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Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.11.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Münster ( AZ: 11 O 207 / 07 ) teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag in Höhe von 25.000,- € hinaus weitere 10.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.6.2006 zu zahlen sowie über die zuerkannten weiteren 1.085,04 € hinaus weitere 716,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % -Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.7.2007 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 35 % und der Kläger zu 65%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.)
3Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Reitunfall. Der Kläger begehrt Schadensersatz für den Verlust eines Pferdes, außerdem Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
4Der Beklagte richtete in der Zeit vom 9.9. – 11.9.2005 auf der vereinseigenen Anlage ein Reitturnier aus. Dazu ließ er in der Zeitschrift "Reiter und Pferde in Westfalen" vom Juli 2005 eine Ausschreibung mit "Allgemeinen Bestimmungen" veröffentlichen. Auf den Inhalt der Ausschreibung und der "Allgemeinen Bestimmungen" wird Bezug genommen ( Bl. 83 d.A.).
5Am 9.9.2005 startete bei diesem Turnier in einer Springpferdeprüfung der Klasse M auch die Tochter des Klägers, die Zeugin I, mit der Stute "X". Am Ende des Parcours befand sich ein Kombinationshindernis bestehend aus einem Oxer und einem Steilsprung. Nachdem das Pferd "X" das erste Hindernis der Kombination übersprungen hatte, kollidierte das Pferd mit einem rechts seitlich des Steilsprunghindernisses platzierten sog. "Fangständer" bei dem Versuch, diesen zu überspringen. Bei diesem Fangständer handelte es sich um eine fest verschraubte Holzkonstruktion mit einem Eisenfuß. Die obere Stange des Hindernisses lag einige Zentimeter höher als das obere Ende des Fangständers. Auf die Fotos Bl. 121 d.A. wird Bezug genommen. Das Pferd erlitt bei der Kollision starke Verletzungen im Kniebereich und musste eingeschläfert werden.
6Das Pferd war im Jahr 2003 für eine Summe von 23.000,- € gekauft worden. Bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung war die Zeugin als Besitzerin dieses Pferdes eingetragen. Mit Erklärung vom 19.10.2007 trat die Zeugin I etwaige ihr aus dem Unfallgeschehen gegen den Beklagten zustehende Ansprüche an den Kläger ab.
7Der Kläger hat behauptet, er sei Eigentümer von " X" gewesen. Das Pferd habe einen Wert von 100.000,- € gehabt. Er hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflichten verletzt. Der Fangständer habe nicht eingesetzt werden dürfen, weil er zu niedrig gewesen sei.
8Der Kläger hat beantragt,
9den Beklagten zu verurteilen, an ihn 100.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 22.6.2006 zu zahlen, außerdem
10den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 2.924,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % - Punkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
11Der Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Er hat behauptet, der verwendete Fangständer entspreche dem auf vergleichbaren Turnieren verwendeten Hindernismaterial. Auch auf hochwertigen Turnieren würden Fangständer verwendet, die nicht höher als das Hindernis seien. Im Übrigen sei der Unfall durch die Zeugin I verursacht worden. Diese habe das ausbrechende Pferd in den Fangständer hineingetrieben und zum Abspringen gezwungen.
14Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, wegen der Eigenständigkeit des Parcourschefs und der Turnierrichter komme eine Zurechnung deren Handelns nicht in Betracht. Außerdem sei im Rahmen des Mitverschuldens gegebenenfalls zu berücksichtigen, dass sich auch das tierische Verhalten des Pferdes ausgewirkt habe.
15Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. T. Auf den Inhalt des schriftlichen Gutachtens vom 3.12.2007 wird Bezug genommen. Das Landgericht hat außerdem die Zeugen I, I2, X2, X3 und X4 vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 31.10.2008.
