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Die Berufung des Klägers gegen das am 19.08.2008 verkündete Urteil des – Amtsgerichts – Familiengericht - Marl (in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 6.10.2008) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen
Gründe:
2A.
3Die Parteien streiten um die Abänderung der durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 21.8.2007 (20 F 167/07) titulierten Verpflichtung des Klägers, an die Beklagte einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt von 607,00 € zu zahlen.
4Der am 15.2.1957 geborene Kläger und die am 9.11.1956 geborene Beklagte schlossen die Ehe am 26.03.1975. Die Ehe blieb kinderlos.
5Die Beklagte hatte die Sonderschule mit einem entsprechenden Abschluss besucht. Sie begann anschließend eine Berufsausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Zwischen den Parteien ist streitig, ob sie die Berufsausbildung beendete. Zum Zeitpunkt der Eheschließung arbeitete die Beklagte als Hilfsarbeiterin. Sie übte eine Erwerbstätigkeit mit Unterbrechungen bis August 1978 aus. Anschließend bezog die Beklagte bis Januar 1979 Arbeitslosengeld. Danach ging sie während des ehelichen Zusammenlebens einer Erwerbstätigkeit nicht nach. Von 1995 bis 1997 pflegte die Beklagte ihren Vater, wofür sie Pflegegeld erhielt.
6Der Kläger erlernte zunächst den Beruf des Vulkaniseurmeisters. Während des
7ehelichen Zusammenlebens bildete er sich zum Chemieingenieur fort. Er arbeitet in diesem Beruf bei der Firma E2.
8Die Parteien trennten sich im Juli 2002. Der Scheidungsantrag wurde am 14.2.2003 rechtshängig. Am 21.10.2003 trat die Rechtskraft der Ehescheidung ein.
9Nach der Trennung nahm die Beklagte im November 2002 eine teilschichtige Erwerbstätigkeit als Reinigungskraft bei der Firma D GmbH und Co KG auf, für die sie nach wie vor tätig ist. Sie erhält einen Stundenlohn von 8,15 € und hat im Jahr 2008, bis November 2008, monatsdurchschnittlich 894 € brutto, entsprechend 708,92 € netto, bezogen.
10Der Kläger heiratete erneut am 8.5.2004. Seine Ehefrau, mit der der Kläger zusammenlebt, ging und geht einer Erwerbstätigkeit nicht nach. In dem ehelichen Haushalt lebt das Kind der Ehefrau L, geboren am 21.1.1997, das der Kläger im Jahr 2006 adoptierte (rechtswirksam seit dem 21.4.2006), und das gemeinsame Kind der Eheleute M, geboren am 15.2.2005.
11In dem Rechtsstreit Amtsgericht Marl 20 F 439/03 schlossen die Parteien unter dem 12.04.2005 einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte einen monatlichen Nachscheidungsunterhalt von 618,00 € zu zahlen.
12Gemäß den Grundlagen des Vergleichs wurde das Erwerbseinkommen des Klägers nach der Steuerklasse I berechnet, seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehefrau nicht berücksichtigt und der Beklagten ein - teilweise fiktives - vollschichtiges Nettoeinkommen von bereinigt 936,00 € monatlich zugerechnet.
13Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vergleichs (Bl. 209, 209 R. der Beiakten) verwiesen.
14In dem weiteren Rechtsstreit Amtsgericht Marl 20 F 167/07 erstrebte der Kläger mit seiner am 12.04.2007 beim Amtsgericht eingegangenen Klage die Abänderung des o.a. gerichtlichen Vergleichs auf einen monatlichen Unterhalt von 354,00 € ab dem 19.04.2006, wobei er zur Begründung in erster Linie auf die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den beiden v.g. Kindern abstellte und nach der Klageschrift die Befristung und Begrenzung des Unterhaltsanspruchs geltend machte (Beiakten, Bl. 4).
15Mit dem am 21.08.2007 verkündeten Urteil änderte das Familiengericht unter Klageabweisung im Übrigen zuletzt für den Zeitraum ab Januar 2008 den Vergleich auf eine monatliche Unterhaltsverpflichtung von 607 € ab, wobei es beim Kläger den Kindesunterhalt mindernd berücksichtigte und der Beklagten nach wie vor ein bereinigtes Nettoeinkommen von 936 € monatlich zurechnete. Ausführungen zur Befristung und Begrenzung des Unterhalts enthält das Urteil nicht. Die Entscheidung ist seit dem 19.10.2007 rechtskräftig.
16Wegen der weiteren das Urteil betreffenden Einzelheiten wird auf Bl. 71 bis 74 der Beiakten Bezug genommen.
17Mit der gegenständlichen, am 16.04.2008 rechtshängig gewordenen Klage hat der Kläger die Abänderung des v.g. Urteils mit Wirkung ab Januar 2008 begehrt.
18Zur Begründung hat er auf das ab Januar 2008 geänderte Unterhaltsrecht abgestellt und ausgeführt, seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau sei nunmehr zu berücksichtigen. Der Unterhalt sei zudem zeitlich zu begrenzen, weil die Beklagte keine ehebedingten Nachteile erlitten habe.
19Der Kläger hat beantragt,
20das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 21.08.2007 (20 F 167/07) dahin abzuändern, dass er der Beklagten ab dem 1.1.2008 keinen Ehegattenunterhalt mehr schuldet,
21hilfsweise,
22das vorgenannte Urteil dahin abzuändern, dass er ihr mit Wirkung ab dem 1.1.2008 nur noch 295 € monatlich Nachscheidungsunterhalt zu zahlen hat.
23Die Beklagte hat beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie hat auf die lange Ehezeit und die Rollenverteilung während der Ehe verwiesen, die zu ehebedingten Nachteilen geführt habe, und behauptet, sie könne krankheitsbedingt nicht mehr als 20 Wochenstunden arbeiten.
