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1. Anders als nach der früheren Regelung gem. §§ 640c Abs. 1, 653 ZPO a.F. kann das Unterhaltsverfahren gem. § 237 FamFG als selbständiges Verfahren betrieben werden, wobei allerdings eine Verbindung mit dem Abstammungsverfahren möglich ist. Auch bei einer derartigen Verbindung bleibt das Verfahren gem. § 237 FamFG eine Unterhaltssache, auf die die hierfür geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden sind und nicht etwa diejenigen des Abstammungsverfahrens.
2. Dabei gilt die Einschränkung des § 237Abs. 3 FamFG nur so lange, wie die Voraussetzungen des § 1592 Nr. 1 und 2 sowie § 1593 BGB nicht vorliegen, also die Vaterschaft nicht feststeht.
3. Zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit und zur Höhe des fiktiv anzusetzenden Einkommens.
4. Erst ab Volljährigkeit besteht für das Kind die Möglichkeit, die Haftung für die infolge seiner gesetzlichen Vertretung während seiner Minderjährigkeit zu Stande gekommenen Verbindlichkeiten gem. § 1629a BGB gegenständlich auf sein zu diesem Zeitpunkt vorhandenes Vermögen zu beschränken; die Haftungsbeschränkung tritt dabei kraft Gesetzes ein und ist ab Eintritt der Volljährigkeit im Wege der Einrede geltend zu machen. Ein Vorbehalt der Haftungsbeschränkung ist in der Entscheidung, durch die eine Verbindlichkeit des Minderjährigen festgestellt wird, nicht aufzunehmen.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 10. November 2010 verkündete Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht - Essen teilweise abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Januar 2011 Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhaltes gem. den jeweiligen Altersstufen gem. § 1612a BGB zu zahlen, vermindert um das halbe Kindergeld für ein erstes gemeinsames Kind.
Die weitergehenden Anträge bleiben abgewiesen; die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Kindesunterhalt für das am 16.10.2008 geborene Kind S2 ab dem Zeitpunkt ihrer Geburt.
4Die Antragstellerin wurde am 16.10.2008 als Kind der nicht verheirateten Frau S geboren. Auf Antrag der Mutter wurde beim Jugendamt der Stadt F eine Beistandschaft für das Kind eingerichtet. Für das Kind werden UVG-Leistungen und SGB II-Leistungen erbracht, übergegangene Ansprüche wurden rückabgetreten.
5Der am 28.6.1963 geborene Antragsgegner ist geschieden, aus dieser Ehe entstammt ein volljähriges Kind. Er ist seit dem 9.8.2010 wieder verheiratet mit Frau N, mit der er auch bereits vor Eingehung der Ehe zusammenlebte. Er ist gelernter Metallgießer und Former, hat in diesem Beruf jedoch nach Abschluss der Ausbildung nie gearbeitet. Aus einer späteren selbstständigen Tätigkeit als Versicherungsmakler und anschließend im Finanzdienstleisterbereich bestehen noch Forderungsrückstände beim Finanzamt N2 in Höhe von 53.638,36 €. Zuletzt war er bis Dezember 2009 vollschichtig als Werber im Telefonverkauf erwerbstätig. Seit Anfang 2010 bezieht er Arbeitslosengeld I in Höhe von 17,87 € kalendertäglich, daneben werden SGB II-Leistungen für ihn und seine Ehefrau in Höhe von monatlich 476,58 € gewährt.
