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Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte T pp. wird der Beschluss des Amtsgerichts Bottrop vom 05.10.2005 bezüglich der Festsetzung des Streitwerts für die Ehescheidung abgeändert.
Der Streitwert für die Ehescheidung wird auf 3.500,- € festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
2Die Beschwerde, mit der die Rechtsanwälte der Antragsgegnerin die Erhöhung des Streitwerts für die Ehescheidung von 2.000,- € auf 4.670,40 € erstreben, ist gemäß § 68 GKG zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 200,- € überschritten, der sich nach der Differenz richtet, die sich ergibt, wenn man die Wahlanwaltsgebühren nach dem festgesetzten und dem angestrebten Streitwert vergleicht.
3Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet. Der gemäß § 48 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, insbesondere der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien sowie des Umfangs und der Bedeutung zu bestimmende Streitwert liegt höher als das Amtsgericht angenommen hat, erreicht aber nicht den von den Beschwerdeführern erstrebten Wert.
41.
5Der Senat hat – wie es auch das Amtsgericht für richtig gehalten hat – seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, dass der Streitwert der Ehescheidung bei Bewilligung von ratenfreier Prozesshilfe für beide Parteien nur mit dem Mindestwert von 2.000,- € bemessen werden könne, denn nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.08.2005 (NJW 2005, S. 2980) ist diese Rechtsprechung mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Vielmehr muss auch in den Fällen der Bewilligung
6ratenfreier Prozesskostenhilfe das von den Eheleuten in den letzten drei Monaten vor Klageerhebung erzielte Einkommen Ausgangpunkt der Wertbemessung sein.
7Dabei ist der Beschwerde Recht zu geben, dass nicht nur die Erwerbseinkünfte der Parteien in die Berechnung einzustellen sind, sondern auch das an die Antragsgegnerin gezahlte Wohngeld von 177,- €. Zwar besteht grundsätzlich Einigkeit, dass (subsidiäre) Sozialleistungen kein für die Streitwertfestsetzung relevantes Einkommen sind (OLG Karlsruhe FamRZ 2002, S. 1135 mit weiteren Nachweisen), Wohngeld ist aber keine solche Sozialleistung, sondern unterhaltspflichtiges Einkommen. Die unterhaltsrechtliche Problematik, dass unvermeidbar hohe Wohnkosten gegenzurechnen sind, kann für die Streitwertfestsetzung schon aus Gründen der Praktikabilität keine Rolle spielen.
8Der vom Antragsteller gezahlte Unterhalt ist hingegen nicht gesondert als Einkommen auf Seiten der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, denn er ist aus dessen Erwerbseinkommen aufzubringen, das bereits in die Berechnung eingestellt ist.
92.
10Der Senat folgt der Praxis, für jedes unterhaltsberechtigte Kind ohne Rücksicht auf die tatsächliche Höhe der Unterhaltsansprüche einen Pauschalbetrag abzusetzen, der sowohl den Bar- wie den Betreuungsbedarf umfasst (Zöller/Herget, ZPO, 25. Auflage, § 3, Rdnr. 16, Stichwort "Ehesachen"; OLG Karlsruhe, a.a.O.). Der Senat hält für angemessen, die schon im Jahr 2000 mit 500,- DM pro Kind angenommene Pauschale (OLG Düsseldorf, FamRZ 2001, S. 432) auf 300,- € anzuheben (so auch der Vorschlag bei Zöller, a.a.O., § 3, Rdnr. 16, Stichwort "Ehesachen").
11Weil damit auch der Betreuungsaufwand mit abgegolten ist, kommt aber entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht in Betracht kommt, den Pauschalbetrag von 300,- € bei beiden Eheleuten als Abzugsposten zu berücksichtigen.
12Wird die Unterhaltslast für die Kinder berücksichtigt, ist andererseits auch das zur Erleichterung der Unterhaltslast gezahlte Kindergeld als Einkommen zu anzurechnen.
133.
14Wie Schulden bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen sind, ist zwar umstritten, mit dem Zweck, das Verfahren möglichst unkompliziert und rasch ablaufen zu lassen, ist aber nur vereinbar, Schulden ohne Rücksicht auf ihre Höhe, ihren Entstehungsgrund oder einen vorhandenen Gegenwert abzusetzen (Zöller, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O.).
15Die Höhe der von den Parteien auf die Verbindlichkeiten zu zahlenden Raten ist nachgewiesen.
164.
17Demnach ergibt sich folgende Berechnungsbasis:
18Einkommen des Antragstellers 1.266,00 €
19Erwerbseinkommen der Antragsgegnerin 360,00 €
20Wohngeldbezug 177,00 €
21Kindergeld 308,00 €
222.111,00 €
23./. Unterhaltslasten für zwei Kinder 600,00 €
24./. Ratenzahlungen Antragsteller 153,00 €
25./. Ratenzahlungen Antragsgegnerin 77,00 €
26anrechenbares Einkommen 1.281,00 €
27* 3 3.843,00 €
285. Abschläge:
29Dieser Ausgangswert ist je nach Beurteilung der weiteren Kriterien des § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG anzuheben oder abzusenken. Da das Verfahren bezogen auf die Vermögensverhältnisse der Parteien, den Umfang und die Zeitdauer als unterdurchschnittlich einzustufen ist, bezogen auf die Bedeutung für die Parteien unter Berücksichtigung der Ehedauer und der Betroffenheit zweier Kinder hingegen nur als leicht überdurchschnittlich, hält der Senat für gerechtfertigt, den Ausgangswert auf 3.500,- € zu reduzieren.