Seite drucken Seite drucken   Entscheidung als PDF runterladen Entscheidung als PDF runterladen

Oberlandesgericht Hamm, 3 UF 109/13

Datum:
15.09.2014
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 UF 109/13
ECLI:
ECLI:DE:OLGHAM:2014:0915.3UF109.13.00
 
Vorinstanz:
Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer, 20 F 371/11
Schlagworte:
Internationale Gerichtszuständigkeit im Sorgerechtsentziehungsverfahren; Maßstab für die Abänderung einer ausländischen Sorgerechtsentscheidung gem. § 1696 BGB; Erfordernis der Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens am Maßstab der §§ 1666, 1666a BGB.
Normen:
FamFG § 65 Abs. 4, § 99 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; Brüssel-IIa-Verordnung § 8 Abs. 1; EGBGB Art. 21; BGB § 1666, § 1666a; § 1696
Leitsätze:

1. Trotz des Grundsatzes in § 65 Abs. 4 FamFG, dass es im Beschwerdeverfahren unerheblich ist, ob das Familiengericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat, hat das Beschwerdegericht seine und des erstinstanzlichen Gerichts internationale Zuständigkeit positiv festzustellen.

2. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte für die Regelung der elterlichen Sorge folgt abschließend aus Art. 8 Abs. 1 Brüssel-IIa-Verordnung. Danach ist die Zuständigkeit der deutschen Familiengerichte unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Kindes und der Eltern (hier: rumänisch) sowie unabhängig von dem früheren Aufenthalt der Familie im Ausland gegeben, wenn das betroffene Kind zur Zeit der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Ein Rückgriff auf Art. 21 EGBGB oder § 99 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamFG kommt insoweit nicht in Betracht.

3. Ausländische Sorgerechtsentscheidungen, die im Inland anerkennungsfähig sind (hier ein Urteil eines rumänischen Gerichtshofs zur „Großerziehung und Belehrung“ des Kindes), können in Deutschland am Maßstab des § 1696 BGB abgeändert werden, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist, da die Fürsorge für das Kind stets Vorrang hat.

4. Besteht bei dem betroffenen Kind und/oder einem Elternteil der Verdacht auf eine psychiatrische Erkrankung oder Störung, ist die Frage der Erziehungseignung des Elternteils, der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen des Kindes und der Möglichkeit einer Trennung des Kindes von dem Elternteil bzw. Rückführung zu diesem am Maßstab der §§ 1666, 1666a BGB regelmäßig nicht allein mit einem familienpsychologischen Sachverständigengutachten, sondern ergänzend mit einem psychiatrischen Sachverständigengutachten zu klären.

 
Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin (Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelsenkirchen-Buer vom 25.04.2013 wird zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragsgegners (Kindesvaters) wird als unzulässig verworfen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- € festgesetzt.

 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71
 

Seite drucken Seite drucken Entscheidung als PDF runterladen Entscheidung als PDF runterladen

logo_justiz-nrw-online_rechtsprechungsdatenbank