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Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.11.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht - Ahaus wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Streitwert für die Berufung: 4.929,--€
Gründe:
2I.
3Mit Urteil vom 26.11.2008 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Ahaus einer Abänderungsklage des geschiedenen Ehemannes der Beklagten teilweise stattgegeben. Dieses Urteil ist der Beklagten am 27.11.2008 zugestellt worden. Am Montag, dem 29.12.2008, sind ihr Schriftsatz vom selben Tage, überschrieben als "Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahaus vom 26.11.2008 (Az...)", nebst Anlagen sowie der Formularvordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zusammen mit einer Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund über eine Rentenanpassung zum 01.07.2008 per Fax beim Oberlandesgericht eingegangen.
4Dieser Schriftsatz lautet eingangs wie folgt: "In der Familiensache" – es folgen in der Form eines Rubrums die Namen beider Parteien, wobei die Beklagte u.a. als Berufungsklägerin und der Kläger als Berufungsbeklagter bezeichnet sind – "beantragen wir, der Beklagten für die Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahaus ... Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt C beizuordnen". Sodann heißt es:
5"Ausweislich der anliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen ist davon auszugehen, dass die Beklagte nicht in der Lage ist, die Kosten des Berufungsverfahrens selbst aufzubringen. Die Einlegung der Berufung erfolgt nicht mutwillig und hat unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen auch hinreichend Aussicht auf Erfolg. Ergänzend verweisen wir auf die zu Protokoll vom 09.01.2008 erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung des Unterzeichners. Kopie des neuen Mietvertrages reichen wir zeitnah nach.
6Für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Einlegung der Berufung kündigen wir bereits jetzt Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bzgl. der Einlegungsfrist des Rechtsmittels an.
7Die Beklagte wird nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand das erstinstanzliche Urteil im vollen Umfang zur Überprüfung stellen und auch weiterhin Abweisung der Klage mit gesetzlicher Kostenfolge beantragen.
8..."
9Die mit dem Datum des 15.12.2008 unterschriebene Formularerklärung ist in Abschnitt G unter der Rubrik "Sonstige Vermögenswerte ..." nicht ausgefüllt worden, auch die Kästchen "Nein" oder "Ja" sind nicht angekreuzt worden.
10Die am 29.12.2008 beim Oberlandesgericht per Fax eingegangenen Schriftstücke sind am 30.12.2008 zur Geschäftsstelle des Senats gelangt. Mit Beschluss vom 20.01.2009 ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden. Gegen den ihr am 30.01.2009 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10.02.2009, am 13.02.2009 eingehend, beantragt, ihr unter Aufhebung des vorgenannten Beschlusses Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Sie führt aus, mit dem Beschluss vom 20.01.2009 sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden. Unter Beifügung eines neuen Formulars über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erklärt sie sich nunmehr auch dazu, an Vermögenswerten lediglich über eine sog. Sterbeversicherung bei der X zu verfügen.
11Mit Schriftsatz vom selben Tage, ebenfalls am 13.02.2009 eingegangen, hat sie zugleich Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ahaus vom 26.11.2008 mit dem Ziel, abändernd die Klage abzuweisen, eingelegt, ihr Rechtsmittel begründet und Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt. Sie vertritt die Auffassung, sie habe darauf vertrauen dürfen, bereits aufgrund des Antrags vom 29.12.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt zu erhalten. Die Unvollständigkeit der Angaben im Abschnitt G hätte das Berufungsgericht jedenfalls zu einem entsprechenden Hinweis veranlassen müssen, bevor eine Zurückweisung des Prozesskostenhilfe-Antrags hätte ergehen können.
12Auf den Hinweis des Senats, dass eine Verwerfung der Berufung in Betracht komme, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.03.2009 auch die Auffassung vertreten, der Schriftsatz vom 29.12.2008 sei im Licht der neueren Rechtsprechung des BGH bereits als Berufungseinlegung zu werten.
13II.
14Die Berufung der Beklagten ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 517 ZPO eingelegt worden ist. Die Beklagte hat erst am 13.02.2009 Berufung eingelegt, während die Berufungsfrist bereits mit Ablauf des 29.12.2008 endete.
