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Für richterliche Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO ist nach § 126 Abs. 2 S. 3 StPO ausschließlich der Strafkammervorsitzende zuständig. Die Entscheidung über Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach § 119a StPO obliegt im Falle der Anhängigkeit einer Sache
bei der Strafkammer hingegen dem Kollegialgericht.
Die angefochtenen Beschlüsse werden aufgehoben.
Die den Beschlüssen zugrunde liegenden Vorgänge werden zur weiteren Behandlung und Entscheidung an den Leiter der Justizvollzugsanstalt B abgegeben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Landeskasse zu tragen.
Gründe:
2I.
3Der Angeklagte befindet sich derzeit wegen Verdachts des besonders schweren Raubes in Untersuchungshaft in der JVA B. Mit Urteil des Landgerichts Siegen vom 02. September 2013 (21 KLs 15/13) ist er wegen gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt.
4Mit Kammerbeschluss vom 18. Dezember 2013 hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Siegen nach Anhörung der Staatsanwaltschaft sowie des Leiters der JVA B und jeweils darauf erfolgter Mitteilung von „Bedenken“ gegen die Weiterleitung ein an den Angeklagten gerichtetes Schreiben der NPD-Fraktion des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Dezember 2013 nebst Anlagen angehalten und angeordnet, dass die Sendung zur Habe des Angeklagten zu nehmen sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Anschreiben ziele auf die Weiterleitung von beigefügtem Informationsmaterial der NPD-Fraktion, dessen Inhalt angesichts der gedachten Weitergabe an Mithäftlinge die Gefahr begründe, das geordnete Zusammenleben in der JVA zu stören. Wegen des beschriebenen Inhaltes des übersandten Materials wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
5Mit weiterem Beschluss vom 02. Januar 2014 hielt der Vorsitzende der Strafkammer – ohne vorherige Anhörung von Staatsanwaltschaft und/oder JVA – eine weitere an den Angeklagten gerichtete und am 30. Dezember 2013 eingegangene Briefsendung der NPD an und führte unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschlusses vom 18. Dezember 2013 aus, auch das nunmehr beigefügte und wiederum zur Weitergabe an Mithäftlinge gedachte Material, wegen dessen Inhaltes auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen wird, sei geeignet, das geordnete Zusammenleben in der JVA zu stören, und verstoße deshalb gegen § 31 UVollzG NW.
6Schließlich wurde, nach entsprechender Anhörung und entsprechender ausdrücklicher Antragstellung durch die Staatsanwaltschaft sowie die JVA, mit weiterem Beschluss des Kammervorsitzenden vom 13. Januar 2014 ein in einer im Übrigen nicht beanstandeten Briefsendung enthaltendes Formular „Antrag auf bundesdeutsches Asyl“ angehalten und zur Habe genommen, weil dieses geeignet sei, Streitigkeiten unter den Gefangenen unterschiedlichster Nationalität auszulösen, und deshalb wiederum gegen § 31 UVollzG NW verstoße.
7Hiergegen richten sich die Beschwerden des Angeklagten.
8Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerden des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
9II.
10Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässigen Beschwerden haben einen zumindest vorläufigen Erfolg.
111.
12Auf die jeweiligen Beschwerden des Angeklagten sind die angefochtenen Beschlüsse bereits deshalb aufzuheben, weil weder die Strafkammer als Kollegialgericht (Beschluss vom 18. Dezember 2013) noch der Vorsitzende allein (Beschlüsse vom 02. und 13. Januar 2014) für den Erlass der ergangenen Entscheidungen zuständig gewesen sind.
13a.
14Durch die Neuordnung des Rechtes über Beschränkungen in der Untersuchungshaft durch das Gesetz zur Änderung des Untersuchungshaftrechts vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274) und der damit einhergehenden Neufassung des § 119 StPO mit Wirkung vom 1. Januar 2010 hat der Gesetzgeber dem Wegfall der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Recht des Untersuchungshaftvollzugs durch die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr 1 GG im Rahmen der Föderalismusreform (Gesetz vom 28.08.2006, BGBl I 2863) mit der Folge Rechnung getragen, dass in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur noch die Regelung solcher Beschränkungen der Untersuchungshaft verblieben ist, die zur Erreichung der Haftzwecke erforderlich sind.
15Dementsprechend ist die zuvor noch in § 119 Abs. 3 StPO a.F. enthaltene gerichtliche Anordnungskompetenz für Beschränkungen, welche die Ordnung in der Anstalt betreffen („Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert“), nicht aufrechterhalten worden. Die in § 119 Abs. 1 StPO geschaffene Neuregelung beschränkt sich allein auf Anordnungen zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr, mithin auf solche Regelungen, welche allein zur Umsetzung der Zwecke der Untersuchungshaft geboten sind.