6Mit Antragschrift vom 14. März 2010 beantragte das antragstellende Kind, vertreten durch seinen Beistand, die Vaterschaft des Antragsgegners festzustellen sowie diesen zur Zahlung von Unterhalt in Höhe des jeweiligen Mindestunterhaltes ab dem Tage seiner Geburt, also dem 16. Oktober 2008, zu verpflichten. Nach Anhängigkeit des Verfahrens erkannte der Antragsgegner seine Vaterschaft zur Antragstellerin urkundlich an. In der anschließenden mündlichen Verhandlung vom 22.9.2010 erklärte die Kindesmutter, dass sie dem Vaterschaftsanerkenntnis des Antragsgegners ausdrücklich zustimme. Daraufhin erklärten die beiderseitigen Verfahrensbevollmächtigten das Verfahren hinsichtlich des Feststellungsantrages übereinstimmend für erledigt. Das Amtsgericht trennte daraufhin in der mündlichen Verhandlung das Unterhaltsverfahren ab, das als selbstständige Familiensache fortgeführt werden solle, und hob die Kosten des Feststellungsverfahrens gegeneinander auf. Im weiteren Verlauf dieser mündlichen Verhandlung verhandelte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin- nunmehr ausdrücklich im isolierten Unterhaltsverfahren - mit dem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin zu Händen des gesetzlichen Vertreters vom Zeitpunkt der Geburt an Unterhalt in Höhe des jeweiligen Mindestunterhaltes gemäß den jeweiligen Altersstufen gemäß § 1612 a BGB, vermindert um das halbe Kindergeld, zu zahlen.
7Der Antragsgegner trat dem Unterhaltsbegehren mit dem Vorbringen, nicht leistungsfähig zu sein, entgegen. Hierzu führte er aus, er sei seit August 2010 wieder verheiratet und gegenüber seiner Ehefrau unterhaltspflichtig, allerdings mangels Leistungsfähigkeit nicht gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau und dem volljährigen Kind aus dieser ersten Ehe. Nach längerer Arbeitslosigkeit habe er zwar eine Beschäftigung gefunden, sei jedoch seit Anfang Januar 2010 erneut arbeitslos und arbeitssuchend. Er sei jederzeit bemüht, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und habe auch bereits 45 Bewerbungen abgegeben, allerdings keine Zusagen erhalten. Er habe auch ihm angebotene probeweise Praktika in verschiedenen Unternehmen wahrgenommen. Er habe nach zwischenzeitlichem Führerscheinverlust jetzt nur eine Fahrerlaubnis, aufgrund derer es ihm nicht möglich sei, kleinere Transporter bis 7,5 t zu fahren. Hinzu komme, dass er an einem Sulcus-nervi-ulnaris- Syndrom am linken Arm/ Ellbogen leide und deshalb operiert werden müsse. Die ursprünglich für Juli 2010 vorgesehene Operation habe jedoch wegen einer zwischenzeitlich erfolgten infektiösen Erkrankung nicht durchgeführt werden können, ein neuer Termin sei noch nicht bestimmt. Ob er im Falle einer erfolgreichen Durchführung der Operation und einer entsprechenden Rehabilitationsmaßnahme wieder leistungsfähig werde, sei noch nicht abzusehen. Selbst bei einer Vollbeschäftigung könne er allenfalls ein Bruttoeinkommen in Höhe von 1100 € und damit ein Nettoeinkommen von 846,73 € erzielen.
8Mit am 10.11.2010 verkündetem Beschluss wies das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt zurück. Zur Begründung führte es aus, die Antragstellerin habe zwar dem Grunde nach einen Barunterhaltsanspruch gegenüber dem Antragsgegner, dieser sei jedoch nicht leistungsfähig. Er könne sich auch auf seine fehlende Leistungsfähigkeit berufen, da § 237 Abs.3 Satz 2 FamFG, wonach eine Herabsetzung des Unterhalts nicht verlangt werden könne, nicht anzuwenden sei. Diese Vorschrift gelte nur, solange das Unterhaltsverfahren mit dem Abstammungsverfahren verbunden sei, nicht jedoch mehr nach dessen Abtrennung. Um das Abstammungsverfahren nicht unnötig zu belasten, könne in diesem Verfahren nur der Mindestunterhalt verlangt und der Einwand der Leistungsfähigkeit nicht erhoben werden. Wenn aber das Unterhaltsverfahren als selbstständige Familiensache fortgeführt werde, sei eine Vereinfachung des Abstammungsverfahrens nicht mehr erforderlich. Der Antragsgegner sei aufgrund des Bezuges von Leistungen nach SGB II tatsächlich nicht leistungsfähig. Zwar sei seine Leistungsfähigkeit auch fiktiv zu beurteilen, da der Antragsgegner nicht dargelegt habe, sich entsprechend seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit um Arbeit bemüht zu haben. Die dafür behaupteten 45 Bewerbungen in 10 Monaten seien auch nicht ausreichend. Dauerhafte Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit seien nicht festzustellen, da er eine dauerhafte krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit nicht dargelegt habe. Er sei gelernter Metallgießer und Former, habe in diesem Beruf jedoch nie gearbeitet. Aufgrund seines Alters und der fehlende Berufserfahrung werde ihm nur eine Arbeit als ungelernte Kraft möglich sein. Zuletzt habe er auch nur als Verkäufer im Telefonverkauf gearbeitet. Aus dem Leistungsbescheid und dem dort aufgeführten Bemessungsentgelt von 39,45 € täglich ergebe sich, dass er zuletzt brutto 1183,50 € verdient habe, was einem Nettoeinkommen von 899,84 € entspreche, so dass er auch fiktiv nicht als leistungsfähig anzusehen sei.
