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Die Berufung des Klägers gegen das am 07.09.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer IV des Landgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte zu 100 % auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihm infolge eines Verkehrsunfalls vom 21.02.2003 gegen 6.15 Uhr auf der P-Straße in Höhe X entstanden ist. Zu dieser Zeit befuhr der Kläger mit seinem Pkw Audi A 4 die P-Straße in Richtung C. In Höhe der Abfahrt X lief das im Eigentum der Beklagten zu 1) stehende Pferd X1 vor das Fahrzeug, mit dem es kollidierte. Das Pferd wurde anschließend aufgrund der erlittenen Verletzungen eingeschläfert.
4Der Beklagte zu 1) hatte dieses Pferd bei den Beklagten zu 2) und 3) untergestellt. Diese hatten die beiden ihnen vom Beklagten zu 1) übergebenen Pferde auf einer im Innenbereich des Hofes gelegenen Koppel stehen, die an drei Seiten durch angrenzende Gebäude bzw. durch eine Mauer eingefriedet ist und an einer Kopfseite mit einem Zaun. Innerhalb der Koppel hatten die Beklagten zu 2) und 3) einen Elektrozaun aufgestellt. Nach dem Unfall wurde festgestellt, daß der Elektrozaun heruntergetreten war und sich Kratzspuren an dem flachsten Teil des Mauerstückes befanden, was die Beklagten zu der Vermutung führt, daß die beiden von dem Beklagten zu 1) übergebenen Pferde an dieser Stelle aufgrund panikartiger Erregung ausgebrochen waren.
5Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte zu 1) hafte als Halter des unfallursächlichen Pferdes gem. § 833 S. 1 BGB, die Beklagten zu 2) und 3) als Tierhüter gem. § 834 BGB.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat den Beklagten zu 1) als Nutztierhalter angesehen und hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) zugrundegelegt, daß diese die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt als Tierhüter beachtet hätten. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
7II.
8Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens.
91.
10Der Beklagte zu 1) haftet nicht nach § 833 S. 1 BGB. Er hat hinreichende Umstände dafür vorgetragen, die die sichere Überzeugung begründen, daß es sich bei den bei den Beklagten zu 2) und 3) untergestellten Pferden um betriebszugehörige Tiere seines Gestütes handelte und auch deren Veräußerung betriebswirtschaftlich abgerechnet worden wären. Etwaige Zweifel sind jedenfalls deshalb gegenstandslos geworden, weil der Beklagte zu 1) im Senatstermin vom 02.03.2005 betriebswirtschaftliche Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, daß es sich um Zuchttiere handelte. Durch die Unterbringung der Tiere bei den Beklagten zu 2) und 3) verloren diese nicht ihre Eigenschaft als Nutztiere. Die beiden Islandponys gehörten weiterhin zum Betriebsvermögen. Es bestehen nach allem keine Zweifel und Unklarheiten im Hinblick auf deren Eigenschaften, die eine Anwendung des § 833 S. 1 BGB ausschließen (vgl. OLG Koblenz NJWRR 1992, 476).
11Eine Haftung des Beklagten zu 1) nach § 833 S. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Grundsätzlich haftet der Halter eines Haustieres, das seinem Beruf dient, auch für Schäden, die das Tier nach seinem Entlaufen anrichtet, sofern dem Halter nicht der Beweis gelingt, daß ihn hinsichtlich des Entlaufens kein Verschulden trifft (vgl. BGH LM Nr. 4 Bl. 1; OLG Frankfurt VersR 1982, 908; LG Köln NJWRR 2001, 1606). Der Entlastungsbeweis ist geführt, wenn der Tierhalter, dessen Tier den Schaden verursacht hat, bei der Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtete. Maßgebend ist, wie sich ein durchschnittlich gewissenhafter Tierhalter unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles verhalten hätte. Dabei muß er nicht jeder abstrakten Gefahr durch Vorbeugemaßnahmen Rechnung tragen. Vielmehr bedarf es nur solcher Sicherungsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf und die ihm den Umständen nach zumutbar sind, um andere Personen vor Schäden zu bewahren (BGH VersR 1976, 1087; BGH NJWRR 1990, 789; BGH NJW 1992, 981).
12Hier liegt die Besonderheit vor, daß der Beklagte zu 1) als Erwerbstierhalter die unmittelbare Aufsicht über das schadensverursachende Pferd Dritten, nämlich den Beklagten zu 2) und 3) übertragen hatte. In einem solchen Fall ist der Entlastungsbeweis dahingehend zu führen, daß der Tierhalter eine für die Aufsicht geeignete Person auswählt, dem Dritten die erforderlichen Sicherungsanweisungen erteilt und deren Einhaltung überwacht (OLG Hamm NJWRR 1995, 599; Wussow/Terbille, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., Kap. 11, Rn. 66). Da sich konkrete Eigenschaften des unfallverursachenden Pferdes, seiner Anlagen und seine allgemeine Gefährlichkeit nicht ausgewirkt haben, ist der Entlastungsbeweis des Beklagten zu 1) dann geführt, wenn die Beklagten zu 2) und 3) mit ihrem Betrieb allgemein als zuverlässig gelten und wenn keine, für den Beklagten zu 1) erkennbaren Sicherheitsmängel bei der Unterbringung der Tiere vorlagen. Davon kann im Streitfall ausgegangen werden. Die Beklagten zu 2) und 3) führen einen fachspezifischen Betrieb, den der Beklagte zu 1) seit langem kannte. Bedenken im Hinblick auf die Zuverlässigkeit bestanden nicht. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Der Beklagte zu 1) hat auch darüber hinaus vorgetragen, daß er sich über die Einrichtungen vergewissert hatte und seine Pferde dort erwartungsgemäß sicher untergebracht seien. Dies war wie noch darzulegen ist jedenfalls augenscheinlich auch der Fall. Die Tiere waren auf einer eingefriedeten Koppel untergebracht, die dem äußeren Anschein nach hinreichenden Sicherheitsanforderungen genügte. Sicherheitsmängel hätten selbst bei intensivsten Kontrollen des Beklagten zu 1) nicht festgestellt werden können, wenn man zugrunde legt, daß der Beklagte zu 1) die Unterbringung auf der hier in Rede stehenden Koppel in Augenschein genommen und inspiziert hätte. Sicherheitsmängel hätte der Beklagte zu 1) nämlich nicht feststellen können, wenn er häufiger kontrolliert hätte, da auch der Sachverständige Y1 die Anlage der Koppel und die Einrichtungen, die ein Ausbrechen der Tiere verhindern sollten, für ausreichend angesehen hatte. Im Übrigen durfte der Beklagte zu 1) sich auch auf den allgemein guten Ruf der Beklagten zu 2) und 3) verlassen, den er mit den Bescheinigungen des Inhabers des Gestüts X2 vom 08.09.2003, der Bescheinigung der Dipl.-Reitpädagogin Y vom 09.09.2003 und der Zeugnisse der Beklagten zu 2) und 3) (Bl. 27 ff d.A.) überzeugend dargelegt hat.
132.
14Der Anspruch gegen die Beklagten zu 2) und 3) aus § 843 BGB ist ebenfalls nicht begründet.
15Nach dieser Bestimmung ist derjenige für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der in § 833 BGB bezeichneten Weise zufügt, der für den Tierhalter die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt. Gem. § 834 Abs. 2 BGB tritt die Verantwortlichkeit nicht ein, wenn der Tierhüter sich zu entlasten vermag. Den Tierhüter trifft deshalb keine Gefährdungshaftung sondern immer nur eine Haftung kraft vermuteten Verschuldens.
16Tierhüter ist derjenige, der in Bezug auf die allgemeine Gewalt und Aufsicht über das Tier eine dem Tierhalter ähnliche Stellung einnimmt, sofern die Führung der Aufsicht vertraglich begründet wurde. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Beklagten zu 2) und 3) hatten es im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit als GbR übernommen, die Tiere in ihren Betrieb aufzunehmen, bis diese verkauft seien. Dem lag kein Gefälligkeitsverhältnis, sondern eine echte, übernommene Vertragspflicht zugrunde.
17Die Anforderungen an den Entlastungsbeweis entsprechen denjenigen, die auch den Halter eines Nutztieres treffen. Die Beklagten zu 2) und 3) haften daher dann nicht, wenn ihnen der Beweis gelingt, daß sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der Beaufsichtigung der Tiere des Beklagten zu 1) beachtet haben (BGH VersR 1976, 1087; BGH NJWRR 1990, 789). Der Entlastungsbeweis ist im Streitfall insbesondere darauf gerichtet, daß die Tiere sicher untergebracht waren und sie kein Verschulden dafür trifft, daß es ihnen möglich war, auszubrechen. Dieser Beweis ist geführt.
18a)
19Grundsätzlich gilt, daß Umzäunungen von Koppel und Weiden gegenüber einem panikartigen Ausbrechen von Pferden Schutz bieten müssen (vgl. BGH a.a.O.; OLG Hamm VersR 1980, 197; Thüringer OLG NZV 2002, 464). Diese Rechtsprechung darf jedoch nicht dahin mißverstanden werden, daß eine absolute Sicherheit vor dem Ausbrechen von Pferden von Überwindung der Weideeinfriedungen zu gewährleisten ist. Üblich sind Holz, Stacheldraht- oder Elektroeinfriedungen. Der BGH hat sich mit der Frage, ob ein Elektrozaun ausreichend ist, auseinandergesetzt (vgl. BGH a.a.O.) und dazu ausgeführt, daß die Anforderungen erfüllt sind, wenn er nach Anbringung, Stromstärke, Isolation, Erdungsfreiheit und laufender intensiver Überwachung hinsichtlich der normalen Hütefunktion die Gewähr dafür bietet, daß bei Berührung des Elektrodrahtes die notwendige Stromstärke vorhanden ist und der Elektrozaun damit einem Stacheldrahtzaun oder einem Knoten vergleichbar die Pferde vor dem Ausbrechen abschreckt; nur bei besonderen Umständen kann es erforderlich sein, ein höheres Maß an Sorgfalt und höhere Anforderungen an die Einfriedung zu stellen. Der BGH hat die Frage offengelassen, ob ein Elektrozaun auch die Schutzfunktion erfüllt, die er zur Sicherung Dritter vor der Tiergefahr erfüllen muß. In der Regel bietet daher schon ein Elektrozaun eine hinreichende Sicherung gegen Ausbruchsversuche von Pferden, wenn sie keinen geringeren Schutz als herkömmliche Drahtzäune bietet, weil erfahrungsgemäß Pferde größere Angst vor einem Elektrozaun haben als vor einem Drahtzaun (OLG Celle VersR 1977, 453). Diese Auffassung hat auch der in erster Instanz hinzugezogene Sachverständige Y1 vertreten. Nach dessen Ausführungen haben Pferde in der Regel größere Angst vor einem Elektrozaun als vor einem Drahtzaun, der zwar mit physisch größerer Kraft überwunden werden muß, der aber die Tiere erfahrungsgemäß nicht in einem höheren Maße abschreckt. Der Sachverständige Y1 hat dazu ferner festgestellt, daß in Panik geratene, galoppierende Pferde ohne Schwierigkeiten auch einen Drahtzaun umreißen und ausbrechen können. Der Senat kommt deshalb zu der Auffassung, daß ein insgesamt ordnungsgemäß errichteter und überwachter Elektrozaun einen in der Regel hinreichend sicheren Schutz gegenüber Ausbruchsversuchen von Pferden bietet, der jedenfalls nicht hinter herkömmlichen Drahtzäunen zurückbleibt (vgl. auch Wussow/Terbille a.a.O., Rn. 57).
