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Zur Kontrolle eines in einen Ehevertrag eingebetteten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nach § 8 VersAusglG.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 15.10.2013 erlassene Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwelm – hinsichtlich der Regelung zum Versorgungsausgleich (Ziffer 2 des Beschlusstenors) abgeändert.
Es wird festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.663,00 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren allein um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
4Der Antragsteller, der als Kraftfahrzeugmechanikermeister den elterlichen Transportgewerbebetrieb als Geschäftsführer führt, und die Antragsgegnerin, die gelernte Industriekauffrau ist, haben am ##.##.2001 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist der am ##.##.2002 geborene Sohn F hervorgegangen. Die Trennung erfolgte am ##.##.2011, wobei der Sohn bei der Antragsgegnerin verblieb.
5Zwei Wochen vor der Eheschließung, nämlich am ##.##.2001, schlossen die Beteiligten vor dem Notar Dr. S in I einen notariellen Ehevertrag ab. Darin haben sie für sich den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart sowie wechselseitig den Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart.
6Den wechselseitig erklärten umfassenden Unterhaltsverzicht haben die Beteiligten hinsichtlich der Antragsgegnerin auflösend bedingt erklärt und zwar in der Weise, dass die Antragsgegnerin Unterhalt nach der gesetzlichen Regelung u.a. solange bekommen sollte, bis das letztgeborene gemeinschaftliche Kind das sechste Lebensjahr vollendet hat.
7Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in Kopie mit der Antragsschrift zur Akte gereichten Notarvertrag Bezug genommen.
8Zu dieser Zeit war die Antragsgegnerin arbeitslos, trat aber zum 01.10.2001 eine Arbeitsstelle an, die sie bis Beginn des Mutterschutzes ausübte. Ab Juni 2004 war sie dann im Betrieb des Antragstellers als Bürokraft versicherungspflichtig tätig. Dieses Beschäftigungsverhältnis endete zum 30.04.2011. Zum gleichen Zeitpunkt endete auch eine von der Firma des Antragstellers für sie abgeschlossene betriebliche Altersversorgung.
9Der Antragsteller hat die Scheidung der Ehe beantragt und die Ansicht vertreten, der Versorgungsausgleich sei aufgrund der notariellen Vereinbarung nicht durchzuführen.
10Die Antragsgegnerin hat der Scheidung zugestimmt und die Ansicht vertreten, die Regelung zum Versorgungsausgleich sei sittenwidrig und nichtig, weil der einseitige Ausschluss eine schwere Benachteiligung für sie darstelle. Die sich aus der Familienplanung für sie ergebenden rentenrechtlichen Nachteile seien – anders als hinsichtlich des Unterhalts – nicht kompensiert worden.
11Hierzu hat sie unwidersprochen vorgetragen, dass sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht schwanger gewesen sei, Kinderwunsch auf beiden Seiten aber bestanden und sie insoweit die Pille bereits abgesetzt gehabt habe.
12Das Familiengericht hat mit der angegriffenen Entscheidung die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Durchführung des Versorgungsausgleichs stehe die notarielle Vereinbarung nicht entgegen, da diese sittenwidrig sei. Es fehle eine notwendige Kompensation hinsichtlich der durch Haushaltsführung und Kindererziehung eingetretenen Nachteile bei den Rentenanwartschaften.
13Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, mit der er weiterhin den Ausschluss des Versorgungsausgleichs verfolgt.
14Der Ausgleich der Kapitalwerte sei in einer Größenordnung von rd. 7.400,00 € durchzuführen, so dass kein exorbitant großer Unterschied im Bereich der Versorgungen vorliege, der eine Sittenwidrigkeit rechtfertigen könne. Er habe auch keine überlegene Verhandlungsposition ausgenutzt; die zu diesem Zeitpunkt 31-jährige Antragsgegnerin habe die freie Entscheidung gehabt, den Vertrag abzuschließen oder gegebenenfalls nicht zu heiraten. Die von ihr in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften bei der Deutschen Rentenversicherung Bund basierten ausschließlich auf dem Anstellungsverhältnis in der vom Antragsteller geführten Firma. Darüber hinaus habe die Firma bei der H Lebensversicherungs-AG und bei der B Lebensversicherungs-AG eine betriebliche Altersversorgung für die Antragsgegnerin begründet. Letztere habe sich die Antragsgegnerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszahlen lassen, was ihm nicht zum Nachteil gereichen könne.
15Die Antragsgegnerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages.
16II.
