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Die Neufassung des § 53 Abs. 2 PStG durch das PStRÄndG vom 07.05.2013 räumt dem Standesamt neben der Aufsichtsbehörde eine eigenständige Beschwerdebefugnis ein, die unabhängig von derjenigen der Aufsichtsbehörde ausgeübt werden kann.
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Berichtigungsantrag der Beteiligten zu 1. vom 1. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
GRÜNDE:
2I.
3Die Beteiligten zu 1. und zu 2. sind die Eltern des am 17. Mai 2014 geborenen Kindes H. Im Geburtseintrag zu Registernummer G #####/#### ist der Vorname der Beteiligten zu 1. mit „Aminate“ eingetragen; zum Familiennamen der Beteiligten zu 1. „E“ ist als Zusatz eingetragen „Identität nicht nachgewiesen“.
4Die Beteiligte zu 1. beantragt die Berichtigung der Eintragung im Geburtenregister zu ihrem Vornamen von „Aminate“ in „Aminata“ und die Streichung des Zusatzes „Identität nicht nachgewiesen“. Sie beruft sich auf ihre guineische Geburtsurkunde, ihren Flüchtlingsausweis und die ausgestellte Aufenthaltserlaubnis.
5Der Beteiligte zu 3. hat dem Flüchtlingsausweis Legitimationswirkung beigemessen und sich befürwortend zu dem Berichtigungsantrag geäußert.
6Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Amtsgericht dem Berichtigungsantrag der Beteiligten zu 1. stattgegeben und entsprechende Anweisungen an das Standesamt ausgesprochen. Das Amtsgericht hat sich der Auffassung des Beteiligten zu 3. angeschlossen und die Beurkundungen im Geburtseintrag als von Anfang an unrichtig erachtet.
7Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 4., das zur Begründung darauf verweist, dass die Angaben zur Identität der Beteiligten zu 1. allein von dieser selbst stammten und dass nach wie vor urkundliche Nachweise hierüber fehlten. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hierbei insbesondere auf die von der Beteiligten zu 1. vorgelegte Kopie ihrer Geburtsurkunde abgestellt.
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
9II.
10Die Beschwerde des Beteiligten zu 4. ist gemäß §§ 51 Abs.1 PStG, 58 Abs.1 FamFG statthaft. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß §§ 51 Abs.1 PStG, 63, 64 FamFG eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 4. folgt aus den §§ 59 Abs. 3 FamFG, 53 Abs. 2 PStG. Nach dieser Vorschrift steht dem Standesamt und der Aufsichtsbehörde die Beschwerde gegen eine Entscheidung zu, durch die die Berichtigung eines Personenstandsregisters angeordnet wird. In der hier maßgeblichen Neufassung der Vorschrift durch das PStRÄndG vom 07.05.2013 (BGBl. I S. 1122) ist – insoweit entgegen der zuvor geltenden Fassung - dem Standesamt ausdrücklich neben der Aufsichtsbehörde eine eigenständige Beschwerdebefugnis eingeräumt worden, deren Ausübung somit auch unabhängig von derjenigen der Aufsichtsbehörde ist. Das Gesetz lässt es deshalb auch zu, dass das Standesamt durch Einlegung einer Beschwerde seiner von der Aufsichtsbehörde abweichenden Beurteilung des Falles zum Erfolg verhelfen will. Ob es einer gedeihlichen Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben im Personenstandswesen dient, wenn das Standesamt durch Einlegung einer Beschwerde vor Gericht gegen die ihm übergeordnete Aufsichtsbehörde antritt, mögen die Aufsichtsbehörden klären. Die gesetzlich dem Standesamt ausdrücklich eingeräumte Beschwerdebefugnis wird durch solche Überlegungen jedenfalls nicht berührt.
11In der Sache ist die Beschwerde begründet und führt im Wege der Abänderung des angegriffenen Beschlusses zur Zurückweisung des Berichtigungsantrags der Beteiligten zu 1. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Eintragung im Geburtsregister liegen weder hinsichtlich der Angaben zum Vornamen der Beteiligten zu 1. noch hinsichtlich des Zusatzes zum fehlenden Nachweis ihrer Identität vor. Unter Berücksichtigung der besonderen Beweiskraft der Personenstandsregister, § 54 Abs.1 S.1 PStG, darf eine gerichtliche Anweisung zur Berichtigung, § 49 Abs.1 PStG, nur dann erfolgen, wenn die Unrichtigkeit des Personenstandseintrages unzweifelhaft feststeht, § 54 Abs. 3 S.1 PStG. Dies ist indes vorliegend nicht der Fall.
121.
13Die Eintragung ist hinsichtlich der Beteiligten zu 1. zutreffend und zu Recht mit dem Zusatz „Identität nicht festgestellt“ erfolgt. Denn für die Beteiligte zu 1. sind weder bei der Eintragung noch danach Urkunden oder sonstigen Unterlagen im Sinne des § 9 Abs.1, Abs.2 S.1 PStG vorgelegt worden.
14a)
15Die vorgelegte Kopie der Abschrift einer guineischen Geburtsurkunde erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Es handelt sich lediglich um eine einfache Kopie ohne Beglaubigungsvermerk oder sonstige amtliche Bestätigung. Die Kopiervorlage ist nicht beigebracht worden. Deren Echtheit und ein etwaiger Charakter als öffentliche Urkunde können daher nicht beurteilt werden. Der einfachen Papierkopie einer angeblichen Urkundsabschrift, die selbst nicht vorgelegt worden ist, kann keinerlei Beweiswirkung zukommen.
16Soweit das Amtsgericht im Nichtabhilfebeschluss darauf abgestellt hat, es seien keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die Zweifel an der Echtheit der Geburtsurkunde belegen könnten, ist dieser Unterschied zwischen einer einfachen Kopie und der Kopiervorlage nicht hinreichend berücksichtigt. In dem Fall des vom Amtsgericht in dem Nichtabhilfebeschluss herangezogenen Beschlusses des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Mai 2011, Az. 3 Wx 19/11 hatten Originalurkunden vorgelegen. Ob die Kopiervorlage eine solche Originalurkunde ist, kann vorliegend nicht beurteilt werden.
17b)
18Der der Beteiligten zu 1. am 13. Dezember 2013 ausgestellte Flüchtlingsausweis stellt ebenfalls keinen Nachweis ihrer Identität dar.
19Dieses Ausweispapier hat im vorliegenden Fall keine Legitimationswirkung in dem Sinne eines Nachweises dafür, dass die Beteiligte zu 1. als Inhaberin die genannte, beschriebene und abgebildete Person ist und dass die enthaltenen Angaben mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen der Beteiligten zu 1. übereinstimmen. Denn der Ausweis enthält den Vermerk: „Die Personendaten beruhen auf den eigenen Angaben der Antragstellerin.“ Durch diesen Vermerk wird die Legitimationswirkung im Sinne einer Identifikationsfunktion im Sinne des Art. 28 Abs. 1 S. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge („Genfer Flüchtlingskonvention“ – GFK – BGBl II 1953, 560; BGBl 1954, 619) eingeschränkt (vgl. Senat FGPrax 2008, 204). Ein Flüchtlingsausweis mit einem derartigen einschränkenden Vermerk stellt keinen Identitätsnachweis für Zwecke der Eintragungen in Personenstandsregister dar (vgl. OLG München, FGPrax 2011, 398).
20c)
21Da die Beteiligten zu 1. und zu 2. selbst gegenüber dem Standesamt angegeben haben, geeignete Urkunden zum Nachweis der Identität der Beteiligten zu 1. seien leicht zu beschaffen, gleichwohl jedoch derartige Unterlagen nicht vorgelegt haben, besteht für den Senat auch in Ansehung des § 26 FamFG keine Veranlassung zu eigenen Nachforschungen. Der Beteiligten zu 1. steht es jederzeit frei, unter Vorlage entsprechender Unterlagen im Sinne des § 9 Abs.1 PStG einen erneuten Berichtigungsantrag zu stellen.
222.
23Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der für die Beteiligte zu 1. eingetragene Vorname „Aminate“ unrichtig ist. Ob diese oder eine andere Schreibweise korrekt oder unrichtig ist, kann nur festgestellt werden anhand von Unterlagen im Sinne des § 9 Abs.1 PStG, die die Identität der Beteiligten zu 1. belegen. Solche Unterlagen liegen aber nicht vor.
24Wie bereits oben unter 1. ausgeführt, stellen weder die Kopie einer Abschrift der Geburtsurkunde noch der Flüchtlingsausweis der Beteiligten zu 1. geeignete Legitimations- oder Identitätsnachweise dar. Dem Umstand, dass in beiden Unterlagen der Vorname der Beteiligten zu 1. „Aminata“ geschrieben wird, lässt sich daher nicht entnehmen, dass dies die richtige Schreibweise ist.
25Im Übrigen stimmt die Schreibweise „Aminate“ des Vornamens in der Eintragung im Geburtenbuch mit der Schreibweise in den Antrags- und Anzeigeformularen überein, die die Beteiligte zu 1. selbst unterschrieben hatte und die für die Eintragung vorlagen. Sowohl in der Geburtsanzeige (Bl. 14 GA) als auch in der Zustimmung der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung (Bl. 32 GA) und in der Erklärung der Eltern zur Namensführung des Kindes (Bl. 33 GA) ist der Vorname der Beteiligten zu 1. mit „Animate“ angegeben; alle diese Unterlagen sind von der Beteiligten zu 1. unterzeichnet worden.
263.
27Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten ist aus tatsächlichen Gründen nicht veranlasst
28Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 51 Abs.1 PStG, 70 Abs.2 S.1 FamFG liegen nicht vor.