvollstreckung bezüglich des von Herrn Dr. T (Hauptschuldner) übertragenen hälftigen Grundstücksanteils in nachfolgende Grundstücke zu dulden:
12 Grundbuch von I, Amtsgericht Essen, Blatt ####, ½ Miteigentumsanteil an dem Grundstück in F, M-Straße, Gebäude- und Freifläche, Flur 3, Flurstück Nr. ###,
13 Grundbuch von I, Amtsgericht Essen, Blatt ####, Wohnungsgrundbuch, ½ des 258/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück in F, Hof- und Gebäudefläche, Flur 11, Flurstück ### verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr.3,
14 Grundbuch von I, Amtsgericht Essen, Blatt ####, Wohnungsgrundbuch, ½ des 325/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück in F, ##, Hof- und Gebäudefläche, Flur 11, Flurstück ### verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr.2,
15 Grundbuch von I, Amtsgericht Essen, Blatt ####, Wohnungsgrundbuch, ½ des 417/1000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück in F, Hof- und Gebäudefläche, Flur 11, Flurstück ### verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr.1,
16 Grundbuch von I, Amtsgericht Essen, Blatt ####, Wohnungsgrundbuch, ½ des 12.161/100.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück in F, M-Straße – P-Straße – N-Straße, Gebäude- und Freifläche, Flur 3, Flurstück ### verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr.2,
17hilfsweise, Wertersatz durch Zahlung in Höhe von 500.000,00 € zu leisten.
182) die Beklagte verurteilt wird, wegen einer Forderung der Klägerin gegen Herrn Dr. T in Höhe von 1.190.472,50 € die Zwangsvollstreckung in die Konten
19 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Extra-Konto mit der Nummer: #####/####
20 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
21 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
22 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
23 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
24 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
25 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
26 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
27 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Festgeld Konto mit der Nummer: #####/####
28 L AG, Frankfurt/Main: BLZ ### ### ##, L Direkt Depot Konto mit der Nummer: #####/####
29zu dulden,
30hilfsweise, Wertersatz durch Zahlung in Höhe von 1.190.472,50 € zu leisten.
31Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.
32Der Senat hat die Klägerin durch Beschluss vom 01.10.2015 auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen. Die Klägerin hat hierzu im weiteren Verlauf keine Stellung genommen und sich auch nicht innerhalb der von ihr genannten Frist dahingehend geäußert, dass sie den Rechtsstreit nicht mehr fortführen will.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
34B.
35Die zulässige Berufung ist nach § 522 Abs.2 S.1 ZPO zurückzuweisen.
36Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts und eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
37Das Landgericht hat die Anfechtungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
38I.Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass das Fehlen eines vollstreckbaren Schuldtitels im Sinne des § 2 AnfG eine unverzichtbare Vorbedingung darstellt, ohne deren Vorliegen keine Sachentscheidung ergehen kann. Das Fehlen der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung führt zur Abweisung der Klage als unzulässig.
39Dies ergibt sich schon aus der gesetzlichen Formulierung und entspricht – soweit ersichtlich – der einheitlichen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (siehe nur mit weiteren Nachweisen: Nerlich/Niehus, Anfechtungsgesetz, § 2, Rn.3, Kirchhof in Münchener Kommentar zum Anfechtungsgesetz, § 2, Rn.8; Huber, Anfechtungsgesetz, 10. Auflage, § 2, Rn.6).
40Die Klägerin hat auch in der Berufungsbegründung nicht dargelegt, dass sich diesbezüglich zwischenzeitliche Änderungen ergeben haben. Der Verweis darauf, dass ausreichend ist, wenn bis zum Schluss der (letzten) mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Voraussetzungen des § 2 AnfG vorliegen, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen.
41Es ist auch nicht angezeigt – was nachfolgend unter II. im Zusammenhang mit den Erörterungen zur Frage einer Aussetzung nach § 148 ZPO noch näher ausgeführt wird – im Verfahren nach § 522 Abs.2 ZPO nur deswegen eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, um der Klägerin einen weiteren zeitlichen Spielraum zu eröffnen. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Klage entscheidungsreif und eine mündliche Verhandlung unter keinem Gesichtspunkt erforderlich ist. Auch unter anderen Gesichtspunkten (siehe hierzu: Zöller/Heßler, Zivilprozessordnung, 30. Auflage, § 522, Rn.40) ist eine mündliche Verhandlung in Anbetracht des vorliegenden Sachverhalts nicht geboten.
42II.Der Senat hat auch in die Erwägungen einbezogen, dass eine Aussetzung des vorliegenden Rechtstreits – die auch von Amts wegen möglich ist – bis zu einer Entscheidung in einem anderen Verfahren nicht veranlasst ist.
43Hierbei hat insbesondere keine Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits nach § 148 ZPO zu erfolgen. Der Umstand, dass die Existenz einer Entscheidung in einem anderen Prozess für den entscheidungsreifen Prozess von Bedeutung ist, kann die Aussetzung nicht rechtfertigen (siehe zum Ganzen: Roth in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 22. Auflage, § 148, Rn.26; Smid in Wieczorek/Schütze, Zivilprozessordnung und Nebengesetze, 4. Auflage, § 148, Rn.42; Kirchhof, a. a. O., Rn.11).
44III.Soweit die Klägerin einen Verstoß des Landgerichts gegen die Hinweispflicht des § 139 ZPO rügt, kann dies der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen.
45Die vorstehend unter I. genannten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage werden hiervon nicht berührt. Zudem war die Frage der Zulässigkeit der Klage schon wesentlicher Streitpunkt in erster Instanz. Die Klageerwiderung befasste sich allein schon über drei Seiten hinweg mit der Frage der Zulässigkeit der Klage, darunter auch ausdrücklich mit den vorstehend genannten Bedenken.
46IV.Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO (siehe hierzu: Götz in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4. Auflage, § 708, Rn.18).