9Mit ihrer gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde wendet sich die Antragstellerin dagegen, dass das Amtsgericht davon ausgegangen sei, der Antragsgegner sei nicht leistungsfähig. Des Weiteren meint sie, das Familiengericht habe entgegen ihrem Willen nicht das Verbundverfahren mit der Folge auflösen können, dass der Antragsgegner sich entgegen § 237 Abs. 3 FamFG auf seine Leistungsunfähigkeit berufen konnte. Zu Unrecht habe das Familiengericht darüber hinaus den geltend gemachten Mindestunterhaltsanspruch an der Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners scheitern lassen. Dieser habe zu keiner Zeit Lohnabrechnungen vorgelegt, aus denen sich die von ihm zuletzt als Telefonverkäufer erzielten Einkünfte ergäben. Es werde bestritten, dass er lediglich ein Bruttoeinkommen von knapp 1200 € erzielt habe. Als ungelernte Kraft sei er auch ohne weiteres in der Lage, unter Einbeziehung von Weihnachtsgeld und auch etwaiger Überstunden ein monatsdurchschnittliches Bruttoeinkommen von zumindest 1800 € zu erzielen. Des Weiteren enthalte der angefochtene Beschluss keinen Ausspruch zur beantragten Beschränkung der Minderjährigenhaftung gemäß § 1629 a Abs. 1 BGB, insoweit werde um Korrektur gebeten. Soweit der Antragsgegner nunmehr Lohnbescheinigungen aus den letzten Jahren vorlege, behaupte sie, dass neben den dort ausgewiesenen Verdiensten Prämien/ Umsatzbeteiligungen zumindest in Höhe des Festgeldbezuges gezahlt worden seien.
10Die Antragstellerin beantragt,
11abändernd den Antragsgegner zu verpflichten, an sie ab dem 16.10.2008 Kindesunterhalt in Höhe des Mindestunterhaltes gemäß den jeweiligen Altersstufen gemäß § 1612a BGB zu zahlen, vermindert um das halbe Kindergeld für ein erstes gemeinsames Kind,
12hilfsweise auszusprechen, dass ihre Haftung sich auf den Bestand des bei Eintritt der Volljährigkeit vorhandenen Vermögens beschränkt (§ 1629a BGB).
13Der Antragsgegner beantragt,
14die Beschwerde zurückzuweisen.
15Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung mit näheren Ausführungen und weist darauf hin, dass die Auflösung des Verbundverfahrens mit dem Willen der Antragstellerin erfolgt sei. Schließlich sei er nicht leistungsfähig, was das Amtsgericht aus der Bezugsgröße im Arbeitslosengeldbescheid unschwer habe errechnen können und nun auch aus den von ihm vorgelegten Lohnbescheinigungen aus früheren Beschäftigungszeiten ersichtlich sei. Durchgehend habe er in dieser Zeit bei einer Arbeitszeit von täglich 10 Stunden zuzüglich variabler Arbeitszeit am Samstag eine Bruttovergütung von lediglich 1200 € erhalten. Bereits im Jahre 2007 habe er einen Bandscheibenvorfall erlitten und inzwischen einen weiteren, so dass er nicht in der Lage sei, in einer Fabrik mit körperlicher Belastung zu arbeiten. Die vorgesehene operative Behandlung im Ellenbogenbereich sei immer wieder verschoben worden. Im Dezember 2010 habe er die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung erworben, seit dem 24. 1. 2011 sei er als Taxifahrer zunächst in geringfügigem Umfange beschäftigt. Voraussichtlich im Juni 2011 werde er eine Festanstellung als Taxifahrer erhalten, mit der ihm die Erzielung eines monatlichen Bruttoeinkommens von 1100 € möglich sein werde.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
17gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 11. 5. 2011 Bezug genommen.
