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Die Beklagte wird verurteilt, die mitversicherte Tochter C, C-Straße, ##### C2, von den Rechtsverfolgungskosten in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
Verwaltungsgericht Dresden (AZ: NC 15 L 596/13),
Verwaltungsgericht Göttingen (AZ: 8 C 748/13),
Niedersächsisches OVG (AZ: noch nicht bekannt),
Verwaltungsgericht Halle (AZ: 3 B 281/13 HAL),
Verwaltungsgericht Gera (AZ: 2 NC 893/13 Ge),
Verwaltungsgericht Mainz (AZ: 15 L 1081/13.MZ),
Verwaltungsgericht Gießen (AZ: 1 L 2111/13.MM.W3),
Verwaltungsgericht Schwerin (AZ: 3 B 570/13),
Verwaltungsgericht Saarland (AZ: 1 L 1373/13.NC),
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2953/13)
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Klage, AZ noch nicht bekannt)
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2960/13),
Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Klage, AZ: NC 6 K 3875/13)
sowie in den Verfahren vor dem
Verwaltungsgericht Hamburg (AZ: 11 ZE 2472/13),
Hamburgischen OVG (AZ: 3 NC 69/13),
Verwaltungsgericht Hannover (AZ: 8 C 6762/13) und dem
Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht (AZ: 9 C 208/13)
freizustellen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, die mitversicherte Tochter C, C-Straße, ##### C2, ohne Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung von 150,00 € im Rahmen der Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
Verwaltungsgericht Berlin (VG 30 L 125.14),
Verwaltungsgericht Ansbach (AN 2 E 14.10040),
Verwaltungsgericht Mainz (15 L 284/14.MZ),
Verwaltungsgericht Tübingen (NC 6 K 791/14) und
Verwaltungsgericht Würzburg (W 7 E 14.20037) den zugesagten Deckungsschutz zu gewähren.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer 1990 zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherung „D Rechtsschutz nach § 28 Abs. 2 ARB Ärzte“ geltend.
4Die mitversicherte Tochter des Klägers beabsichtigt Humanmedizin zu studieren. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 11.07.2013 (Bl. 56 d.A.) beantragte sie bei den Universitäten Halle, Jena, Rostock, Saarbrücken, Mainz, Tübingen und Ulm die Zulassung zum Studium der Humanmedizin zum WS 2013/2014 außerhalb der festgesetzten Kapazität und zur Beteiligung am Losverfahren über frei gebliebene Studienplätze. Mit Schreiben vom 19.08.2013 beantragte sie darüber hinaus die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität an der Universität Marburg (Bl. 62 d.A.), mit weiterem Schreiben vom 25.09.2013 bei den Universitäten Dresden, Göttingen, Hamburg, Hannover, Kiel. Mit Schreiben vom 05.11.2013 zeigte die Prozessbevollmächtigte der Tochter des Klägers der Beklagten den Eintritt des Versicherungsfalles unter Beifügung der Anträge an. Die Beklagte verlangte mit Schreiben vom 07.11.2013 die Vorlage der jeweiligen Ablehnungsbescheide und teilte weiter mit, dass entsprechend der rechtskräftigen Entscheidung des OLG Celle vom 19.04.2007 (8 U 179/06) für maximal für 10 Kapazitätsklagen Kostenschutz zur Verfügung stellen werde. Für insgesamt 13 Verfahren werde sie keinen Kostenschutz erteilen. Zudem vertrag die Beklagte die Auffassung, dass für jeden eingetretenen Rechtsschutzfall gesondert eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € anfalle.
5In dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag heißt es u.a.:
6„Im Praxisvertragsrechtschutz beträgt die Selbstbeteiligung € 150,00 je Rechtsschutzfall, es sei denn eine höhere Selbstbeteiligung ist vereinbart.
7Im Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz sind die selbstgenutzten Wohneinheiten und Praxisräume versichert. Versicherungsschutz besteht darüber hinaus für eine vermietete Einliegerwohnung im selbst genutzten Einfamilienhaus. Im Spezialstrafrechtsschutz beträgt die Versicherungssumme 300.000,00 € je Rechtsschutzfall, maximal € 150.000,00 je Person.
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9Die Selbstbeteiligung beträgt € 150,00“.
10Mit E-Mail vom 15.11.2013 setzte die Prozessbevollmächtigte der Tochter des Klägers der Beklagten eine Frist zur Erteilung des Deckungsschutzes von 3 Tagen.
