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Das öffentliche Informationsinteresse kann eine identifizierende Berichterstattung über einen Verkehrsunfall mit fahrlässiger Tötung durch auf YouTube hochgeladene Videos rechtfertigen.
Die Berufung des Klägers gegen das am 04.04.2013 verkündete Urteil der
8. Zivilkammer des Landgerichts Münster durch einstimmigen Senatsbeschluss nach § 522 II 1
ZPO wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weder die Rechtsfortbildung noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Zudem erscheint eine mündliche Verhandlung nicht geboten.
2Zur Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Hinweis-
3beschluss des Senates vom 07.08.2013 Bezug genommen. Der Schriftsatz der Klägervertreter vom 16.09.2013 enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung der Rechtsmittelaussichten rechtfertigen würden.
4So verbleibt es dabei, dass der Kläger durch die veröffentlichten Videos in seiner Sozialsphäre betroffen ist. Insbesondere stehen die vom Kläger zitierten Urteile des Bundesgerichtshofs vom 19.03.2013 sowie des Landgerichts Köln vom 24.04.2013 einer solchen Bewertung nicht entgegen. Ebenso verbleibt es bei der vom Landgericht sowie vom Senat vorgenommen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers einerseits sowie dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit andererseits. So ergibt sich aus den Erwägungen des Senats keinesfalls, dass nicht berücksichtigt worden ist, dass es sich um eine Fahrlässigkeitstat handelte und nach der Bewertung des Senats über jeden Verkehrsunfall individualisierend berichtet werden könne. Der Kläger übersieht hierbei, dass es sich um eine besonders schwere Fahrlässigkeitstat, die mit einer für eine Fahrlässigkeitstat hohen Freiheitsstrafe – wenn auch zur Bewährung ausgesetzt – geahndet wurde. Der Hinweis des Senats auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, NJW 2006, 2835 sollte lediglich dokumentieren, dass die Berichterstattung über Fahrlässigkeitstaten nicht generell unzulässig ist. Zwar ist zutreffend, dass der Kläger nicht den Bekanntheitsgrad des in dieser Entscheidung genannten Prinzen hatte. Wesentliche Erwägung des Senats war demnach auch nicht die Prominenz des Klägers, sondern die besondere Schwere der Fahrlässigkeitstat. Dass die Tat im Ausland unter besonderen Umständen stattfand, ist durchaus bei der Frage der Bewertung des öffentlichen Interesses zu berücksichtigen; der Kläger wird sich freiwillig in die Position eines in Russland tätigen Lehrers mit den daraus resultierenden Annehmlichkeiten wie der Zuerkennung eines Diplomatenstatus und der Möglichkeit der Benutzung eines größeren Autos begeben haben und nicht durch Zwang seiner Dienstvorgesetzten; der Hinweis auf die Veröffentlichung von Fotos des Innen- oder Justizministers geht daher fehl und liegt neben der Sache.
5Für die Frage der Anwendung des Laienprivilegs verbleibt es dabei, dass der Kläger unabhängig vom faktischen Erfolg den russischen Pressebeiträgen unstreitig nicht widersprochen hat, so dass die Beklagte insoweit von deren Wahrheitsgehalt ausgehen durfte. Der vom Kläger gezogene Vergleich mit stark antisemitischen Berichten geht wegen Offenkundigkeit der Unrichtigkeit solcher Berichte ebenfalls fehl.
6Nach erneuter aktueller Internetrecherche des Senats ist zwar richtig, dass sich in
7Der Suchmaschine „google“ bei gezielter Eingabe des vollen früheren Namens des
8Klägers auf der ersten Seite ein YouTube-Beitrag über den Kläger finden lässt. Auf
9den nächsten neun Seiten findet sich jedoch kein weiterer Beitrag, so dass nach wie
10vor von einer eher geringen Breitenwirkung mit weiterer zukünftiger Tendenz zur
11Abnahme auszugehen ist. Unter Berücksichtigung der seit einiger Zeit erfolgten Namensänderung des Klägers verbleibt es daher bei dem Abwägungsergebnis eines
12höheren Informationsinteresses der Öffentlichkeit gegenüber dem
13Persönlichkeitsrecht des Klägers. Im Übrigen legt der Kläger nach wie vor nicht
14konkret dar und ist auch sonst nicht ersichtlich, inwieweit er nach seiner
15Namensänderung durch die Berichterstattung noch beeinträchtigt ist. Das gilt insbesondere für die vom Kläger in der Berufungsbegründung besonders
16aufgeführten beruflichen und sonstigen Kontaktaufnahmen, bei denen Beteiligte
17„gegoogelt“ oder sonst im Internet gesucht werden. Gerade bei solchen neuenKontaktaufnahmen ist davon auszugehen, dass die jeweils andere Seite keine
18Kenntnis vom alten Namen des Klägers hat und die beanstandeten Beiträge im Internet daher nicht finden kann.
19Die weiter in der Berufungsbegründung aufgeführten Punkte sind bereits im
20Hinweisbeschluss des Senats vom 07.08.2013 ausführlich behandelt worden, so
21dass insoweit nochmals zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Beschluss
22erwiesen wird.
23Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 97 I ZPO).
24Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar (§ 708 Nr. 10 ZPO).
25Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 56.250,00 € festgesetzt.
26Hamm, 23.09.2013
27Oberlandesgericht, 3. Zivilsenat
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