26Das Familiengericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Unterhaltsanspruch auf 290 € monatlich für die Zeit ab dem 16.04.2008 reduziert.
27Eine zeitliche Begrenzung und Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs hat es
28abgelehnt.
29Wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführung des Familiengerichts wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils (Bl. 46-49 d.A.) verwiesen.
30Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Kläger gegen die Abweisung seiner Abänderungsklage für die Zeit ab dem 16.04.2008 unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens erster Instanz. Er trägt vor, dass das Familiengericht sein bereinigtes Nettoeinkommen zu hoch angesetzt habe. Zudem sei der Unterhalt zeitlich zu begrenzen, weil die Beklagte keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Die Beklagte habe eine Lehre als Einzelhandelskauffrau durchlaufen.
31Seine, des Klägers, Ehefrau könne und müsse nicht arbeiten. Leon sei ein hyperaktives Kind und müsse deshalb des öfteren vom Kindergarten abgeholt werden.
32Wegen der weiteren das klägerische Vorbringen betreffenden Einzelheiten und der Einkommensverhältnisse des Klägers wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 24.11.2008 (Bl. 75 ff. d.A.), 22.12.2008 (Bl. 98 ff. d.A.), 6.01.2009 (Bl. 135 ff. d.A.), 5.2.2009 (Bl. 139 ff. d.A.) und 13.2.2009 (Bl. 154, 155 d.A.) nebst Anlagen verwiesen.
33Der Kläger beantragt,
34unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Marl vom 21.08.2007 – 20 F 167/07 – dahingehend abzuändern, dass er an die Beklagte beginnend mit Wirkung ab dem 16.04.2008 nur noch Ehegattenunterhalt in Höhe von 214,00 € monatlich zu zahlen hat;
35den Unterhaltsanspruch der Beklagten bis zum 30.06.2009 zu befristen.
36Die Beklagte beantragt,
37die Berufung zurückzuweisen.
38Die Beklagte verteidigt das Urteil des Familiengerichts. Sie habe ehebedingte Nachteile erlitten. Ihre Berufsausbildung habe sie nach einem Jahr abgebrochen, weil der Ausbildungsbetrieb geschlossen worden sei. Das Familiengericht habe das Einkommen des Klägers zu niedrig bemessen, weil berufsbedingte Aufwendungen nicht in der angeführten Höhe angefallen seien.
39Auf eine zeitliche Begrenzung und Herabsetzung des Unterhalts könne sich der Kläger im Übrigen nicht mehr berufen, weil er diese bereits im Vorverfahren hätte geltend machen müssen. Der Vortrag des Klägers zur fehlenden Erwerbsobliegenheit seiner Ehefrau werde mit Nichtwissen bestritten.
40Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 29.12.2008 (Bl. 116 ff. d.A.) und 10.02.2009 (Bl. 151, 152 d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.
41Der Senat hat die Parteien persönlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2009 angehört.
42Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk vom 19.02.2009 verwiesen.
43Wegen der vom Senat erteilten rechtlichen Hinweise wird auf die prozessleitende Verfügung vom 4.12.2008 (Bl. 85 ff. d.A.) und auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 19.02.2009 (Bl. 156 ff. d.A.) Bezug genommen.
44Im Übrigen wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Belege auf die in dem Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
45B.
46Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
47Der im Vortitel ausgeurteilte Aufstockungsunterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger gem. § 1573 Abs. 2 BGB ist für den streitgegenständlichen Zeitraum ab Rechtshängigkeit der Abänderungsklage (16.04.2008) nicht auf einen Betrag unterhalb der im angefochtenen Urteil zugesprochenen 290,00 € monatlich zu ermäßigen. Zudem ist der Unterhaltsanspruch entgegen der Auffassung des Klägers weder zeitlich zu begrenzen noch herabzusetzen.
48I.
49Die erhobene Abänderungsklage (§ 323 ZPO) ist statthaft.
50Der Kläger kann sich gem. § 36 Abs. 1 Nr. 1, 2 EGZPO als Abänderungsgrund auf die nach der Unterhaltsreform (Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007, BGBl I, S. 3189) geänderte Rangfolge (§ 1609 Nr. 2 BGB) der Unterhaltsansprüche der
51Ehegatten und auf die in der Folge geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 30.07.2008 – XII ZR 177/06 – in FamRZ 2008, 1911; Urteil v. 1.10.2008 – XII ZR 62/07 – FamRZ 2009, 23) berufen, wonach der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten bereits auf der Bedarfsebene ("Dreiteilung") zu berücksichtigen ist und sein Betreuungsunterhaltsanspruch gegenüber dem Aufstockungsunterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten selbst bei einer langen Ehedauer vorrangig sein kann, wenn ehebedingte Nachteile bei diesem nicht zu verzeichnen sind.
52II.
53Dem Kläger steht jedoch gegen die Beklagte kein Anspruch auf Abänderung des Vortitels über das im angefochtenen Urteil ausgesprochene Maß hinaus zu.
541.
55Auf Seiten der Beklagten ist durchgehend für den streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 16.04.2008 in Übereinstimmung mit dem Familiengericht ein teilweise fiktives bereinigtes Nettoeinkommen aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit von 936,00 €
56monatlich in die Unterhaltsberechnung einzustellen.
57Das bereinigte Nettoeinkommen von 936,00 € ist in dieser Höhe bereits im abzuändernden Vortitel angesetzt worden.
58An dem festgestellten Einkommen ist das Gericht im Abänderungsverfahren gebunden, soweit nicht zeitlich nach dem Vortitel eine diesbezügliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, weil die Abänderungsklage keine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts ermöglicht (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16.5.1979 – IV ZR 57/78 – NJW 1979, 1656; Urteil vom 23.04.1986 – IV b ZR 30/85 – NJW 1986, 2054).