17Die gem. den §§ 117 Abs. 1, 2. FamFG i.V.m. den in Bezug genommenen Regelungen zum Berufungsrecht der ZPO zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
18Der Versorgungsausgleich ist aufgrund des im Ehevertrag vereinbarten Ausschlusses zwischen den Beteiligten nicht durchzuführen. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch den Ehevertrag ist nämlich gem. den §§ 6 ff. VersAusglG sowohl formell als auch materiell wirksam.
191.
20Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs haben die Beteiligten mit der im Ehevertrag getroffenen Regelung von der Befugnis des § 6 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG Gebrauch gemacht und die vorgeschriebene Form des § 7 Abs. 3 VersAusglG i.V.m. § 1410 BGB durch die notarielle Beurkundung des Ehevertrages eingehalten. Dies gilt entsprechend auch für die übrigen ausgeschlossenen Scheidungsfolgen.
212.
22Die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich ist auch materiell wirksam. Sowohl die Einzelregelungen des Ehevertrages als auch die Gesamtregelung halten einer Inhalts- und Ausübungskontrolle stand.
23Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach § 8 Abs. 1 VersAusglG die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten muss, da das Gericht nur dann gem. § 6 Abs 2 VersAusglG an die Vereinbarung gebunden ist. Zugleich ist in den Blick zu nehmen, dass die Regelung zum Versorgungsausgleich in einen Ehevertrag eingebettet ist, so dass eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages unter dem Aspekt anderer Scheidungsfolgen ebenfalls zur Unwirksamkeit der Versorgungsausgleichsregelung führen kann. Dementsprechend war im Rahmen der Kontrolle des vorliegenden Ehevertrages jede einzelne Regelung zu den Scheidungsfolgen und dann auch der Gesamtvertrag auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
24a)
25Im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle eines Ehevertrages ist unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH (vgl. nur FamRZ 2004, 601; 2009, 1041; NJW 2013, 380; 457), zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB).
26Insoweit sind im Rahmen der gebotenen Gesamtschau die Gründe und Umstände des Zustandekommens der vertraglichen Vereinbarung sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens in den Blick zu nehmen. Ausgangspunkt sämtlicher Überlegungen ist dabei, dass die gesetzlichen Regelungen zu den Scheidungsfolgen, hier also zum nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich, grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen, da das geltende Recht einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten eines Ehegatten nicht kennt (BGH FamRZ 2004, 601, 604; 2007, 1309, 1310).
27Die Grenze für die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen ist allerdings dann erreicht, wenn der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das ist der Fall, wenn durch die getroffene Regelung eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint (BGH NJW 2013, 380, 381).
28Im Zentrum dieser Abwägung steht die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Kernbereichslehre, wonach die Abwägung der widerstreitenden Belange der Eheleute einer umso genaueren Prüfung unterliegt, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift (BGH NJW 2013, 457, 458). Zu diesem Kernbereich (vgl. dazu im Einzelnen BGH NJW 2013, 380, 381 f.) gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) sowie in zweiter Linie Alters- und Krankheitsunterhalt, denen der Vorrang vor den übrigen Unterhaltstatbeständen zukommt. Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglicher Disposition nur begrenzt offen. Der Zugewinnausgleich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich (vgl. BGH NJW 2013, 457, 458).
29Bei der erforderlichen Gesamtwürdigung ist auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abzustellen, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne dass dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird (vgl. BGH a. a. O.)
30aa)
31Die von den Beteiligten im notariellen Ehevertrag getroffenen Einzelregelungen halten der dargestellten Wirksamkeitskontrolle stand.
32(1)
33Die zwischen den Beteiligten vereinbarte Gütertrennung und der damit verbundene Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft unterliegen keinen Wirksamkeitsbedenken, weil die vermögensrechtlichen Folgen in weitgehendem Umfang einer vertraglichen Regelung zugänglich sind. Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht erfasst (vgl. etwa BGH FamRZ 2008, 386). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller auch selbstständig unternehmerisch tätig ist und daher ein berechtigtes Interesse an der Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz seiner Erwerbsgrundlage hatte, die durch zugewinnausgleichsbedingte Ausgleichszahlungen im Fall des Scheiterns der Ehe gefährdet werden konnte (vgl. dazu allgemein auch BGH NJW 2007, 2851).
34(2)
35Der zum Kernbereich der Scheidungsfolgen zählende Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 BGB ist im vorliegenden Fall nicht betroffen, da die vertragliche Regelung eine über den Regelfall der gesetzlichen Normierung hinausgehende und an das Altersphasenmodel orientierte Zahlung von Betreuungsunterhalt, nämlich bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des jüngsten Kindes, vorsieht.