16Die zuvor noch bundeseinheitlich geltende UVollZO wurde durch entsprechende landesgesetzliche Regelungen abgelöst, und zwar in Nordrhein-Westfalen durch das Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Untersuchungshaft in Nordrhein-Westfalen (Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – UVollzG NRW) vom 27. Oktober 2009 (GV. NRW. S. 540).
17Damit ist auch die zuvor gemäß § 119 Abs. 3 StPO a.F. in Verbindung mit Nr. 34 Abs. 1 Nr. 3 UVollzO ausdrücklich bestehende richterliche Kompetenz zum Anhalten von Schreiben („Der Richter kann ein Schreiben insbesondere dann anhalten, … 3. wenn die Weitergabe des Schreibens geeignet ist, die Ordnung in der Anstalt zu gefährden.“) aus Gründen einer Gefährdung der Anstaltsordnung entfallen.
18Die Entscheidungskompetenz für vollzuglich gebotene Maßnahmen ist durch § 4 UVollzG NRW („Die nach diesem Gesetz notwendigen Entscheidungen trifft die Anstaltsleitung unter Beachtung der Belange des Strafverfahrens und des Zwecks der Untersuchungshaft“) gleichzeitig auf den Anstaltsleiter übertragen worden, gegen dessen Anordnungen allerdings wiederum Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß des ebenfalls mit Wirkung vom 01. Januar 2010 eingefügten § 119 a StPO zulässig ist.
19Ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass für die richterlichen Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO gemäß § 126 Abs. 2 S. 3 StPO ausschließlich der Strafkammervorsitzende allein zuständig und eine Entscheidung des Kollegialgerichts anstelle des Vorsitzenden nicht unschädlich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 2013, 1 Ws 562/13; juris). Die Entscheidung über Anträge auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 119 a Abs. 1 StPO obliegt demgegenüber gemäß § 126 Abs. 1 Satz ein StPO wiederum im Fall einer Anhängigkeit der Sache bei der Strafkammer dem Kollegialgericht. Diese unterschiedlichen Kompetenzregelungen erscheinen unter praktischen Gesichtspunkten eher unglücklich gestaltet und sind möglicherweise durch ein gesetzgeberisches Versehen veranlasst; der Wortlaut der Vorschriften ist jedoch nach Auffassung des Senats eindeutig und lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. dazu auch KG Berlin, Beschluss vom 02. Januar 2013 – 4 Ws 138/12, juris).
20b.
21Die vorliegende jeweilige Unzuständigkeit zum Erlass der angefochtenen Entscheidungen stellt einen derart gravierenden Verfahrensmangel dar, dass allein dies für sich genommen zu einer Aufhebung der Entscheidungen führen muss. Eine eigene Beschwerdeentscheidung des Senats gemäß § 309 Abs. 2 StPO ist für keinen der Fälle veranlasst.
22aa.
23Hinsichtlich des Beschlusses vom 18. Dezember 2013 wäre die Kammer als Kollegialgericht nach Maßgabe der obigen Ausführungen zur Zuständigkeit selbst dann nicht zur Entscheidung berufen gewesen, wenn die Anordnungskompetenz auf § 119 Abs. 1 StPO gegründet wäre. Dies allein würde für sich genommen jedoch noch nicht zwingend der Beschwerde zum Erfolg verhelfen; vielmehr ist in derartigen Fällen regelmäßig unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses eine eigene Sachentscheidung des Senats veranlasst (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2013, a.a.O.). Vorliegend hat jedoch das Gericht – wie auch bei den späteren Beschlüssen – anstelle des originär zuständigen Anstaltsleiters entschieden. Dies führt bereits für sich genommen zur Aufhebung der Entscheidung. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Strafkammer als Kollegialgericht bei Vorliegen einer entsprechenden gleichlautenden Entscheidung des Anstaltsleiters wiederum gemäß § 119 a StPO über einen hiergegen gerichteten Antrag des Angeklagten auf gerichtliche Entscheidung zu befinden hätte. Eine solche „Heilung“ der mangelnden Zuständigkeit kommt nach Auffassung des Senats schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 119 a Abs. 1 S. 1 StPO (“Gegen eine behördliche Entscheidung oder Maßnahme im Untersuchungshaftvollzug kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden.“) das Vorliegen einer vorangegangenen Entscheidung oder Maßnahme im Untersuchungshaftvollzug als Verfahrensvoraussetzung für die Eröffnung des Rechtsweges auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 119 a StPO anzusehen ist, der als einzige Rechtsgrundlage für eine Entscheidung der Kammer in der vorliegenden Sache in Betracht kommt. Diese Verfahrensvoraussetzung wäre auch nicht etwa deshalb entbehrlich, wenn möglicherweise davon auszugehen wäre, dass der Anstaltsleiter auch im Fall einer originären Befassung die gleiche Entscheidung getroffen hätte.
