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Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Mai 1998 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer des Klägers: 12.944,69 DM.
Entscheidungsgründe:
2I.
3Der Kläger begehrt Schadensersatz aus Anlaß eines Verkehrsunfalles, der sich am 15. April 1996 gegen 19:20 Uhr in E ereignete.
4Mit seinem BMW befuhr er die B 1, die im Bereich der Unfallstelle 3 Parallelfahrstreifen aufweist, in westlicher Richtung. Aus der aus nördlicher Richtung auf die B 1 mündenden untergeordneten M-Straße bog der Beklagte zu 1) mit dem bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Pkw Ford Mondeo der Beklagten zu 2) auf die B 1 ein. Die vordere rechte Seite des BMW und die vordere linke Seite des Ford trafen gegeneinander, wobei der BMW rechts hochgedrückt wurde.
5Der Kläger hat vorgetragen, er habe schon vor dem Unfall die rechte Spur der B 1 befahren, weil er ca. 150 m hinter der Unfallstelle die B 1 habe verlassen wollen. Ereignet habe sich der Unfall im unmittelbaren Einmündungsbereich der M-Straße. Trotz Vollbremsung habe er den Unfall nicht verhindern können. Ein Ausweichen nach links sei ihm wegen dort befindlicher Fahrzeuge nicht möglich gewesen.
6Die Beklagten haben ausgeführt, als der Beklagte zu 1) auf die B 1 eingebogen sei, sei die rechte Spur der B 1 frei gewesen. Der BMW des Klägers habe sich auf der mittleren Spur befunden. Kollidiert seien die Pkw, als der Ford sich auf der B 1 schon in Geradeausfahrt befunden habe. Der Kläger habe den Unfall vorsätzlich herbeigeführt, indem er nach rechts gelenkt habe. Daß er vorsätzlich gehandelt habe, müsse unter anderem auch daraus gefolgert werden, daß der Kläger selbst sowie Personen in seinem Umfeld auffällig häufig an Verkehrsunfällen beteiligt gewesen seien, bei denen sich Hinweise auf Unfallmanipulation ergeben hätten.
7In dem Rechtsstreit umgekehrten Rubrums (112 C 14400/96 AG Dortmund = 15 S 273/97 LG Dortmund) ist Beweis erhoben worden durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen S sowie Vernehmung des jetzigen Beklagten zu 1) und seines Beifahrers H als Zeugen. Die Akte jenes Rechtsstreits hat das Landgericht in der vorliegenden Sache zu Beweiszwecken verwertet und hat die Klage abgewiesen, weil Unfallmanipulation des Klägers bewiesen sei.
8Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstininstanzlichen Vorbringens.
9Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.
10Der Senat hat den Kläger und den Beklagten zu 1) zur Sachaufklärung gehört, ferner Beweis erhoben durch erneute Vernehmung des Zeugen H sowie Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen T. Wegen des Ergebnisses wird auf den hierüber gefertigten Berichterstattervermerk und die von dem Sachverständigen überreichten Unterlagen verwiesen.
11II.
12Die Berufung ist unbegründet.
13Ein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 BGB, 7, 18 StVG, 3 PflVG steht dem Kläger nicht zu. Denn der Kläger hat den Verkehrsunfall vom 15. April 1996 unter Einwilligung in die an seinem BMW dabei notwendigerweise eingetretene Rechtsgutsverletzung vorsätzlich herbeigeführt.
