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1. Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich ehebedingter Nachteile gem. § 1578b Abs. 1 S. 2, 3 BGB.
2. Auch beim Krankheitsunterhalt steht die gem. § 1578b Abs. 1 u. 2 BGB vorzunehmende Billigkeitsabwägung einer Herabsetzung und/oder Befristung nach einem angemessenen Übergangszeitraum nicht entgegen.
Auf die Berufung der Klägerin (ursprüngliche Klägerin zu 2)) wird das am 26. März 2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht - Warendorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Widerklage des Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 07. Dezember 2007 – 11 UF 92/07 - dahingehend abgeändert, dass der Beklagte ab dem 01. Juni 2009 verpflichtet ist, an die Klägerin nach-ehelichen Unterhalt in folgender monatlicher Höhe zu zahlen:
a)
Juni 2009 bis Juli 2010 393,00 €
b)
August 2010 bis Dezember 2013 527,00 €
c)
Januar 2014 bis Dezember 2015 300,00 €
Für die Zeit ab 1. Januar 2016 wird kein nachehelicher Unterhalt mehr ge-schuldet.
Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz werden der Klägerin zu 1/5 und dem Beklagten zu 4/5 auferlegt; die Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin zu ¼ und der Beklagte zu ¾ zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten um die Abänderung eines Urteils auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt für die Zeit ab Juni 2009.
4Die am 10. 5. 1960 geborene Klägerin und der 1. 5.1960 geborene Beklagte haben am 10. April 1981 die Ehe geschlossen, aus der 5 Kinder hervorgegangen sind, nämlich der am 16. 11. 1984 geborene N2, der am 28.11.1985 geborene N3, die am 14. 10. 1987 geborene Lisa, der am 26. 10. 1989 geborene N4 und die am 11. 9. 1996 geborene N5. N5 ist geistig behindert, leidet an einer deutlichen Verhaltensstörung sowie an Epilepsie und besucht eine Sonderschule. Sie lebt seit Januar 2008 in der Kinderheilstätte in O und besucht ihre Mutter alle 14 Tage über das Wochenende. N4 leidet unter einer psychischen Behinderung und hat nach Abschluss der Hauptschule sowie der Absolvierung eines Berufsvorbereitungsjahres im Jahre 2007 eine Lehre in einem Berufsbildungswerk aufgenommen, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Parteien trennten sich im Jahr 1999, ihre Ehe wurde im Juli 2003 rechtskräftig geschieden.
5Der Beklagte ist Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Konstruktionstechnik im Maschinenbau und machte sich im Jahr 1996 selbstständig. Diese selbständige Tätigkeit beendete er mit Ablauf des Monats März 2007 und nahm ab dem 1.3.2007 eine abhängige Beschäftigung bei der Firma N GmbH auf, wo er im Umfang von 30 Wochenstunden beschäftigt wurde. Diese Arbeitsstelle wurde ihm jedoch zum 31. Mai 2009 gekündigt. Ab dem 1. Juni 2009 bezog er Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 22,65 €. Von Anfang September 2009 bis Januar 2010 nahm er an einer Weiterbildungsmaßnahme im Bereich CAD - einem computerunterstütztem Zeichenprogramm - in E teil. Seit dem 1.8.2010 ist er in vollschichtiger Tätigkeit bei der Firma T2 GmbH Maschinenbau und Handhabungstechnik angestellt. Er ist seit dem 15.7.2005 mit Frau K, einer gelernten und auch vollschichtig in diesem Beruf tätigen Bankkauffrau, verheiratet.
6Die Klägerin ist gelernte Friseurin, hat jedoch nach Abschluss ihrer Lehre nicht mehr in diesem Beruf gearbeitet, sondern als Verkäuferin bis zur Geburt des 1. Kindes. Sie erhielt im hier streitigen Unterhaltszeitraum öffentliche Leistungen und erzielte aus einer stundenweise Beschäftigung in einer Gaststätte einen Zuverdienst von monatlich rund 100 €. Ab dem 1.3.2011 nimmt die Klägerin an einer einjährigen Wiedereingliederungsmaßnahme teil und bezieht während dieser Zeit ein Übergangsgeld in monatlicher Höhe von 687,90 €.
7Durch Vergleich vom 21.9.2004 verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung von Kindes - und Nachscheidungsunterhalt in Höhe von insgesamt 2300 €. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7.12.2007 (11 UF 92/07) wurde der Beklagte abändernd zur Zahlung von monatlich 254 € an N5, 157 € an N4 und 527 € Nachscheidungsunterhalt verurteilt sowie die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt an seine Kinder Lisa und N3 aufgehoben. Dabei hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte zur Aufgabe seiner selbstständigen Tätigkeit zum Anfang April 2007 berechtigt war, er jedoch mit seiner tatsächlich ausgeübten abhängigen Beschäftigung bei einem Arbeitseinsatz von lediglich 30 Stunden in der Woche seine Erwerbsobliegenheit nicht erfüllt. Deshalb hat ihm das Oberlandesgericht teilfiktiv ein Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugerechnet, das es mit netto 2100 € angenommen hat. Hiervon hat es fiktive Fahrtkosten nicht gesondert in Abzug gebracht, da diese bei dem vorstehend bezeichneten fiktiven Ansatz bereits berücksichtigt seien. Weitere Abzüge hat es ebenfalls nicht mehr vorgenommen. Auf Seiten der geschiedenen Ehefrau hat es ein fiktives Einkommen aus einer Geringverdienertätigkeit in Höhe von monatlich 400 € zugerechnet.
8Für das Kind N5 zahlte der Beklagte Unterhalt in Höhe von monatlich 254 € und für N4 ab September 2010 in Höhe von monatlich 150 €.