18II.
19Auf das vorliegende Verfahren ist das ab dem 1. September 2009 geltende Recht anzuwenden, Art. 111 FGG-RG. Danach hat die zulässige Beschwerde der Antragstellerin teilweise Erfolg. Sie führt in Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu einer Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung des Mindestunterhaltes gemäß den jeweiligen Altersstufen gemäß § 1612 a BGB für die Zeit ab Januar 2011, jedoch war die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen.
201. Das amtsgerichtliche Verfahren leidet dadurch, dass das Amtsgericht das Unterhaltsverfahren vom Abstammungsverfahren abgetrennt hat, an keinem Verfahrensmangel. Zwar kann gemäß § 179 Abs. 1 Satz 2 FamFG mit einem Abstammungsverfahren betreffend die Feststellung des Bestehens der Vaterschaft nur eine Unterhaltssache nach § 237 Abs. 1 und 3 FamFG verbunden werden, also mit einem Antrag auf Verpflichtung zur Zahlung des Mindestunterhaltes nach § 1612 a Abs. 1 Satz 3 BGB, wobei in diesem Verfahren eine Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhalts nicht verlangt werden kann. Anders als nach der früheren Regelung gemäß §§ 640c Abs. 1, 653 ZPO a.F. kann das Unterhaltsverfahren gemäß § 237 FamFG als selbständiges Verfahren betrieben werden, wobei allerdings eine Verbindung mit dem Abstammungsverfahren möglich ist. Auch bei einer derartigen Verbindung bleibt das Verfahren gemäß § 237 FamFG eine Unterhaltssache, auf die die hierfür geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden sind und nicht etwa diejenigen des Abstammungsverfahrens (vergleiche Zöller/Lorenz, ZPO, 28. Auflage § 237 FamFG Rn. 1). Dabei dürfte die Einschränkung des § 237 Abs. 3 FamFG nur so lange gelten, wie die Voraussetzungen des §§ 1592 Nr 1 und 2 sowie 1593 BGB nicht vorliegen, also die Vaterschaft nicht feststeht. Steht diese hingegen wie vorliegend nach rechtswirksamer Anerkennung der Vaterschaft durch den Antragsgegner gemäß §§ 1594, 1595, 1597 BGB fest, so bedarf es keiner Beschränkung des verfolgten Unterhaltsanspruches mehr; vielmehr ist das Verfahren nunmehr als vom Abstammungsverfahren unabhängiges Hauptsacheverfahren nach den allgemeinen Regeln fortzuführen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keines Abtrennungsbeschlusses durch das Amtsgericht. Zudem könnte selbst ein - hier jedoch nicht gegebener - Verfahrensfehler einer pflichtwidrigen Abtrennung deshalb nicht mehr gerügt werden, weil die Antragstellerin noch im Anschluss an die Abtrennung durch das Amtsgericht zum Unterhaltsanspruch verhandelt hat und somit gemäß § 295 ZPO ein Rügeverzicht erfolgt ist.
212. Der Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes ergibt sich unstreitig aus den
22§§ 1601 ff BGB und ist grundsätzlich zwischen den Beteiligten nicht streitig.