16Danach hat das Landgericht unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten gemäß §§ 661, 657, 280 BGB i.V.m. § 328 BGB zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 25.000,- € verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe seine Schutzpflichten aus dem Auslobungsverhältnis gegenüber dem Kläger schuldhaft verletzt. Die Sorgfaltspflichtverletzung sei darin zusehen, dass der Beklagte einen zu niedrigen Fangständer beim streitgegenständlichen Hindernis verwendet habe. Von einem geeigneten Fangständer müsse eine "Trichterwirkung" ausgehen. Eine solche leitende Funktion sei bei einem Fangständer nur dann gegeben, wenn dieser entweder durch seine Höhe oder durch seine besondere optische Ausgestaltung in Bezug auf das eigentliche Hindernis für das Pferd eine Signalwirkung entfalte und es so dem Hindernis zuleite. Die Pflichtverletzung sei dem Beklagten unter dem Gesichtspunkt zuzurechnen, dass sowohl die Turnierrichter als auch der Parcourschef Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB seien. Von ihnen habe man erwarten können, dass sie die Gefahren durch den ungeeigneten Fangständer erkennen können und hätten korrigieren müssen. Ein Mitverschulden der Zeugin I gemäß § 254 BGB sei nicht gegeben und eine entsprechende Anwendung des § 833 BGB scheide ebenfalls für eine Anspruchsminderung aus. Den Schaden des Klägers schätzt das Landgericht auf dem von dem Sachverständigen Dr. T angegebenen Wertrahmen von 20.000,- €- 45.000,- € auf 25.000,- €.
17Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung, mit der sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholen und vertiefen.
18Der Kläger beantragt,
191.) in teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Münster vom 21.11.2008 den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag in Höhe von 25.000,- € hinaus weitere 75.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 22.6.2006 zu zahlen sowie über die zuerkannten weiteren 1.085,04 € hinaus weitere 1.839,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.7.2007 zu zahlen.
202.) die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
21Der Beklagte beantragt,
221.) unter Abänderung des am 21.11.2008 verkündeten Urteil des Landgerichts Münster, AZ 11 O 207 / 07 , die Klage insgesamt abzuweisen.
232.) die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
24Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Anhörung des Sachverständigen Dr. T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Berichterstattervermerk vom 14.7.2009.
25II.)
26Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
27Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 35.000,- € wegen der Verletzung seines Pferdes X auf dem Reitturnier am 9.9.2005. Der Anspruch ist aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB begründet.
281.)
29Das von dem Beklagten ausgeschriebene Reitturnier ist eine Auslobung, nämlich ein Preisausschreiben i.S.d. §§ 661, 657 BGB ( vgl. OLG Frankfurt VErsR 1997, 125, 126 m.w.N.).
30Aus der Auslobung können Schadensersatzansprüche gemäß §§ 280, 241 Abs. 2 BGB entstehen, wenn der Auslobende Nebenpflichten verletzt, die in dem schutzwürdigen Vertrauen des Teilnehmers auf die ordnungsgemäße Durchführung des öffentlich bekannt gemachten Wettbewerbes begründet sind.
31Auch wenn hier die Tochter des Klägers Teilnehmerin des Turniers war, ist das Landgericht aber zutreffend davon ausgegangen, dass nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter das Auslobungsrechtsverhältnis auch Schutzpflichten zugunsten der Pferdeeigentümer und damit auch des Klägers beinhaltete.
32Zwar ist in den "Allgemeinen Bedingungen" zur Ausschreibung nur von den Teilnehmern und den Pferden die Rede, so dass auf jeden Fall deren Gesundheit geschützt werden soll. Mit der Gesundheit der Pferde ist aber auch ein Wert verbunden, der ebenfalls geschützt werden soll. Da zudem jedem Veranstalter bekannt ist, dass nicht jeder Eigentümer in der Lage ist, seine Pferde selbst zu reiten, so dass Teilnehmer und Eigentümer nicht immer identisch sind, ist die für die Schutzwirkung erforderliche Leistungsnähe hinsichtlich der jeweiligen Eigentümer gegeben.
332.)
34Die für eine Haftung des Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB erforderliche Pflichtverletzung liegt vor. Sie besteht in der Verwendung des streitgegenständlichen Fangständers, der aufgrund seiner Konstruktion und Beschaffenheit nicht gefahrlos übersprungen werden konnte.
35Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass zu den Nebenpflichten des Veranstalters auch die Pflicht gehört, geeignete Wettkampfanlagen zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweisen, mit denen der Teilnehmer nicht zu rechnen braucht. Dabei reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.