9Mit Klageschrift vom 25. 11. 2008 haben die Klägerin sowie ihr minderjähriges Kind N5 den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft über seine Einkommensverhältnisse in Anspruch genommen. Sie haben hierzu vorgetragen, es bestehe der dringende Verdacht, dass der Beklagte zumindest in zweiter Instanz des Vorverfahrens einen Prozessbetrug begangen habe, indem er das Gericht und alle weiteren Verfahrensbeteiligten über seine wahren Einkommensverhältnisse aktiv getäuscht und behauptet habe, er sei nicht mehr selbstständig erwerbstätig. Aus der Auskunft des Gewerberegisters der Stadt I vom 31.7.2008 ergebe sich jedoch, dass der
10Beklagte auf den Namen seiner neuen Ehefrau zum 1.4.2007 unter der Firma
11"I" ein neues Gewerbe mit dem Tätigkeitsbereich" Projektabwicklung im Maschinen- und Anlagenbau" angemeldet habe. Tatsächlich könne seine jetzige Ehefrau ein derartiges Geschäft nicht führen, da sie als Bankkauffrau hiervon keinerlei Ahnung habe.
12Sie selbst sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, mehr als halbschichtig erwerbstätig zu sein, da sie unter einem depressiven Erschöpfungssyndrom mit reaktiven Anteilen leide. Im Rahmen der auftretenden cerebralen Anfälle ihrer Tochter müsse diese des Öfteren stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden, wobei wegen ihrer Behinderung die Begleitung durch sie als Mutter unbedingt erforderlich sei.
13Mit Schriftsatz vom 31.3.2009 hat der Beklagte Widerklage erhoben und beantragt, unter Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm vom 14.11.2007 festzustellen, dass er nicht mehr zur Unterhaltszahlung an die Klägerin verpflichtet sei. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Klägerin sei verpflichtet, einer ganztägigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, womit sie ihren Bedarf selbst decken könne. Zudem bestreite er ihre angebliche Erkrankung sowie eine fortbestehende Betreuungsbedürftigkeit der Tochter. Diese habe sich im Jahre 2009 lediglich noch zweimal stationär in Krankenhausbehandlung befunden. Seine jetzige Ehefrau sei als Bankkauffrau vollzeiterwerbstätig und betreibe nebenher eine Firma, die sich mit Korrespondenz und Dokumentation für Maschinenbaubetriebe beschäftige. Er selbst sei in keiner Weise in dieser Firma tätig. Seine Ehefrau habe Büroräume unter der gleichen Anschrift, unter der er seine frühere Firma betrieben habe. Sie fahre zu Kunden und mache dort die Besprechungen, wobei es sich mehr um eine Verwaltungstätigkeit als um eine technische Tätigkeit handele. Seine Frau beschäftige keine Angestellten.
14Nachdem das Amtsgericht ein Teilanerkenntnisurteil zur Auskunftsverpflichtung des Beklagten erlassen hat, hat dieser die gewünschten Auskünfte erteilt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2009 die Auskunftsstufe für erledigt erklärt, ohne jedoch in der Folgezeit trotz Auflage des Gerichtes einen Zahlungsantrag zu beziffern.
15Mit Urteil vom 26. 3. 2010 hat das Amtsgericht auf die Widerklage des Beklagten hin das Urteil des Oberlandesgerichts vom 7.12.2007 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte ab dem 1.6.2009 nicht mehr verpflichtet ist, nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, nach der betriebsbedingten Kündigung der Arbeitsstelle des Beklagten könnten dessen frühere Einkünfte nicht mehr fortgeschrieben werden. Dieser erhalte lediglich ein Arbeitslosengeld von 679,50 € monatlich. Berücksichtige man noch die vorrangige Zahlungsverpflichtung für sein Kind N5, verbleibe - unabhängig von der Frage, ob die Klägerin erwerbsfähig ist und in welchem Umfange gegebenenfalls ihr fiktives Einkommen zuzurechnen wäre - jedenfalls ab Juni 2010 keine Leistungsfähigkeit für einen noch zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Für den davor liegenden Zeitraum sei allerdings nicht dargelegt, dass er zur Zahlung des bisher titulierten Unterhaltsanspruchs nicht in der Lage gewesen wäre.
16Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und weist darauf hin, dass dem Beklagten im Ausgangsurteil ein teilfiktives Einkommen von 2100 € zugerechnet worden sei. Nach Verlust seiner 30 Wochenstunden umfassenden Tätigkeit bei der Firma N zum 31.5.2009 habe das Amtsgericht auch den fiktiven Einkommensbestandteil "untergehen lassen" und lediglich mit dem dann bezogenen Arbeitslosengeld gerechnet. Wäre dem Beklagten seinerzeit mangels tatsächlicher Einkünfte in voller Höhe ein Erwerbsnettoeinkommen fiktiv zugerechnet worden, wäre das Amtsgericht sicher auch nicht auf die Idee verfallen, dieses fiktive Einkommen nunmehr auf Null herabzusetzen. Nachdem der Beklagte im Bereich CAD eine viermonatige Ausbildung genossen habe, könne er ein Einkommen zwischen 60.000 € und 70.000 € erzielen. Wenn überhaupt eine Veränderung des fiktiven Einkommens des Beklagten angezeigt wäre, so hätte dieses nach oben korrigiert werden müssen. Das vom Oberlandesgericht teilfiktiv ihm zugerechnete Einkommen von 45.500 € entspräche bei Steuerklasse IV/0,5 Kinderfreibeträgen nach Maßgabe der aktuellen Tabelle einem Monatseinkommen von 2212,98 €. Aus diesem Betrag könne der Beklagte die Unterhaltsbeträge für das behinderte Kind N5 sowie sie selbst aufbringen. Tatsächlich könne der Beklagte jedoch ein deutlich höheres Einkommen erzielen, weil er entweder zwischenzeitlich eine entsprechend dotierte Stelle gefunden habe oder aber ihm die Einkünfte der formal auf den Namen der Ehefrau laufenden Unternehmung "Construction-Team I" zuzurechnen seien. Die als Bankkauffrau vollschichtig erwerbstätige jetzige Ehefrau habe nicht die leiseste Ahnung von dem angeblichen Geschäftsbereich, in dem sie tätig sein wolle. Sie übe ihre Tätigkeit in den ehemaligen Büroräumen des Beklagten aus, obwohl sie nach eigenen Angaben überhaupt keiner externen Büroräumlichkeiten bedürfe. Ihr selbst habe das Oberlandesgericht bereits fiktive Einkünfte aus einer geringfügigen Tätigkeit in Höhe von 400 € zugerechnet, im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie mangels realer Beschäftigungschancen seien ihre Einkommensmöglichkeiten damit erschöpft. Es sei auch keinesfalls sicher, dass sie ab Ende des Jahres 2011 wieder eine einfache leichte Tätigkeit von täglich 6 h verrichten könne. Zudem habe sie habe keine reale Beschäftigungschance aufgrund ihrer jahrelangen Berufsferne, überhaupt 6 h erwerbstätig sein zu können. Eine Befristung oder eine Beschränkung ihres Unterhaltsanspruches komme nicht in Betracht. Das Vorbringen des Beklagten hierzu genüge den Anforderungen für die Darlegung des Fehlens ehebedingter Nachteile nicht. Hierbei sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass eine ehebedingte jahrzehntelange Berufsferne bei ihr vorliege, weshalb sie heute faktisch nur als ungelernte Kraft berufstätig sein könne. Eine Tochter der Parteien sei geistig behindert, es bestehe ein erhebliches Einkommensgefälle zwischen den Parteien und schließlich sei sie schwerwiegend erkrankt. Ohne die Ehe und Kindesbetreuung würde sie heute in ihrem erlernten Beruf ein monatliches Nettoeinkommen von voraussichtlich 1400 € bis 1600 € erzielen.
17Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung mit näheren Ausführungen. Er meint, das Amtsgericht habe zu Recht die Auffassung vertreten, infolge seiner Arbeitslosigkeit seien die ihm noch vorher zugerechneten fiktiven Einkünfte nicht mehr fortzuschreiben. Auch wenn er vor seiner Arbeitslosigkeit eine höher dotierte Arbeitsstelle innegehabt hätte, hätte er arbeitslos werden können, und zwar mit der unterhaltsrechtlichen Folge, dass seine Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Ehegattenunterhalt auch dann nicht mehr gegeben wäre. Er sei auch in keiner Weise für die Firma seiner Ehefrau tätig. Diese übe mehr eine Verwaltungstätigkeit als eine technische Tätigkeit aus. Wenn sie Hilfe benötige, besorge sie sich diese über externe Firmen, welche ihr Mitarbeiter zur Verfügung stellen würden, um bestimmte Projekte abzuwickeln. Er habe sich auch hinreichend um die Erlangung einer neuen Arbeitsstelle bemüht, was schon dadurch deutlich werde, dass er ab dem 1.8.2010 eine neue Tätigkeit mit einem Jahresgehalt in Höhe von 66.000 € brutto gefunden habe. Die Höhe dieses Gehaltes beruhe auf einem Karrieresprung, welcher der Klägerin nicht zugute komme. Diese Stelle habe er nur deshalb erwerben können, weil er zunächst an einer Weiterbildung im Bereich CAD in E teilgenommen habe. Seine fehlenden Kenntnisse in diesem Bereich hätten vorher seine beruflichen Schwierigkeiten begründet. Zur Erreichung seiner Arbeitsstelle müsse er nunmehr eine einfache Strecke von 75 km zurücklegen Da die Tochter der Parteien seit Januar 2008 in einer Einrichtung in O lebe und die anderen Kinder nicht mehr betreut würden und auch keine Unterhaltsansprüche mehr hätten, könne die Klägerin ohne weiteres vollschichtig arbeiten. Dabei könne sie einen Bruttolohn von 10 € je Stunde und damit von brutto monatlich 1733,33 € entsprechend 1211,23 € netto erzielen. Unabhängig davon sei ihr Unterhaltsanspruch jedoch auch verwirkt, da sie die Betreuung ihrer Tochter in der Einrichtung in O ab Januar 2008 verschwiegen habe. Er habe zu Unrecht noch weitere Unterhaltszahlungen für sie selbst und das Kind erbracht, obwohl jene unterhaltsrechtlich verpflichtet gewesen wäre, ihn sofort über die Fremdbetreuung ihrer Tochter zu unterrichten. Da die Klägerin selbst in Sozialleistungsbezug gestanden habe, sei sein Rückzahlungsanspruch wegen des geleisteten Kindesunterhaltes ihr gegenüber gefährdet. Im Übrigen habe sie selbst in der Antragsschrift im vorliegenden Verfahren noch behauptet, die Tochter
18der Parteien lebe bei ihr und werde von ihr betreut. Jedenfalls seien aber unter Berücksichtigung der Ehedauer eventuell noch bestehende Unterhaltsansprüche zu begrenzen und zu befristen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle nebst dazu verfasster Berichterstattervermerke vom 3.11.2010 und 20.4.2011 Bezug genommen. Der Senat hat durch Beschluss vom 12.11.2010 den Sachverständigen Dr. med. W mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens zu der Behauptung der Klägerin, sie leide unter einem depressiven Erschöpfungssyndrom mit reaktiven Anteilen bzw. an einer depressiven Episode und sei deshalb in der Zeit ab dem 1. 6. 2009 fortlaufend zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage, beauftragt.
20Dieser gelangte zu der Feststellung, dass sich aus den festgestellten körperlichen
21Befunden her keine bedeutsame Einschränkung der Leistungsbeurteilung der Klägerin ergebe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf das Gutachten vom 21.1.2011 (329 ff der Akte) verwiesen.
22II.
23Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache zum Teil Erfolg und führt für die Zeit ab Juni 2009 bis einschließlich Dezember 2015 zur Zuerkennung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen in unterschiedlicher Höhe; hingegen bleibt ihre Berufung für die Zeit ab Januar 2016 ohne Erfolg.
241. Das vorliegende Verfahren wurde bereits im November 2008 eingeleitet, so dass auf dieses gemäß Artikel 111 FGG-RG noch das bis zum 31. 8. 2009 geltende prozessuale und materielle Recht anzuwenden ist. Die auf § 323 ZPO gestützte
25Abänderungs(wider)klage des Beklagten ist zulässig, weil er schlüssig wesentliche Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die für die Bestimmung der Höhe des Unterhaltsanspruchs im Ausgangsverfahren maßgebend waren, nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess vorgetragen hat. Soweit es allerdings das ursprüngliche Abänderungsbegehren der Klägerin im Wege der Stufenklage betrifft, ist diese schon in erster Instanz nach Erledigterklärung der Auskunftsstufe nicht weiterverfolgt worden, so dass ihr Verhalten insoweit als konkludente Rücknahme ihres Abänderungsantrages anzusehen ist. In der Berufungsinstanz verfolgt die Klägerin zudem keine Abänderung des Ausgangstitels mehr, sondern lediglich noch dessen Aufrechterhaltung. Der Beklagte behauptet im Rahmen seiner Abänderungsklage, die Klägerin sei nunmehr - im Gegensatz zum Zeitpunkt des Ausgangstitels, zu dem sie noch ein minderjähriges Kind in ihrem Haushalt zu betreuen hatte - verpflichtet, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen, wodurch sie ihren eigenen Bedarf decken könne. Dieser Umstand ist geeignet, einen materiellrechtlich geringeren Unterhaltsanspruch beziehungsweise dessen gänzlichen Fortfall zu begründen.
262. Die Abänderungsklage des Beklagten ist auch – teilweise - begründet, weil sich die seiner Verurteilung im Vorprozess zu Grunde liegenden Verhältnisse tatsächlich in einem Umfang geändert haben, der nach der gebotenen Neuberechnung zu einer Herabsetzung des titulierten Unterhaltsanspruches für den Zeitraum von Juni 2009 bis Juli 2010 sowie von Januar 2014 bis Dezember 2015 sowie schließlich zu dessen gänzlichen Wegfall ab Januar 2016 führt.
27a)
28Nach § 323 Abs. 1 ZPO müssen sich die Verhältnisse, die für die Verurteilung, für die
29Höhe oder die Dauer der Verurteilung maßgebend waren, nachträglich wesentlich geändert haben. Die Abänderungsklage ist nur zulässig, wenn die Gründe, auf die sie gestützt werden, erst nach der letzten Tatsachenverhandlung im Erstverfahren entstanden sind. Im Übrigen ist der Abänderungskläger mit Einwendungen präkludiert, wobei das Abänderungsurteil auch die im Ersturteil festgestellten und unverändert gebliebenen Verhältnisse samt ihren rechtlichen Bewertungen seiner eigenen Abänderungsentscheidung zugrunde zu legen hat.
30Ausweislich der Urteilsgründe wurden der damaligen Verurteilung durch das Oberlandesgericht im Dezember 2007 folgende Verhältnisse zugrunde gelegt:
31b)
33Diese so skizzierten tatsächlichen Verhältnisse haben die nachfolgenden Veränderungen für die Zeit ab Juni 2009 erfahren:
34A- Auf Seiten des Beklagten
35aa) Der Beklagte hat ohne sein Verschulden seine bisherige abhängige
36Beschäftigung verloren, da ihm arbeitgeberseits wegen Auftragsmangel gekündigt wurde. Seit Juni 2009 erhielt er tatsächlich Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 22,65 € entsprechend monatlich 679,50 €. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass ihn das Oberlandesgericht für vollschichtig erwerbsverpflichtet gehalten und ihm deshalb ein teilfiktives Einkommen von 2100 € zugerechnet hat. Das tatsächlich von ihm erhaltene Arbeitslosengeld basiert jedoch zum einen auf der von ihm lediglich ausgeübten Tätigkeit über 30 Stunden in der Woche sowie zum anderen auf der von ihm zuvor gewählten Steuerklasse V. Zur Wahl dieser Steuerklasse war er unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, so dass -fiktiv - von einer Versteuerung nach IV/0,5 (da seine Ehefrau ebenfalls vollschichtig erwerbstätig ist) auszugehen ist. Das Oberlandesgericht ist von einem fiktiven Jahresbruttoeinkommen von 45.500 € ausgegangen, entsprechend monatlich 3791,66 €, was einem Nettolohn im Jahre 2009 bei Steuerklasse IV/0,5 vom 2141,11 € entspricht. Dies entspricht wiederum einem Leistungsentgelt von täglich netto 71,37 €. Hiervon 67 % ergeben einen Leistungssatz von 47,82 €, woraus sich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.434,54 € errechnet.
37Ein höheres Einkommen ist dem Beklagten nach dem entsprechend den Ausführungen des Oberlandesgerichts im Ausgangsurteil unterhaltsrechtlich hinzunehmenden Verlust seines bisherigen Arbeitsplatzes nicht zuzurechnen.
38bb)
39Seit dem 1.8.2010 ist der Beklagte nunmehr bei der Firma T2 in T angestellt mit einem Fixum von jährlich 66.000 € entsprechend monatlich 5.500 € brutto. Bei Steuerklasse IV/0,5 ergibt dies monatlich netto 2.980 €. Hiervon sind entsprechend den Erörterungen im Senatstermin, denen von den Parteien nicht widersprochen wurde, monatliche Fahrtkosten in Höhe von 495 € (einfache Strecke des Arbeitsweges 75 km, für die ersten 30 km je 0,30 € und danach 0,10 €) in Abzug zu bringen, so dass netto 2.485 € monatlich verbleiben.