23Die Höhe des Unterhaltsanspruches des Kindes bemisst sich nach dem unterhaltsrelevanten Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteiles, bei dem das Kind nicht lebt. Der Antragsgegner war zwar mit der Kindesmutter nicht verheiratet, hat jedoch die Vaterschaft ausdrücklich anerkannt, die Kindesmutter hat zu Protokoll des Gerichts dem Vaterschaftsanerkenntnis zugestimmt, womit die Vaterschaft des Antragsgegners zum antragstellenden Kindes feststeht (§ 1595, 1597 BGB), so dass dieser auch gemäß § 1594 BGB auf Unterhaltszahlung in Anspruch genommen werden kann. Da lediglich der Mindestunterhalt beansprucht wird, ist der Pflichtige für seine von ihm behauptete Leistungsunfähigkeit darlegungs- und beweispflichtig.
243. Es ist unstreitig, dass der Antragsgegner seit Januar 2010 nur einer Beschäftigung im Geringverdienerbereich nachging und daneben noch SGB II Leistungen bezieht. Davor war er im hier interessierenden Unterhaltszeitraum ab dem 16.10.2008 bei der Firma Behördenunabhängiger Stadt- und Kommunalverlag I tätig und erhielt dort ein Festgehalt von 1200 € brutto. Dies führte zu einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 896,01 € im Jahr 2009 und 902,74 € bis Juni 2009 sowie 906,34 € bis einschließlich Dezember 2009. Damit ist der ihm zu belassende notwendige Selbstbehalt von 900 € gerade erreicht, dieser wird lediglich mit monatlich 2,74 € im 1. Halbjahr 2009 und 6,34 € im 2. Halbjahr 2009 überschritten. Zwar wäre vom Grundsatz her an eine Absenkung des ihm zu belassenden Selbstbehaltes im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner jetzigen Ehefrau zu denken. Da diese jedoch schwerbehindert ist und ebenfalls über keine Einkünfte verfügt, sondern zusammen mit ihm SGB II-Leistungen erhält und in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihm lebt, ist eine Absenkung des Selbstbehaltes nicht gerechtfertigt. Werden schließlich noch geringfügige berufsbedingte Aufwendungen berücksichtigt, so ist der Antragsgegner zur Erbringung von Kindesunterhalt tatsächlich leistungsunfähig.
254. Jedoch ist dem Antragsgegner aufgrund einer Verletzung seiner
26Erwerbsobliegenheit gegenüber seinem minderjährigen Kind ab Januar 2011 ein höheres fiktives Einkommen zuzurechnen, welches der Senat mit 1290 € bemisst.
27a) Die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen wird nicht nur durch sein tatsächliches Einkommen, sondern auch durch seine Arbeitsfähigkeit - zu deren bestmöglichen Einsatz er zur Erzielung von Einkünften unterhaltsrechtlich verpflichtet ist - bestimmt. Die für den Antragsgegner bestehende gesteigerte Erwerbsobliegenheit (§ 1603 II Satz 1 BGB) verpflichtet ihn grundsätzlich zur Aufnahme einer Vollerwerbstätigkeit, die ihn nach Möglichkeit in die Lage versetzt, zumindest den Mindestkindesunterhalt für sein minderjähriges Kind zahlen zu können. Dabei erstreckt sich diese Erwerbsobliegenheit auch nicht nur auf einen nahen Umkreis um den tatsächlichen Wohnort des Pflichtigen. Jedenfalls ab Kenntnis seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin hätte er sich deshalb um eine Arbeitsstelle bemühen müssen, bei der er ausreichende Einkünfte zur Leistung von Kindesunterhalt erzielen würde. Die von ihm lediglich behaupteten 45 Bewerbungen seit Anfang des Jahres 2010 sind schon ihrem Umfang nach kaum ausreichend; zudem fehlen hierzu jegliche Angaben, wo, wann und wie er sich beworben hat sowie dazu, wie die einzelnen Reaktionen der möglichen Arbeitgeber ausfielen. Von daher hat er vergebliche Bewerbungsbemühungen in unterhaltsrechtlich gebotener Form und erforderlichem Umfang nicht dargelegt und damit auch kein für ihn bestehendes Unvermögen zur Erlangung einer Arbeitsstelle belegt. Darüber hinaus hat er auch nicht substantiiert dargelegt, dass er krankheitsbedingt an einer Erwerbsfähigkeit gehindert war. Welche Erkrankung er tatsächlich hatte und wie diese seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt hat, ist nicht ersichtlich. Er hat lediglich dargelegt, dass er in früherer Zeit die Absicht gehabt habe, sich im Ellenbogenbereich einer ambulanten Operation zu unterziehen, die aber tatsächlich dann bis heute nicht durchgeführt wurde. Weiterhin hat er - wiederum ohne Vorlage von Belegen - behauptet, er habe in früherer Zeit Bandscheibenvorfälle erlitten, ohne jedoch wiederum deren Auswirkungen im Einzelnen und insbesondere den jeweiligen Zeitraum einer möglichen konkreten Beeinträchtigung darzulegen. Von daher ist eine bestehende krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden.
