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Auf den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 16. Januar 2009 wird die Vergütung des Sachverständigen auf 16.139,97 Euro festgesetzt.
Gerichtsgebühren fallen nicht an, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
2I.
3Durch Beschluss des Senats vom 21. Juli 2006 wurde der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: der Sachverständige) mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Das schriftliche Gutachten vom 14. April 2008 gelangte am 15. April 2008 zur Gerichtsakte.
4Mit Schreiben vom 27. Mai 2008 wurde dem Sachverständigen mitgeteilt, dass er nach Einzahlung eines weiteren Kostenvorschusses voraussichtlich in einem Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzend zu seinem Gutachten gehört werde.
5Mit Schreiben vom 02. Juli 2008 wurde der Sachverständige zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 16. September 2008 geladen. Die Ladung enthält einen durch das Textsystem Judica automatisch eingefügten Hinweis, in dem es heißt:" Wichtige Hinweise… Sie haben Fragen zur Vergütung? Für Ihre Vergütung gelten ausschließlich die Bestimmungen des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes und die darin festgesetzten Höchstbeträge. Beantragen Sie Ihre Vergütung bitte innerhalb von drei Monaten nach Beendigung ihrer Hinzuziehung, da sonst ihr Anspruch erlischt."
6Nach Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung erstattete der Sachverständige in der Verhandlung am 17. Oktober 2008 sein mündliches Gutachten. Mit Rechnung vom 12. Dezember 2008 reichte der Sachverständige eine Rechnung ein und beantragte eine Vergütung in Höhe von 16.139,97 Euro.
7Durch Schreiben des zuständigen Kostenbeamten vom 19. Dezember 2008 wurde dem Sachverständigen mitgeteilt, dass der Anspruch auf Vergütung seiner Leistung für das schriftliche Gutachten gem. § 2 Abs. 1 JVEG erloschen sei, da die Rechnung nicht innerhalb der Dreimonatsfrist gestellt worden sei.
8Der Sachverständige hat daraufhin mit Schreiben vom 16. Januar 2009 die gerichtliche Festsetzung der Vergütung gem. § 4 JVEG beantragt. Er führt sinngemäß aus, dass er aufgrund des Zusatzes in der Ladung vom 02. Juli 2008 davon ausgegangen sei, dass die Hinzuziehung erst mit der mündlichen Erläuterung des Gutachtens beendet gewesen sei.
9Der Beteiligte zu 2) hat in seiner Stellungnahme vom 25. März 2009 ausgeführt, die Vergütung des Sachverständigen für das schriftliche Gutachten sei wegen verspäteter Antragstellung auf 0,-- Euro festzusetzen, die Vergütung für den Termin vom 17. Oktober 2008 sei gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG auf 1.575,- Euro festzusetzen. Das schriftliche Gutachten sei erst am 12. Dezember 2008 abgerechnet worden, damit habe der Sachverständige die in § 2 JVEG normierte Dreimonatsfrist ersichtlich versäumt. Die reine Ankündigung, dass eine Rechnung irgendwann nachgereicht werde, reiche zur Wahrung der Frist nicht aus.
10Der Wiedereinsetzungsantrag, als der das Schreiben vom 16. Januar 2009 angesehen werden könne, sei jedenfalls unzulässig, da er erst am 16. Januar 2009 eingegangen sei. Ausweislich des Abvermerks sei das Schreiben vom 19. Dezember 2008 auch an diesem Tage abgesandt worden. Unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeiten hätte das Schreiben den Sachverständigen am 23. Dezember 2009 erreicht. Die Zweiwochenfrist für den Wiedereinsetzungsantrag sei daher am 16. Januar 2008 verstrichen gewesen. Unabhängig davon bestünden auch keine Wiedereinsetzungsgründe. Der Sachverständige habe bei Auftragserteilung zwar keinen Hinweis auf die Frist zur Geltendmachung der Vergütung erlangt, ein solcher Hinweis sei aber mit Schreiben vom 02. Juli 2009 erfolgt. Dieser Hinweis sei auch zufällig noch innerhalb der Frist für die Geltendmachung der Vergütung für das schriftliche Gutachten erfolgt. Die Unkenntnis gesetzlicher Bestimmungen sei darüber hinaus auch kein Wiedereinsetzungsgrund.
11Nach Mitteilung der I AG mit Schreiben vom 20. Mai 2009 hat der Sachverständige zwischenzeitlich seinen möglichen Anspruch an seinen Arbeitgeber die F2 und F GmbH abgetreten.
12II.
13Auf den Antrag gemäß § 4 Abs. 1 JVEG war die Sachverständigenentschädigung, die der Höhe nach nicht angegriffen wurde, wie erfolgt festzusetzen.
14Die Rechnung für das schriftliche Gutachten ist zwar grundsätzlich, wie vom Kostenbeamten zutreffend ausgeführt, gem. § 2 Abs. 1 JVEG binnen drei Monaten nach Eingang des schriftlichen Gutachtens bei Gericht geltend zu machen. Die angeordnete Frist von drei Monaten für die Antragstellung ist eine materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist; der Vergütungs- und Entschädigungsanspruch geht mithin unter, wenn er nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht wird. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung in § 2 Abs.1 S.1 JVEG soll durch die Antragsfrist von drei Monaten sichergestellt werden, dass die Abrechnung zeitnah erfolgt, weil dies eine größere Gewähr für deren Richtigkeit bietet und die Möglichkeit zur schnellen Durchsetzung einer etwaigen Nachzahlungspflicht des Kostenschuldners erheblich verbessert wird (vgl. BT-Dr. 15/1971 S.178 f.). Das Anliegen einer zeitnahen Abrechnung war dem Gesetzgeber so wichtig, dass er mit der Neuregelung in § 2 Abs.1 S.1 JVEG die Frist zur Geltendmachung der Vergütungs- bzw. Entschädigungsansprüche für alle Anspruchsberechtigten auf drei Monate vereinheitlicht hat, und zwar auch angesichts der Schwierigkeiten, die sich für Sachverständige insbesondere dadurch ergeben können, dass die Frist zur Geltendmachung der Vergütung für das schriftliche Gutachten mit dessen Vorlage unabhängig davon beginnt, ob eine spätere Erläuterung des Gutachtens im Termin zur mündlichen Verhandlung erfolgt. Wird der Sachverständige später zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens herangezogen, beginnt die Frist für die Geltendmachung der Vergütung für die Erläuterung mit Beendigung dieser zweiten Hinzuziehung (vgl. Zimmermann, JVEG, § 2 Rdnr. 4; Weglage/Pawliczek, Die Vergütung des Sachverständigen, § 2 Ziff. 3; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.04.2007, 2 Ws 24/07 -iuris- ).
15Im vorliegenden Fall kann die Fristversäumung des Sachverständigen jedoch gem. § 2 Abs. 2 JVEG durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden.
16Das Schreiben des Sachverständigen vom 16. Januar 2009 ist als entsprechender Antrag auf Wiedereinsetzung auszulegen. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht erfolgt, so dass dahinstehen kann, ob eine Wiedereinsetzung auch von Amts wegen hätte erfolgen können.
17Der Sachverständige hat an Eides Statt versichert, dass das Schreiben des Kostenbeamten vom 19. Dezember 2008 erst am 07. Januar 2009 in sein Postfach beim F2 gelangt ist. Im Hinblick auf die/den unmittelbar vorhergehenden Weihnachtsfeiertage/Jahreswechsel erscheint dies auch durchaus plausibel. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher jedenfalls innerhalb der Zweiwochenfrist des § 2 Abs. 2 JVEG gestellt worden.
18Es besteht auch ein Wiedereinsetzungsgrund. Dabei kann dahinstehen, ob dem Sachverständigen, wie er an Eides statt versichert hat, von der Geschäftsstelle auf seine Nachfrage hin erklärt wurde, er würde noch zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens geladen und hierbei würden ihm Hinweise zur Rechnungsstellung erteilt und ob der Sachverständige sich auf diese von der Geschäftsstelle erteilte Auskunft hätte verlassen dürfen.
19Jedenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Sachverständige aufgrund des Hinweises in der Ladung vom 02. Juli 2008 in einem Rechtsirrtum befunden hat und er daher ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war. Der ursprüngliche Auftrag des Sachverständigen zur Erstellung eines schriftlichen Gutachtens enthielt, anders als der nunmehr verwandte neue Vordruck ZP 22, keinen Hinweis darauf, dass das schriftliche Gutachten binnen drei Monaten abzurechnen war und der Anspruch auf Vergütung andernfalls erlöschen würde. Zwar ist, wie der Bezirksrevisor zutreffend ausführt, die Unkenntnis gesetzlicher Fristbestimmungen im Allgemeinen kein Wiedereinsetzungsgrund, weil es den Verfahrensbeteiligen möglich und zuzumuten ist, sich über Fristen zu erkundigen. Hier hat aber das Gericht durch den Hinweis im Schreiben vom 02. Juli 2008 einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der das Verschulden des Sachverständigen ausschliesst.
20Das schriftliche Gutachten hätte vom Sachverständigen bis Dienstag, den 15. Juli 2008, in Rechnung gestellt werden müssen. Der Hinweis vom 02. Juli 2008 hat den Sachverständigen unter Zugrundelegung der üblichen Postlaufzeiten noch vor dem 15. Juli 2008 spätestens in der Woche vom 07. Juli 2007 bis zum 11. Juli 2007 erreicht. In dem Hinweis zur Ladung zur mündlichen Verhandlung heißt es unter der Überschrift "Sie haben Fragen zur Vergütung?" weiter "Beantragen Sie Ihre Vergütung bitte innerhalb von drei Monaten nach Beendigung der Hinzuziehung, da sonst Ihr Anspruch erlischt." Für einen Sachverständigen, der zunächst ein schriftliches Gutachten erstellt hat und dann vor Ablauf der gesetzlich vorgesehenen Dreimonatsfrist zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geladen wird, kann durch diesen Ladungshinweis durchaus der Eindruck entstehen, dass der Begriff "Hinzuziehung" sich auch auf die mündliche Erläuterung des Gutachtens erstreckt und die Dreimonatsfrist somit erst nach dieser mündlichen Erläuterung endet. Die allgemeine Formulierung "Hinzuziehung" ist gerade in einem Fall, in dem der Sachverständige zunächst ein schriftliches Gutachten erstellt hat und dann durch die Ladung zur mündlichen Verhandlung ein weiteres Mal hinzugezogen wurde, in sich missverständlich und macht -auch wenn der Sachverständige den Gesetzestext kennt- keineswegs hinreichend klar, dass bei vorheriger Hinzuziehung zur Erstellung eines schriftlichen Gutachtens die Vergütung für dieses Gutachten unabhängig von der weiteren Hinzuziehung zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens abgerechnet werden muss.
21Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Interessen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass er bei einem unmissverständlichen und eindeutigen Hinweis des Gerichts auf den Verlust seines Vergütungsanspruches für das schriftliche Gutachten im Falle der Versäumung der Dreimonatsfrist des § 2 JVEG die Vergütung noch fristgerecht beantragt hätte.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 Abs. 8 JVEG.