59a)
60Der Kläger hat keine Gründe dargetan, die zeitlich nach der letzten mündlichen Verhandlung des Vorverfahrens (am 31.07.2007) eingetreten sind und eine Erhöhung des fiktiven Einkommens begründen könnten. Dementsprechend setzt er bei seiner eigenen Unterhaltsberechnung in der Berufungsinstanz auf Seiten der Beklagten ein anrechenbares Einkommen von 936,00 € ein.
61b)
62Die Beklagte ihrerseits hat keine Gründe dargetan, die in Abweichung vom Vortitel eine Ermäßigung ihres anrechenbaren Einkommens zu begründen vermögen.
63aa)
64Soweit die Beklagte pauschal geltend macht, sie sei aufgrund ihrer Erkrankung nicht zu einer vollschichtigen Tätigkeit in der Lage, ist sie mit diesem Einwand aufgrund der Bindungswirkung des Vortitels ausgeschlossen.
65Denn im Urteil vom 21.08.2007 ist ihr in Fortschreibung des gerichtlichen Vergleichs vom 12.04.2005 (AG Marl 20 F 439/03) ein Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zugerechnet worden; in dem letztgenannten Verfahren war die Beklagte nach den eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten gesundheitlich in der Lage, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen.
66bb)
67Die Beklagte hat zudem nicht schlüssig dargetan, dass sie aufgrund einer nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Vorverfahren eingetretenen Erkrankung oder wesentlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes jetzt nicht mehr in der Lage ist, vollschichtig zu arbeiten.
68cc)
69Überdies bestünde ein Unterhaltsanspruch, teilweise auch wegen Krankheit gem. § 1572 BGB nicht (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 26.11.2008 - XII ZR 131/07 - unter juris.de), selbst wenn die Beklagte eine nachträgliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes schlüssig dargetan hätte.
70Denn eine Krankheit mit auf die Erwerbsausübung relevanten Auswirkungen kann aufgrund der Bindungswirkungen des Vortitels erst von Belang sein, soweit sie zeitlich nach dem 31.07.2007 aufgetreten ist. Zu diesem Zeitpunkt kommt als Anschlusstatbestand nur der Aufstockungsunterhaltsanspruch gem. § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht (§ 1572 Nr. 4 BGB).
71Dieser scheidet aber als Anschlusstatbestand aus, wenn und soweit die Erkrankung zu einem Zeitpunkt auftritt, zu dem bereits eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts i.S. des § 1573 Abs. 4 BGB eingetreten ist (vgl. etwa Palandt-Brudermüller, BGB, 67. A., Rnr. 10 zu § 1572 BGB), weil in diesem Fall die Erkrankung allein der Risikosphäre des
72Unterhaltsberechtigten zuzuordnen ist.
73Die Beklagte hat zu dem v.g. Zeitpunkt bereits (fiktiv) länger als 2 Jahre eine vollschichtige Arbeit ausgeübt. Bei dieser Zeitdauer ist spätestens von einer nachhaltigen Sicherung des Unterhalts auszugehen (vgl. z.B. Palandt-Brudermüller a.a.O., Rnr. 28 zu § 1573 BGB). Die Beklagte trägt damit das volle Risiko eines Arbeitsplatzverlustes, unabhängig von den Gründen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
742.
75Auf Seiten des Klägers stellt der Senat unter Einbeziehung des Unterhaltsanspruchs der neuen Ehefrau bereits auf der Bedarfsebene entsprechend der Berechnungsweise des Bundesgerichtshofs in den v.g. Entscheidungen vom 30.7. und 1.10.2008 folgendes anrechenbares Nettoeinkommen in die Unterhaltsberechnung ein:
76Jahr 2008: 2.925,96 €
77Ab Januar 2009: 2.810,96 €
78a)
79Jahr 2008:
80aa)
81Das tatsächliche Jahresnettoeinkommen des Klägers (Steuerklasse III, 2,0 Kinderfreibeträge) beläuft sich nach den Jahresssummen des Verdienstnachweises für den Monat Dezember 2008 auf 44.539,72 €, was einem monatsdurchschnittlichen Nettoeinkommen von 3.711,64 € entspricht:
Jahr: | Monat: | |||||
Brutto | 70.518,00 € |
Lohnsteuer | -13.072,00 € |
Solidaritätszuschlag | -517,33 € |
Rentenversicherung | -6.288,71 € |
Arbeitslosenversicherung | -1.042,84 € | |||
Pensionskasse E2 | -1.272,00 € |
AG-Zuschuss Krankenversicherung | 3.002,40 € | ||||
AG-Zuschuss Pflegeversicherung | 394,20 € |
Krankenversicherung | -6.393,60 € | |||||
Pflegeversicherung | -788,40 € |
Somit Nettoeinkommen | 44.539,72 € | 3.711,64 € |
bb)
91Dem Einkommen hinzuzurechnen ist die Steuererstattung gemäß Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2007 im Jahr 2008 von 2.323,67 €, entsprechend monatsanteilig 193,64 €, woraus ein monatliches Nettoeinkommen von 3.905,28 €
92resultiert.
93cc)
94Von dem Einkommen sind die folgenden Positionen in Abzug zu bringen:
Sterbekasse E2 | 5,32 € |
Berufsverbandsbeiträge | 79,00 € |
Berufsbedingte Fahrtkosten | 242,00 € |
Nachteilsausgleich an die Beklagte wegen begrenzten Realsplittings | 85,00 € |
Zwischen den Parteien stehen lediglich die Berufsverbandsbeiträge im Streit.
100Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Berufsverbandsbeiträge mit monatlich 79,00 € anzusetzen, weil diese bereits im Vortitel in dieser Höhe festgestellt und bei der Berechnung des Unterhalts zugrundegelegt worden sind und nicht dargetan ist, dass insoweit eine Änderung zeitlich nach der letzten mündlichen Verhandlung des Vortitels eingetreten ist.
101Es errechnet sich nach alledem vor Abzug des Kindesunterhalts ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von 3.493,96 €.
102dd)
103Von dem Einkommen ist der monatliche Kindesunterhalt für
104L mit dem Zahlbetrag in Höhe von 310,00 €
105und für M mit 258,00 €
106abzusetzen.
107Der Bedarf der Kinder, die über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügen, bestimmt sich nach der 5. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2008). Der Senat hat dabei im Rahmen der Angemessenheitskontrolle entsprechend der Vorgehensweise des Familiengerichts eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe (also von der 6. auf die 5. Einkommensgruppe) vorgenommen, weil der Kläger nicht nur drei, sondern vier Personen gegenüber zum Unterhalt verpflichtet
108ist.
109Der Kindesunterhalt ist entsprechend der Vorgehensweise des Familiengerichts und der insoweit übereinstimmenden Berechnungsweise der Parteien mit dem Zahlbetrag und nicht mit dem Tabellenbetrag vom anrechenbaren Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen in Abzug zu bringen.
110Diese Berechnungsweise entspricht den Vorgaben des § 1612 b Abs. 1 Nr. 1 BGB und dem der Norm zugrundeliegenden gesetzgeberischen Willen. Verfassungsrechtliche Gründe stehen dem Abzug des Zahl- statt Tabellenbetrages nicht entgegen (vgl. zum Vorstehenden: Senat, Urteil vom 24.01.2008 – 2 UF 166/07 - FamRZ 2008, 893; Urteil vom 6.3.2008 – 2 UF 117/07 – NJW 2008, 2049 mit zust. Anm. von Born; a.A.: OLG Düsseldorf – II-7UF 33/08 – FamRZ 2009, 338).
111ee)
112Das in die Unterhaltsberechnung einzustellende Einkommen vor Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7 beläuft sich nach alledem auf
1132.925,96 €.
114b)
115Ab Januar 2009:
116Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Klägers ab Januar 2009 reduziert sich gegenüber dem Vorjahr auf 2.810,96 €.
117aa)
118Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte hat der Senat für den Prognosezeitraum ab dem Jahr 2009 das Nettoerwerbseinkommen von monatsdurchschnittlich
1193.711,64 €
120fortgeschrieben.
121bb)
122Die zu erwartende Steuererstattung für das Jahr 2008 in 2009 schätzt (§ 287 Abs. 2 ZPO) der Senat auf insgesamt 1.275,60 €, monatsdurchschnittlich also auf
123106,30 €.
124Die Steuererstattung wird gegenüber dem Vorzeitraum niedriger ausfallen, weil der
125Kläger nur noch einen geringeren Unterhalt von monatlich 607,00 € bis zum 16.4.2008 und danach nicht angefochtenen 214,00 €, insgesamt also 3.943,50 € unterhaltsrechtlich geboten im Wege des begrenzten Realsplittings steuerlich geltend machen muss (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 28.2.2007 – XII ZR 37/05 – NRW 2007, 1961 FamRZ 2007, 793).
126Der Senat hat zur Berechnung des Steuervorteils diesen Betrag und im übrigen die Abzugsbeträge gemäß dem Einkommensteuerbescheid für 2007 von dem zu versteuernden Bruttoeinkommen in 2008 in Abzug gebracht und aus dem hieraus sich errechnenden zu versteuernden Einkommen die Steuerbelastung nach der Splittingtabelle abgegriffen (Lohnsteuer: 11.902,00 €, Solidaritätszuschlag: 411,73 €). Der Steuervorteil errechnet sich aus der Differenz zwischen den nach den Verdienstabrechnungen für das Jahr 2008 vom Kläger tatsächlich geleisteten Steuern (13.589,33 €) und den v.g. Beträgen.
127cc)
128Bei den Abzügen ergibt sich gegenüber dem Vorjahr eine Veränderung dadurch, dass infolge der geringeren Unterhaltszahlungen der Nachteilsausgleich ebenfalls niedriger ausfallen wird. Der Senat schätzt den Nachteilsausgleich auf monatsanteilig 53,66 €. Dabei ist er von einem tatsächlichen monatsdurchschnittlichen Bruttoeinkommen der Beklagten von 894 € ausgegangen und hat mit Hilfe eines Lohnsteuerprogramms die aus der zusätzlichen Versteuerung der Unterhaltszahlungen resultierende Steuerlast berechnet.
129Insgesamt sind somit folgende Abzugsbeträge einzustellen:
Sterbekasse E2 | 5,32 € |
Berufsverbandsbeiträge | 79,00 € | |||
Berufsbedingte Fahrtkosten | 242,00 € |
Monatsanteiliger Nachteilsausgleich | 53,66 € |
Es verbleiben also: 3.437,96 €
134dd)
135Von dem bereinigten Einkommen in Höhe von 3.437,96 €
136ist der Kindesunterhalt für
137L von (Zahlbetrag) 371,00 €
138und M von 256,00 €
139gemäß der 5. Einkommensgruppe (wiederum unter Herabstufung um eine Einkommensgruppe) nach der seit dem 1.1.2009 gültigen Düsseldorfer Tabelle abzusetzen.
140Da der am 21.1.1997 geborene Kevin im Januar 2009 das 12. Lebensjahr vollendet hat, richtet sich sein Bedarf nunmehr nach der 3. Altersstufe des Tabellenwerkes.