36Der Betreiber einer Sport- und Spielanlage braucht demnach zwar nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen. Die Verkehrssicherungspflicht erfordert jedoch regelmäßig den Schutz vor Gefahren, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und für ihn nicht ohne weiteres erkennbar sind. Der Umfang der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen richtet sich insbesondere danach, welcher Grad an Sicherheit bei der Art des Spiel- bzw. Sportgeräts und dem Kreis der dafür zugelassenen Benutzer typischerweise erwartet werden kann.
37Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, dass der streitgegenständliche Fangständer in seiner konkreten Verwendung nicht den Anforderungen an eine geeignete Wettkampfanlage gerecht wird.
38Grundsätzlich macht das Regelwerk für Reitturniere (LPO ) zwar keine Vorgaben für die Benutzung von Fangständern. Es gibt keine Regelungen für ihre Konstruktion und Beschaffenheit, insbesondere ist keine Mindesthöhe vorgeschrieben. Ihre Verwendung ist noch nicht einmal zwingend vorgeschrieben, sie wird nur in Ziff. 5 der Durchführungsbestimmungen zu § 507 dringend empfohlen.
39Aus der allgemeinen Schutzpflicht ergibt sich jedoch, dass sie in ihrer konkreten Verwendung keine Gefahrenlage verursachen dürfen, die typischerweise vom Reiter nicht erkennbar und nicht vorhersehbar ist. Die Teilnehmer eines Reitturniers können deshalb erwarten, dass der Fangständer seinem Zweck entsprechend verwendet wird und daher geeignet ist, seine Funktion ordnungsgemäß zu erfüllen.
40Dies ist bei dem hier streitgegenständlichen Fangständer nicht der Fall. Davon ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T in seinem Gutachten vom 30.1.2008 und den ergänzenden Ausführungen vor dem Senat im Termin vom 30.6.2009 auszugehen. Er hat ausgeführt, die Funktion eines Fangständers bestehe darin, dem Pferd den Sprung zu erleichtern. Denn es werde – wenn die Fänge schräg nach vorne zum Hindernis gestellt seien – wie in einen Trichter auf die Mitte des Sprunges zugelenkt. Durch hohe Fangständer würden die Sprünge selbst oft einladender für das Pferd wirken. Insbesondere um der Gefahr des Ausbrechens des Pferdes bei einem Kombinationshindernis nach dem ersten Hindernis entgegen zu wirken, würden sie deshalb eingesetzt. Der Aufbau solle insgesamt so sein, dass die Fangständer auf das Pferd eine abschreckende Wirkung haben und nicht zum Hinüberspringen einladen sollten. Diese abschreckende Wirkung habe der hier streitgegenständliche Fangständer aber nicht gehabt, weil er nur geringfügig höher gewesen sei als das Hindernis selbst und nicht durch eine besondere optische Ausgestaltung wie z.B. Blumenschmuck optisch höher gemacht oder vom eigentlichen Hindernis abgesetzt worden sei.
41Wenn aber von dem Fangständer diese abschreckende Wirkung nicht ausgeht, sondern er dazu einlade, übersprungen zu werden, müsse er wenigstens so konstruiert sein, dass ein Überspringen gefahrlos möglich sei, d.h. er dürfe nicht standfest sein. Dies sei hier aber wegen der besonderen Konstruktion des Fangständers nicht gegeben. Dieser habe im Fußbereich über eine zusätzliche Eisenstrebe verfügt, die die beiden Eisenfüße miteinander verbunden habe. Dadurch habe sich das Eigengewicht des Fangständers verändert und seine Stabilität sei deutlich erhöht.
42Die Ausführungen des Sachverständigen T waren für den Senat nachvollziehbar und überzeugend. Er hat sich ausführlich und nachvollziehbar, und unter Berücksichtigung der Einzelfallsituation, mit der Geeignetheit des hier konkret zur Verwendung gekommenen Fangständers auseinandergesetzt. Der Senat hatte keinen Anlass, an der Sachkompetenz des Sachverständigen zu zweifeln. Allein die Tatsache, dass der Beklagte die Auffassung des Sachverständigen nicht teilt, reicht dafür nicht aus. Der Sachverständige ist als Sachverständiger für Pferdezucht und –haltung öffentlich bestellt und vereidigt und hat zudem vor dem Senat bekundet, seit fast 40 Jahren als Tierarzt und Sachverständiger im Bereich des Turniersports tätig zu sein.
43Entgegen der Ansicht des Beklagten hat sich der Senat auch mit den Ausführungen des Privatsachverständigen K auseinandergesetzt, konnte jedoch nicht erkennen, dass sie in Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T stehen. In seiner ersten Stellungnahme vom 2.11.2006 ( 72 ff GA ) hat der Sachverständige K sich lediglich mit der grundsätzlichen Funktion eines Fangständers und der grundsätzlichen Eignung des hier streitgegenständlichen Fangständers auseinandergesetzt. Insoweit stimmt er mit dem Sachverständigen Dr. T überein, dass der hier streitgegenständliche Fangständer grundsätzlich als solcher geeignet ist. Der Sachverständige Dr. T hat jedoch noch weiter ausgeführt, dass dies nicht für die hier streitige Situation bzw. das hier konkret streitige Hindernis gilt. In seiner zweiten Stellungnahme zum Gutachten des Sachverständigen Dr. T vom 20.11.2006 macht der Sachverständige K im Wesentlichen nur Ausführungen dazu, dass seiner Auffassung nach ein Reiterfehler zumindest mitursächlich für den Unfall gewesen sein müsste.
44Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht geboten. Der Beklagte hatte im Termin ausreichend Gelegenheit, – unterstützt von seinem Privatgutachter K - den Sachverständigen zu befragen. Von dieser Möglichkeit hat er auch - nachdem zur entsprechenden Beratung mit dem Privatsachverständigen die Sitzung unterbrochen worden war - hinreichend Gebrauch gemacht.
45Auch der Einwand des Beklagten, solche Fangständer würden auch bei anderen Turnieren verwandt, führt zu keiner anderen rechtlichen Wertung. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
46Soweit der Beklagte behauptet, es seien vergleichbare Unfälle in der bisherigen Turniergeschichte nicht bekannt, rechtfertigt dies auch keine andere Bewertung. Insoweit hat der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass dies seine Ursache lediglich darin habe, dass das Pferd bei einem hohen Fangständer erst gar nicht versuchen würde, ihn zu überspringen.
47Schließlich ist auch der Einwand des Beklagten, weitere Konsequenz der Auffassung des Sachverständigen Dr. T sei, dass beispielsweise im Geländeritt in der Vielseitigkeitsreiterei die ausnahmslos starren Hindernisse eo ipso verkehrswidrig seien, unbeachtlich. Denn es handelt sich bei den als Vergleichsmaßstab herangezogenen Geländesprüngen und den Hindernissen im Springparcours um völlig unterschiedliche reitsportliche Disziplinen, für die – auch nach der LPO - unterschiedliche Anforderungen gelten.
483.)
49Der Beklagte hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Insoweit greift die Vermutung des § 280 Abs. 1 S.2 BGB, die der Beklagte nicht widerlegt hat. Soweit er "externe Fachleute" für den Parcoursaufbau herangezogen hat, hat er sich das Verschulden des Parcourschefs und der Turnierrichter gemäß § 278 BGB zurechnen zu lassen. Denn sie sind als seine Erfüllungsgehilfen tätig geworden.
50Ob jemand als Erfüllungsgehilfe eines anderen anzusehen ist, bestimmt sich allein danach, ob er nach den rein tatsächlichen Vorgängen des gegebenen Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird ( BGHZ 98, 330, 334), und zwar unabhängig von einer Weisungsbefugnis, von der Art der zwischen Schuldner und Hilfsperson bestehenden rechtlichen Beziehungen, sowie unabhängig davon, ob der Schuldner selbst zur Aufsicht und Kontrolle in der Lage ist und schließlich unabhängig davon, ob der Schuldner imstande ist, diese Leistung / Pflicht selbst zu erfüllen ( vgl. Palandt- Heinrichs, § 278 Rn. 7 ). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
51Der Beklagte hatte die Verpflichtung, geeignete Wettkampfanlagen zur Verfügung zu stellen, d.h. einen Parcours aufzubauen, der keine Gefahren aufweist, mit denen der Teilnehmer nicht zu rechnen braucht. Entsprechend seiner Verbandspflicht hat er sich zur Erfüllung dieser Verpflichtung des Parcourschefs bedient, der den Parcours aufgebaut hat und der Turnierrichter, die den Parcours abgenommen haben.