14Es kann dahinstehen, inwieweit Schlußfolgerungen zum Nachteil des Klägers schon daraus gezogen werden können, daß sich in der Verwandtschaft des mit dem Kläger persönlich bekannten Kfz-Werkstattbetreibers A E die von den Beklagten dargelegten zahlreichen Kfz-Unfälle ereignet haben. Es bedarf auch nicht der näheren Erörterung, welche Bedeutung der Tatsache zukommt, daß der Vater des Klägers am 28. Januar 1996 in B mit dem BMW, den später der Kläger übernahm, auf einen Porsche 928 eines Herrn T (Voreigentümerin D J) auffuhr und daß der Vater des Klägers am 15. Oktober 1996 mit einem BMW 740 i (ebenfalls Voreigentümerin D J) bei einem Auffahrunfall geschädigt wurde, jedoch seine Schadensersatzansprüche in dem Rechtsstreit 15 O 19/97 LG Dortmund nicht weiterverfolgte, nachdem die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung einen Unfallmanipulationsvorwurf erhoben hatte. Denn schon die Schadensfälle, von denen der Kläger allein im Jahre 1996 selbst betroffen war, häufen sich in einer Weise, wie dies bei Unfallmanipulation typisch ist: Nachdem der Kläger erst am 22. Februar 1996 Halter des BMW geworden war, machte er schon im März 1996 Ansprüche wegen eines Einbruch-/Vandalismus-Schadens vom 17. März 1996 geltend. Am 2. April 1996 wurde der BMW bei einem Unfall in X beschädigt und der Kläger erhielt von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung 12.839,90 DM als Schadensersatz. Am 15. April 1996 kam es zu dem Unfall, der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Und am 26. August 1996 wurde der BMW erneut beschädigt, und zwar als parkendes Fahrzeug, gegen das ein angemieteter Lkw fuhr (15 O 7/97 LG Dortmund).
15Daß der Kläger am 15. April 1996 sein Fahrzeug vorsätzlich nach rechts gegen den Pkw der Beklagten zu 2) gelenkt hat, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Unstreitig hat der Kläger den einbiegenden Pkw der Beklagten zu 2) rechtzeitig gesehen. Typischerweise steuert ein Fahrzeugführer seinen Pkw von der Gefahr weg, so daß zu erwarten gewesen wäre, daß der Kläger nach links ausgewichen wäre oder, sofern ihm dies verkehrsbedingt nicht möglich war, geradeaus weitergefahren wäre. Der Kläger hat aber, wie das Gutachten des Sachverständigen T ergeben hat, seinen Pkw nach rechts auf den Pkw der Beklagten zu 2) zu gelenkt. Dabei hat er einen erheblich stärkeren Lenkradeinschlag gewählt, als dies etwa bei einem Spurwechsel nach rechts geschieht. Der Kläger hat das Lenkrad sogar um ca. 90° gedreht. Dies erschließt sich aus folgendem:
16Unstreitig ist der BMW des Klägers bei dem Unfall rechts hochgedrückt worden. Der vordere rechte Reifen des BMW hat unter anderem oberhalb des vorderen linken Radausschnittes des Ford Spuren gezeichnet. Es ist zu einer Verhakung der beiden Radfelgen gekommen. Das äußere Felgenhorn des Ford-Reifens ist in Richtung Radmitte umgebogen worden. Ebenso ist das Felgenhorn des BMW-Reifens in Richtung Radmitte gedrückt worden. Die Verformungen der Felgen führten bei beiden Rädern zum Verlust des Reifendrucks.
17Diese Schäden können, so die Ausführungen des Sachverständigen T, nur erzeugt worden sein, wenn sich die beiden Reifen und Felgen bei der Kollision in Längsrichtung deutlich überdeckt haben. Nur bei einer deutlichen Überdeckung konnte es zu einer Verhakung der Felgen kommen, wie sie das Schadensbild beweist. Erforderlich war dazu zunächst einmal, daß sich der Ford, anders als von den Beklagten vorgetragen, noch nicht wieder in Geradeausfahrt befand. Vielmehr muß der vordere Ford-Reifen noch infolge Kurvenfahrt nach außen gestellt gewesen sein. Dies allein reicht aber bei dem nach dem Gesamtschadensbild maximal 20° betragenden Kollisionswinkel der Pkw noch nicht aus, um die erforderliche Überdeckung der Räder zu erreichen. Der Sachverständige hat mit entsprechend ausgestellten Rädern eines Pkw Ford Mondeo einen Crash-Versuch mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von 32 km/h durchgeführt. Es hat sich gezeigt, daß dabei das dem BMW des Klägers entsprechende Fahrzeug ähnlich wie von den Parteien beschrieben etwas angehoben worden ist. Außerdem ist ein ähnliches Gesamtschadensbild erreicht worden, wie es an den Pkw der Parteien nach dem Unfall vom 15. April 1999 vorgefunden worden ist. Zu einer Beschädigung der Felgen ist es bei dem Versuch jedoch nicht gekommen. Zur Überprüfung der Frage, ob die Felgenbeschädigungen durch eine höhere Differenzgeschwindigkeit der Pkw erklärt werden kann, hat der Sachverständige T einen zweiten Crash-Versuch mit 50 km/h unternommen. Bei diesem Versuch traten aber ebenfalls keine Felgenbeschädigungen ein. Hieraus ist zu folgern, daß die zur Felgenbeschädigung erforderliche Radüberdeckung nur erreicht worden sein kann, wenn der Kläger vor der Kollision durch eine Lenkbewegung nach rechts dafür gesorgt hat, daß das rechte Vorderrad des BMW deutlich nach rechts ausgestellt war. Erforderlich war dazu nach den Ausführungen des Sachverständigen T eine Lenkraddrehung von ca. 90°. Ein solcher Lenkradeinschlag geht deutlich über das Maß hinaus, das etwa bei einem normalen Spurwechsel erreicht wird.