36(3)
37Im Hinblick auf das Alter der Antragsgegnerin und ihren Gesundheitszustand bei Abschluss des Ehevertrages bestehen unabhängig davon, dass beiden Tatbeständen als Ausdruck der nachehelichen Solidarität besondere Bedeutung zu kommt, keine Wirksamkeitsbedenken im Hinblick auf den Ausschluss des Anspruchs auf Alters- und Krankenunterhalt gemäß den §§ 1571,1572 BGB.
38Da die Antragsgegnerin bei Eheschließung gesund und in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht eingeschränkt war sowie Anhaltspunkte dafür, dass sie bedürftig werden könnte, seinerzeit nicht ersichtlich waren, war der Ausschluss zulässig. Ein solcher ist nämlich insbesondere dann möglich, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten ein Ehegatte unterhaltsbedürftig werden kann (vgl. BGH NJW 2005, 1370; 2013, 380, 382).
39(4)
40Der Ausschluss des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit begegnet vorliegend ebenfalls keinen Bedenken. Denn dieser Unterhaltstatbestand ist nachrangig, da das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4, vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Zudem war bei Abschluss des Vertrages die berufliche Entwicklung der Antragstellerin, die zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, auch unter Berücksichtigung des bestehenden Kinderwunsches nicht absehbar.
41(5)
42Auch der Verzicht auf Ansprüche auf Aufstockungs- und Billigkeitsunterhalt gemäß den §§ 1573 Absatz 2, 1576 BGB führt vorliegend nicht zu einer Sittenwidrigkeit des notariellen Vertrages. Diese Unterhaltsansprüche sind vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach zeitlich begrenzbar. Aufgrund ihrer Bedeutung im System des Scheidungsfolgenrechts sind sie am ehesten verzichtbar (vgl. BGH NJW 2005, 1370).
43(6)
44Die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich hält der nach § 8 Abs. 1 VersAusglG gebotenen Kontrolle durch den Senat stand.
45Die gebotene gerichtliche Kontrolle ist nach der insoweit ergangenen Rechtsprechung des BVerfG und des BGH (vgl. BT-Dr 16/10144, S. 52) darauf gerichtet, die ihm vorgelegte Vereinbarung daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihr Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Vertragsparität ergeben. Dabei gilt für die richterliche Kontrolle das Veranlassungsprinzip (OLG Brandenburg FamRZ 2012, 1719). Dies bedeutet, dass es der Partei, die sich auf eine Verletzung der Vertragsparität beruft, obliegt, dazu im Einzelnen, insbesondere hinsichtlich subjektiver Vorstellungen und Umstände des Vertragsschlusses, die für die richterliche Kontrolle ebenfalls bedeutsam sind, vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten (Vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Hahne, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 8 VersAusglG Rz. 1; Wick FPR 2009, 219, 220).
46Dabei unterliegen Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich strengen Kriterien, weil der Versorgungsausgleich als vorweggenommener Altersunterhalt – wie bereits ausgeführt - zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört. Wegen der Nähe zum Zugewinnausgleich ist eine Dispositionsfähigkeit aber nicht generell ausgeschlossen. Insoweit hat der BGH in seiner Entscheidung vom 09.07.2008 (NJW 2008, 3426), auf die das Familiengericht entscheidend abgestellt hat, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs für nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam angesehen, wenn er dazu führt, dass ein Ehegatte auf Grund des schon beim Vertragsschluss geplanten Zuschnitts der Ehe über keine hinreichende Alterssicherung verfügt und dieses Ergebnis mit dem Gebot ehelicher Solidarität schlechthin unvereinbar erscheint. Das kann namentlich dann der Fall sein, wenn sich ein Ehegatte, wie schon beim Vertragsschluss geplant, der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet und deshalb auf eine versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehe verzichtet hat. Das in diesem Verzicht liegende Risiko verdichtet sich zu einem Nachteil, den der Versorgungsausgleich gerade auf beide Ehegatten gleichmäßig verteilen will und der ohne Kompensation nicht einem Ehegatten allein angelastet werden kann, wenn die Ehe scheitert (vgl. insoweit auch Senat, NJW 2005, 139; NJW 2008, 3426, 3428).
47Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, da erhebliche Abweichungen zu dem vom BGH entschiedenen Fall bestehen.