28Dies hat insgesamt zur Folge, dass ihm ein von ihm auf dem Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung seiner tatsächlichen Fähigkeiten erzielbares Einkommen fiktiv zuzurechnen ist.
29b) Allerdings geht der Senat davon aus, dass dem Antragsgegner bis zum Ablauf des Jahres 2010 kein fiktives Erwerbseinkommen wegen Verletzung einer Erwerbsobliegenheit zuzurechnen ist. Wann er konkret erstmals zur Zahlung von Unterhalt für die Antragstellerin aufgefordert wurde, ist von dieser nicht dargelegt. Allein die Kenntnis ihrer Geburt dürfte für das Einsetzen einer Verpflichtung des Antragsgegners, sich zur Zahlung von Unterhalt an diese leistungsfähig zu machen, noch nicht ausreichen. Jedoch setzt eine Verpflichtung hierzu jedenfalls ab Einleitung des vorliegenden Verfahrens bzw. ab Zugang der vorausgegangenen Aufforderung zur Unterhaltszahlung - deren Datum allerdings nicht angegeben wurde - ein. Wie bereits ausgeführt wurde, war er zu diesem Zeitpunkt arbeitslos, so dass nunmehr die Obliegenheit einsetzte, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Dabei ist ihm jedoch zunächst noch eine Such – und Orientierungsphase zuzubilligen. Bei der Auswahl der für ihn möglichen Tätigkeit ist zudem zu berücksichtigen, dass körperliche Einschränkungen bei ihm vorliegen, die ihm die Ausführung schwerer körperlicher Tätigkeiten nicht gestatten. Der tatsächlich dann von ihm im Verlaufe des Jahres 2010 beschrittene Weg, künftig als Taxifahrer tätig zu werden, erschien deshalb aus Sicht des Antragsgegners erfolgversprechend, um sich in die Lage zu versetzen, Unterhaltszahlungen zu erbringen. Allerdings musste er hierzu zunächst erst wieder seine entzogene Fahrerlaubnis zurückerhalten, des Weiteren musste er sich um die Erlangung einer Fahrgastbeförderungserlaubnis bemühen, was beides bei realistischer Betrachtung einige Zeit in Anspruch nahm. Bei zügiger Inangriffnahme der erforderlichen Schritte, zu der er unterhaltsrechtlich verpflichtet war, hätte er nach Einschätzung des Senates bis Ende des Jahres 2010 zum einen diese Voraussetzungen erfüllen sowie zum anderen auch bereits eine Tätigkeit finden müssen, da er mit der Suche einer Anstellung als Taxifahrer bereits neben dem Erwerb der Voraussetzungen hierfür hätte beginnen können. Jedenfalls hat der Antragsgegner keine Umstände dargelegt, die gegen die Aufnahme einer Tätigkeit als angestellter Taxifahrer bereits Anfang des Jahres 2011 sprechen könnten.
30.