18Der Senat folgt den plausiblen und durch die Ergebnisse gezielter Versuchsanordnungen abgesicherten Ausführungen des Sachverständigen T. Danach läßt sich der Unfall nur durch ein vorsätzliches unfallverursachendes Fahrmanöver des Klägers erklären.
19Der Feststellung, daß der Kläger den Unfall vom 15. April 1996 vorsätzlich herbeigeführt hat, steht nicht entgegen, daß der Kläger etwa mit eigenen wirtschaftlichen Nachteilen hätte rechnen müssen. Vielmehr bot ihm seine Vorgehensweise konkrete Aussicht auf Gewinn, worin letztlich das Motiv für die vorsätzliche Unfallverursachung liegt. Da sich der Unfall im zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbiegen des Beklagten zu 1) auf die übergeordnete B 1 ereignete, war dem äußeren Geschehensablauf nach von alleinigem Unfallverschulden des Beklagten zu 1) auszugehen, so daß der Kläger dem Grunde nach vollen Schadensersatz erwarten konnte. Und weil der Kläger bei voller Haftung der Beklagten Anspruch auf Ersatz von Reparaturkosten gehabt hätte, wie sie bei einer ordnungsgemäßen Reparatur in einer Fachwerkstatt angefallen wären, die Reparatur aber außerhalb einer solchen Fachwerkstatt wesentlich günstiger erreicht werden kann, begründete das Unfallgeschehen konkrete Gewinnerwartung. Tatsächlich hat der Kläger den Pkw auch nicht in einer Fachwerkstatt reparieren lassen, sondern er rechnet auf Gutachtenbasis ab. Es kommt hinzu, daß der Kläger den Ersatz von Reparaturkosten für Schäden verlangt, die nicht bei dem Unfall vom 15. April 1996 entstanden sein können sondern vorher bereits vorgelegen haben müssen. So stellt der Kläger die Reparaturkosten für eine Beschädigung des Pkw-Unterbodens einschließlich der Ölwanne in Rechnung. Diese Schäden können aber, wie der Sachverständige T dargelegt hat, bei dem Unfall vom 15. April 1996, der sich auf ebener Fahrbahn ereignet hat, nicht so eingetreten sein, auch wenn berücksichtigt wird, daß der BMW tiefergelegt war, bei dem Unfall die Luft aus dem rechten Vorderreifen entwichen ist und der Zeuge H, während sich der BMW nach der Kollision noch 10 bis 15 m weiter bewegt hat, ein Funkensprühen aus dem Bereich des Motorblocks beobachtet hat. Nach den Ausführungen des Sachverständigen läßt dieses Funkensprühen darauf schließen, daß ein Teil oder eine Ecke der vorderen rechten BMW-Unterseite über den Asphalt geschleift ist. Die auf den Schadensfotos zu erkennenden flächigen Schäden an der Unterseite des BMW stammen daher jedoch nicht. Schließlich beweist das Öl, das nach den Beobachtungen des Zeuge H auf der Fahrbahn gelegen hat, keine unfallbedingte Beschädigung der Ölwanne. Die Ursache für diesen Austritt von Öl liegt vielmehr im Bereich des Ölkühlers.
20Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
21Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 546 ZPO.