141ee)
142Nach alledem beläuft sich das in die Ehegattenunterhaltsberechnung einzustellende Einkommen auf 2.810,96 €.
1433.
144Unterhaltsberechnung:
145a)
146Zeitraum 16.04.2008 bis 31.12.2008
147Auf der Grundlage der oben dargelegten Einkommen der Parteien übersteigt der Unterhaltsanspruch der Beklagten rechnerisch die in der angefochtenen Entscheidung ausgeurteilten 290,00 €.
148aa)
149Nach den o.a. Urteilen des Bundesgerichtshofs ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten bereits bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen. Das Einkommen des Klägers ist unter Einbeziehung des Splittingvorteils einzustellen, weil durch die Zusammenrechnung der Einkünfte und die Dreiteilung der Splittingvorteil im Ergebnis lediglich die Kürzung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten teilweise zurücknimmt.
150Wenn für den neuen Ehegatten entsprechend seinen tatsächlichen Einkommensverhältnissen kein Eigeneinkommen eingestellt wird, beläuft sich das anrechenbare Einkommen der aus den Parteien und dem neuen Ehegatten bestehenden Unterhaltsgemeinschaft auf 3.310,25 €:
151Bereinigtes Einkommen des Klägers: 2.925,96 €
152Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 417,99 €
153Zuzüglich Einkommen der Beklagten: 936,00 €
154Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 133,71 €
155Gesamteinkommen: 3.310,25 €
156Der Bedarf der Beklagten nach dem Dreiteilungsgrundsatz (3.310,25 €/3) beläuft sich dann auf 1.103,42 €.
157Nach Abzug des Eigeneinkommens der Beklagten von
158(936 € - 133,71 € Erwerbstätigenbonus) 802,29 €
159verbleibt ein ungedeckter Bedarf von 301,13 €,
160der die vom Familiengericht austitulierten 290,00 € übersteigt.
161bb)
162Da dem geschiedenen Ehegatten kein höherer Unterhaltsanspruch zugesprochen werden darf, als er ohne die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen hätte, hat der Senat eine überschlägige Kontrollberechnung durchgeführt, indem er den Unterhaltsanspruch der Beklagten ohne den Ehegattensplittingvorteil und den Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten berechnet hat.
163Der Abzug des Splittingvorteils beim Einkommen des Klägers führt zu einer monatlichen Steuermehrbelastung von 587,79 €, die allerdings durch eine höhere Steuererstattung (315,22 € monatsanteilig) und einen geringeren abzusetzenden Kindesunterhalt nach der vierten Einkommensgruppe (294 € und 244 € monatlich) teilweise kompensiert wird, weshalb sich das anzurechnende Einkommen des Klägers auf 2.489,75 €
164beläuft, woraus ein Unterhaltsanspruch der Beklagten von
165[(2.489,75 € - 936,00 €)*3/7] 665,89 €
166resultiert, der den v.g. Unterhalt nach der Dreiteilung übersteigt, weshalb zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs von (nur) 290,00 € kein Anlass besteht.
167cc)
168Dem Kläger verbleibt nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Beklagten und des neuen Ehegatten ein Selbstbehalt deutlich oberhalb des billigen Selbstbehalts von 1.000,00 € monatlich, weshalb er ausreichend leistungsfähig ist:
169Anrechenbares Einkommen des Klägers: 2.925,96 €
170Abzüglich Unterhaltsanspruch der Beklagten: 290,00 €
171Abzüglich Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten: 1.103,42 €
172Somit verbleiben dem Kläger: 1.532,54 €
173b)
174Unterhaltszeitraum ab Januar 2009:
175aa)
176Aufgrund des reduzierten anrechenbaren Einkommens des Klägers von monatlich 2.810,96 € führt die Unterhaltsberechnung nach der Dreiteilung zu einem Unterhaltsanspruch der Beklagten von nur 268,27 €, wenn beim neuen Ehegatten kein Eigeneinkommen eingestellt wird:
177Bedarfsprägendes Einkommen der Unterhaltsgemeinschaft:
178Bereinigtes Einkommen des Klägers: 2.810,96 €
179Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 401,57 €
180Zuzüglich Einkommen der Beklagten: 936,00 €
181Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 133,71 €
182Gesamteinkommen: 3.211,68 €
183Der Bedarf der Beklagten nach dem Dreiteilungsgrundsatz (3.211,68 €/3) beläuft sich dann auf 1.070,56 €.
184Nach Abzug des Eigeneinkommens von 802,29 €
185verbleibt ein ungedeckter Bedarf von 268,27 €.
186bb)
187Nach Auffassung des Senats ist jedoch der neue Ehegatte bei der Unterhaltsberechnung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung unterhaltsrechtlich bezüglich seiner Erwerbsobliegenheiten nicht anders zu behandeln als ein geschiedener Ehegatte, für den der Grundsatz der Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) gilt. Das hat im vorliegenden Fall zur Konsequenz, dass dem neuen Ehegatten des Klägers ein fiktives Einkommen im Geringverdienerbereich zuzurechnen ist, welches im Ergebnis zu einem Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger jedenfalls in der austitulierten Höhe von 290,00 € führt.
188(1)
189Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen mit der Folge, dass sogar Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten als bedarfsprägend angesehen und die Unterhaltsansprüche des vormaligen und neuen Ehegatten im Wege der Dreiteilung berechnet werden, ist auf Bedenken gestoßen (vgl. hierzu etwa Born NJW 2008, 3089; Maurer, FamRZ 2008, 1985; Graba FF 2008, 437, 445; Norpoth, FamRZ 2009, 26).