15Der Schriftsatz vom 29.12.2008 kann nicht bereits als Einlegung der Berufung selbst gedeutet werden. Mit ihm hat die Beklagte vielmehr lediglich Prozesskostenhilfe für ihr Rechtsmittel beantragt, wie sich aus der Überschrift, aber auch aus den weiteren Ausführungen in diesem Schriftsatz eindeutig ergibt, der noch mit dem Resümée endet, der Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens habe "somit hinreichende Aussicht auf Erfolg". Damit sind bereits die formellen Anforderungen, die an eine Berufungsschrift gestellt werden, nicht erfüllt, denn es fehlt an der ausdrücklichen oder stillschweigenden Erklärung, dass gegen das bezeichnete Urteil Berufung eingelegt werde. Aus der bloßen Bezeichnung der Parteien als "Berufungsklägerin" bzw. "Berufungsbeklagter" im Eingang des Schriftsatzes lassen sich vor diesem Hintergrund keine abweichenden Schlussfolgerungen ziehen. Diese Bezeichnungen erfolgten offenkundig im Vorgriff auf die beantragte Prozesskostenhilfe und Wiedereinsetzung. Nichts anderes gilt für die Formulierung, die Einlegung der Berufung erfolge nicht mutwillig und habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn die Beklagte greift zu dieser Formulierung lediglich deshalb, um die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe zu bezeichnen. Die Beklagte kann sich zur Stützung ihrer Rechtsauffassung nach Auffassung des Senats auch nicht auf die Entscheidungen des BGH vom 17.12.2008 (Az. XII ZB 185/08) und vom 18.7.2007 (Az. XII ZB 31/07) berufen. Diesen lagen jeweils Fallgestaltungen zugrunde, in denen dem Gericht neben den Anträgen auf Prozesskostenhilfe-Bewilligung zeitgleich und fristgerecht Schriftsätze zugeleitet worden waren, die für sich betrachtet bereits alle formellen Anforderungen an eine Berufung oder Berufungsbegründung erfüllten.
16Die Beklagte kann auch nicht Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist verlangen.
17Allerdings ist einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt hat, auch nach Ablehnung ihres Prozesskostenhilfe-Gesuchs wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, sich also für bedürftig halten und davon ausgehen durfte, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozesskostenhilfe ordnungsgemäß dargetan zu haben. Das kann sie regelmäßig nur dann annehmen, wenn sie rechtzeitig (also vor Ablauf der Rechtsmittelfrist) auch den amtlichen Vordruck ordnungsgemäß ausgefüllt zu den Akten gereicht hat (BGH, Beschluss vom 19.11.2008, Az. IV ZB 38/08; Beschluss vom 03.05.2000 – Az. XII ZB 21/00). An letzterem fehlt es hier, denn die Beklagte hat die Rubrik "Sonstige Vermögenswerte ..." im Abschnitt G unausgefüllt gelassen.
18Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anforderungen daran, was der Betroffene veranlasst haben muss, um Wiedereinsetzung zu erlangen, nicht überspannt werden dürfen. Deshalb sind einzelne Lücken in den Angaben im amtlichen Vordruck unschädlich, wenn die Partei im konkreten Fall gleichwohl darauf vertrauen kann, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Das kommt in Betracht, wenn die Lücken auf andere Weise geschlossen oder Zweifel beseitigt werden können, etwa durch beigefügte Unterlagen, durch Angaben zu früheren Prozesskostenhilfe-Anträgen oder auch bei lebensnaher Würdigung des Sach- und Streitstoffs (s. BGH, a.a.O.). Auch diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.
19Zunächst erbrachte die als Anlage zum Formular überreichte Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund keinen Aufschluss über die Nichtexistenz "sonstiger Vermögenswerte". Das gilt auch für die erstinstanzlich überreichten Anlagen zum seinerzeitigen Prozesskostenhilfe-Gesuch, die sich auf eine Mitteilung der Deutsche Rentenversicherung Bund zur Rentenanpassung per 01.07.2007, zwei Mitteilungen der DAK betreffend die Kranken- und Pflegeversicherung der Beklagten sowie auf eine Kopie des Mietvertrags beschränkten. Des Weiteren ist auch aus dem Umstand, dass die Beklagte in ihrer in erster Instanz abgegebenen Formularerklärung die Frage nach "sonstigen Vermögenswerten" verneint hatte, nicht der Schluss zu ziehen, solche Vermögenswerte bestünden auch weiterhin nicht. Das wäre nur dann anders, wenn sich aus dem gesamten Vortrag der Beklagten, also sowohl zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen als auch zur Sache selbst, ergäbe, dass sie nach wie vor über keine nennenswerten "sonstigen Vermögenswerte" verfüge. Das ist jedoch nicht der Fall. Zum einen verweist die Beklagte in ihrem Prozesskostenhilfe-Gesuch vom 29.12.2008 gerade auf die aktuell mit überreichte Formularerklärung. Dieser – und nicht einer früheren Erklärung - soll also für die Frage der Bedürftigkeit im Sinne des § 114 ZPO nunmehr maßgebliche Bedeutung zukommen. Der später erfolgende Hinweis auf die bereits erstinstanzlich erfolgte Bewilligung steht demgegenüber im Zusammenhang mit der Annahme hinreichender Erfolgsaussichten des beabsichtigten Rechtsmittels als weiterer Voraussetzung für die Prozesskostenhilfe-Bewilligung. Zum anderen ist von Bedeutung, dass sich aus dem Sachvortrag der Parteien konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit eines zwischenzeitlichen Vermögenszuflusses (auch) auf Seiten der Beklagten ergeben. Denn ausweislich der Darstellung der Beklagten in der Klageerwiderung vom 30.10.2007, der der Kläger nicht widersprochen hat, bestand jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt noch ein Guthaben auf einem Notaranderkonto in Höhe von "knapp 20.000,--€", über dessen Auseinandersetzung sich die Parteien noch nicht geeinigt hatten. Dass es – wie die Beklagte nunmehr vorträgt – auch zwischenzeitlich zu keiner Klärung des Streits um diese Mittel oder gar zur Freigabe des Guthabens an sie gekommen ist, ist für die Frage, ob ihre am 29.12.2008 überreichte Formular-Erklärung ausreichend war, ohne Belang.
20Die Annahme der Beklagten, bereits aufgrund ihres am 29.12.2008 vorgelegten unvollständigen Formulars die Voraussetzungen zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe dargelegt zu haben, ist auch "schuldhaft" erfolgt. Die Beklagte hätte bei sorgfältiger Behandlung erkennen können und müssen, dass die fehlenden Angaben zu "sonstigen Vermögenswerten" im konkreten Fall Anlass zu Rückfragen geben.
21Schließlich hatte die Beklagte keinen Anspruch darauf, vom Berufungsgericht eine Frist zur Ergänzung ihrer Angaben im Prozesskostenhilfe-Formular eingeräumt zu bekommen. Eine Obliegenheit des Gerichts, die Partei auf die Unvollständigkeit von Angaben im Prozesskostenhilfe-Formular und auf die Möglichkeit der Nachbesserung hinzuweisen, besteht nur solange, wie die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen ist (z.B. BGH Beschluss vom 21.1.2009 – Az. XII ZA 17/08 – unter Zif. 13). Das war hier indes bereits der Fall, als der Schriftsatz vom 29.12.2008 am Folgetag zur Geschäftsstelle des Senats gelangte. Die Gewährung einer Frist zur Ergänzung fehlender Angaben im Anschluss an den Ablauf der Berufungsfrist kann die betreffende Partei jedoch nicht verlangen. Eine solche Fristgewährung führt faktisch zu einer Ausweitung der Wiedereinsetzungsmöglichkeiten, weil die Partei während des Fristlaufs davon ausgehen kann, eine Prozesskostenhilfe-Bewilligung werde noch erfolgen (BGH, Beschluss vom 26.5.2008 – Az. II ZB 19/07). Damit wird ihr zugleich die rechtliche Möglichkeit eröffnet, binnen der zweiwöchigen Frist des § 234 ZPO nach Zustellung des ablehnenden Prozesskostenhilfe-Beschlusses Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu erhalten. Eine solche Erweiterung der Wiedereinsetzungsmöglichkeiten durch gerichtliche Fristsetzungen ist mit der gesetzlichen Konzeption der §§ 233ff. ZPO nicht vereinbar.
22Das Rechtsmittel der Beklagten ist folglich gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.