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Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.212,20 € festgesetzt.
Gründe
2Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27, 29 FGG), aber unbegründet.
3Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss der ersten Beschwerde der Beteiligten stattgegeben und durch seine in der Hauptsache getroffene Entscheidung die vom Amtsgericht angeordnete Nachlasspflegschaft aufgehoben. Die weitere Beschwerde beanstandet im Ergebnis ohne Erfolg, dass die Kammer jedenfalls ausdrücklich nicht zusätzlich über ihr bereits im Erstbeschwerdeverfahren angebrachtes Begehren entschieden hat, die Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Amtsgerichts festzustellen. Diesem Antrag hat das Landgericht nicht entsprechen wollen, weil es erkennbar abschließend über die erste Beschwerde der Beteiligten hat entscheiden wollen. Die fehlende ausdrückliche Begründung in der Entscheidung des Landgerichts zu diesem Begehren ist unschädlich, weil der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren die Zulässigkeit der Erstbeschwerde von Amts wegen zu überprüfen hat (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FG, 15. Aufl., § 27 Rn. 15). Diese Prüfung führt hier zu dem Ergebnis, dass die erste Beschwerde der Beteiligten in Ansehung dieses Feststellungsantrags unzulässig ist. Diese Beurteilung beruht auf den folgenden Erwägungen:
4Für das vorliegende Verfahren findet gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG noch das FGG Anwendung. Dieses enthält für ein Verfahren, das auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung gerichtet ist, keine Grundlage (vgl. Keidel/Kahl, a.a.O., § 19 Rdn. 85; zum Rechtszustand seit dem 01.09.2009 siehe § 62 FamFG). Die Beschwerdebefugnis beschränkt sich danach auf das Begehren auf Beseitigung einer fortbestehenden Rechtsbeeinträchtigung, die sich aus dem Entscheidungssatz der angefochtenen Entscheidung ergibt. Unter Geltung des FGG hat die fachgerichtliche Rechtsprechung aus Art. 19 Abs. 4 GG abgeleiteten Vorgaben des BVerfG folgend einen solchen Feststellungsantrag in Verbindung mit einer Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung allerdings unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen. In der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. hierzu die Übersicht bei Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 62 Rn. 1 ff.) ist unter dem Aspekt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ein solcher Feststellungsantrag bei einer Wiederholungsgefahr, im Hinblick auf ein Rehabilitationsinteresse sowie in Fällen eines schwerwiegenden Grundrechtseingriffs zugelassen worden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt.
5Eine Wiederholungsgefahr besteht vorliegend ersichtlich nicht. Auch setzt die Anordnung der Nachlasspflegschaft nach § 1960 Abs.1 BGB lediglich ein objektiv zu bestimmendes Sicherungsinteresse hinsichtlich des Nachlasses voraus. Die Bejahung eines solchen Interesses impliziert nicht notwendig einen Vorwurf gegenüber den vorhandenen Erbprätendenten. Tatsächlich enthält der amtsgerichtliche Beschluss auch keine solche Herleitung eines Sicherungsbedürfnisses.
6Auch ein schwerwiegender Grundrechtseingriff liegt hier nicht vor. Von einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff in diesem Sinne wird gemeinhin nur ausgegangen, wenn ein Grundrecht tangiert wird, für das das GG – ggf. auch das einfache Recht - Eingriffe unter Richtervorbehalt stellt (BeckOK-GG/ Epping/Hillgruber, Stand 2009, Art.19 Rn. 81), insbesondere also das Freiheitsgrundrecht und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art.104, 13 GG). Die Anordnung der Nachlasspflegschaft greift in die durch Art. 2 und 14 GG geschützte vermögensrechtliche Handlungsfreiheit der Erben bzw. Erbprätendenten ein, indem diesen zum einen die rechtliche oder tatsächliche Handlungsbefugnis hinsichtlich des Nachlasses entzogen werden kann und zum anderen ein Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers gegen den Nachlass begründet wird. Eine derartige rein wirtschaftliche Beeinträchtigung kann einem schwerwiegenden Grundrechtseingriff im vorgenannten Sinn unter den hier vorliegenden Umständen nicht gleichgestellt werden. In die Handlungsbefugnis hinsichtlich noch vorhandener Nachlassgegenstände oder Surrogate ist vorliegend, soweit ersichtlich, schon nicht effektiv eingegriffen worden, da der Nachlasspfleger diese tatsächlich nicht in Besitz genommen hat.
7Die Belastung mit einer Kostenforderung ist kein Eingriff in den Schutzbereich des Art.14 GG (vgl. BVerfG NJW 1997, 1975). Eine solche Belastung ist vielmehr regelmäßig allein an Art. 2 Abs.1 GG zu messen. Der Schutzbereich dieser Grundrechtsnorm ist indes derart weit, dass hier nicht jedem Eingriff ein besonderes Gewicht im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beigemessen werden kann. Eine anderweitige Beurteilung müsste nämlich zu einer sachlich nicht mehr eingrenzbaren, uferlosen Ausweitung zulässiger Feststellungsanträge neben dem Beschwerdebegehren in der Hauptsache führen. Soweit das Bundesverfassungsgericht bei einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG (Bestellung eines Kontrollbetreuers mit dem Aufgabenkreis des Widerrufs einer Vorsorgevollmacht) von einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse ausgegangen ist (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 2260), hat es hierbei auf zusätzliche Gesichtspunkte, nämlich den konkreten, den Rechtsschutz behindernden Verfahrensablauf sowie die auf die höchstpersönliche Eingriffsrichtung abgestellt. Letzteres kommt bei einer rein wirtschaftlichen, die Existenz nicht gefährdenden Belastung nicht zum Tragen. Auch aus der hier überlangen Verfahrensdauer ist allein kein besonderes grundrechtsrelevantes Feststellungsinteresse abzuleiten.
8Die Antragsfassung (Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Nachlasspflegschaft bezogen auf den Anordnungszeitpunkt) lässt deutlich werden, dass es der Beteiligten maßgebend um die Beseitigung ihrer wirtschaftlichen Belastung mit den Kosten der Nachlasspflegschaft, insbesondere also der Vergütung des bestellten Pflegers, geht. In diesem Zusammenhang ist die erkennbar werdende rechtliche Vorstellung der Beteiligten, durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung der Pflegschaft werde der Vergütungsanspruch gegen den Nachlass beseitigt, unzutreffend. Denn der Vergütungsanspruch des Pflegers ist nach gefestigter Rechtsprechung nicht davon abhängig, dass die Anordnung der Pflegschaft zu Recht erfolgt ist (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 267; NJW-RR 1995, 391; Staudinger/Marotzke, BGB, Stand 2008, § 1960 Rdn.35a jew. m.w.N.), entfällt also mit der Aufhebung der Pflegschaft lediglich für die Zukunft. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit entfaltet zwar in einem Zivilprozess, in dem der Beteiligte eine Entschädigung für die vollzogene Maßnahme (etwa nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB) geltend macht, eine Bindungswirkung (BGH NVwZ 2006, 960). Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen, in der Hauptsache bereits aufgehobenen (oder erledigten) Entscheidung kann sich aber nicht allein aus dem Bestreben des Beschwerdeführers ergeben, eine Bindungswirkung für eine etwaige spätere gerichtliche Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen herbeizuführen.
9Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde beruht auf §§ 131, 30 KostO. Sie orientiert sich an der Höhe der von dem Nachlasspfleger geltend gemachten Vergütung, die die Beteiligte durch ihr Rechtsmittel abwehren will. Zu einer Entscheidung über eine amtswegige Abänderung der Wertfestsetzung der landgerichtlichen Entscheidung gem. § 31 Abs. 1 S. 2 KostO sieht der Senat entgegen dem Vorbringen der Beteiligten keinen Anlass. Die Beteiligte ist durch die Wertfestsetzung des Landgerichts nicht beschwert, da wertabhängige Gerichtsgebühren aufgrund des sachlichen Erfolgs ihres Rechtsmittels nicht zu erheben sind (§ 131 Abs. 1 S. 2 KostO) und sie anwaltlich nicht vertreten ist.