52Die Pflichtverletzung dieser Erfüllungsgehilfen beruhte auf Fahrlässigkeit gemäß § 276 BGB. Sie hätten bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt aufgrund ihrer Erfahrung und Sachkunde bei dem Aufbau des Parcours, spätestens aber bei der Abnahme des Parcours erkennen können und müssen, dass der Fangständer hier nicht geeignet war, und die sich daraus für den Kläger ergebenden Nachteile vermeiden können.
534.)
54Zu Recht hat das Landgericht ein Mitverschulden der Zeugin I gemäß § 254 BGB ( a.) bzw. eine Anspruchsminderung aus entsprechender Anwendung von § 833 BGB ( b.) abgelehnt.
55a.) Mitverschulden
56aa.)
57Ein Mitverschulden wegen eines Reitfehlers kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
58bb.)
59Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. T ist davon auszugehen, dass es der Zeugin I nicht im Sinne eines Mitverschuldens vorgeworfen werden kann, dass sie den Fehler im Parcoursaufbau bei dem Ablaufen des Parcours vor dem Springen nicht entdeckt und für Korrektur gesorgt hat. Denn der Fehler habe sich hier für die Reiterin nicht aufgedrängt. Zudem gäbe es für ein Abschreiten des Parcours keine Verpflichtung, sondern in § 505 LPO sei nur eine Erlaubnis für die Reiter geregelt. Wenn sie diese Erlaubnis nutzten, würden Reiter dieser Klasse aber nicht über den Parcoursaufbau selbst nachdenken, sondern sie würden den Gesamteindruck des Parcours auf sich wirken lassen.
60b.)
61Zu Recht hat das Landgericht auch ein Mitverschulden aus dem Gesichtspunkt des tierischen Verhaltens analog § 833 BGB abgelehnt. Vielmehr greifen hier die Grundsätze analog § 840 Abs. 3 BGB, weil hier eine Verschuldenshaftung des Beklagten einer Gefährdungshaftung gemäß § 833 BGB gegenübersteht ( vgl. Palandt § 833 Rn. 12 a.E.).
625.)
63Die Pflichtverletzung des Beklagten ist kausal für den vom Kläger geltend gemachten Schaden geworden; denn das aus dem "zweckwidrigen" Aufbau des Hindernisses resultierende Risiko hat sich in der Verletzung des Pferdes realisiert.
646.)
65Die Haftung des Beklagten ist nicht durch die "Allgemeinen Bedingungen " zur Ausschreibung wirksam abbedungen. Die Klauseln sind – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 a und b BGB und gegen die Unklarheitenregelung § 305 c Abs. 2 BGB unwirksam.
66Die Bestimmung in Nummer 5 der "Allgemeinen Bestimmungen" zur Ausschreibung verstößt durch den Ausschluss jeglicher vertraglichen Haftung gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB.
67Die Bestimmung in Nummer 6 der "Allgemeinen Bestimmungen" zur Ausschreibung verstößt durch den Ausschluss der Übernahme jeglicher Schäden gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 a BGB.
68Der Wortlaut der Klauseln bringt nicht eindeutig zum Ausdruck, für welche Schäden hier gehaftet werden soll. Während Ziffer 5 einen allgemeinen Haftungsausschluss formuliert, sieht Ziffer 6 eine Haftung vor, wenn auch mit der Einschränkung für solche Schäden, die auf Fahrlässigkeit zurückzuführen sind, so dass ein Ausschluss aller vertraglichen Ansprüche wegen Pflichtverletzungen in Betracht kommt. Zu Lasten des Beklagten sind die Klauseln in diesem Sinne auszulegen.
697.)