190Auch nach Auffassung des Senats hebt sie die Unterscheidung zwischen dem Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen einerseits und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen andererseits weitgehend auf und lässt sich deshalb nicht nur mit den gesetzlichen Vorgaben der §§ 1578 Abs. 1, 1581 BGB schwerlich in Übereinstimmung bringen, sondern entfernt sich auch von dem Verständnis der Ehe in der Gesellschaft, nach dem die Ehe von den Eheschließenden in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage (§ 1353 Abs. 1 BGB) als lebenslange Gemeinschaft und damit gerade nicht als eine Lebensabschnittsgemeinschaft geschlossen wird, in der bereits wegen der ihr innewohnenden zeitlichen Begrenzung die Unterhaltsansprüche zukünftiger Partner angelegt sind.
191(2)
192Bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen und des neuen Ehegatten ist verfassungsrechtlich zu beachten, dass das eheliche Pflichtenverhältnis durch die Trennung und Scheidung der Ehe zwar verändert, aber nicht beendet wird. Daraus ergibt sich, dass nicht nur die bestehende Ehe, sondern auch die Folgewirkungen einer geschiedenen Ehe, zu denen die Unterhaltsregelung gehört, durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt wird. Die geschiedene Ehe ist mit der neuen Ehe gleichwertig und gleichrangig. Es ist daher von zwei auf dieser Gewährleistung beruhenden Grundrechtspositionen auszugehen, die unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zur Entfaltung zu bringen sind (vgl. zum Vorstehenden: BVerfG, Beschluss v. 10.01.1984 – 1 BvL 5/93 – FamRZ 1984, 346; Beschluss v. 7.10.2003 – 1 BvR/246/93 – in FamRZ 2003, 1821).
193Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs nach der Dreiteilungsmethode kann in Abhängigkeit von dem Einkommengefälle zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten zu einer übermäßigen und unverhältnismäßigen Entwertung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten gem. § 1573 Abs. 2 BGB führen, wie das folgende Rechenbeispiel deutlich vor Augen führt:
194Einkommensverhältnisse:
195Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen: 3.000,00 €
196Nettoeinkommen des geschiedenen Ehegatten: 1.500,00 €
197Nettoeinkommen des neuen Ehegatten: 0,00 €
198Unterhaltsberechnung:
199Bedarfsprägendes Einkommen der Unterhaltsgemeinschaft nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/7: 3.857,14 €
200Davon 1/3 Bedarf des geschiedenen Ehegatten: 1.285,71 €
201Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten
202(1.285,71 € - 1.500 €*6/7): 0,00 €
203Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten: 1.285,71 €
204Ohne die Dreiteilung stünden dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten folgende Unterhaltsansprüche zu:
205des Unterhaltspflichtigen [(2.500 € - 1.500 €)*3/7]: 428,57 €
207(3.000,00 €*3/7): 1.285,71 €
209Der geschiedene Ehegatte muss danach eine völlige Entwertung seines Unterhaltsanspruch hinnehmen, während der neue Ehegatte das erhält, was ihm auch dann zustünde, wenn Unterhaltsschuldner keinen weiteren Ehegattenunterhaltsansprüchen ausgesetzt wäre.
210(3)
211Nach alledem ist es auf Grundlage der v.g. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit folgt, geboten, das durch die Einbeziehung des Unterhaltsanspruchs des neuen Ehegatten bereits auf der Bedarfsebene und die Dreiteilungsmethode gewonnene Ergebnis auf eine angemessene und ausgewogene Verteilung der Unterhaltsansprüche der berechtigten Ehegatten untereinander unter Berücksichtigung der mit den Unterhaltsansprüchen verbundenen Belastungen für den Unterhaltsschuldner zu überprüfen und ggf. wertend zu korrigieren.
212Ein geeignetes Mittel zur Herbeiführung angemessener und ausgewogener Ergebnisse ist bei vergleichender Betrachtung, ob und ggf. in welcher Höhe dem neuen Ehegatten, der tatsächlich über kein Erwerbseinkommen verfügt, nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung ein Erwerbseinkommen zuzurechnen ist (so auch Wendl/Staudigl-Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. A., § 4, Rnr. 399).
213(4)
214Dem neuen Ehegatten des Klägers ist unter Zugrundelegung der unterhaltsrechtlichen Maßstäbe für den geschiedenen Ehegatten zumindest ein fiktives bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 76,00 € monatlich zuzurechnen.
215Die von der Ehefrau betreuten beiden Kinder L und M sind vollendet vier und zwölf Jahre alt, weshalb einem geschiedenen betreuenden Ehegatten nach Maßgabe § 1570 BGB ein Betreuungsunterhaltsanspruch nur zusteht, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.
216Obwohl der Senat bereits in seiner Terminsverfügung dem Kläger den rechtlichen Hinweis erteilt hat, dass es für die Berechnung des Unterhalts von Belang sein kann, inwieweit der neue Ehegatte unerhaltsrechtlich zur Erwerbsausübung gehalten ist, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, welche konkreten Umstände der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im geringfügigen Umgang entgegenstehen.
217Der Kläger hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2009 darauf hingewiesen, dass das jüngste Kind hyperaktiv sei und deshalb des öfteren von seiner Ehefrau aus dem Kindergarten abgeholt werden müsse.
218Abgesehen davon, dass die Beklagte diesen nicht unter Beweis gestellten Sachvortrag zulässig mit Nichtwissen bestritten hat, genügt das Vorbringen nicht, um eine Erwerbsobliegenheit im Geringverdienerbereich, die nicht mehr als 4 Wochenstunden umfasst, zu verneinen.
219Da der Kläger außerhalb seiner Arbeitszeiten zur Kinderbetreuung zur Verfügung steht, kann seine Ehefrau in diesen Zeiten einer geringfügigen Erwerbstätigkeit, z.B. im Dienstleistungsbereich, nachgehen. Der Kläger hat keine Umstände dargetan, die einer derartigen Ausgestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit entgegenstehen oder die dafür sprechen könnten, dass seine Ehefrau nicht in der Lage ist oder keine realen Aussichten dafür hat, eine ihr zumutbare Arbeitsstelle im weiten Bereich der an- und ungelernten Tätigkeiten zu erhalten.
220Selbst bei Ansatz eines geringen Stundenlohns von nur 7,00 € für eine Aushilfstätigkeit ist lediglich ein monatlicher Arbeitsumfang von rund 14 Stunden erforderlich, um ein Einkommen von monatlich 100,00 € netto zu erwirtschaften.
221Der Ehefrau des Klägers ist nach alledem jedenfalls ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von 76,00 € zuzurechnen, das zu einem Unterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger in Höhe von 290,00 € monatlich führt, wie die nachfolgende Berechnung zeigt:
222Bereinigtes Einkommen des Klägers: 2.810,96 €
223Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 401,57 €
224Zuzüglich Einkommen der Beklagten: 936,00 €
225Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 133,71 €
226Zuzüglich Einkommen des Ehegatten: 76,00 €
227Abzüglich Erwerbstätigenbonus von 1/7: 10,86 €
228Gesamteinkommen: 3.276,82 €
229Bedarf der Beklagten nach dem Dreiteilungsgrundsatz
230(3.276,55 €/3): 1.092,27 €
231Abzüglich Eigeneinkommen der Beklagten: 802,29 €
232Somit ungedeckter Bedarf: (rund) 290,00 €
233(5)
234Dieser Anspruch nach den bedarfsprägenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten ist nicht weiter zu begrenzen.
235Wie sich aus den obigen Ausführungen [vgl. zu 3.a)bb)] ergibt, liegt der Einzelunterhaltsanspruch der Beklagten gegen den Kläger unter Außerachtlassung des Ehegattensplittingvorteils erheblich oberhalb von 290,00 € monatlich.
236Dem Kläger verbleibt zudem nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Beklagten und seines Ehegatten ein Einkommen oberhalb des billigen Selbstbehalts von 1.000,00 €:
237Anrechenbares Einkommen des Klägers: 2.810,96 €
238Abzüglich Unterhaltsanspruch der Beklagten: 290,00 €
239Abzüglich Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten
240(1.092,27 € - 76 €*6/7): 1.027,13 €
241Somit verbleiben dem Kläger: 1.493,60 €
2424.
243Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht gem. § 1578 b Abs. 1, 2 BGB herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen.
244Die Bindungswirkungen des Vortitels vom 21.08.2007 stehen der zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Unterhalts entgegen.
245Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist eine Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als behauptet wird, dass die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klagantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden seien. Konnte deswegen eine zeitliche Begrenzung des Ehegattenunterhalts bzw. seiner Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen bereits zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens vorgetragen und geltend gemacht werden, ist eine Abänderungsklage mit dem Ziel einer zeitlichen Unterhaltsbegrenzung bei gleichgebliebenen Verhältnissen wegen § 323 Abs. 2 ZPO unzulässig (BGH, Urteil v. 9.6.2004 – XII ZR 308/01 – NJW 2004, 3106 - FamRZ 2004, 1357).
246a)
247Der Kläger hätte die die zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhalts begründenden Tatsachen bereits in dem Abänderungsverfahren 20 F 167/07 Amtsgericht Marl geltend machen können und müssen:
248aa)
249Der Unterhaltsanspruch hätte bereits nach der vor dem 1.1.2008 geltenden Rechtslage trotz der langen Ehedauer von annähernd 28 Jahren zeitlich begrenzt (§ 1573 Abs. 5 BGB a.F.) und herabgesetzt werden können (§ 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.).
250Gegenstand des Abänderungsverfahrens 20 F 167/07 Amtsgericht Marl war ein Aufstockungsunterhaltsanspruch gem. § 1573 Abs. 2 BGB.
251Der Bundesgerichtshof hat bereits mit seiner Entscheidung vom 12.04.2006 XII ZR 240/03 - NJW 2006, 2401 seine Rechtsprechung zur zeitlichen Begrenzung des
252Unterhalts gem. § 1573 Abs. 5 BGB a.F. grundlegend geändert, indem er nicht mehr auf die Ehedauer als zentrales Wertungskriterium (so noch in seinem Urteil vom 9.6.2004 a.a.O.), sondern ausschlaggebend auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abgestellt hat. In der Folgezeit hat der Bundesgerichtshof diese geänderte Rechtsprechung in den Entscheidungen vom 25.10.2006 – XII ZR 190/03 – (FamRZ 2007, 200), 28.01.2007 – XII ZR 190/03 – (FamRZ 2007, 793, 800), 23.05.2007 - XII ZR 245/04 – (FamRZ 2007, 1232) und vom 27.09.2007 - XII ZR 11/05 und 15/05 - (FamRZ 2007, 2049 und 2052) fortgeführt, wobei aus den zitierten Entscheidungen hervorgeht, dass sich die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung gleichermaßen auf die Frage der Herabsetzung des Unterhalts gem. § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. erstreckt.
253bb)
254Der Kläger konnte die den gerichtlichen Vergleich vom 12.04.2005 betreffende Abänderungsklage nicht nur auf die durch die Adoption ausgelöste zusätzliche Kindesunterhaltsverpflichtung stützen, sondern auch auf die o.a. Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, weil eine Veränderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowohl die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs als auch die eines Urteils ermöglicht (vgl. BGH, Urteil v. 5.9.2001 – XII ZR 108/00 – FamRZ 2001, 1687; Urteil v. 5.2.2003 – XII ZR 29/00 – FamRZ 2003, 848).
