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Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.01.1999 verkündete Urteil der 41. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Die Parteien können die Sicherheit durch eine unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank leisten.
Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000,00 DM.
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Verletzung eines Auskunftsvertrages und aus § 816 Abs. 2 BGB auf Zahlung in Anspruch.
3Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits sind Arbeiten an einem Bauabschnitt des Bauvorhabens "B" (Parkhaus, Ladenflächen und Obergeschosse mit Büros). Bauherrin war die Firma C2 GmbH (früher firmierend unter J GmbH). Das Objekt war bereits vor Abschluss des Bauwerkvertrages mit notariellem Vertrag vom 17.10.1994 (spätere Änderung am 19.07.1995) zum Nettopreis von 20.706.000,00 DM an die Firma L KG (Erwerberin) verkauft worden; das war beiden Prozeßparteien bekannt. Mit Bauwerkvertrag vom 04.11.1994, der von der Klägerin und der D GmbH (= Arbeitsgemeinschaft B, H-Vertrag vom 14.02.1995, Anlage K 131) übernommen am 14.02.1995 wurde - erteilte die Bauherrin den Bauauftrag unter Zugrundelegung einer Vergütung von 15.346.750,00 DM brutto ( 13.345.000 DM netto). Gegenstand des Vertrages waren u.a. auch die AGB der Fa. D, die unter Ziffer 10 u.a. einen Eigentumsvorbehalt am gelieferten Material und, für den Fall des Eigentumsverlustes an einen neuen Eigentümer, die Abtretung aller der Bauherrin gegen diesen zustehenden Ansprüche an den Bauunternehmer vorsah. Der Bauwerkvertrag war der Beklagten bekannt, nicht jedoch die in ihm in Bezug genommenen AGB der Firma D. Eine ausdrückliche Anzeige der Abtretung durch die Klägerin an die Beklagte erfolgte erstmals am 22.04.1996.
4Über das Vermögen der Firma D GmbH wurde das Konkursverfahren eröffnet. Nach dem diesbezüglichen Antrag vom 09.08.1995 hat die Klägerin entsprechend Ziffer 24.1 des Arbeitsgemeinschaftsvertrages mit Schreiben vom 10.08.1995 der Firma D den Ausschluß aus der Arbeitsgemeinschaft erklärt, den Auftrag alleine zu Ende geführt und dies der Bauherrin am 11.08.1995 mitgeteilt.
5Die Beklagte hat auf der Grundlage des Darlehensvertrages vom 13.12.1994 mit der C2 GmbH die Finanzierung dieses Bauabschnitts übernommen. An sie sind die von der Klägerin gestellten Erfüllungsbürgschaften abgetreten worden (inzwischen zurückgegeben). Gesichert wurde die Beklagte einmal durch die Zweitabtretung der Kaufpreisforderung der Bauherrin gegen die Erwerberin und zum anderen durch zwei Grundschulden an dem bebauten Grundstück in Höhe von 5 Mio. und von 13,4 Mio. DM, jeweils mit 16 % Zinsen. mit Schreiben vom 20.03.1995 an die Bauherrin hat die Beklagte eine Finanzierungszusage erteilt, mit der Bitte, darüber entsprechend dem Bauwerkvertrag die Klägerin zu informieren. Entsprechend dem Baufortschritt hat die Beklagte aus dem Darlehen an die Klägerin bis einschließlich August 1995 mehrere Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt 8,16 Mio. DM netto geleistet. Danach erhielt sie von der Bauherrin keine Zahlungsanweisung mehr; es erfolgte keine Zahlung mehr. Nach dem Ausbleiben weiterer Abschlagszahlungen trotz Mahnungen drohte die Klägerin der Bauherrin im Oktober 1995 mit der Einstellung der Bauarbeiten. Sie setzte diese erst fort, nachdem ihr die Bauherrin eine dieser erteilte neue Zahlungszusicherung der Beklagten vom 14.11.1995 mit ausdrücklicher Angabe der darin enthaltenen Generalunternehmervergütung zugeschickt hatte. Mit Schreiben vom 01.12.1995 und 20.05.1996 teilte die Klägerin der Bauherrin die Fertigstellung des Bauvorhabens mit und forderte diese zur Abnahme auf. Es erfolgte keinerlei Reaktion. Mitte Dezember 1995 nahm die Erwerberin - die Firma L KG - mit einem Sachverständigen eine Begehung des Objekts vor, übernahm es und nutzt es seitdem. Sie zahlte aus dem Kaufpreis von 20.706.000,00 DM netto auf das Kreditkonto der Bauherrin bei der Beklagten nach deren Angaben in Teilbeträgen von 5.206.000,00 DM und 11.568.490,26 DM insgesamt 16.774.490,26 DM netto. Die Klägerin geht aufgrund einer unklaren Erklärung der Beklagten von einer vollen Zahlung des Kaufpreises aus. Nach Zahlung dieses Betrages hat die Beklagte die das Darlehen sichernden Grundschulden freigegeben.
6Die Bauherrin C2 GmbH hat im Mai 1996 Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt. Das Verfahren ist am 01.08.1996 eröffnet worden. Die im vorliegenden Rechtsstreit der Bauherrin gegenüber erklärte Streitverkündung ist dem Verwalter zugestellt worden. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.
7Die Klägerin hat der Bauherrin am 10.06.1996 die Schlußrechnung erteilt und diese auch der Beklagten übersandt. Am 13.06.1996 hat sie die Beklagte aufgefordert, ihre Eintrittspflicht dem Grunde nach anzuerkennen.
8Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte hafte ihr einmal aus ungerechtfertigter Bereicherung, zum anderen auf Schadensersatz aufgrund der Verletzung eines sogenannten Auskunftsvertrages. Sie geht davon aus, nach Ausschluß der Fa. D aus der Arbeitsgemeinschaft alleine anspruchsberechtigt zu sein und Anspruch auf Zahlung gegen die Erwerberin aufgrund ihrer erstrangigen Abtretung der Ansprüche gegen die Erwerberin des Grundstücks, die L KG gehabt zu haben. Diese Forderung sei nach Übernahme des Objekts durch die Erwerberin auch fällig geworden. Die ihr obliegenden Leistungen habe sie in vollem Umfang erbracht. Sie hat weiter gemeint, die Beklagte habe die Zahlung nicht als bloße Zahlstelle der Bauherrin entgegengenommen, sondern für sich selbst. Sie sei ungerechtfertigt bereichert und müsse das Geld herausgeben. Die Beklagte hafte letztlich aufgrund des mit den gegebenen Finanzierungszusicherungen geschaffenen Vertrauens, insbesondere, weil sie die sich abzeichnende Zahlungsunfähigkeit der Bauherrin habe erkennen können und die Klägerin darüber nicht informiert habe.
9Die Klägerin hat beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.884.987,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 29.04.1997 zu zahlen.
11Die Beklagte hat beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie hat gemeint, ein eventueller Anspruch stehe der Klägerin nicht alleine zu sondern zusammen mit der Firma D. Die an sie erfolgte Abtretung von Ansprüchen der Bauherrin gegen die Erwerberin sei nicht wirksam vereinbart worden und erfasse allenfalls den Materialanteil. Weiter sei sie selbst nicht Empfängerin der Zahlungen der Erwerberin geworden, sondern habe nur als Zahlstelle der Bauherrin fungiert; soweit doch von einer Bereicherung auszugehen sei, sei ihrerseits wieder eine Entreicherung aufgrund geleisteter Zahlungen, Tilgung des Kredits und Stellung von Bürgschaften eingetreten.
14Soweit die Beklagte Nachtragsforderungen der Klägerin bestritten hatte, hat sie das zum Teil fallen gelassen; und wegen der Restforderung der Klägerin hat sich der Streit durch das Anerkenntnis von Kürzungen und Fallenlassen anderer Forderungen durch die Klägerin erledigt.
15Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat das Landgericht der Klage teilweise stattgegeben. Es hat im wesentlichen ausgeführt, Ansprüche der Klägerin ließen sich nicht aus Vertrag oder Vertragspflichtverletzungen herleiten. Der Anspruch sei aber aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 816 Abs. 2 BGB, teilweise begründet, da die Sicherungsabtretung von Ansprüchen der Bauherrin gegen die Erwerberin wirksam sei.
16Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie bezweifelt weiter die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie verteidigt das angegriffene Urteil, soweit es vertragliche Ansprüche und Schadensersatzansprüche verneint. Sie ist der Ansicht, Ansprüche aus § 816 Abs. 2 BGB bzw. der analogen Anwendung der Vorschrift bestünden nicht. Die Klägerin sei nicht als Berechtigte im Sinne der Vorschrift anzusehen, jedenfalls sei, wenn die Klägerin aufgrund von Ziffer 10 der AGB zum Bauwerkvertrag Inhaberin der Kaufpreisforderung geworden sei, eine ursprüngliche Übersicherung festzustellen, die nach § 138 Abs. 1 BGB zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führe. Im übrigen erhebt sie Einwendungen zur Höhe der zuerkannten Forderung, jedenfalls sei die Beklagte entreichert.
17Die Beklagte beantragt,
18unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Sie verteidigt das angefochtene Urteil
22Wegen des Vortrags der Parteien im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die weiteren Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
23II.
24Die Berufung der Beklagten ist begründet.
25Die Klägerin ist zwar entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert, ihr stehen jedoch Zahlungsansprüche weder aus c.i.c. bzw. pVV eines Auskunftsvertrages, aus sonstigen vertraglichen Verhältnissen noch aus § 816 BGB zu.
261.
27Die Klägerin hat mit Vereinbarung vom 14.02.1995 (Bl. 4, 29 d.A.) gemeinsam mit der Fa. D GmbH (D) – zusammengeschlossen zur Arbeitsgemeinschaft B - als neue Auftragnehmerin den Bauwerkvertrag zwischen der Bauherrin (J mbH) und der Bietergemeinschaft D GmbH sowie der F vom 04.11.1994 mit allen Rechten und Pflichten übernommen. Am 09.08.1995 hat die D Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt, die am 27.09.1995 mangels Masse abgelehnt wurde. Nach den Regelungen des H-Vertrages zwischen der Klägerin und der D (vom 14.02.1995, Anlage K 131) in § 23 Unterpunkte 62 u. 77 sowie § 24 UP 1 scheidet der Gesellschafter bei Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens mit dem Tage der Ablehnung aus und die Geschäfte (Rechte und Pflichten pp) werden von dem verbleibenden Gesellschafter ohne weiteren Übertragungsakt weitergeführt. Damit ist die Klägerin grundsätzlich zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt.
282.
29Die Klägerin hat jedoch keine Ansprüche gegen die Beklagte aus der Verletzung eines Auskunftsvertrages. Zwischen den Parteien kann ein Auskunftsvertrag zustande gekommen sein. Auf entsprechende Anfragen der Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.1995 (Bl. 54 d.A.) an die C2 mitgeteilt, dass die Gesamtfinanzierung sichergestellt sei und dass nach Baufortschritt ausgezahlt werden soll, worüber die C2 die Klägerin informieren sollte. Da der Beklagten bekannt war, dass diese Information für die Klägerin von besonderem Interesse war, kann auf der Basis der Entscheidung des XI. Senats des Bundesgerichtshofes (Urt. vom 07.07.98, ZIP 98, 1434; WM 98, 1771, bestätigt durch Urteil vom 05.12.2000, WM 2000,134) angenommenen werden, dass ein Auskunftsvertrag zustande gekommen ist. Es ist aber nicht erkennbar, dass die erteilte Auskunft falsch gewesen ist. Die Finanzierung war, wie die Beklagte versichert hat, sichergestellt und die Auszahlung des Werklohnes hätte nach Baufortschritt erfolgen können.
30Davon abgesehen hätte eine etwaige Verletzung der Verpflichtung, richtige Auskünfte zu erteilen, auch nicht ohne weiteres zu einem Anspruch auf Bezahlung der noch ausstehenden Abschläge geführt. Die Klägerin hätte daher also, da nur das Vertrauensinteresse zu ersetzen ist, im einzelnen darlegen müssen, welche Arbeiten sie nicht mehr ausgeführt hätte, wenn die Beklagte eine andere Auskunft erteilt hätte.
31Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt in diesem Schreiben auch keine Zusage zur abschlagsweisen Auszahlung seitens der Beklagten. Diese hat lediglich mitgeteilt, dass entgegen ursprünglicher Vereinbarung mit der C2 eine solche Auszahlung von ihr akzeptiert werde. Sie wollte sich dagegen nicht selbst zur abschlagsweisen Zahlung verpflichten. Dass sie eine solche Zahlungsweise verhindert hätte, und zwar entgegen etwaigen Anweisungen der C2, ist nicht vorgetragen. Die Beklagte hat sich in dem Darlehensvertrag vom 13.12.1994 (Anlage K 82) zwar die Rechte aus dem I-Vertrag abtreten lassen, hat aber die Pflichten nicht von der C2 übernommen.
323.
33Der Klägerin stehen darüber hinaus aber auch keine bereicherungsrechtlichen Ansprüche gegen die Beklagte insbesondere nicht solche aus § 816 Abs. 2 BGB zu.
34Soweit das Landgericht dazu ausgeführt hat, der Klageanspruch ergebe sich allein aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten, die gemäß § 816 Abs. 2 BGB zur Herausgabe des an sie gezahlten Kaufpreises verpflichtet sei, weil der Kaufpreisanspruch zunächst der Klägerin und erst später der Beklagten abgetreten worden sei, vermag der Senat dem erstinstanzlichen Urteil nicht zu folgen. Die Klägerin ist entweder nicht Inhaberin der Kaufpreisforderung geworden oder die Abtretung des Kaufpreisanspruchs der Bauherrin gegen den Erwerber des Grundstücks zur Sicherung der Forderungen der Klägerin nach Ziffer 10 Abs. 3 der AGB zum Bauwerkvertrag vom 04.11.1994 ist wegen sog. ursprünglicher Übersicherung unwirksam, § 138 BGB.
35a)
36Die Klägerin ist als Rechtsnachfolgerin der Bietergemeinschaft und der Arbeitsgemeinschaft nicht Inhaberin der Forderung aus der Veräußerung des Grundstücks, auf dem das Bauvorhaben verwirklicht werden sollte, und damit nicht Berechtigte im Sinne von § 816 Abs. 2 BGB geworden. Die Abtretung ist zwar in Ziffer 10 Abs. 3 der AGB, die nach § 3 b) des Bauwerkvertrages vom 04.11.1994 (Bl. 15 d.A.) Inhalt des Vertrages geworden sind, vorgesehen. Dort heißt es, „ ... oder veräußern Sie das Grundstück vor dem Ausgleich unserer Forderungen, so treten Sie schon jetzt alle Ihnen daraus entstehenden Ansprüche gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer an uns ab, ...“. Soweit die Beklagte meint, aus dem Umstand, dass Ansprüche gegen den „Grundstückseigentümer“ gerichtet wären, ergebe sich, dass der Kaufpreis schon entrichtet sein müsse, weil der Erwerber üblicherweise erst nach Zahlung also Erfüllung als Eigentümer eingetragen werde, folglich nur erfüllte Ansprüche abgetreten worden sein könnten, kann ihr nicht gefolgt werden. Ein sinnvolles Verständnis der Abtretungsregelung erscheint nur möglich, wenn man sie dahin interpretiert, dass im Falle der Veräußerung die Ansprüche gegen den Erwerber abgetreten sein sollen.
37Es handelt sich bei der Klausel allerdings um eine AGB-Regelung, die die Verwenderin standardmäßig bei allen von ihr übernommenen Bauaufträgen vereinbarte. Mit den Regeln sollten somit Standardsitutionen erfasst werden. Diese sind dadurch geprägt, dass der Bauherr zumindest zu Beginn der Bauleistungen noch Grundstückseigentümer ist oder es während der Ausführung der Bauarbeiten wird. Jedenfalls setzt die Formulierung „vor dem Ausgleich unserer Forderungen“ logisch voraus, dass die nicht ausgeglichenen Forderungen des Bauunternehmers vor der Veräußerung des Baugrundstücks durch den Bauherrn überhaupt entstanden sind. Nicht erfasst ist hingegen der Fall, dass das Grundstück - wie hier - bereits veräußert ist, bevor überhaupt der Bauwerkvertrag abgeschlossen worden ist und auszugleichende Forderungen des Bauunternehmers entstanden sind. Zum Zeitpunkt der Veräußerung bestanden noch keine auszugleichenden Forderungen des Bauunternehmers.
38Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob Eigentumsvorbehalte (in verlängerter oder erweiterter Form) in Werkverträgen zulässig sind oder ob die Klausel den Anforderungen an Bestimmtheit/Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung genügt.
39b)
40Aber auch, wenn man die Klausel dahin interpretiert, dass auch im Fall der Veräußerung des Baugrundstücks vor Entstehung von Ansprüchen des Bauunternehmers die Ansprüche gegen den Erwerber abgetreten sein sollen, ist die Klägerin nicht Inhaberin der Kaufpreisforderung und somit nicht Berechtigte im Sinne von § 816 Abs. 2 BGB geworden. Die Abtretung wäre in diesem Falle unwirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 12.03.1998, IX ZR 74/95, ZIP 1998, 684 = WM 1998, 856 = NJW 1998, 2047; Nobbe, Bankrecht – Aktuelle höchst und obergerichtliche Rechtsprechung – RdNr. 786 ff, Ganter, Rechtsprechung des BGH zum Kreditsicherungsrecht, WM 1998, 2045 ff, 2081 ff) kann eine anfängliche/ursprüngliche Übersicherung von Forderungen nach § 138 Abs. 1 BGB als sittenwidrig erscheinen und damit nichtig sein. Eine Sittenwidrigkeit ist anzunehmen, wenn unter Beachtung von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Gesamtcharakter der Sicherung mit den guten Sitten unvereinbar erscheint. Das soll bei einer ursprüngliche Übersicherung angenommen werden können, wenn bei Vertragsschluss bereits sicher erwartet werden kann, dass zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit und der zu sichernden Forderung ein auffälliges Missverhältnis bestehen wird, wobei die Übersicherung auf einer verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers beruhen muss. Diese Voraussetzungen wären im vorliegenden Fall gegeben.
41Ein auffälliges Missverhältnis von zu sichernder Forderung und der zur Sicherheit abgetretenen Forderung erscheint evident. Gemäß § 4 des Bauwerkvertrages wurde der „Vertragspreis“ für die schlüsselfertige Erstellung der Baumaßnahme (§ 2 Bauwerkvertrag) auf netto 13.345.000 DM (= 15.346.750 DM einschl. MWSt.) vereinbart, wobei die Werkunternehmerin bis zum 30.10.1995 an den Preis gebunden sein sollte. Der Wert der abgetretenen Forderung betrug 20.706.000 DM netto (= 23.360.516 DM brutto). Er überstieg die zu sichernde Forderung damit um mehr als 52%. Dabei ist im vorliegenden Fall nicht einmal auf den Wert im noch ungewissen Zeitpunkt einer Verwertung abzustellen. Der Kaufpreis für das noch zu bebauende Grundstück war bereits festgelegt und die Bezahlung stand in größeren Teilbeträgen, 15,5 Mio. DM am 31.12.1994, bereits fest und war durch Kredite von Bankinstituten gesichert.