20Die Beklagten zu 2) und 3) konnten auch nach den weiteren hier vorliegenden Umständen nicht damit rechnen, daß es den ohnehin niedrigeren Islandponys mit einem Stockmaß von 1,3 m gelingen würde, die vorhandenen Sicherungseinrichtungen auch unter panikartigem Einfluß, zu überwinden. Anhand der vorgelegten Fotodokumentation und der Skizzen ist festzustellen, daß es sich bei der Koppel, auf der sich die Tiere des Beklagten zu 1) befanden, um eine weitestgehend durch angrenzende Gebäude geschützte Weidefläche handelte. An der Stirnseite Zugangsseite befand sich eine Zaunanlage, die den Sicherheitsanforderungen genügte und über die die Pferde auch nicht entkommen sind, weil sich hier keinerlei Beschädigungen gezeigt haben. Die Toranlage war unversehrt und es ist aufgrund der vorhandenen Spuren, die die Pferde bei ihrem Ausbruch hinterlassen haben, als gesichert anzusehen, daß sie an der Kopfseite entkommen sind, also über die Mauer neben dem Stallanbau. Dazu mußte zunächst der im Innenbereich aufgestellte Elektrozaun überwunden werden. Die Zeugin M hat ausgesagt, daß sie abends gegen 18.00 Uhr diese Einrichtung kontrolliert und die Funktionsfähigkeit des Elektrozauns festgestellt hatte. Das Verhalten der Ponys sei unauffällig gewesen, so daß es keinen Anlaß gegeben habe, Sicherheitsbesorgnisse zu haben.
21Aufgrund der Aussage der Zeugin M ist es ferner als gesichert anzusehen, daß die Schleifspuren auf der Mauer vorhanden waren, wie sie sich aus den überreichten Fotos ergeben, für die als einziger plausibler Grund der Ausbruch der Pferde an dieser Stelle in Betracht kommt. Daß die Elektroeinfriedung niedergerissen wurde, beruhte offensichtlich auf einer panikartigen Flucht. Die Auswertung dieser Spuren durch den Sachverständigen Y1 hat es auch wenn dieser vorsichtig formulierte als praktisch erwiesen angesehen, daß die Pferde über den flachsten Teil des Mauerstücks entkommen sind, das an dieser Stelle aber auch noch eine beträchtliche Höhe hatte, so daß nicht ohne weiteres mit einem Ausbruch gerade hier zu rechnen war.
22Zweifel an der Zuverlässigkeit der Zeugin M und der Richtigkeit ihrer Aussage sowie Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen Y1 bestehen nicht.
23Im Gesamtbild bot die Anlage der Koppel und die vorhandenen Sicherheitsanlagen ein günstiges Bild. Es war praktisch nach allen Seiten eine doppelte Sicherung vorhanden, nämlich zum einen durch die Elektrosperranlage im Innenbereich, wie auch durch die angrenzenden Mauern und Außenwände der Gebäude und die unversehrte Zaunanlage an einer der Stirnseiten. Der Senat verkennt nicht, daß an den Entlastungsbeweis nach § 834 Abs. 3 BGB grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. Thüringer OLG NZV 2002, 464, 465), diese Anforderungen wurden jedoch im vorliegenden Fall durch die Doppelsicherung erfüllt. Nach den oben dargelegten Grundsätzen war nicht damit zu rechnen, daß es den Islandponys gelingen werde, auch im Falle einer aus unbekannten Gründen einsetzenden Panik, die Koppel zu verlassen. Vielmehr durfte ein in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch die Sicherungseinrichtungen als ausreichend ansehen, um auch unter solchen Umständen einen Ausbruchversuch der Tiere zu verhindern. Offenkundige Gefahren, die eine solche Panikattacke auf die Pferde auslösen konnten bestanden nicht. Die P-Straße ist mehrere 100 m entfernt, so daß außergewöhnlicher Verkehrslärm in dem auch sonst geschützten Innenbereich nicht zu erwarten war.
24Die Tiere waren an diese Koppel bereits gewöhnt, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Zeugin M2 die Pferde bereits zwei Wochen dort standen. Außerdem handelte es sich, wie der Sachverständige Y1 ferner dargelegt hat um ihrem Charakter nach unauffällige Tiere, die gerade kein besonderes Gefahrenpotential im Hinblick auf Panikattacken aufweisen.
25Nach allem sieht der Senat zugunsten der Beklagten zu 2) und 3) den Entlastungsbeweis als geführt an.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, 713 ZPO.