255cc)
256Es war dem – anwaltlich vertretenen - Kläger auch ohne weiteres möglich und zumutbar, die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung in das Abänderungsverfahren einzuführen.
257Zum Zeitpunkt der Erhebung der Abänderungsklage im April 2007 waren bereits drei der o.a. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verkündet worden. Im Verlaufe des Rechtsstreits erging das weitere Urteil vom 23.05.2007. Die Änderung der Rechtsprechung des BGH, die bereits etwa ein Jahr vor der Erhebung der Abänderungsklage eingetreten war, war in den Fachzeitschriften publiziert worden und hatte einen entsprechenden Widerhall in der Literatur gefunden.
258Der Kläger hat zwar in der Klageschrift die Befristung und Herabsetzung des Unterhalts angeführt, nicht jedoch entsprechende Konsequenzen beim Klageantrag gezogen, mit dem er lediglich die Herabsetzung des Unterhalts ohne eine zeitliche Begrenzung verfolgte, weshalb für das Familiengericht kein Anlass bestand, auf die zeitliche Begrenzung des Unterhalts einzugehen.
259b)
260Die Abänderung kann nicht auf eine Veränderung der tatsächlichen Umstände (vgl. hierzu etwa BGH, Urteil v. 28.2.2007 a.a.O.; OLG Brandenburg, Urteil v. 29.4.2008 – 10 UF 124/07 – BeckRS 2008, 14222) gestützt werden.
261Denn nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung des Vorverfahrens am 31.7.2007 haben sich die für eine zeitliche Begrenzung und Herabsetzung des Unterhalts maßgeblichen Umstände nicht verändert.
262Die Ehescheidung ist seit dem 21.10.2003 rechtskräftig. Die Parteien waren bereits im Jahr 2007 in jeder Hinsicht wirtschaftlich entflochten. Kinder hatte die Beklagte nicht zu betreuen. Die Beklagte ließ sich schon seit dem Ersttitel vom 12.04.2005 ein Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zurechnen und stützte ihren Unterhaltsanspruch seitdem auf § 1573 Abs. 2 BGB. Es sind keine Tatsachen dargetan, die für eine nach Juli 2007 eingetretene größere wirtschaftliche Selbständigkeit der Beklagten sprechen könnten.
263Die wirtschaftliche Lage des Klägers hat sich seit dem Vortitel ebenfalls nicht zu seinen Lasten verändert.
264c)
265Schließlich eröffnet auch nicht die Reform der Unterhaltsrechts mit der Schaffung des § 1578 b BGB die erneute sachlich-inhaltliche Überprüfung der zeitlichen Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs.
266Maßgebend für die Abänderung von vor dem 1.1.2008 errichteten Unterhaltstiteln ist insoweit § 36 Abs. 1 Nr. 1, 2 EGZPO.
267Nach dieser Vorschrift eröffnet das geänderte Unterhaltsrecht die Möglichkeit der Titelanpassung nur, wenn und soweit sich der Abänderungskläger auf Umstände berufen kann, die zwar vor der Gesetzesänderung entstanden waren, jedoch im jeweiligen Einzelfall erst auf Grund der Gesetzesänderung erheblich geworden sind und zu einer wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führen.
268Im Übrigen verbleibt es bei dem durch den Vortitel geschaffenen Bindungen, weshalb Alttatsachen, die bereits im vorherigen Rechtsstreit hätten vorgebracht werden können und denen nach dem veränderten Unterhaltsrecht keine andere Bedeutung zukommt, nicht erneut geltend gemacht werden können (vgl. Wendl/Staudigl-Schmitz, § 10, Rnr. 176 b; Palandt-Brudermüller a.a.O., Rnr. 16 zu Einf II v. § 1569 BGB).
269Infolgedessen beseitigt, soweit sich die maßgeblichen tatsächlichen Grundlagen nicht verändert haben und der Vortitel aus einer Zeit stammt, in der die v.g. geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs gem. § 1573 BGB wirksam geworden und publiziert worden ist, § 36 Abs. 1 Nr. 1, 2 EGZPO nicht die Bindungswirkungen des Vortitels (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 4.12.2008 – 6 UF 40/08 – unter juris.de; OLG Bremen, Beschluss v. 24.6.2008 – 4 WF 68/08 – NJW 2008, 3074; OLG Dresden, Beschluss v. 4.7.2008 – 20 WF 574/08 – NJW 2008, 3073; Palandt-Brudermüller a.a.O; Borth, FamRZ 2006, 813.; a.A.: z.B. Heumann, FamRZ 2007, 178).
270Wie vorangehend dargelegt, hätte der Kläger bereits im Rechtsstreit des Vortitels die zeitliche Begrenzung oder Herabsetzung des Unterhalts geltend machen können und müssen. Die für das Begehren maßgeblichen tatsächlichen Umstände haben sich seitdem nicht verändert. Der neu geschaffene § 1578 b BGB enthält zur Begrenzung und Befristung keine über die v.g. Rechtsprechung hinausgehenden Kriterien, die im Sinne des klägerischen Begehrens wirken könnten. Vielmehr ließe sich im Gegenteil zu Lasten des Klägers im Rahmen der gem. § 1578 b BGB gebotenen umfassenden Billigkeitsabwägung anführen, dass nach der Rechtslage ab dem 1.1.2008 der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten im vollen Umfang Berücksichtigung findet mit der Konsequenz im vorliegenden Fall, dass sich die aus dem streitgegenständlichen Unterhaltsanspruch resultierende finanzielle Belastung deutlich (um mehr als die Hälfte der ursprünglichen Anspruchshöhe) vermindert hat.
271III.
272Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
273IV.
274Der Senat hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die im Zusammenhang mit der Berechnung des Unterhalts und der zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung des Unterhalts stehenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).