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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 10.6.2008 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund abgeändert.
1.
a) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr die C GmbH betreffend die Bauvorhaben M-Straße, ####1 M4, und M2-Straße, ####1 M4, in Rechnung gestellt hat, an die C gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung des jeweiligen Anspruchs der Klägerin auf Er¬stattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
b) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr die Firma T, Inhaber Herr S, K-Straße, ####4 M4, mit Rechnung vom 13.10.2004 (Nr. ######) und mit Rechnung vom 4.11.2005 (Nr. ######) in Rechnung gestellt hat, an die Firma T gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung des jeweili¬gen Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
c) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr Herr N, L-Straße, ####2 E, mit Rechnung vom 8.11.2005 (Nr. ######) in Rechnung gestellt hat, an Herrn N gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung des jeweiligen Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
d) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr Herr L2, K2-Straße, ####3 X, mit Rechnung vom 4.11.2005 (Nr. #######) in Rechnung gestellt hat, an Herrn L2 gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung des jeweiligen Anspruchs der Klägerin auf Er¬stattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
e) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr die Firma M & M5, C-Straße ####4 M4, mit Rech¬nung vom 14.9.2005 (Nr. ####) in Rechnung gestellt hat, an die Firma M & M5 gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung des jeweiligen Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
f) Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle entstandenen und noch entstehenden Nachteile zu er¬setzen, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin Umsatzsteuer, welche ihr Herr L, T-Straße, ####4 M4, mit Rechnung vom 25.1.2005 (Nr. #) in Rechnung gestellt hat, an Herrn L gezahlt und nicht statt dessen an den Fiskus abgeführt hat, und zwar Zug um Zug ge¬gen Abtretung des jeweiligen Anspruchs der Klägerin auf Erstattung der an den Rechnungsteller jeweils geleisteten Umsatzsteuerbeträge.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Annahme des An-gebots der Klägerin zur Abtretung von Forderungen gemäß dem Antrag zu 1. in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheits¬leistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betra-ges abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen fehlerhafter Steuerberatung in Anspruch.
4Die Beklagten sind mit der Lohn- und Finanzbuchhaltung der Klägerin betreut und erstellten auch die monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für sie.
5Die Klägerin ist u.a. als Generalbauunternehmerin tätig gewesen und hat sich von anderen Firmen als Subunternehmern Bauleistungen erbringen lassen. Auch in der Zeit nach der Neufassung des § 13 b UStG zum 1.4.2004 beglich die Klägerin die Rechnungen der Subunternehmer einschließlich der ausgewiesenen Umsatzsteuer an die Rechnungsteller - von denen eine, die Fa. C GmbH, 2006 insolvent geworden ist - und führte insofern 2004 und 2005 keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Das Finanzamt M2 beanstandete dies anlässlich einer Außenprüfung im März/April 2007 und erließ am 9.7.2007 korrigierte Umsatzsteuerbescheide für 2004 und 2005.
6Die Klägerin hat behauptet, weder die Beklagten noch Dritte hätten sie auf die ihr nicht bekannte Neuregelung des § 13 b UStG hingewiesen, jedenfalls habe es kein Distanzschreiben gegeben, nachdem die Klägerin mit ihrer bisherigen Praxis bezüglich der Umsatzsteuer fortgefahren sei.
7Die Klägerin hat beantragt, wie nunmehr erkannt, d.h. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr die Nachteile zu ersetzen, die ihr daraus entstanden sind, dass sie bezüglich mehrerer Gläubiger die Umsatzsteuern an diese Firmen und nicht an das Finanzamt abgeführt hat; zudem hat sie hilfsweise beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von der Inanspruchnahme aus den entsprechenden Umsatzsteuerschulden für die Jahre 2004 und 2005 freizustellen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
8Die Beklagten haben behauptet, der Beklagte zu 3) habe die Klägerin im März 2004 eingehend über die Neuregelung des § 13 b UStG belehrt, der beratungsresistente Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Klägerin sei jedoch der festen Ansicht gewesen, § 13 b UStG sei auf die Klägerin nicht anwendbar. Auch die Mitarbeiterin der Subunternehmerin Fa. C, die Zeugin S2, habe den Geschäftsführer darauf hingewiesen, dass eigentlich Nettorechnungen erforderlich seien, was dieser jedoch abgelehnt habe.
9Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Zwar sei die Neuregelung des § 13 b UStG auf die Klägerin anwendbar und die Beklagten seien verpflichtet gewesen, die Klägerin auf die Änderung hinzuweisen. Es könne jedoch nicht festgestellt werden, dass dies nicht geschehen sei. Schon die Angaben des Geschäftsführers der Klägerin hierzu seien weniger überzeugend gewesen als die des Beklagten zu 3). Die Vernehmung der Zeuginnen P und S2 habe ebenfalls nicht dazu geführt, dass eine Pflichtverletzung festgestellt werden könne. Die Angaben der Zeugin P stünden schon im Widerspruch zum Vortrag der Angaben des Geschäftsführers der Klägerin und seien insgesamt sehr schwer nachzuvollziehen. Die Aussage der Zeugin S2 habe nicht ergeben, dass die Vorschrift im Hause der Klägerin unbekannt gewesen sei; sie habe sehr ausweichende und wenig eindeutige Antworten gegeben.
10Gegen das Urteil wendet sich die Berufung der Klägerin, wobei in der Berufungsschrift von den Beklagten lediglich die Beklagte zu 1) ausdrücklich aufgeführt ist.
11Soweit das Landgericht davon ausgegangen sei, dass eine Beratungspflicht nicht bestanden habe, weil der Geschäftsführer ausreichende Kenntnisse aus den Medien und durch das Mandantenrundschreiben gehabt habe, sei dies fehlerhaft, da weder das eine noch das andere die fachkundige Beratung durch den Steuerberater ersetze und der Geschäftsführer der Klägerin sich von der Neuregelung nicht berührt gefühlt habe. Die Kenntnis des Rundschreibens werde weiterhin bestritten. Die Angaben des Beklagten zu 3) bei der persönlichen Anhörung vor dem Landgericht als wahr unterstellt reichten für eine Beratung nicht, da sie zu allgemein gehalten gewesen seien. Jedenfalls habe die Beklagte ihre Überwachungspflicht verletzt, da sie die fehlerhafte Umsatzsteuerpraxis der Klägerin erkannt und nicht darauf hingewiesen habe. Es sei den Beklagten möglich gewesen, eine Klärung des Anwendungsbereichs des § 13 b UStG durch Einholung einer verbindlichen Auskunft bei der Finanzverwaltung herbeizuführen und dieser hierzu beispielsweise den mit der Fa. C geschlossenen Vertrag vorzulegen. Es gelte die Vermutung des beratungsrichtigen Verhaltens, die durch die Beweisaufnahme erster Instanz nicht widerlegt sei.
12Die Klägerin stellt nach Rücknahme von zunächst wie in erster Instanz zudem hilfsweise geltend gemachten Freistellungsanträgen den dem Tenor des Urteils entsprechenden Antrag.
13Die Beklagten beantragen Zurückweisung der Berufung und verteidigen das angefochtene Urteil. Am 27.2.2004 sei eine umfassende und konkret auf die Klägerin bezogene Beratung zu der Neuregelung des § 13 b UStG erfolgt. Dabei habe der Geschäftsführer der Klägerin nach Belehrung erklärt, die neue Vorschrift sei auf die Klägerin nicht anwendbar, da die Klägerin im Wesentlichen Planungs-, Überwachungs- und Beratungsleistungen und ähnliches erbringe, aber nicht als Bauträger tätig sei. Die Beklagten hätten anhand der Rechnungen der Gläubiger nicht erkennen können, ob die Rechnungsstellung des Ausstellers der Rechnung korrekt gewesen sei.
14Die Beklagten hätten erst Ende des Kalenderjahres 2004 Kenntnis von dem Inhalt des Vertrages mit der Fa. C erhalten und nicht gewusst, dass die Klägerin Verträge dieser und ähnlicher Art abschloss. Nach ihrem Kenntnisstand hätten die Voraussetzungen, die das ###-Schreiben vom 31.3.2004 für die Anwendbarkeit der Neuregelung aufstellte, in Bezug auf die Klägerin nicht vorgelegen, da diese im maßgeblichen vorangegangenen Kalenderjahr 2003 nicht mehr als 10 % der steuerbaren Umsätze als Bauleistungen erbracht habe.
15Zudem habe der Beklagte zu 3) die Klägerin auch nach Bekanntwerden des ###-Schreibens vom 31.3.2004 über die Neuregelung und deren Anwendungsbereich mit dem Inhalt des ###-Schreibens unterrichtet. Hierzu sei an besonders ausgewählte Mandanten eine Powerpoint-Präsentation versandt worden, die auch die Klägerin auf ihrem e-Mail account erhalten habe. Sie vertreten die Auffassung, es sei Sache der Klägerin gewesen, die Beklagten darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mit dem Abschluss des C Vertrages Neuland betreten habe und konkrete Beratung einzufordern, wenn nach der Powerpoint-Präsentation noch Fragen offen geblieben seien.
16Die Einholung einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts habe nicht eingeholt werden können, zum einen da dies nur bei noch nicht verwirklichten Sachverhalten möglich sei und nicht bei schon durchgeführten wie hier mit der Fa. C, zum anderen mangels Kenntnis der Beklagten von den maßgeblichen Verträgen.
17Es fehle eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt die Klägerin in Anspruch nehmen wird, und damit ein kausaler Schaden.
18II.
191.
20Die Berufung ist in Bezug auf alle drei Beklagten eingelegt worden, auch wenn in der Berufungsschrift nur die Beklagte zu 1) ausdrücklich aufgeführt ist.
21An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind keine strengen Anforderungen zu stellen (Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 519 Rn. 8), und in dem auch hier gegebenen Fall, dass in erster Instanz mehrere Streitgenossen gegen den Rechtsmittelführer obsiegt haben, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochten Entscheidung, soweit der Rechtsmittelführer durch sie beschwert ist, also gegen alle Beklagten, insbesondere wenn wie hier als Rechtsmittelgegner der im Urteilsrubrum an erster Stelle stehende genannt ist (BGH WM 1969, 863; Musielak/Ball a.a.O.; siehe auch BGH NJW 1988, 1204). Dass sich die Berufung gegen alle drei Beklagten richten sollte, ist endgültig durch die Berufungsanträge klargestellt worden, die lauten "die Beklagten als Gesamtschuldner" zu verurteilen.
222.
23Die Berufung ist begründet.
24a)
25Die Beklagten haben ihre Pflichten aus dem Steuerberatervertrag verletzt, § 280 Abs. 1 BGB.
26aa)
27Unstreitig hat zwischen den Parteien ein Dauersteuerberatervertrag bestanden und hat die Beklagte zu 1) für die Klägerin die Umsatzsteuervoranmeldungen durchgeführt.
28bb)
29Die Beklagten waren aufgrund des Steuerberatungsvertrages wie vom Landgericht zu Recht angenommen verpflichtet, die Klägerin auf die Änderungen bezüglich der Umsatzsteuer im Zusammenhang mit der Einführung des neuen § 13 b UStG hinzuweisen.
30Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagten die Einzelheiten der in der Vergangenheit von der Klägerin mit ihren Kunden abgeschlossenen Verträgen kannte. Für alle Beteiligten war jedenfalls ersichtlich, dass die Klägerin in einem Bereich tätig war, der
31Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG in der Fassung der Neuregelung), betraf. Auch wenn Planungs- und Überwachungsleistungen in der Vorschrift ausgenommen sind, war für die Beklagten klar erkennbar, dass die Klägerin schon bisher zumindest möglicherweise und jedenfalls künftig von der Vorschrift betroffen sein konnte. Der Beklagte zu 3) hat in erster Instanz bei der Anhörung vom 19.6.2008 ausdrücklich zugestanden, dass unstreitig sei, dass die Klägerin "zumindest auch Bauleistungen erbringt" (Seite 3 des Protokolls), und nicht bestritten, hiervon Kenntnis gehabt zu haben, vielmehr hat der Beklagte zu 3) weiter angegeben, dem Geschäftsführer der Beklagten im März 2004 gesagt zu haben, er könnte unter § 13 b UStG fallen und solle dafür sorgen, dass seine Kunden Nettorechnungen erstellen sollten (Seite 5 des Protokolls). Dies entspricht auch dem von den Beklagten selbst vorgelegten Aktenvermerk vom 24.4.2007 (Bl. 315 h GA), in dem der Beklagte zu 3) festgehalten hat, dass er den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bereits 2004 darauf hingewiesen habe, dass nach "unserer" Auffassung die Kläger "Bauleister" sei.
32Dementsprechend haben die Beklagten die Klägerin ja auch nach eigenem Vortrag am 27.2.2004 umfassend zu der, zu diesem Zeitpunkt noch geplanten, Neuregelung des § 13 b UStG beraten, und hat die Klägerin im Juni 2004 nach dem Vortrag der Beklagten zu den ausgewählten (!) Mandanten gehört, die von ihr die zu § 13 b UStG erstellte Powerpoint-Präsentation per e-Mail erhielt.
33cc)
34Die Beklagten sind ihrer Beratungsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen, wobei dahin stehen kann, ob die von ihr für den 27.2.2004 behauptete ausführliche Beratung wie vom Landgericht angenommen tatsächlich statt gefunden hat.