24Eine solche Annahme wäre zudem vorliegend ohnehin nicht gerechtfertigt. Auf die gerichtliche Anfrage vom 11. Dezember 2013 hat der Leiter der JVA B zwar unter dem 16. Dezember 2013 mitgeteilt, dass die seitens des Gerichts geäußerten Bedenken gegen die Weiterleitung des in der Briefsendung der NPD-Fraktion des Landtages Mecklenburg-Vorpommern vom 03. Dezember 2013 enthaltenen Materials „von hier aus geteilt“ würden. Hieraus allein ist jedoch nicht der Schluss gerechtfertigt, dass auch seitens der Anstaltsleitung das infrage stehende Material von vornherein überhaupt nicht weitergegeben und zur Habe des Angeklagten genommen worden wäre. Zumindest denkbar und nach Auffassung des Senats als milderes Mittel nicht fernliegend wäre beispielsweise auch gewesen, dem Angeklagten das Informationsmaterial zur eigenen Kenntnisnahme zumindest vorübergehend zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig eine Weitergabe an Mitgefangene zu verhindern, etwa durch Gewährung von Gelegenheit zur Einsichtnahme unter Aufsicht eines Beamten.
25bb.
26Die vorstehenden Ausführungen zur fehlenden Verfahrensvoraussetzung einer vorangegangenen Entscheidung oder Maßnahme des Anstaltsleiters gelten ebenso für die Beschlüsse vom 02. und 13. Januar 2014, hinsichtlich derer anzumerken ist, dass insoweit auch im Hinblick auf eine etwaige Entscheidung gemäß § 119 a StPO eine alleinige Zuständigkeit des Kammervorsitzenden nicht gegeben gewesen wäre.
27Auch in diesen Fällen wäre die fiktive Annahme einer gleichlautenden Entscheidung des Anstaltsleiters nicht gerechtfertigt. In Bezug auf den Beschluss vom 02. Januar 2014 ist die Anstaltsleitung vor der Beschlussfassung überhaupt nicht gehört worden, so dass schon aus diesem Grund keine Prognose darüber wäre, ob die Anstaltsleitung bei originärer Befassung in gleicher Form entschieden hätte, zumal auch insoweit nach Auffassung des Senats eine für den Angeklagten mildere Beschränkung nicht fernliegend gewesen wäre.
28Einer „Entscheidung“ gleich zu achten ist auch nicht etwa der Umstand, dass bezüglich der Beschlussfassung vom 13. Januar 2014 der Leiter der JVA im Rahmen der erfolgten Anhörung ausdrücklich gebeten und mithin beantragt hat „das übersandte „Witzformular“ unter Berücksichtigung der Sicherheits- und Ordnungsbelange der Anstalt anzuhalten“.
29Es erscheint zwar nach Auffassung des Senats eher naheliegend, das streitgegenständliche Formular „Antrag auf bundesdeutsches Asyl“ anzuhalten und zur Habe des Angeklagten zu nehmen, da eine Weitergabe des Formblattes, welche nach dessen Inhalt von dessen Verfasser ersichtlich beabsichtigt ist, geeignet wäre, im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 UVollzG NW das geordnete Zusammenleben der Mitgefangenen, unter denen sich nach ihrer Herkunft zweifelsfrei auch etliche befinden, die sich durch den Inhalt des „Antrages“ in ihrer Ehre erheblich herabgesetzt fühlen würden, gravierend zu stören. Besonders nahe liegend ist, dass es angesichts der häufig mangelnden Konfliktfähigkeit unter Gefangenen sowie auch einer herabgesetzten Frustrationstoleranz in der Haftsituation auch zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen könnte. Zweifelhaft erscheint insoweit auch, ob es zur Vermeidung von Störungen hinreichend wäre, dem Angeklagten durch eine nur vorübergehende Einsichtsmöglichkeit in das angehaltene Formblatt Kenntnis von dessen Inhalt zu verschaffen. Angesichts der Übersichtlichkeit des Materials bleibe gegebenenfalls die Gefahr begründet, dass der Angeklagte aus seinem Gedächtnis heraus selbst entsprechende oder zumindest ähnliche Pamphlete entwerfen und an andere weitergeben würde.
30Diese Erwägungen vermögen jedoch auch im Zusammenwirken mit dem gegebenen entsprechenden Antrag des Anstaltsleiters das Vorliegen einer entsprechenden Entscheidung nicht zu begründen bzw. zu ersetzen. Dies beruht auf der Erwägung, dass die erfolgte Antragstellung schon von vornherein kein Bewusstsein beigemessen werden kann, dass eine eigene Entscheidungszuständigkeit der Anstaltsleitung bestanden hat.
31Sämtliche Vorgänge sind dementsprechend zur weiteren Entscheidung über eine etwaige Weiterleitung an den Angeklagten oder beschränkende Maßnahmen an den Leiter der JVA B abzugeben.
322.
33Ergänzend ist aus Sicht des Senats anzumerken, dass die erfolgte Neuregelung zur Zuständigkeit betreffend die Anordnung etwaiger Beschränkungen in der Untersuchungshaft durch die §§ 119, 119 a StPO sowie das UVollzG NW äußerst unpraktikabel ist und zumindest im Hinblick auf den etwaigen bedenklichen Inhalt von Schriftstücken und die daraus möglicherweise resultierende Notwendigkeit der Anordnung vollzuglicher Maßnahmen erhebliche Lücken hinsichtlich der Überwachung aufweist.
34Der Anstaltsleiter ist gemäß § 4 UVollzG NW für die Anordnung etwaiger vollzuglicher Maßnahmen betreffend zu beanstandender Inhalte der Post des Untersuchungsgefangenen zuständig, jedoch andererseits nach der Vorschrift des § 20 Abs. 2 S. 2 UVollzG NW ausdrücklich daran gehindert, vom gedanklichen Inhalt der Gefangenenpost Kenntnis zu nehmen. Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich in Fällen einer Delegation der Postkontrolle gemäß § 119 Abs. 2 S. 2 StPO über die Staatsanwaltschaft auf die Vollzugsanstalt, welche jedoch wiederum ausschließlich im Hinblick auf die Haftzwecke im Sinne des § 119 Abs. 1 StPO zulässig ist. Faktisch ist mithin die Anstaltsleitung in Fällen der vorliegenden Art darauf angewiesen, dass im Falle angeordneter Postkontrolle das Gericht von etwaig die Anstaltsordnung beeinträchtigenden Sachverhalten Mitteilung macht, obgleich eine derartige Mitteilung nicht der Umsetzung der Haftzwecke dient und mithin nicht unmittelbar von der Vorschrift des § 119 Abs. 1 StPO getragen ist.
35Mit dem Wegfall der obligatorischen Postkontrolle durch die Neuregelung des § 119 StPO ist in den Fällen einer fehlenden Überwachungsanordnung gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 2 StPO eine Kontrolle der Post von Untersuchungsgefangenen unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Anstaltsordnung bzw. Vermeidung entsprechender Störungen nach dem Gesetzeswortlaut letztlich praktisch gar nicht mehr möglich, zumal für den Bereich der Untersuchungshaft eine dem für die Strafhaft geltenden § 168 Abs. 3 StVollzG entsprechende Regelung, wonach Schriftwechsel (durch die Anstalt) überwacht werden darf, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt notwendig ist, nicht geschaffen worden ist.
36Es erscheint nahe liegend, dass diese durch den Wegfall des § 119 Abs. 3 a.F. StPO entstandene „Lücke“ bei Fassung des UVollzG NW nicht bedacht worden ist, zumal die dadurch im Bereich der Untersuchungshaft entstandenen geringeren Überwachungsmöglichkeiten auch eine entsprechende Ausnutzung durch andere Gefangene als möglich und nahe liegend erscheinen lassen. Die amtliche Begründung des Gesetzesentwurfes vom 18. Februar 2009 (Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 14/8631) zu § 20 UVollzG NW ist insoweit nicht eindeutig. So heißt es unter anderem: „Abs. 3 verpflichtet die Anstalt zur unverzüglichen Weiterleitung der ein- und ausgehenden Schreiben an die zur Überwachung zuständige Stelle. Da der Anstalt keine eigenen Überwachungsbefugnisse zustehen, sie vielmehr den Schriftverkehr lediglich weiterleitet, können auch keine Zeitverzögerungen durch Überwachungsmaßnahmen entstehen“. Zwar gibt die gewählte Formulierung, dass „der Anstalt keine eigenen Überwachungsbefugnisse zustehen“, Hinweis darauf, dass ein Unterbleiben einer anstaltsinternen Überwachung vom Gesetzgeber gewollt gewesen ist. Die vorangehende Formulierung, dass § 20 Abs. 3 UVollzG NW „die Anstalt zur unverzüglichen Weiterleitung der ein- und ausgehenden Schreiben an die zur Überwachung zuständige Stelle“ verpflichte, lässt es jedoch andererseits auch als nicht fernliegend erscheinen, dass der Gesetzgeber möglicherweise von einer fortdauernden regelmäßigen gerichtlichen (oder staatsanwaltschaftlichen) Überwachung der Post entsprechend der früheren Regelung in § 119 a.F. StPO ausgegangen ist.
37Ob daher in diesen Fällen eine entsprechende Anwendung des § 168 Abs. 3 StVollzG geboten ist, bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung.
383.
39Die Kostenscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 467, 473 Abs. 4 StPO