48So war - anders als im vom BGH entschiedenen Fall - die Antragsgegnerin bei Vertragsschluss noch nicht schwanger. Es war also völlig offen, ob der geplante Kinderwunsch überhaupt zu realisieren war. Hinzu kommt, dass der Vertrag – anders als in dem vom BGH entschiedenen Rechtsstreit - nicht vorsieht, dass die Antragsgegnerin auf jeden Fall ihre Berufstätigkeit aufgeben und sich allein der Kinderbetreuung widmen sollte. Entsprechende Abreden werden von ihr auch nicht vorgetragen. Gegen eine solche Abrede spricht zudem, dass die Antragsgegnerin bereits 3 Jahre nach der Geburt des Kindes eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit im Betrieb des Antragstellers aufgenommen hat.
49Im Ergebnis gingen beide Beteiligte offensichtlich davon aus, dass die Antragsgegnerin sobald als möglich eine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen und eigene Rentenanwartschaften erwerben sollte.
50bb)
51Auch in der Gesamtbetrachtung ergibt sich aus den von den Beteiligten getroffenen ehevertraglichen Regelungen keine Gesamtunwirksamkeit der notariellen Vereinbarung.
52Rechtfertigen die Einzelregelungen eines Ehevertrages bei jeweils gesonderter Betrachtung den Vorwurf der objektiven Sittenwidrigkeit nicht, ist weiter zu prüfen, ob die Gesamtwürdigung des Ehevertrages sich als sittenwidrig erweist, weil das Zusammenwirken aller ehevertraglichen Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (BGH FamRZ 2005, 691; 2008, 2011; NJW 2013,380, 382; 457, 459).
53Auf die insoweit erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten ist zu schließen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt seine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz widerspiegelt und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität gegeben war (BGH, a.a.O.). Dabei lässt sich allein aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender Regelungen keine tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit familienrechtlicher Verträge herleiten (BGH, a.a.O.). Dies bedeutet im Ergebnis, dass der Ehegatte, der sich auf die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages beruft, zu seiner unterlegenen Verhandlungsposition vorzutragen hat. Er muss insbesondere außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände darlegen, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten (BGH NJW 2013, 380, 382; 457, 460; OLG Celle NJW-RR 2009, 1302, 1304; Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. 2014, § 1408 Rz.. 10).
54Substantiierter Vortrag der Antragsgegnerin für eine derartige subjektive Unterlegenheit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses liegt weder vor noch ist sonst ersichtlich. Insbesondere kann zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin von dem Antragsteller angenommen werden. Sie war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwar arbeitslos, hatte aber eine neue Stelle bereits sicher. Zudem befand sie sich nicht in einer Zwangssituation aufgrund bestehender Schwangerschaft mit dem gemeinsamen Sohn, da im Zeitpunkt des Vertragsschlusses diese Schwangerschaft unstreitig nicht bestand. Als gelernte Industriekauffrau ist auch nicht davon auszugehen, dass sie den Inhalt der vertraglichen Regelung nicht verstanden hat bzw. dem Antragsteller intellektuell unterlegen war.
55b)
56Hält ein Ehevertrag der richterlichen Wirksamkeitskontrolle stand, ist im Rahmen der Ausübungskontrolle zu prüfen, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung des Ehevertrages zu berufen (BGH NJW 2013, 457, 460 f.).
57aa)
58Für die Beurteilung, ob ein Missbrauch der durch den Ehevertrag eingeräumten Rechtsmacht vorliegt, ist entscheidend, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist (BGH NJW 2013, 380, 383).
59Diese Voraussetzungen können insbesondere dann erfüllt sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht (BGH, a.a.O.).
60bb)
61Eine solche grundlegende Änderung in der Lebensplanung, die zu einer
62unzumutbaren Verteilung der Lasten zum Nachteil der Antragsgegnerin führt, lässt sich nicht feststellen.
63(1)
64Im Hinblick auf den eigenen Vortrag der Antragsgegnerin weicht die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung nicht grundlegend ab, da sich mit der Geburt des gemeinsamen Sohnes die bei Vertragsschluss bestehende Planung realisiert hat.
65(2)
66Sonstige Umstände – mit Ausnahme der Ehescheidung -, die eine Abweichung der Lebensplanung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Vergleich zur tatsächlich gelebten Ehe begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
67III.
68Die Kostenentscheidung folgt aus § 150 Abs. 1, 4 S. 1 FamFG.
69Die Entscheidung ist unanfechtbar, da die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht gegeben sind.