11Während des Rechtsstreits stellte die Tochter des Klägers unter dem 19.03.2014 weiter Antrag auf Zulassung zum Medizinstudium im Sommersemester 2014 außerhalb der festgesetzten Kapazität bei den Universitäten Erlangen, Charité Berlin, Würzburg sowie unter dem 06.01.2014 bei den Universitäten Mainz und Tübingen. Mit Schreiben vom 10. April 2014 begehrte der Kläger für diese Anträge Deckungsschutz bei der Beklagten. Mit Schreiben vom 07. Mai 2014 teilte die Beklagte mit, angesichts des laufenden Streitverfahrens könne sie für das Sommersemester noch keine weitere Entscheidung treffen. Unter dem 15. bzw. 16. Mai 2014 erteilte die Beklagte für die zum Sommersemester 2014 angeschriebenen Universitäten Deckungszusage jeweils mit dem Zusatz: „Mit der beabsichtigten Maßnahme sind wir einverstanden (Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung). Es ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,00 € vereinbart.
12Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Rechtsschutzfall sei bereits mit dem Antrag auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazitäten eingetreten, weil hiermit bereits ein Rechtsverstoß der jeweiligen Universität gerügt werde. Eine Begrenzung der Kapazitätsklagen auf 10 Verfahren sei den Versicherungsbedingungen nicht zu entnehmen. Die Überlegungen in der Rechtsprechung zum PKH-Verfahren seien vorliegend nicht ohne Weiteres zu übernehmen. Jedenfalls liege keine Mutwilligkeit des Klägers bzw. der Versicherten vor. Eine Selbstbeteiligung von 150,00 € pro Versicherungsfall sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden; entsprechend den Angaben im Nachtrag sei ausschließlich eine Selbstbeteiligung für den Praxisvertragsrechtsschutz vereinbart.
13Der Kläger hat beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, die mitversicherte Tochter C, C-Straße, ##### C2, von den Rechtsverfolgungskosten in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
15Verwaltungsgericht Dresden (AZ: NC 15 L 596/13),
16Verwaltungsgericht Göttingen (AZ: 8 C 748/13),
17Niedersächsisches OVG (AZ: noch nicht bekannt),
18Verwaltungsgericht Halle (AZ: 3 B 281/13 HAL),
19Verwaltungsgericht Hamburg (AZ: 11 ZE 2472/13),
20Hamburgisches OVG (AZ: noch nicht bekannt),
21Verwaltungsgericht Hannover (AZ: 8 C 6762/13),
22Verwaltungsgericht Gera (AZ: 2 NC 893/13 GE),
23Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (AZ: 9 C 208/13),
24Verwaltungsgericht Mainz (AZ: 15 L 1081/13.MZ),
25Verwaltungsgericht Gießen (AZ: 1 L 2111/13.MM.W3),
26Verwaltungsgericht Schwerin (AZ: 3 B 570/13),
27Verwaltungsgericht Saarland (AZ: 1 L 1373/13.NC),
28Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2953/13),
29Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Tübingen, Klage, AZ: noch nicht bekannt),
30Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Einstweilige Anordnung, AZ: NC 6 K 2960/13),
31Verwaltungsgericht Sigmaringen (Uni Ulm, Klage, AZ: NC 6 K 3875/13) freizustellen und
32die Tochter C in den Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
33Verwaltungsgericht Berlin (VG 30 L 125.14),
34Verwaltungsgericht Ansbach (AN 2 E 14/10040),
35Verwaltungsgericht Mainz (15 L 284/14.MZ),
36Verwaltungsgericht Tübingen (NC 6 K 791/14) und
37Verwaltungsgericht Würzburg (W 7 E 14.20037) freizustellen.
38Die Beklagte hat beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Sie hat die Ansicht vertreten, zwischen den Parteien sei generell je Versicherungsfall eine Selbstbeteiligung von 150,00 € vereinbart, wie sich dies aus § 5 Abs. 3 c der Bedingungen sowie aus den allgemeinen Tarifbestimmungen unter dem Stichwort „Selbstbeteiligung“ auf Seite 24 ergebe. Jedem Versicherungsnehmer sei klar, dass er sich mit der Vereinbarung einer Selbstbeteiligung preisgünstigere Prämien erkaufe, weil der Versicherer bei jedem Rechtsschutzfall 150,00 € abziehen könne. Im Übrigen seien maximal 10 Kapazitätsklagen zu einem Termin zu übernehmen.
41Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, die mitversicherte Tochter des Klägers unter Beschränkung auf 10 Verfahren pro Semester von den Rechtsverfolgungskosten in Hochschulkapazitätsverfahren freizustellen und dieser ohne Berücksichtigung einer Selbstbeteiligung von 150,00 € im Rahmen der Hochschulkapazitätsverfahren den zugesagten Deckungsschutz zu gewähren.
42Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
43Zur Begründung hat es ausgeführt, gemäß § 4 c der Bedingungen bestehe Anspruch auf Rechtsschutz von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen habe oder begangen haben solle. Der Begriff des Rechtsverstoßes sei hierbei weit zu verstehen.
44Bereits dadurch, dass die versicherte Person bei der „normalen“ Zuteilung der Studienplätze keine Berücksichtigung gefunden habe, und zwar –nach der maßgeblichen Behauptung des Klägers- unter Verstoß gegen ihren Anspruch auf Zulassung zum Studium, sei ein objektiv rechtswidriger Zustand geschaffen worden.
45Für die zunächst gestellten Anträge hinsichtlich der Verfahren auf Zulassung zum Wintersemester 2013/2014 sei der Anspruch des Klägers auf Freistellung von den Kosten der verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch auf 10 Universitäten begrenzt.
46Zwar habe die Beklagte in ihren Bedingungen den Rechtsschutz für Klagen zum Hochschulstudium nicht hinsichtlich der Anzahl begrenzt und könne sich daher nicht ohne Weiteres auf eine übermäßige Inanspruchnahme berufen, da sie die Bedingungen in ihren Tarifbestimmungen und den Versicherungsbedingungen festgelegt habe.
47Das Kostenrisiko würde jedoch einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Versicherungsnehmer davon abhalten, sämtliche Universitäten zu verklagen, bei denen der jeweilige Studiengang angeboten werde. Das OLG Celle (OLG Celle, Urteil vom 19.04.2007, 8 U 179/06, m.w.N.) nenne für das Wintersemester 2005/2006 immerhin 39 Hochschulen. Insoweit im Einklang mit der Einschätzung der Verwaltungsgerichte habe das OLG Celle (aaO) ebenso wie das OLG Frankfurt (VersR 10, 381) die zu ziehende Grenze zur Mutwilligkeit bei 10 Verfahren in einem Semester nicht als überschritten angesehen. Dem schließe sich die Kammer an.
48Der Kläger habe hinsichtlich der stattgegebenen Anträge Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Kosten. Hiervon sei eine Selbstbeteiligung von 150,00 € je Rechtsschutzfall nicht abzusetzen. Für den Fall der Kapazitätenklage vor den Verwaltungsgerichten sei ein derartiger Selbstbehalt nicht vereinbart. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang weder auf § 5 Abs. 3 c der Bedingungen, noch auf die Allgemeinen Tarifbestimmungen unter dem Stichwort „Selbstbeteiligung“ (Bl. 24), noch etwa auf ihre Produktinformation unter Ziffer 2. Abs. 3 Satz 1 beziehen. In allen diesen Fällen werde zwar Bezug genommen auf eine „vereinbarte Selbstbeteiligung“; diese Stellen enthielten aber nicht die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung. Eine vereinbarte Selbstbeteiligung ergebe sich auch nicht aus dem Text des Nachtrages vom 03. Juli 2013. Hier sei die Selbstbeteiligung von 150,00 € je Rechtsschutzfall ausdrücklich nur für den Praxisvertragsrechtsschutz erwähnt.
49Gegen diese Entscheidung wenden sich beide Parteien mit ihren form- und fristgerecht eingelegten Berufungen.
50Der Kläger wendet sich mit der von ihm eingelegten Berufung gegen die Beschränkung des gewährten Rechtsschutzes auf 10 Verfahren pro Semester.