40Ein sogenannter Karrieresprung mit der Folge, dass dieses Einkommen unterhaltsrechtlich teilweise nicht zu berücksichtigen wäre, liegt nicht vor. Ein solcher ist gegeben, wenn es nach der Trennung aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu einer unerwarteten, vom bisherigen Verlauf erheblich abweichenden Entwicklung kommt, wenn also nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die neuen Verhältnisse Ausdruck der früheren ehelichen Lebensverhältnisse sind. Hier beruht das angeblich höhere Einkommen auf einer viermonatigen Fortbildung des Beklagten im Bereich der CAD-Anwendung. Als Diplom-Ingenieur für Konstruktionstechnik im Bereich des Maschinenbaus ist der Gebrauch dieser Computerprogramme heute Standard und wird von jedem Arbeitnehmer in diesem Bereich erwartet. Die Aneignung derartiger Kenntnisse ist deshalb keine außergewöhnliche Entwicklung, sondern stellt eine notwendige Weiterbildung dar, um überhaupt im erlernten Beruf noch tätig sein zu können. Dies sieht offensichtlich der Beklagte auch selbst so, indem er darlegt, dass er ohne diese Kenntnisse keine neue Arbeitsstelle habe finden können und ihm erst nach Erlangung dieser Kenntnisse in seinem erlernten Beruf wieder abhängige Tätigkeiten offen gestanden hätten. Alle abhängigen Beschäftigten - jedenfalls soweit sie nicht als Arbeiter lediglich körperlich tätig sind - müssen sich heutzutage weiterbilden und zum großen Teil auch mit modernen Computerprogrammen umgehen können. Deshalb liegt keine unerwartete, vom gewöhnlichen Verlauf der beruflichen Entwicklung erheblich abweichende Entwicklung vor, sondern vielmehr eine notwendige Weiterbildung, ohne die der erlernte Beruf des Beklagten von diesem nicht mehr ausgeübt werden kann. Hinzu kommt, dass der Beklagte bereits aus seiner ursprünglichen selbstständigen Tätigkeit noch im Jahre 2004 einen Gewinn von 77.000 € gezogen hat, im Jahre 2005 von 70.000 und im Jahre 2006 von 51.000 €. Dies bedeutet, dass sein Bruttoeinkommen von nunmehr jährlich 66.000 € durchaus noch im Rahmen der – fortentwickelten - ehelichen Lebensverhältnisse liegt und keinesfalls diese in erheblichem Maße übersteigt. Somit ist sein gesamtes jetziges Einkommen als prägend in die Unterhaltsberechnung einzustellen.
41cc)
42Dem Beklagten ist für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit vom 1.6.2009 bis zum 30.7. 2010 kein fiktives Erwerbseinkommen wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit zuzurechnen. Konkrete Bewerbungsbemühungen sind von ihm zwar nicht dargelegt worden. Zu bedenken ist jedoch, dass er sich nach Ablauf von 3 Monaten Arbeitslosigkeit im September 2009 einer Fortbildung in seinem Beruf als Konstruktionstechniker - nämlich Unterweisung im CAD - Computer Aided Design - unterzogen hat, die für die Ausübung seines Berufes heutzutage unbedingte Voraussetzung sein dürfte. Der Kindesunterhalt war während dieser Zeit weiterhin tituliert und wurde von ihm gezahlt. Deshalb ist diese Weiterbildung unterhaltsrechtlich hinzunehmen. Sodann schloss sich bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ein Zeitraum von weiteren rund 5 Monaten an. Im Hinblick auf die angespannte Wirtschaftslage einerseits und sein nunmehr erreichtes deutlich gestiegenes Einkommen bei seinem neuen Arbeitgeber andererseits ist jedoch diese Übergangszeit von der Klägerin noch hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist bis zum 30.6.2010 (lediglich) von dem tatsächlich erzielten Arbeitslosengeld - allerdings unter Umrechnung auf das bei einer vorausgehenden vollschichtigen Tätigkeit fiktiv gezahlte - und danach von seinem nunmehr erzielten tatsächlichen Arbeitslohn auszugehen.
43dd)
44Weitere Einkünfte können dem Beklagten nicht zugerechnet werden. Zwar behauptet die Klägerin, der Beklagte führe tatsächlich allein den formal auf seine Ehefrau angemeldeten selbstständigen Gewerbebetrieb I, so dass die daraus erzielten Einkünfte ihm zuzurechnen seien, was der Beklagte allerdings bestreitet. Zwar mögen angesichts der Ausbildung und der eigenen vollschichtigen Tätigkeit der Ehefrau des Beklagten als Bankkauffrau einige Umstände in tatsächlicher Hinsicht dafür sprechen, dass der Beklagte - wenn er schon jene Firma nicht selbstständig führt - in erheblichem Umfange mit Rat und auch Tat seiner Ehefrau in deren Firma zur Seite steht, sie berät und unterstützt. Gegen die Vermutung einer erheblichen Mitarbeit des Beklagten spricht allerdings der Umstand, dass seine Ehefrau diesen Betrieb auch nach August 2010 neben ihrer vollschichtigen Erwerbstätigkeit fortführt, obwohl nun der Beklagte seinerseits ebenfalls vollschichtig erwerbstätig ist, sowie auch die nach Mitteilung des Beklagten durch den Zoll durchgeführte Betriebsprüfung. Jedenfalls reichen die tatsächlich gewonnenen Anhaltspunkte dem Senat nicht aus, einen sicheren Schluss auf eine geldwerte Tätigkeit des Beklagten in nennenswertem Umfange in dieser Firma ziehen zu können. Die Klägerin hat weder in erster Instanz noch in zweiter Instanz Beweismittel für ihre Behauptung angeboten.
45ee)
46Auch wenn N5 nunmehr in der Kinderheilstätte O lebt, ist zwischen den Parteien bei der Erörterung durch den Senat unstreitig geblieben, dass der Beklagte dem noch minderjährigen Kind gegenüber weiterhin unterhaltsverpflichtet ist, wobei der Unterhalt entweder zu Händen der Kindesmutter oder aber des Trägers der Kinderheilstätte zu erbringen ist, was nach der Bekundung des Beklagten derzeit noch geklärt wird. Tatsächlich hat der Beklagte monatlich 254 € gezahlt oder ist aufgrund der bestehenden Titulierung hierzu verpflichtet. Allerdings ist der Beklagte nunmehr mit Schriftsatz der Klägerin zur Zahlung von höherem Kindesunterhalt für N5 ab Oktober 2010 in Verzug gesetzt worden (dazu weiter unten). Des Weiteren leistet der Beklagte ab September 2010 einen monatlichen Barunterhaltsbetrag von 150 € direkt an N4, was nach der mündlichen Erörterung vor dem Senat nicht mehr streitig ist.