31b) Nach Abwägung aller Umstände erscheint es dem Senat gerechtfertigt, dem Antragsgegner ein erzielbares monatliches Bruttoeinkommen von 1500 € zuzurechnen. Auf einen derartigen durchschnittlichen Bruttoverdienst beläuft sich nach den dem Senat im Internet zugänglichen Quellen das Durchschnittseinkommen eines angestellten Taxifahrers, wobei das erzielbare Einkommen allerdings starken regionalen Schwankungen unterliegt. Der Senat geht jedoch von dem Mittelwert aus, da dem Antragsgegner auch erforderlichenfalls ein Umzug in eine nicht strukturschwache Gegend, in der höhere Löhne gezahlt werden, zuzumuten ist. Ein Bruttoeinkommen von 1500 € entspricht unter Berücksichtigung der im Taxigewerbe üblichen über 172 Stunden im Monat hinausgehenden Gesamtarbeitszeit von rund 200 Stunden einem Stundenlohn von brutto 7,50 €, der auch angesichts der Fähigkeiten des Antragsgegners - dieser war immerhin über lange Jahre als Versicherungsmakler und Finanzdienstleister selbstständig tätig - nicht zu hoch bemessen erscheint. Bei Versteuerung nach Steuerklasse III/0,5 und unter Berücksichtigung zu zahlender Kirchensteuer führt ein Bruttoeinkommen von monatlich 1500 € zu einem Nettolohn von rund 1190 €. Erfahrungsgemäß werden in dieser Branche auch von den Fahrgästen Trinkgelder gezahlt, die der Senat auf mindestens 100 € im Monat ansetzt. Von dem sich hiernach ergebenden monatlichen Nettoeinkommen über 1290 € sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats pauschale berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % in Abzug zu bringen, so dass sich ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1225,50 € (1290 € -64,50 €) ergibt. Bei einem dem Antragsgegner zu belassenden Selbstbehalt von 950 € ist er damit zur Leistung des Mindestunterhaltes, der sich zurzeit auf einen Betrag von 225 € beläuft, leistungsfähig.
325. Der hilfsweise - soweit ihr Antrag zurückgewiesen wurde - gestellte Antrag der Antragstellerin war zurückzuweisen. Im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht kein Anspruch der am 16.10.2008 geborenen Antragstellerin dahingehend, ihre Haftung auf den Bestand des bei Eintritt ihrer Volljährigkeit vorhandenen Vermögens zu beschränken. Solange ein Kind minderjährig ist, haftet es unbeschränkt für sämtliche Verbindlichkeiten, die es infolge der Handlungen seines gesetzlichen Vertreters treffen. Erst ab Volljährigkeit besteht für das Kind die Möglichkeit, die Haftung für die infolge seiner gesetzlichen Vertretung während seiner Minderjährigkeit zu Stande gekommenen Verbindlichkeiten gegenständlich auf sein zu diesem Zeitpunkt vorhandenes Vermögen zu beschränken. Die Haftungsbeschränkung tritt dabei kraft Gesetzes ein und ist ab Eintritt der Volljährigkeit im Wege der Einrede geltend zu machen. Ein Vorbehalt der Haftungsbeschränkung ist in der Entscheidung, durch die eine Verbindlichkeit des Minderjährigen festgestellt wird, nicht aufzunehmen (BFH, FamRZ 2004,195; Claudia Bittner, Die Einrede der beschränkten Haftung auf das Volljährigkeitsvermögen aus § 1629 a BGB, in FamRZ 2000,325). Die Antragstellerin haftet derzeit unbeschränkt; erst ab Eintritt ihrer Volljährigkeit kann sie sich auf die Beschränkung auf ihr dann vorhandenes Volljährigkeitsvermögen berufen und dieses Recht gegebenenfalls einredeweise geltend machen. Vor diesem Hintergrund ist der hilfsweise gestellte Antrag - jedenfalls derzeit - unbegründet, zumal die Frage der Haftungsbeschränkung von der konkret gegen sie geltend gemachten Forderung abhängt, so dass sie nicht entsprechend dem gestellten Antrag abstrakt ausgesprochen werden kann. Hinzu kommt, dass aus der vorliegend getroffenen Entscheidung keine Verbindlichkeit der Antragstellerin resultiert, weil die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben worden sind.
33III.
34Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 231, 243, 84,81 FamFG, die Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit auf § 116 Abs. 3 S. 3 FamFG.