42Diese Übersicherung relativiert sich nicht dadurch, dass man mit der Klägerin annimmt, die Abtretung diene zur Sicherung der „Geschäftsverbindung“ (Ziffer 10 Abs. der AGB) und nicht nur der des Anspruchs aus dem Bauhauptvertrag. Bei Abschluss des Bauwerkvertrages und der Vereinbarung der AGB waren Forderungen des Bauunternehmers, die den vereinbarten Pauschalpreis übersteigen konnten, nicht ersichtlich. Unterschiedliche Forderungen aus dem Bauhauptvertrag und der Geschäftsverbindung im übrigen waren nicht erkennbar. Unbeachtlich für die Bewertung der Übersicherung ist auch der Umstand, dass bei Bauverträgen – wie die Klägerin meint – regelmäßig Zusatzleistungen anfallen. Solche Zusatzleistungen waren bei Vertragsschluss nicht ersichtlich und mußten auch nicht notwendig bei der Bauunternehmerin (Rechtsvorgängerin der Klägerin) in Auftrag gegeben werden. Bei dem Vergleich des Wertes der zu sichernden Forderung ist daher weder zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Nachfolgerin des Bauunternehmens weitere Leistungen erbracht hat noch ist bei der abgetretenen Kaufpreisforderung lediglich vom Nettobetrag auszugehen, da die Forderung insgesamt ohne Einschränkungen abgetreten worden ist.
43Die Übersicherung beruht letztlich auch auf einer verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers. Diese erfordert eine nach sittlichen Maßstäben zu missbilligende Rücksichtslosigkeit gegenüber den berechtigten Belangen des Sicherungsgebers (vgl. BGH a.a.O.). Grundsätzlich hat der Bauunternehmer ein nicht zu unterschätzendes und berechtigtes Interesse daran, Sicherheiten für die von ihm in der Regel vorzufinanzierenden Bauleistungen zu erhalten. Diesem Interesse tragen auch das BGB und die VOB in besonderem Maße Rechnung. Das Interesse des vorleistenden und vorfinanzierenden Bauunternehmers darf aber nicht dazu führen, dass er unter Missachtung der Interessen des Bauherrn über das notwendige Maß hinaus abgesichert wird. Die Bauherrin wollte die Gebäude nicht für die eigene Nutzung erstellen, sondern als ihrerseits gewerbliches Unternehmen durch die Weiterveräußerung Gewinne erzielen und aus dem Verkaufserlös ihre eigenen Unkosten abdecken. Es war auch für die Rechtsvorgänger der Klägerin schon von Beginn der Vertragsbeziehung an erkennbar, dass die Veräußerung des zu bebauenden Grundstücks der eigentliche Hintergrund der gesamten Unternehmung war, da sie den Kaufvertrag vom 17.10.1994 kannte (vgl. § 3 des Bauvertrages). Unabhängig von den Vertragsgestaltungen im einzelnen, war davon auszugehen, dass der Verkaufserlös, der schon vor Baubeginn gezahlt werden sollte, von der Bauherrin im wesentlichen zur Finanzierung des Gesamtobjektes benötigt wurde. Die Bauherrin hatte dazu Kredite bei der Beklagten im Umfang von immerhin 18,4 Mio. DM (Kreditangebote vom 13.12.1994, Anlagen K 82 und K 130) aufgenommen, die natürlich letztlich nur aus der Veräußerung des Grundstücks finanziert werden konnten. Damit waren die Interessen der Bauherrin durch den Übergang der Kaufpreisforderung insgesamt massiv beeinträchtigt. Nach einer wirksamen Abtretung der Kaufpreisforderung wäre für sie nicht einmal die Bedienung der eigenen, aus dem Bauvorhaben resultierenden Kreditverbindlichkeiten annähernd sichergestellt gewesen.
44Die Rechtsvorgängerin der Klägerin kannte bei Vertragsabschluss die hier entscheidenden Umstände. Das hat sie jedoch nicht veranlasst, ihre Absicherung den gegebenen Umständen anzupassen.
45Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.