47Schließlich sind von ihm keine Umstände dafür vorgetragen worden, dass er noch gegenüber seiner jetzigen Ehefrau unterhaltspflichtig ist. Diese erzielt ein Einkommen aus vollschichtiger Beschäftigung als Bankkauffrau und daneben aus dem von ihr geführten Gewerbebetrieb. Nach eigener Erklärung des Beklagten verfügt diese jedenfalls über ein höheres Einkommen als er selbst.
48B - Auf Seiten der Klägerin
49aa) Tatsächlich war die Klägerin ab Juni 2009 zunächst nicht erwerbstätig, erzielte jedoch in den Monaten November und Dezember 2009 ein Einkommen zwischen 200 € und 230 € und war danach wiederum nicht mehr erwerbstätig.
50bb) Der Klägerin ist im hier relevanten Unterhaltszeitraum ab Juni 2009 bis heute kein fiktives Erwerbseinkommen zuzurechnen, da sie keine bestehende Erwerbsobliegenheit verletzt hat. Denn ihr steht nunmehr ein Unterhaltsanspruch wegen Krankheit gemäß § 1572 BGB zu. Nach dem von den Parteien nicht angegriffenen Gutachten des Sachverständigen W vom 21. 1. 2011, das in sich überzeugend ist und dessen Schlussfolgerung sich der Senat anschließt, ist die Klägerin im hier relevanten Unterhaltszeitraum ab Juni 2009 durchgehend bis zumindest Ende des Jahres 2011 aufgrund ihrer psychischen Erkrankung erwerbsunfähig, so dass ihr in dieser Zeit kein fiktives Erwerbseinkommen zugerechnet werden kann. Ob sie anschließend ab Anfang 2012 tatsächlich wieder erwerbsfähig sein wird, lässt sich heute noch nicht prognostizieren und hängt von dem weiteren Verlauf ihrer Behandlung ab. Auch der Sachverständige hat insoweit nur festgestellt, dass sie ab Ende des Jahres wieder erwerbsfähig sein" müsste", jedoch diese Feststellung einer gegebenenfalls erforderlichen Nachuntersuchung vorbehalten. Deshalb vermag der Senat zum jetzigen Zeitpunkt eine bestehende Erwerbsfähigkeit ab Anfang des Jahres 2012 nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Erst recht kann nicht festgestellt werden, dass gegebenenfalls der Klägerin anschließend wegen nicht ausreichender Erwerbsbemühungen fiktiv ein Erwerbseinkommen zuzurechnen ist. Vielmehr muss die weitere Entwicklung abgewartet und kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.
51Ab dem 1.3.2011 ist auf Seiten der Klägerin jedoch das von dieser bezogene Übergangsgeld in monatlicher Höhe von 687,90 € in die Unterhaltsberechnung einzustellen, irgendwelche Bereinigungspositionen hat sie hierzu nicht dargelegt.
523. Aufgrund der vorstehend dargelegten Veränderungen sind die Unterhaltsansprüche der Klägerin neu zu berechnen. Dies führt - jeweils für einzelne Zeitabschnitte - in dem streitbefangenen Unterhaltszeitraum zu folgenden Unterhaltsansprüchen:
53a) Juni 2009 bis Juli 2010
54Einkommen des Beklagten aus Arbeitslosengeld 1434,54 €
55abzüglich durch OLG titulierten KU für N5 254,00 €
561180,54 €
57hiervon ½ 590,27 €.
58Zwar ist für die Monate November und Dezember auf Seiten der Klägerin ein eigenes Erwerbseinkommen zwischen 200 € und 230 € zu berücksichtigen, so dass bei Einstellung dieses Einkommen zu 6/7 (also nach Abzug des Erwerbsbonus) in eine Differenzberechnung sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch von lediglich noch rund 491 € ergibt. Jedoch kommt es hierauf nicht an, da der Beklagte lediglich in Höhe eines Betrages von monatlich 393 € (1180,54 € - billigem Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen von 935 €, im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner leistungsfähigen Ehefrau jedoch vermindert um 10 % auf 841,50 €) leistungsfähig ist.
59b) August 2010 bis Februar 2011
60um Fahrtkosten bereinigtes Erwerbseinkommen des Beklagten 2485,00 €
61- gezahlter Kindesunterhalt für N4 150,00 €
62- titulierter Kindesunterhalt für N5 254,00 €
632081,00 €
64hiervon 3/7 891,86 €.
65Der Beklagte ist zur Zahlung dieses Betrages leistungsfähig. Der Beklagte ist allerdings nunmehr mit Schriftsatz der Klägerin zur Zahlung von höherem Kindesunterhalt für N5 ab Oktober 2010 in Verzug gesetzt worden. Mit einem Einkommen von 2485 € und bei 3 unterhaltsberechtigten Personen ist er unter Rückstufung um eine Einkommensgruppe in die 3. Einkommensgruppe einzustufen, der Zahlbetrag für N5 beläuft sich danach auf aktuell 377 €. Selbst wenn man die vorrangige Kindesunterhaltsverpflichtung des Beklagten in dieser Höhe berücksichtigt, ergibt sich rechnerisch ein Ehegattenunterhaltsanspruch von immer noch 839,14 € und damit mehr, als im Ausgangstitel des Oberlandesgerichts mit 527 € zuerkannt. Der Umstand, dass der Beklagte tatsächlich im Monat August 2010 noch keinen Kindesunterhalt für N4 gezahlt hat, wirkt sich sogar noch anspruchserhöhend in diesem Monat aus.
66c) ab März 2011
67um Fahrtkosten bereinigtes Erwerbseinkommen des Beklagten 2485,00 €
68- gezahlter Kindesunterhalt für N4 150,00 €
69- titulierter Kindesunterhalt für N5 254,00 €
702081,00 €
71- Übergangsgeld der Klägerin, das wie Erwerbseinkommen zu
72behandeln ist 687,90 €
731393,10 €
74hiervon 3/7 597,04 €.
75Der Beklagte ist zur Zahlung dieses Betrages leistungsfähig. Selbst bei Ansatz eines Zahlbetrages von 377 € für N5 ergibt sich rechnerisch ein Ehegattenunterhaltsanspruch von immer noch 544,33 € und damit mehr, als im Ausgangstitel des Oberlandesgerichts mit 527 € zuerkannt.
76III.
77Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ist schließlich auch nicht gemäß § 1579 BGB verwirkt. Zwar meint der Beklagte, die Klägerin sei unterhaltsrechtlich verpflichtet gewesen, ihm den Aufenthalt des zuvor noch von ihr betreuten Kindes N5 in der Kinderheilstätte in O mitzuteilen. Zutreffend ist, dass die Klägerin noch in ihrer Klageschrift vom 25.11.2008 im vorliegenden Verfahren vorgetragen hat, N5 lebe" bei ihr". Allerdings hat sie dann im Schriftsatz vom 24.3.2009 - nachdem der Beklagte zuvor im Schriftsatz vom 5.3.2009 den entsprechenden Einwand erhoben hatte - mitgeteilt, dass sich N5 in einem Heim aufhalte und nur alle 14 Tage am Wochenende sowie in den Ferien von ihr betreut werde. Zu diesem Zeitpunkt war sie auch noch nicht von der Auskunftsstufe zu einem bezifferten Zahlungsantrag übergegangen, war also auch noch nicht verpflichtet gewesen, ihre eigenen Einkommensverhältnisse für die Berechnung eines konkret geltend gemachten Unterhaltsanspruches umfassend darzulegen. Macht eine Partei einen Unterhaltsanspruch in einem Prozess geltend, hat sie alle der Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen, was ihre Unterhaltsbedürftigkeit infrage stellen könnte. Eine Pflicht zur ungefragten Information über unterhaltsrelevante Tatsachen besteht zwar bei Vergleichen im Hinblick auf die sich aus einer Vereinbarung ergebende Treuepflicht, die die Rücksichtnahme auf die Belange des Pflichtigen erhöht. Vorliegend ist jedoch Grundlage des Unterhaltsanspruches ein Urteil, bei dem eine derartige Pflicht zur ungefragten Information nur in Ausnahmefällen besteht, nämlich bei einem Verschweigen wesentlicher Umstände, mit deren Eintritt nicht zu rechnen war. Allerdings hat die Klägerin hier nicht nur Tatsachen verschwiegen, sondern bereits einen unzutreffenden Sachvortrag in das Verfahren eingeführt. Jedoch betreute die Klägerin im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren im November 2007 noch das vollständig in ihrem Haushalt lebende Kind, trotzdem wurde sie für erwerbsverpflichtet gehalten und ihr ein Einkommen aus geringfügiger Tätigkeit zugerechnet. Tatsächlich hat sie in der Folgezeit kein höheres Einkommen erzielt und ist insbesondere in dem hier streitigen Unterhaltszeitraum aufgrund ihrer psychischen Erkrankung fortlaufend nicht arbeitsfähig. Vor diesem Hintergrund stellt die Nichtoffenbarung der Veränderung im Hinblick auf den Betreuungsbedarf für ihre Tochter kein schweres Vergehen im Sinne des § 1579 Nummer 3 BGB dar, da es sich hierbei um eine Straftat von erheblichem Gewicht handeln muss; zudem dürfte insoweit auch kein - zur Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestandes erforderliches - schuldhaftes Verhalten vorliegen, da die Klägerin auch ohne Berücksichtigung einer Betreuungsobliegenheit tatsächlich aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigung zur Erzielung eigener Einkünfte nicht in der Lage war und ist.
78IV.
79Der errechnete laufende Unterhalt ist im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsabwägung gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB ab Januar 2014 auf monatlich 300 € herabzusetzen und gemäß § 1578 b Abs. 2 BGB sodann auf einen Zeitraum bis einschließlich Dezember 2015 zu begrenzen.
801. Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578b BGB herabzusetzen oder zu befristen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruches beziehungsweise eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege und Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Entscheidendes Kriterium zu der gemäß § 1578 b BGB anzuwendenden Billigkeitsabwägung stellt ein fortbestehender ehebedingter Nachteil des Berechtigten dar. Je weniger die Bedürftigkeit des Berechtigten auf ehebedingte Nachteile zurückzuführen ist oder je geringer solche ehebedingten Nachteile waren und sind, desto eher kommt nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung eine zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung in Betracht. Bei der Subsumtion unter diesen Ausnahmetatbestand ist nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abzustellen, ob sich eine nacheheliche Einkommensdifferenz als ein ehebedingter Nachteil darstellt, der einen dauerhaften unterhaltsrechtlichen Ausgleich zu Gunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen kann. Erforderlich ist dabei ein Kausalzusammenhang zwischen Lebensführung und Erwerbsnachteilen, wobei es genügt, wenn solche Nachteile überwiegend auf die in der Ehe einvernehmlich praktizierte Aufgabenverteilung zurückzuführen sind. Als Abwägungskriterien sind grundsätzlich in erster Linie Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen, weiterhin die Gestaltung der Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie - in geringerem Maße - deren Dauer, also die Zeitspanne zwischen Eheschließung und Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens. Dabei trifft die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die eine Unterhaltsbeschränkung rechtfertigen sollen, nach allgemeinen Grundsätzen den Unterhaltsverpflichteten, da es sich hierbei um eine unterhaltsbeschränkende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft hingegen den Unterhaltsberechtigten nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast; er muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn sein Vorbringen diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, FamRZ 2010,875). Dabei ist diese Vorschrift – wie schon aus ihrem Wortlaut folgt - grundsätzlich auf alle Unterhaltsansprüche anzuwenden und gilt auch für den aktuell hier gegebenen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit (BGH FamRZ 2010, 1414; 2011,188).
812. In dem hier zur Entscheidung stehende Fall sind nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen ehebedingte Nachteile der Klägerin nicht festzustellen. Die Klägerin hat den Beruf der Friseurin erlernt, jedoch nach Abschluss ihrer Lehre in diesem Beruf nicht mehr gearbeitet. Vielmehr hat sie sodann - auch noch nach Eheschließung am 10.4.1981 - bis zur Geburt ihres 1. Kindes im Jahre 1984 als Verkäuferin gearbeitet. Im Anschluss hieran hat sie in der Ehezeit nicht mehr gearbeitet und zuletzt hat sie lediglich stundenweise in einer Gaststätte gearbeitet. Spätestens seit Mitte 2009 ist sie aufgrund ihrer psychischen Erkrankung erwerbsunfähig. Angesichts des Umstandes, dass sie in ihrem erlernten Beruf als Friseurin seit nunmehr rund 30 Jahren nicht mehr tätig war, dürfte sie in diesem Beruf heute keine reale Beschäftigungschance mehr haben. Die Klägerin hat im Rahmen der für sie bestehenden sekundären Darlegungslast nichts dazu vorgetragen, dass sie ohne Ehe und Kindererziehungszeiten als ungelernte Verkäuferin - hätte sie diese vor Eheschließung begonnene Tätigkeit ununterbrochen weiter ausgeübt - mehr verdienen würde, als wenn sie diese Tätigkeit nach ihrer Genesung demnächst wieder aufnehmen würde. Die Ausübung einer derartigen Tätigkeit als ungelernte Verkäuferin dürfte ihr nach ihrer Genesung auch zumutbar und möglich sein. Vor diesem Hintergrund sind keine ehebedingten Nachteile für die Klägerin festzustellen.
823. § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Denn indem § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB " insbesondere " auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abstellt, schließt diese Vorschrift eine Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte bei der Billigkeitsabwägung nicht aus (BGH FamRZ 2010,629). In diesem Rahmen sind sämtliche Umstände zu berücksichtigen. Der Ehedauer kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, was auch für die Bemessung einer Übergangsfrist gilt. Die Ehe hat vorliegend rund 20 Jahre von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages gedauert. Damit ist die Ehedauer zwar noch nicht als lang einzustufen; sie gewinnt aber trotzdem durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit der Klägerin während der Betreuung der aus der Ehe hervorgegangenen 5 gemeinsamen Kinder sowie der Haushaltsführung eintritt. Zu berücksichtigen ist auch, dass von den 5 gemeinsamen Kinder ein Kind (N5) schwerwiegend geistig und körperlich behindert ist und deshalb noch weitergehende Betreuung und Pflege durch die Mutter - jedenfalls an Wochenenden, in den Ferienzeiten und insbesondere auch bei Erkrankungen - bedarf, und auch ein weiteres Kind (N4) zumindest leichtgradig psychisch behindert ist. Hinzu kommt, dass die Klägerin bereits seit zumindest Mitte 2009 erwerbsunfähig erkrankt ist und auch zur Zeit noch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass sie ab Anfang 2012 soweit wieder genesen sein wird, dass sie einer eigenen Erwerbstätigkeit wird nachgehen können. Die Klägerin ist jetzt nahezu 51 Jahre alt, die Einkommenssituation des Beklagten ist als im mittleren Bereich einzuschätzen. Diese Gesichtspunkte sprechen in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine alsbaldige Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts. Zwar kommt nach dem Wortlaut des Gesetzes grundsätzlich auch eine sofortige Herabsetzung bei Vorliegen der Voraussetzungen in Betracht; im Regelfall ist aber die Zubilligung einer Übergangs-/Schonfrist am ehesten interessengerecht (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Auflage 2011, § 1578b BGB Rz. 15). Hierbei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte nunmehr seit der im Jahre 1999 erfolgten Trennung an die Klägerin Unterhalt zahlt und insbesondere auch seit der im Juli 2003 erfolgten Scheidung. Wird allerdings in zutreffender Weise auf die erst mit der Reform des Unterhaltsrechtes zum 1.1.2008 eingeführte Möglichkeit der Herabsetzung und/oder Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruches - nach altem Recht war diese nämlich nicht gegeben - abgestellt, so leistet der Beklagte erst seit gut 3 Jahren nachehelichen Unterhalt. Der Senat hält unter Berücksichtigung aller dieser aufgezeigten Umstände zunächst eine Herabsetzung des eheangemessenen Bedarfes auf noch 300 € monatlich ab Beginn des Jahres 2014 sowie eine Befristung des Unterhaltsanspruches mit Ablauf des Jahres 2015 für angemessen. Hierdurch wird der nachehelichen Solidarität und dem von der Klägerin geltend gemachten Vertrauen auf Unterhaltszahlungen nach Scheitern der Ehe, aber auch dem Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) einerseits und dem Interesse des Beklagten an der Reduzierung der Unterhaltslast andererseits ausreichend Rechnung getragen. Hierbei geht der Senat davon aus, dass die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit frühestens ab Mitte des Jahres 2012 eine eigene Erwerbstelle finden wird und die daraus erzielten Einkünfte bis Ende des Jahres 2013 derart steigern kann, dass sie bis dahin jedenfalls einen überwiegenden Teil ihres Bedarfes selbst decken kann. Mit den so erzielten Gesamteinkünften wird die Klägerin innerhalb der nächsten beiden Jahre nach Auffassung des Senats in die Lage versetzt, sich wirtschaftlich und persönlich auf die Kürzung des Unterhaltes einzustellen und ihr Leben so einzurichten, dass ihre eigenen Einkünfte zur Deckung ihres Lebensunterhaltes ausreichen.
83V.
84Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91,92, 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,711,713 ZPO.
85VI.
86Der Senat hat keine Revision gemäß § 543 ZPO zugelassen, da weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Rechtssicherheit vorliegend eine Revisionszulassung gebieten und darüber hinaus auch der Rechtssache im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung und die hierzu vertretenen Meinungen im Schrifttum keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung des Senats beinhaltet keine Divergenzen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung. Höchstrichterlich sind zudem die Grundsatzfragen zur Anwendbarkeit und zum Umfang des § 1578 b BGB geklärt, so dass in diesem Rahmen keine "offenen Fragen" vorliegen. Die hierbei zu treffenden Abwägungen stellen Billigkeitsabwägungen im Einzelfall dar, so dass ihnen keine grundsätzliche Bedeutung zukommen kann.