35Denn jedenfalls waren sie verpflichtet, die Klägerin über den Inhalt des Schreibens des ### vom 31.3.2004 zu unterrichten, in dem unter Nr. 14 die konkreten Umstände aufgeführt wurden, unter denen die Finanzverwaltung von Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ausgehen würde, nämlich wenn
36"der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10% der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen hat, oder der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EStG vorlegt." wobei "Unternehmer, die im Zeitpunkt der an sie ausgeführten Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG keine nachhaltigen Umsätze nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbracht haben, als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner sind, selbst wenn sie im weiteren Verlauf des Kalenderjahres derartige Umsätze erbringen."
37Eine ausreichende Unterrichtung über das ###-Schreiben vom 31.3.2004 ist nicht erfolgt. Dabei kann dahin stehen, ob die Beklagten der Klägerin tatsächlich wie nunmehr behauptet per e-Mail eine Powerpoint-Präsentation zu der Neureglung haben zukommen lassen, wobei ihr Geschäftsführer noch in erster Instanz zu Protokoll gegeben hat, er habe es bei vor dem 31.3.2004 erfolgten Beratung belassen und sei auch in den Folgejahren nicht wieder auf das Thema zu sprechen gekommen; auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 12.12.2008 ist weder eine Powerpoint-Präsentation noch deren Übersendung per e-Mail angegeben, sondern lediglich auf Rundschreiben verwiesen worden.
38Belehrungen sind angesichts der Kompliziertheit und Unübersichtlichkeit der steuerrechtlichen Materie grundsätzlich mündlich zu erteilen (Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 4. Aufl., Rn 263). Zwar kann im Ausnahmefall auch eine schriftliche Belehrung reichen, die von den Beklagten nach ihrer Behauptung gewählte Methode der Versendung einer Powerpoint-Präsentation mittels e-Mail genügt jedenfalls grundsätzlich nicht. Dies zum einen, weil nicht sichergestellt ist, dass der Empfänger der e-Mail diese überhaupt zur Kenntnis nimmt. Da für den Steuerberater nicht auszuschließen ist, dass eine e-Mail in der Masse der elektronischen Post übersehen wird und "untergeht", kann schon die Mitteilung per e-Mail nur erfolgen, wenn kontrolliert wird, ob der Empfänger diese nicht nur erhalten, sondern auch ihre Bedeutung erfasst und den Inhalt zur Kenntnis genommen hat. Dies ist nicht geschehen.
39Zudem muss die steuerliche Beratung auf den Einzelfall bezogen sein. Auch dies war hier nicht der Fall, da die Beklagten nach eigenem Vortrag eine Powerpoint-Präsentation an einen "ausgewählten" Kreis von Mandanten versandt haben, auf die konkreten Umstände der Klägerin hierbei also nicht eingegangen sein können.
40Gerade wenn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin zuvor sicher gewesen sein sollte, dass die Klägerin nicht erfasst war, weil sie überwiegend Planungs- und Überwachungsleistungen erbracht hatte, musste ein konkreter Hinweis erfolgen, dass nunmehr genauere Informationen vorlagen, denn eine derartige Fehleinschätzung konnte mit dem ###-Schreiben, das die Anwendbarkeit des § 13 b UStG schon bei lediglich 10 % Bauleistungen annahm, korrigiert werden.
41b)
42Die unzureichende Beratung war auch kausal für die fehlerhafte Handhabung der Umsatzsteuern.
43Hierfür spricht die Vermutung beratungsentsprechenden Verhaltens.
44Aus den Erklärungen des Geschäftsführers der Klägerin vor dem 31.3.2004, also zu einer Zeit, als es das ###-Schreiben noch nicht gab, kann nicht auf dauerhafte Beratungsresistenz auch bei Vorhalt des maßgeblichen Schreibens geschlossen werden.
45c)
46Bezüglich der in Insolvenz gegangenen Firma C droht ein Schaden, da die Klägerin ernsthaft befürchten muss, die Umsatzsteuer ans Finanzamt zahlen zu müssen und gegenüber der Fa. C möglicherweise keine, jedenfalls keine volle, Rückzahlung zuviel gezahlter Beträge durchsetzen zu können.
47Gegenüber anderen, nicht insolventen Firmen sind zwar keine konkreten Gefahren eines Schadens erkennbar, es droht aber die Verjährung und es reicht, wenn Schäden auch nur entfernt möglich sind (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 256 Rn 8 a).
48Die Klägerin verweist auf Zinsschäden und drohende Skontoverluste sowie Rechtsverfolgungskosten. Dies genügt.
493.
50Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO sowie §§ 708 Nr 10, 711 ZPO.
514.
52Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann, sondern betrifft lediglich eine Frage im Einzelfall.
53Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung des Revisionsgerichts erfordert sie nicht, da der Fall keine Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt. ZPO, und nicht zu befürchten ist, dass Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO.