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Die Berufung des Beklagten gegen das am 12. August 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die erstinstanzliche Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
T a t b e s t a n d
2Die am 6.2.1997 geborene Klägerin begehrt die Feststellung, daß der Beklagte ihr Vater und zur Zahlung des Regelunterhalts verpflichtet ist. Sie hat behauptet, der Beklagte habe ihrer Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt, und zwar nur er. Er habe auch für einige Monate Unterhalt an ihre Mutter gezahlt.
3Der Beklagte hat zwar den Geschlechtsverkehr mit der Mutter der Klägerin eingeräumt, jedoch behauptet, sie habe auch mit den Zeugen H3 und C2, Mitarbeitern in seinem Hotel, verkehrt.
4Das Amtsgericht hat den Beklagten angehört und die Zeugin L, die Mutter der Klägerin, sowie den vom Beklagten zur mündlichen Verhandlung gestellten Zeugen H3 eidlich vernommen. Es hat dann beschlossen, ein serologisches Sachverständigengutachten einzuholen, und den Beklagten zur Abgabe einer Blutprobe beim örtlichen Gesundheitsamt im Anschluß an die mündliche Verhandlung aufgefordert. Der Beklagte hat zwar seine generelle Bereitschaft zur Abgabe einer Blutprobe erklärt, die sofortige Blutentnahme aber abgelehnt. Das Amtsgericht hat am Schluß der Sitzung den Beweisbeschluß aufgehoben und dem Antrag auf Vaterschaftsfeststellung stattgegeben. Es hat dazu ausgeführt, daß zwar auf Grund der Aussagen der Zeugen nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen sei, ob auch der Zeuge H3 mit der Mutter der Klägerin verkehrt habe, daß der Beklagte aber die Klärung dieser Zweifel durch Verweigerung der sofortigen Blutabgabe vereitelt habe. Die gerichtliche Aufforderung sei gerechtfertigt gewesen, weil die Mutter der Klägerin die Befürchtung geäußert habe, der Beklagte könne im Falle der Blutentnahme in Spanien seine Beziehungen dazu nutzen, die Blutprobe eines anderen Mannes unterzuschieben.
5Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er im wesentlichen geltend macht, daß die Annahme der Beweisvereitelung nicht gerechtfertigt, der weitere Beweis durch Sachverständigengutachten also nach wie vor einzuholen sei, um die wegen des Mehrverkehrsverdachtes bestehenden Zweifel an seiner Vaterschaft zu erhärten oder auszuräumen.
6Der Senat hat gemäß § 358a ZPO bereits vor der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Einholung eines Blutmerkmalegutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das DNA Gutachten des Direktors des Instituts für Rechtsmedizin der Universität N Prof. Dr. C vom 14.11.2000 Bezug genommen. Der Senat hat weiteren Beweis erhoben durch Einbeziehung des Zeugen H3 in die Abstammungsbegutachtung. Insoweit wird auf das DNA-Gutachten desselben Sachverständigen vom 25.1.2002 Bezug genommen. Die am 17.10.2000 beschlossene Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen C2 konnte nicht durchgeführt werden, weil der Zeuge nicht erreicht werden konnte.
7Entscheidungsgründe
8Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine schwerwiegenden Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten bestehen.
9Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergibt sich aus § 640 a Abs. 2 ZPO. Sie erstreckt sich gemäß Art. 5 Nr. 2 EuGVÜ auch auf den bislang nicht beschiedenen Unterhaltsanspruch.
10In der Sache ist gemäß Art. 224 § 1 Abs. 1 EGBGB, Art. 20 Abs. 1 S. 1 EGBGB a.F. deutsches Recht als Heimatrecht der Mutter anzuwenden, und zwar in der Fassung vor Inkrafttreten des KindRG, also § 1600 o BGB a.F., inhaltlich übereinstimmend mit § 1600 d BGB n.F. Danach ist als Vater zu vermuten, wer in der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Mutter des Kindes verkehrt hat, es sei denn, es lägen schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft vor. Das Amtsgericht hätte also noch keine Vaterschaftfeststellung treffen dürfen, denn die von ihm selbst eingeräumten, auf der Behauptung des Beklagten und der Aussage des Zeugen H3 beruhenden Zweifel waren nicht ausgeräumt. Die Verweigerung der sofortigen Blutentnahme bei gleichzeitig erklärter grundsätzlicher Bereitschaft zur Blutabgabe rechtfertigte keinen Zwischenstreit nach Maßgabe der §§ 372 a Abs. 2, 386, 387 ZPO und damit auch nicht die Annahme der Beweisvereitelung im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 1986, 2371; 1993, 1391, Senatsurteil v. 26.4.1994 IPRspr. 1994 Nr. 113). Den Befürchtungen der Mutter der Klägerin, der Beklagte könne in Spanien die Blutprobe manipulieren, lagen - soweit ersichtlich - keine konkreten Verdachtsmomente zugrunde. Der Gefahr hätte auch durch die Bitte auf sorgfältige Indentitätsüberprüfung im Rechtshilfeersuchen hinreichend begegnet werden können, zumal im Rechtshilfeverkehr mit Spanien die deutschen Auslandsvertretungen mitwirken dürfen, die ihre Vertrauensärzte mit der Blut- oder Speichelabnahme beauftragen können.
11Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme bestehen keine begründeten Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten. Das DNA-Gutachten weist für ihn eine Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99,993 % aus. Die Vaterschaft des Zeugen H3 ist aufgrund des weiteren DNA-Gutachtens ausgeschlossen. Der Frage, ob der Zeuge C2 als Vater in Betracht kommt, braucht der Senat nicht nachzugehen, weil der Zeuge nicht erreicht werden konnte. Es kann dahinstehen, ob der Beweisantrag analog § 244 Abs. 1 StPO wegen der Unerreichbarkeit des Beweismittels zurückgewiesen werden kann (vgl. BGH NJW 1991, 2961, 2063), weil eine ladungsfähige Anschrift fehlt, denn der Beklagte hat die Ladungsfähigkeit des Zeugen unter der von ihm zunächst angegebenen Anschrift, die mit der im Schriftsatz vom 22.3.2002 mitgeteilten Anschrift nahezu identisch ist, auf ausdrückliche Anfrage des Gerichts gerade nicht bestätigt. Selbst wenn der Zeuge unter dieser Anschrift grundsätzlich doch erreicht werden kann, muß gemäß § 356 ZPO ungeachtet des Amtsermittlungsprinzips auf die Beweiserhebung verzichtet werden, weil die Fortsetzung der Bemühungen, den Zeugen zu erreichen, zur Verzögerung des Verfahrens führt. Die Bemühungen des Gerichts, den Zeugen noch vor dem Termin durch den deutschen Konsul vor Ort vernehmen zu lassen, sind ergebnislos geblieben. Die Fristsetzung im Beschluß vom 17.10.2000 gemäß § 356 ZPO war das richtige Mittel, den Beklagten zur Nennung der Zeugenanschrift anzuhalten (vgl. BGH NJW 1993, 1926). Die Vorschrift kann auch im Kindschaftsverfahren angewendet werden. Die nach § 640 Abs. 2 ZPO entsprechend anwendbare Vorschrift des § 611 Abs. 2 ZPO schließt nur die Vorschriften zur Verfahrensbeschleunigung aus (Musielak/Borth, 3. Aufl., § 611 Rz. 10). Wenn aber die §§ 275 Abs. 1 S. 2 u. 273 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anwendbar bleiben (vgl. Zöller/Philippi, § 611 Rz. 8), kann für § 356 ZPO nichts anderes gelten. Eine Verspätungssanktion kennt auch das Eheverfahren in § 615 ZPO, auf den § 640 Abs. 2 ZPO für das Kindschaftverfahren Bezug nimmt.
12Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ist dem Amtsgericht im Rahmen des Schlußurteils vorzubehalten, weil es nur über einen Teil der Klage entschieden hat und das Verfahren fortsetzen muß. Ausweislich des Protokolls vom 12.8.1999 hat der Klägervertreter den vollen Antrag aus der Klageschrift gestellt und die Parteivertreter im Berufungsverfahren haben auf Nachfrage des Gerichts auch nichts Gegenteiliges erklärt. Ohne Anschlußberufung hat der Senat keinen Anlaß, die Entscheidung über den Unterhalt gegen den erklärten Willen der Beklagten an sich ziehen.