51Zur Begründung führt er aus, zu Unrecht gehe das Landgericht davon aus, dass der Versicherungsschutz auf 10 Rechtsschutzfälle beschränkt wäre. Eine Begrenzung auf 10 Rechtsschutzfälle lasse sich den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen. Wenn die Beklagte eine derartige Begrenzung gewollt hätte, hätte sie sie formulieren können. Etwas anderes lasse sich auch nicht der vom Landgericht zitierten Entscheidung des OLG Celle entnehmen, dass ausführe, jedenfalls bei 10 Verfahren sei die Grenze der Mutwilligkeit nicht überschritten. Weshalb das Landgericht dann die Grenze bei 10 Verfahren ziehe, erschließe sich nicht. Eine feste zahlenmäßige Begrenzung sei mit dem versicherungsrechtlichen Mutwilligkeitsbegriff nicht zu vereinbaren. Das Landgericht gehe selbst davon aus, dass ein Studienplatz erhebliche Bedeutung für die weitere Lebensführung und die Arbeitsmöglichkeiten des Versicherten habe. So oder so könne die Beklagte sich ohnehin nicht auf die Mutwilligkeit berufen, das sie dann nach § 128 S. 1, 2 VVG gehalten gewesen wäre, sich auf die Mutwilligkeit zu berufen und ein Gutachterverfahren einzuleiten. Da die Beklagte dies unterlassen habe, könne sie sich gem. § 128 S. 3 VVG nicht mehr auf die Mutwilligkeit berufen. Eine Begrenzung der Klageverfahren könne auch nicht dem Schutz der Versichertengemeinschaft entnommen werden.
52Der Kläger beantragt,
53unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte weiter zu verurteilen, die mitversicherte Tochter C, C-Straße, ##### C2, auch von den Rechtsverfolgungskosten in den weiteren Hochschulkapazitätsverfahren vor dem
54Verwaltungsgericht Hamburg (AZ: 11 ZE 2472/13),
55Hamburgisches OVG (AZ: 3 NC 69/13),
56Verwaltungsgericht Hannover (AZ: 8 C 6762/13) sowie des
57Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (AZ: 9 C 208/13)
58freizustellen
59Die Beklagte beantragt,
60die Berufung der Klägerin zurückzuweisen
61Sie verteidigt insoweit die erstinstanzliche Entscheidung.
62Die Beklagte beantragt weiterhin im Rahmen der von ihr eingelegten Berufung,
63unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung
641.
65Sie, soweit sie überhaupt in Bezug auf die zunächst tenorierten Hochschulkapazitätsverfahren verurteilt wurde, lediglich mit der Maßgabe zur Freistellung zu verurteilen, wonach für jede im Tenor des erstinstanzlichen Urteils genannte Hochschulkapazitätsverfahren eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,- Euro von dem jeweiligen Rechtsverfolgungskosten abzuziehen ist.
662.
67Sie, soweit sie überhaupt in Bezug auf die weiterhin tenorierten Hochschulkapazitätsverfahren verurteilt wurde, lediglich mit der Maßgabe zur Gewährung von Deckungsschutz zu verurteilen, wonach für jede im Tenor des erstinstanzlichen Urteils genannte Hochschulkapazitätsverfahren eine Selbstbeteiligung in Höhe von 150,- Euro von dem jeweiligen Rechtsverfolgungskosten abzuziehen ist.
68Zur Begründung führt sie aus, die vertragliche Gestaltung mache es jedem durchschnittlichen Versicherungsnehmer deutlich, dass hier eine generelle Selbstbeteiligung von 150,- Euro für jeden Rechtsschutzfall vereinbart worden sei. Soweit das Landgericht auch in der Bestimmung des § 5 Abs. 3 c) ARB keine Vereinbarung einer Selbstbeteiligung sehe, so habe es einer solchen Vereinbarung nicht bedurft, da diese Regelung ausdrücklich auf eine im Versicherungsschein vereinbarte Selbstbeteiligung Bezug nehme.
69Zu Unrecht meine das Landgericht weiter, die Beklagte könne sich auch nicht auf die allgemeinen Tarifbestimmungen berufen, in denen es ausdrücklich heiße, dass bei Vereinbarung einer Selbstbeteiligung diese je Rechtsschutzfall in Abzug zu bringen sei verbunden mit dem Hinweis auf § 5 Abs. 3 c) ARB. Das Ganze werde durch eine fettgedruckte Überschrift „Selbstbeteiligung“ versehen. Es sei nicht ansatzweise ersichtlich, warum eine unter einer solchen fettgedruckten Überschrift niedergelegte Regelung nicht genau die Rechtswirkung haben solle, die sie in klaren Worten statuiere.
70Der Kläger beantragt,
71die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
72Er verteidigt insoweit die erstinstanzliche Entscheidung.
73Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
74II.
75Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet, die der Beklagten ist unbegründet.
761.
77Der Kläger hat aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Krankenversicherungsvertrages Anspruch auf Freistellung seiner mitversicherten Tochter von den Kosten für die Wahrnehmung privater rechtlicher Interessen vor deutschen Verwaltungsgerichten aus dem Schul- Hochschul- und Erwachsenenbildungsrecht. Gem. § 1 der Versicherungsbedingungen sorgt die Beklagte dafür, dass der Kläger seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann und trägt die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten.
78Soweit das Landgericht eine Beschränkung der von der Beklagten zu tragenden Kosten auf 10 Verfahren gegen Universitäten pro Semester vorgenommen hat, ergibt sich eine solche Beschränkung weder aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag noch aus den diesem zugrunde liegenden AVB. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte keine ausdrückliche Beschränkung der Anzahl von Kapazitätsklagen vorgenommen hat, obwohl ihr jedenfalls zum Zeitpunkt der Vertragsänderung am 25.06.20123 die mit diesen Verfahren verbundene Problematik sicherlich bekannt war.
79Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat und zwischen den Parteien im Rahmen des Berufungsverfahrens auch nicht in Streit ist, sind Klagen gegen mehrere Universitäten zur Durchsetzung des von der Tochter des Klägers begehrten Rechtsschutzzieles –Zulassung zum Medizinstudium- erforderlich.
80Dass die Entscheidung, zur Erreichung des beruflichen Ziels- hier Ärztin zu werden- eine Vielzahl von Klagen anzustrengen, als mutwillig anzusehen ist, wird auch von der Beklagten so nicht vorgetragen. Die Beklagte ist jedoch der Auffassung, dass im Hinblick auf die Entscheidungen des OLG Celle (8 U 179/06, Urteil vom 19.04.2007, juris) und des OLG Frankfurt (7 U 249/08, Urteil vom 25.02.2009, juris) mehr als 10 Klagen pro Semester als mutwillig anzusehen sind.
81Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Auch das OLG Celle hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass ein Versicherer, der Verwaltungsrechtsschutz versichere und der auch wisse, dass hierzu Zulassungsverfahren bei Hochschulen zählen, sich vorher darüber informieren müsse, was finanziell auf ihn zukommen könne und dies entweder in die Prämie einberechnen, Kapazitätsklageverfahren ausschließen oder auf eine bestimmte Zahl von Klagen beschränken müsse. Diese Verfahrensart werde auch bereits seit vielen Jahren praktiziert, so dass der Versicherer sich über dieses Risiko bei hinreichender Erkundigung Klarheit hätte verschaffen können. Der Versicherer sei insoweit auch nur begrenzt schutzwürdig.
82Soweit das OLG Celle (8 U 179/06, Urteil vom 19.04.2007, juris), in seiner Entscheidung weiter ausführt hat, das bis zu 10 Verfahren pro Semester gegen Hochschulen auf Zulassung zum Medizinstudium nicht als mutwillig anzusehen seien und die darüber hinausgehenden Klagen offensichtlich als mutwillig angesehen und abgewiesen hat hat, erscheint diese Begrenzung im Hinblick darauf, dass der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag eine solche Grenze gerade nicht vorsieht, nicht überzeugend.
83Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass die erhobenen Klagen von sachfremden Erwägungen getragen wurden oder wirtschaftlich unvernünftig sind. Der Klägervertreter hat im Termin erklärt, dass er nur solche Universitäten verklagt habe, denen es nicht gelungen sei, ihr Kapazitäten in den Vorjahren richtig zu berechnen, so dass man sich mit der jeweiligen Klage eine Erfolgsaussicht versprochen habe. Es kann insoweit nicht festgestellt werden, dass die Klagen gegen die weiteren Universitäten von vornherein aussichtslos gewesen sind.
84Es ist auch nicht erkennbar, dass mehr als 10 Klagen pro Semester wirtschaftlich unvernünftig sind. Zum einen erhöhen die Klagen gegen jede weitere Universität die Chance auf einen Studienplatz in Humanmedizin- was ggfls. spätere Klagen im folgenden Semester bereits überflüssig macht- zum andern wäre die denkbare Alternative zu den Zulassungsklagen -ein Studium im Ausland mit entsprechenden Studiengebühren pro Semester- unter wirtschaftlichen Erwägungen deutlich belastender für den Kläger als die hier von ihm erhobenen Klagen gegen 13 Universitäten, bei denen eine Kapazitätsklage erfolgreich erscheint. Für die von der Tochter des Klägers anhängig gemachten Verfahren entstanden durchschnittliche Kosten in Höhe von ca. 1.000,- Euro pro Verfahren. Unter Berücksichtigung z.B. der Kosten für einen Auslands-Studienplatz, die in der Regel aus den Studiengebühren der Auslands-Universität sowie Bewerbungsgebühren und sonstigen Auslagen bestehen, würde im Hinblick auf das Klageziel- Zulassung zum Medizinstudium- auch eine Partei, die die Verfahrenskosten selbst zu tragen hätte, jedenfalls die Universitäten verklagen, bei denen aufgrund vorhergehender fehlerhafter Kapazitätsberechnung eine Chance auf Zulassung zum Medizinstudium besteht.
85Warum gerade bei 10 Klagen pro Semester die Grenze der Mutwilligkeit erreicht sein soll, erschließt sich dem Senat nicht und ist auch den von der Beklagten zitierten Entscheidungen nicht zu entnehmen. So führt das OLG Frankfurt ( 7 U 249/08, Urteil vom 25.02.2009- juris-)in seiner Entscheidung aus, dass die Grenze zur Mutwilligkeit jedenfalls bei bis zu zehn Verfahren noch nicht überschritten ist. Dies bedeutet jedoch doch nicht, dass sie im jeweiligen Einzelfall bei mehr als 10 Klageverfahren, überschritten sein muss. In dem vom OLG Celle (a.a.O.) entschiedenen Fall war der Kläger, der 14 Universitäten verklagt hatte, in 11 dieser Klageverfahren erfolgreich. Warum dann die Zahl der zulässigen Klagen auf 10 zu beschränken ist, auch wenn sich Parteien in vergleichbaren Fällen, wie der Klägervertreter im vom OLG Celle zu entscheidenden Fall vorgetragen hat, im Rahmen eines Vergleichs auf 10 Verfahren einigen, ist nicht ersichtlich.
86Mehr als 10 Klagen können, wie dargelegt, nicht ohne weiteres als wirtschaftlich unvernünftig angesehen werden. Eine feste zahlenmäßige Begrenzung ist mit dem Mutwilligkeitsbegriff innewohnenden Abwägungsgebot nicht zu vereinbaren. Es hängt von den Einzelfallumständen ab, wann die Grenze überschritten wird. Andere, exakte Leistungsschranken müsste der Versicherer in seinem Bedingungswerk konkret festschreiben. (Wendt, Risikobegrenzung, Obliegenheitsverletzung und neuere Rechtsprechung des BGH zur Rechtsschutzversicherung, MDR 2010, S. 1168 ff; vgl. auch Hering, Die Rechtsschutzversicherung in den Jahren 2009 und 2010, S. 367 ff).
872.
88Der Kläger ist aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages auch nicht verpflichtet, sich mit einer Selbstbeteiligung von jeweils 150,- Euro an den Kosten der Klageverfahren zu beteiligen. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich den vorgelegten Unterlagen eine Einigung dahingehend, dass auch für Verwaltungsrechtsfälle eine Selbstbeteiligung zu zahlen ist, nicht entnehmen lässt.
89Auch wenn an vielen Stellen des Vertrages steht, dass die vereinbarte Selbstbeteiligung vom Versicherten zu tragen ist, kommt es allein darauf an, inwieweit eine solche Selbstbeteiligung tatsächlich vereinbart wurde. Hierzu heißt es im maßgeblichen Versicherungsschein (Bl. 11) ausdrücklich: Im Praxis-Vertrags-Rechtsschutz beträgt die Selbstbeteiligung 150,- Euro je Rechtsschutzfall. Soweit es darunter noch einmal heißt: Die Selbstbeteiligung beträgt 150,- Euro, kann dieser Zusatz aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur dahin verstanden werden, dass die vereinbarte Selbstbeteiligung- also die für den Praxis-Vertrags-Rechtsschutz- 150,- Euro beträgt. Es ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich, dass zwischen den Parteien über den Praxis-Rechtsschutz hinaus eine Selbstbeteiligung, z.B. für Verwaltungsverfahren, vereinbart worden ist.
903.
91Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 543 Abs. 2 Satz 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
92Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und solche des Einzelfalls.