70Der Kläger kann daher von dem Beklagten gemäß §§ 249, 251 Abs. 1 BGB Wertersatz verlangen. Der Beklagte hat den Kläger so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung gestanden hätte. Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinen ergänzenden Ausführungen im Termin vom 30.6.2009 ist davon auszugehen, dass das Pferd "X" bei ordnungsgemäßer Konzeption des Fangständers keine so schweren Verletzungen erlitten hätte, dass es hätte eingeschläfert werden müssen. Der Tod des Pferdes hätte verhindert werden können. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, dass das Pferd bei einem hohen Fangständer, erst gar nicht versucht hätte, ihn zu überspringen. Es wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht abgesprungen, sondern stehen geblieben oder vorbeigelaufen. Selbst wenn das Pferd in das Hindernis hineingelaufen wäre – obwohl es grundsätzlich in der Lage sei, vor dem Hindernis abzubremsen - wäre die Gefahr einer vergleichbar schweren Verletzung deutlich geringer gewesen. Damit hat der Beklagte dem Kläger den Wert des Pferdes zu ersetzen. Den Wert schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf der Basis des eingeholten Sachverständigengutachtens – abweichend vom Landgericht - auf 35.000,- €. Diesen Betrag muss der Kläger aufwenden, um ein vergleichbares Pferd zu erwerben.
71Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. T lässt sich nicht feststellen, dass das Pferd "X" ein Ausnahmepferd gewesen ist, das den vom Kläger behaupteten Wert von 100.000,- € rechtfertigt. Es ist vielmehr von dem Preisrahmen von 20.000,- € bis 45.000,- € auszugehen, den der Sachverständige für ausgebildete Pferde der L/M-Klasse angegeben hat.
72Nachvollziehbar hat der Sachverständige ausgeführt, dass der Preis eines Pferdes bestimmt werde aufgrund einer Vielzahl von Kriterien und Einschätzungen, welche die Vertragsparteien jeweils individuell gewichten müssten, wobei mitunter auch irrationale Erwägungen in die Überlegungen der Vertragsparteien einfließen würden. Hierzu zählten auch die Erwartungen, die ein Käufer aufgrund der Anlagen und des Erscheinungsbildes des Pferdes im Kaufzeitpunkt für die Entwicklung des Pferdes in Zukunft entwickelt.
73Da der Sachverständige dem Pferd gerade im Hinblick auf die wertbildenden Faktoren wie Anlagen und Leistungsentwicklung keine herausragenden Eigenschaften attestiert hat, hat der Senat bei der Bemessung des Wertes den mittleren Bereich der vom Sachverständigen ermittelten Preisklasse gem. § 287 ZPO als Marktwert des Pferdes zugrunde gelegt.
74Diesen Wert hält der Senat vor dem Hintergrund der schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen für angemessen, wonach die beständigen Leistungen des Pferdes "X" auf eine gute reiterliche Grundausbildung hätten schließen lassen. Altersentsprechend sei mit einem Sieg in der Springreitprüfung der Klasse M das Maximum an sorgfältiger Ausbildung und Leistungsprüfung erreicht worden. Der objektive Wert eines Pferdes dieses Leistungsniveaus sei daher mit maximal 35.000,- € anzunehmen. Auf diesen Betrag Zuschläge wegen zu erwartender Leistungssteigerungen oder Abschläge wegen eines festzustellenden Leistungsabfalles vorzunehmen, hielt der Senat nicht für gerechtfertigt. Denn die Ergebnisse der letzten 3 Turniere waren weder überragend noch unterdurchschnittlich.
75Entgegen der Ansicht des Klägers war zur Bestimmung des Marktwertes nicht die Vernehmung des Zeugen H erforderlich. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.
768.)
77Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht nur in dem Rahmen, in welchem der Kläger obsiegt hat. Zu Recht ist das Landgericht hierbei davon ausgegangen, dass eine 1,8 fache Geschäftsgebühr angesetzt werden konnte, so dass sich folgende Berechnung ergibt:
781,8 Geschäftsgebühr Streitwert bis zu 35.000,- € 1.494,00 €
79Auslagen Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
8019 % MWSt. 287,66 €
81Gesamt 1.801,66 €
829.)
83Der Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB begründet.
84Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
85Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes.