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I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 30. April 2024, Az. 8 O 7/24 [Kart], wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.001,00 € festgesetzt.
Gründe
2I.
3Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, sie bei der in wenigen Tagen beginnenden Europameisterschaft im Karatesport als Teilnehmerin zu melden.
4Die Antragstellerin trägt vor, sie sei eine deutsche Karatekämpferin in der Leistungsklasse bis 55 Kilogramm. Als Mitglied des T. nehme sie seit Jahren erfolgreich an nationalen sowie internationalen Karatemeisterschaften teil.
5Bei dem Antragsgegner, der unter der Abkürzung „DKV“ auftrete, handele es sich um den offiziellen Dach- und Fachverband für Karate in Deutschland. Ausweislich der als Anlage AST 1 vorgelegten Satzung ist dieser Mitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes („DOSB“) und der internationalen Fachverbände. Mitglieder des Antragsgegners sind neben den 16 Landesverbänden die darin organisierten Mitgliedsvereine und deren jeweilige Einzelmitglieder.
6Die Antragstellerin hat am 29. April 2024 beim Landgericht Dortmund – Kartellkammer – einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht, ohne den Antragsgegner zuvor unter Fristsetzung schriftlich abgemahnt oder dazu aufgefordert zu haben, sie bei dem Veranstalter der Europameisterschaft als Teilnehmerin zu melden.
7Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antragsgegner sei verpflichtet, sie spätestens bis zum Tag des Anmeldeschlusses am 7. Mai 2024 bei dem Veranstalter der vom 8. Mai bis zum 12. Mai 2024 in … (Kroatien) stattfindenden Karate-Europameisterschaft als Teilnehmerin zu melden. Der geltend gemachte Verfügungsanspruch ergebe sich zum einen aus dem zwischen ihr und dem Antragsgegner geschlossenen Nominierungsvertrag. Zum anderen folge er aus §§ 33a Abs. 1, 33 Abs. 1, 19 Abs. 1 GWB wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bzw. wegen unbilliger Behinderung gemäß §§ 33a Abs. 1, 33 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Sie sei von dem für sie zuständigen Bundestrainer, Herrn I., nach den verbandsinternen Nominierungsrichtlinien, dem sog. DKV Ranking-System (Anlage AST 2), als Teilnehmerin in ihrer Leistungsklasse für die Europameisterschaft nominiert worden. Nach diesen Regelungen habe der Bundestrainer, sofern – wie bei ihr und ihrer Konkurrentin C. – der Vorsprung einer Athletin gegenüber der Zweitplatzierten nach dem grundsätzlich maßgeblichen Punktebewertungssystem weniger als 150 Punkte betrage, das Recht zu entscheiden, wer den einzigen für Deutschland verfügbaren Startplatz in der betreffenden Leistungsklasse erhalte. Die Entscheidung des Bundestrainers sei nicht zuletzt wegen ihrer bisherigen Erfolge und ihres Vorsprungs von 60 Punkten auf ihre Konkurrentin auf sie gefallen.
8Über ihre Nominierung sei sie vom Bundestrainer am 23. März 2024 informiert worden. Drei Tage später am 26. März 2024 sei die Nominierung auch offiziell per E-Mail gegenüber dem Sportdirektor des Antragsgegners, Herrn X., bekannt gegeben worden. Ihre Nominierung sei wirksam erfolgt und gegenüber der danach durch den Sportdirektor erfolgten Nominierung ihrer Konkurrentin C. vorrangig zu berücksichtigen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Nominierung Ende März habe Herr I., der bis heute auf der Internetseite des Antragsgegners als Bundestrainer geführt werde (vgl. Anlage AST 3), keine Kenntnis von einer etwaigen Abberufung gehabt. Wie sich aus seiner eidesstattlichen Versicherung vom 24. April 2024 ergebe (Anlage AST 4), sei er vom Antragsgegner erst rund eine Woche später mit der per E-Mail versandter Arbeitsanweisung vom 2. April 2024 von seinen Verpflichtungen als Bundestrainer freigestellt worden.
9Dass sie trotz ihrer Nominierung nunmehr nicht an der Europameisterschaft teilnehmen dürfe, stelle eine unbillige Behinderung durch den Antragsgegner dar. Dieser verfüge als Dachverband im Karatesport über eine Monopolstellung, weil er allein dazu berechtigt sei, deutsche Athletinnen und Athleten für die Europameisterschaft zu nominieren. Die besondere Eilbedürftigkeit der Sache folge daraus, dass eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren angesichts des unmittelbar bevorstehenden Beginns der Europameisterschaft nicht mehr zu erreichen sei. Vor diesem Hintergrund sei ausnahmsweise auch eine Leistungsverfügung zulässig.
10Die Antragstellerin hat beantragt,
11den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, sie unverzüglich – spätestens jedoch bis zum 7. Mai 2024 – als Teilnehmerin zu den Europameisterschaften in …, Kroatien, vom 8. bis 12 Mai 2024 zu melden.
12Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Kammerbeschluss vom 30. April 2024 ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Auf eine Anhörung des Antragsgegners im einstweiligen Verfügungsverfahren hat es wegen der zu dessen Gunsten getroffenen Entscheidung und der besonderen Eilbedürftigkeit der Sache ausdrücklich verzichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sowohl an dem erforderlichen Anordnungsanspruch als auch an dem notwendigen Anordnungsgrund fehle. Der Anspruch auf Nominierung könne weder aus dem behaupteten Nominierungsvertrag noch auf Grundlage kartellrechtlicher Vorschriften hergeleitet werden. Selbst wenn sich der Antragsgegner – wie die Antragstellerin vorgetragen habe – ihr gegenüber vertraglich verpflichtet habe, sie für die Europameisterschaft zu nominieren, liege angesichts der später erfolgten Nominierung der Konkurrentin C. ein weiterer Nominierungsvertrag vor, den der Antragsgegner ebenfalls zu erfüllen habe. Insofern lägen zwei gültige Verträge vor, von denen nur einer erfüllt werden könne. Hinzu komme, dass – wie der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin dem Gericht telefonisch mitgeteilt habe – die Konkurrentin zwischenzeitlich dem Veranstalter der Europameisterschaft als Teilnehmerin gemeldet worden sei. Unabhängig davon, ob eine kurzfristige Änderung der Meldung noch bis zum 7. Mai 2024 möglich sei und daher kein Fall der Unmöglichkeit vorliege, scheide eine Verpflichtung des Antragsgegners jedenfalls deshalb aus, weil nicht zu erkennen sei, dass dieser eine endgültige Wahl getroffen habe, welchen der beiden Nominierungsverträge er erfüllen wolle. Auf das Prioritätsprinzip komme es insoweit nicht an. Mit Blick auf die Ermessensentscheidung des Bundestrainers sei ferner zu berücksichtigen, dass diesem offenbar die Entscheidungsgewalt durch den Antragsgegner entzogen worden sei, was zum Abschluss eines weiteren Nominierungsvertrages zugunsten der Konkurrentin geführt habe. Darüber hinaus seien rein dem sportlichen Bereich zuzurechnende Entscheidungen und Maßnahmen von Sportverbänden, insbesondere dann, wenn sie nach Leistungsgesichtspunkten zu treffen seien, dem Kartellrecht und damit auch der Entscheidung der Kartellgerichte aufgrund von Tatbestandsrestriktionen entzogen. Die Gerichte könnten, wenn es – wie hier – um die Nominierung von Sportlern für internationale Wettkämpfe gehe, keine Ermessensentscheidung an Stelle der Sportverbände treffen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. April 2022 – U (Kart) 13/21, juris Rn. 55 – Paralympics sowie den Rechtsgedanken der Meca-Medina-Rechtsprechung des EuGH, Urteil vom 18. Juli 2006 – Rs. C-519/04). Diese Wertung sei entsprechend auf den geltend gemachten vertraglichen Anspruch zu übertragen. Schließlich könne auch nicht von einem krassen Verstoß gegen die Nominierungsrichtlinien ausgegangen werden, da unter Berücksichtigung der eingereichten Anlagen auch eine Reihe von Aspekten (wie z.B. die bessere Platzierung bei den Deutschen Meisterschaften) für die Nominierung der Konkurrentin sprechen würden. Im Übrigen habe der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung auch deshalb keinen Erfolg, weil die Antragstellerin das Vorliegen eines Anordnungsgrunds nicht hinreichend dargelegt habe. Mit Blick auf die beantragte Leistungsverfügung könne davon, dass das Interesse der Antragstellerin an einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes den schutzwürdigen Interessen des Antragsgegners überwiege, trotz der unmittelbar bevorstehenden Europameisterschaft und der von der Antragstellerin vorgebrachten wirtschaftlichen Aspekte nicht ausgegangen werden, zumal eine eindeutige Rechtslage zugunsten der Antragstellerin gerade nicht vorliege.
13Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 2. Mai 2024, in der diese darauf verweist, dass ein Verband seine Nominierungskriterien vor einem Wettkampf nicht beliebig ändern könne und gleiches für formale Nominierungsbedingungen, wie die für die Nominierung zuständige Person, gelten müsse. Die Veröffentlichung der Nominierungsrichtlinien in Gestalt des DKV Ranking-Systems habe insofern zu einer Selbstbindung des Antragsgegners geführt.
14Das Landgericht hat mit Beschluss vom 3. Mai 2024 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
15II.
16Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen.
171. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567, 569 ZPO zulässig. Über sie hat, nachdem die Kartellkammer des Landgerichts Dortmund ihr nicht abgeholfen hat (§ 572 Abs. 1 ZPO), der Kartellsenat beim Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden (§§ 91, 92 Abs. 2, 93 GWB i.V.m. § 2 der Verordnung über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte und über die gerichtliche Zuständigkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach dem Energiewirtschaftsgesetz vom 30. August 2011). Es liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit nach § 87 Satz 1 GWB vor, da die Antragstellerin ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung – was insofern für die Annahme eines Kartellstreitsache ausreicht (vgl. Karten Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, § 87 GWB, Rn. 12 und 16) – neben vertraglichen Ansprüchen auch auf die Verletzung von kartellrechtlichen Vorschriften (§ 19 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 GWB) stützt.
182. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist indes nicht begründet, da die Antragstellerin weder das Vorliegen eines Verfügungsgrundes noch das Bestehen eines Verfügungsanspruchs hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.
19a) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es angesichts der begehrten Leistungsverfügung bereits an der hinreichenden Darlegung des erforderlichen Verfügungsgrunds fehlt.
20Die ZPO unterscheidet insofern zwischen Sicherungsverfügungen (§ 935 ZPO), für die ein Verfügungsgrund grundsätzlich vorliegt, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung die Verwirklichung eines Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, und Regelungsverfügungen (§ 940 ZPO), durch die wesentliche Nachteile abgewendet werden können. Für eine Leistungsverfügung als Unterfall der Regelungsverfügung, mit der eine vorläufige Befriedigung eines Anspruchs begehrt wird, gelten insofern strengere Voraussetzungen. Eine Leistungsverfügung (Befriedigungsverfügung) ist – weil sie zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen Vorwegnahme der Hauptsache führt – nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Nach ständiger Senatsrechtsprechung und der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte genügt es nicht, dass ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung die Verwirklichung eines Anspruchs des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO) oder der nachgesuchte einstweilige Rechtsschutz erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 940 ZPO). Eine Leistungsverfügung kommt nur bei bestehender oder zumindest drohender Notlage des Antragstellers in Betracht. Dieser muss so dringend auf die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm ein Zuwarten bei der Durchsetzung seines Anspruchs oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nicht zuzumuten ist (vgl. hierzu zuletzt Senat, Urteil vom 13. März 2024 – VI-U (Kart) 2/23, juris Rn. 121 – IFA-Fußball-Spielervermittler-Reglements II und ders., Urteil vom 14. November 2018 – VI-U (Kart) 7/18, juris Rn. 118 m.w.N. – MQB-Hintersitzlehnen m.w.N. auch zur Rechtsprechung anderer Obergerichte). Dem Interesse der antragstellenden Partei an einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch Erlass der Leistungsverfügung ist dabei das schutzwürdige Interesse der Gegenseite gegenüberzustellen, in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten ausgestatteten summarischen Verfahren nicht zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs angehalten zu werden. In die erforderliche Abwägung der beiderseitigen Belange sind ferner die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen. Ist die Rechtslage eindeutig und lässt sich die Berechtigung des verfolgten Anspruchs zweifelsfrei feststellen, so ist der Antragsgegner weniger schutzbedürftig und es überwiegt im Zweifel das Interesse des Antragstellers daran, dass ihm der Anspruch bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuerkannt wird. Die dargestellten Beurteilungskriterien stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander. Ist die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs eindeutig und/oder liefe die Versagung einer Leistungsverfügung auf eine endgültige Rechtsverweigerung hinaus, so sind geringere Anforderungen an die wirtschaftliche Notlage zu stellen. Umgekehrt ist die Schwelle für die zu fordernde Notlage höher anzusetzen, sofern die Rechtslage zu Gunsten des Antragstellers nicht völlig zweifelsfrei und/oder eine spätere Geltendmachung von Schadensersatz zumutbar ist (Senat, Urteil vom 14. November 2018 – VI-U (Kart) 7/18, juris Rn. 118 – MQB-Hintersitzlehnen).
21Hierbei trägt der Antragsteller eines Verfügungsverfahrens für das Vorliegen der die Annahme eines Verfügungsgrundes tragenden Tatsachen die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2018 – VI-U (Kart) 7/18, juris Rn. 119 – MQB-Hintersitzlehnen; ders., Beschluss vom 3. April 2018, VI-W (Kart) 2/18, juris Rn. 46 – Herausgabe von Beweismitteln I).
22Dies berücksichtigend ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um eine Leistungsverfügung handelt, weil es bei ihrem Erlass zu einer Vorwegnahme der Hauptsache käme. Das Begehren der Antragstellerin beschränkt sich nicht auf eine bloße Sicherung des gegenwärtigen Zustands, sondern die Antragstellerin begehrt mit der Verpflichtung des Antragsgegners, sie als Teilnehmerin zur Europameisterschaft bei dem Veranstalter zu melden, den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die auf die Vornahme einer Handlung und damit auf Befriedigung gerichtet ist. Ihr Ziel ist eine vom derzeitigen status quo abweichende Regelung. Dies ergibt sich inhaltlich bereits daraus, dass derzeit die Konkurrentin der Antragstellerin als Teilnehmerin in ihrer Leistungsklasse bei dem Veranstalter gemeldet ist, so dass diese Meldung zunächst rückgängig gemacht werden müsste, bevor ihre Meldung erfolgen könnte. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Beginns der Europameisterschaft würde es sich zudem um eine endgültige und unumkehrbare Regelung (mittelbar auch zu Lasten ihrer Konkurrentin) handeln, weil nach dem Vorbringen der Antragstellerin pro Leistungsklasse von dem Antragsgegner jeweils nur eine Athletin als Teilnehmerin für Deutschland gemeldet werden kann.
23Mit Recht ist das Landgericht im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Antragstellerin an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes gegenüber den schutzwürdigen Interesse des Antragsgegners nicht überwiegt und die insofern strengeren Anforderungen, die die Rechtsprechung im Fall einer Leistungsverfügung an die Darlegung der bestehenden oder zumindest drohenden Notlage stellt, im Streitfall nicht erfüllt sind. Die Versagung der Leistungsverfügung läuft aus Sicht der Antragstellerin zwar auf eine endgültige Rechtsverweigerung hinaus. Indes lässt sich die Berechtigung des von ihr verfolgten Anspruchs mangels Stellungnahme des Antragsgegners nicht zweifelsfrei feststellen. Aus demselben Grund kann dessen Schutzbedürftigkeit auch nicht abschließend beurteilt werden.
24Vor diesem Hintergrund reicht das Vorbringen der Antragstellerin zu möglichen ihr drohenden Nachteilen nicht aus. Es geht über allgemeine Ausführungen nicht hinaus und bringt lediglich den verständlichen Wunsch der Athletin zum Ausdruck, an dem bevorstehenden internationalen Wettkampf teilzunehmen, um sich erfolgreich auf internationaler Bühne präsentieren zu können. So trägt die Antragstellerin in der Antragsschrift ohne Nennung weiterer Details lediglich vor, dass sie an der Europameisterschaft „teilnehmen möchte“ und daher auf eine Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren „dringend angewiesen“ sei (Seite 7, Bl. 8 GA). Abschließend in der Antragsschrift verweist sie „rein vorsorglich“ darauf, dass sie nicht lediglich auf Schadensersatzansprüche verwiesen werden dürfe, da „ein Ausgleich in Geld niemals den Schaden ersetzen könne, der ihr entstehen würde, sollte sie nicht nominiert werden“. Dabei ginge es „nicht ausschließlich um die Generierung von Sponsorenzahlungen durch die Teilnahme an der Europameisterschaft, sondern vielmehr um den Lohn für unzählige Trainingsstunden und Vorbereitungen“ (Seite 9f., Bl. 10 f. GA). Die ihr drohenden finanziellen Nachteile (wie z.B. entgangene Start- oder Preisgelder) oder etwaige bereits getätigte vergebliche Aufwendungen hat die Antragstellerin weder konkret benannt noch im Wege einer Schätzung zumindest zu beziffern versucht. Mögliche Auswirkungen auf den Erhalt von Sponsorengeldern hat sie ebenfalls weder näher geschildert noch quantifiziert (z.B., indem sie die von Sponsoren in der Vergangenheit erhaltene finanzielle Unterstützung ins Verhältnis zu ihren sonstigen Einnahmen gesetzt hätte). Auch ist nicht bekannt, ob die Antragstellerin den Karate-Sport hauptberuflich ausübt. Entsprechende Umstände, die die Annahme von finanziellen Nachteilen oder sonstigen nachteiligen Folgen rechtfertigen würden, hat die Antragstellerin zudem nicht glaubhaft gemacht.
25Demgegenüber besteht wegen der vorgerichtlich unterbliebenen Abmahnung und der im gerichtlichen Verfahren später aus Zeitgründen nicht mehr erfolgten Anhörung des Antragsgegners die Gefahr, dass eine Entscheidung auf unrichtiger bzw. nicht vollständiger Tatsachengrundlage – mittelbar auch zu Lasten der Konkurrentin – ergeht. Dies betrifft hier insbesondere die Umstände rund um die Abberufung bzw. Freistellung des Bundestrainers, zu denen der Antragsgegner keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zum Inhalt und der abschließenden Entscheidung des von ihr eingeleiteten Verfahrens vor dem vereinsinternen Schiedsgericht (vgl. hierzu Seite 5 der Antragsschrift, Bl. 6 GA) nicht weiter vorträgt, obwohl in diesem Rahmen eine Stellungnahme des Antragsgegners möglicherweise erfolgt ist. Sie teilt lediglich mit, dass das Verfahren aus ihrer Sicht „erfolglos verlaufen“ sei. Eine etwaige vorhandene schriftliche Entscheidung des Schiedsgerichts hat sie nicht vorgelegt. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags nicht sicher beurteilen.
26Dass der Antragsgegner bislang noch nicht Stellung genommen hat, ist dabei in erster Linie auf die unterbliebene Abmahnung des Antragsgegners zurückzuführen. Der anwaltlich vertretenen Antragstellerin hätte bewusst sein müssen, dass nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit eine stattgebende Entscheidung über den Verfügungsantrag grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn die Gegenseite zuvor die Möglichkeit hatte, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern, was auch durch eine mit dem späteren Verfügungsantrag inhaltlich identische vorgerichtliche Abmahnung gewährleistet werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 2018 – 1 BvR 1783/17, juris Rn. 21; BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2020 – 1 BvR 1246/20, juris Rn. 18). Eine Abmahnung der Antragsgegnerin mit einer auf wenige Tage begrenzten Stellungnahmefrist hätte in der Zeit ab dem 4. April 2024 (ggfs. auch während des laufenden Schiedsgerichtsverfahren) ohne weiteres erfolgen können, nachdem die Antragstellerin vom Sportdirektor des Antragsgegners per E-Mail (Anlage AST 5) an diesem Tag über die Nominierung ihrer Konkurrentin in Kenntnis gesetzt worden war.
27b) Das Landgericht hat ferner im Ergebnis zu Recht auch das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs verneint. Die Antragstellerin kann im Wege der Leistungsverfügung nicht verlangen, dass der Antragsgegner sie statt ihrer Konkurrentin als Teilnehmerin bei dem Veranstalter der Europameisterschaft meldet.
28aa) Der Verfügungsanspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht aus §§ 33a Abs. 1, 33 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB im Wege der Naturalrestitution. In diesem Zusammenhang fehlt es schon an der im einstweiligen Verfügungsverfahren gemäß §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Glaubhaftmachung der die Monopolstellung des Antragsgegners begründenden Umstände. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass es allein dem Antragsgegner zusteht, deutsche Karate-Sportler für die Teilnahme an der in Rede stehenden Europameisterschaft zu nominieren. Dies lässt sich so ausdrücklich weder der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn I. vom 24. April 2024 (Anlage AST 4) noch den Nominierungsrichtlinien, dem DKV Ranking-System (Anlage AST 2), entnehmen.
29Im Übrigen bestehen durchgreifende Bedenken daran, dass es – wie die Antragstellerin behauptet – zu einer unbilligen Behinderung durch den Antragsgegner im Zusammenhang mit der Nominierung ihrer Konkurrentin durch den Sportdirektor (und nicht durch den Bundestrainer) sowie deren Meldung als Teilnehmerin gekommen ist. Insofern fehlt es an einer marktmachtbedingten Beeinträchtigung oder Diskriminierung im Sinne des § 19 GWB, die der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Da eine förmliche Nominierung nach dem Vortrag der Antragstellerin sowohl zugunsten ihrer Konkurrentin als auch ihr gegenüber erfolgt ist, obliegt die Entscheidung darüber, welcher der beiden Nominierungsverträge durch die Anmeldung der betreffenden Athletin bei dem Veranstalter tatsächlich erfüllt wird, dem Antragsgegner. Hierbei handelt es sich ebenso wie bei der ursprünglichen Nominierung um eine Auswahlentscheidung, die eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Prognoseentscheidung beinhaltet (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Juli 2016 – 11 W 22/16 (Kart), juris Rn. 35; OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. April 2022 – U (Kart) 13/21, juris Rn. 55). Dass es dem Antragsgegner bzw. dessen Sportdirektor darum ging, die Antragstellerin gezielt an der Teilnahme der Europameisterschaft zu hindern, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. hierzu die Erläuterungen des Sportdirektors in seiner E-Mail vom 4. April 2024, vorgelegt als Anlage AST 5). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist aufgrund der zeitlich früheren Nominierung der Antragstellerin insoweit auch keine Selbstbindung des Antragsgegners eingetreten. Das von der Antragstellerin als Nominierungsrichtlinie bezeichnete Dokument, das neben dem Logo des Antragsgegners lediglich den Titel „DKV Ranking-System“ (Stand 07.12.2023) trägt, erweckt angesichts der einleitenden Anrede „Liebe Landestrainer*innen, liebe Sportdirektor*innen, liebe Leistungssportverantwortliche der Landesverbände“ den Eindruck, als handele es sich um ein (Informations-)Schreiben zur Einführung des „DKV Ranking-System“. Unklar bleibt, auf welcher satzungsmäßigen Grundlage es erlassen und von wem es verfasst wurde. Soweit sich dort unter dem Gliederungspunkt „Erinnerung“ der Hinweis findet, dass das Ranking-System „weiterhin als ein Pilot-Projekt“ anzusehen sei und „im laufenden Jahr (…) immer überprüft werden müsse“, spricht dies nach der gebotenen objektiven Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2015 – II ZR 23/14, juris Rn. 24) erkennbar gegen eine verbindliche Festlegung von Nominierungsbedingungen. Dies gilt erst recht, wenn es dort abschließend heißt: „Ob [das Ranking-System] das bringt, was wir uns alle erhoffen, wissen wir erst, wenn es praktisch eine Zeit lang umgesetzt wird. Sollten Fehler auftreten, so müssen diese korrigiert werden, damit das Ranking-System für alle den positiven Effekt hat, den wir uns wünschen.“ Da der Bestand des Ranking-Systems als Ganzes mit Blick auf die Zukunft fraglich erscheint, kann folglich auch von der hier in Rede stehenden Formulierung „Bei unter 150 Punkten Vorsprung entscheidet der BT oder Auskämpfen“ in der auf der nachfolgenden Seite eingeblendeten Tabelle ohne weitere Erläuterungen keine Bindungswirkung ausgehen. Diesem Satz lässt sich angesichts der zuvor zitierten Einschränkungen jedenfalls nicht entnehmen, dass sich der Antragsgegner künftig dazu verpflichten wollte, jeden Athleten bei dem die Nominierungsbedingungen für einen Wettkampf vorliegen auch beim Veranstalter später anzumelden. Nichts anderes kann für eine durch den Bundestrainer erfolgte Nominierung gelten. Auf diese konnte und durfte die Antragstellerin – auch mit Blick auf einen möglichen Wechsel oder eine Abberufung des Bundestrainers – nicht vertrauen. Konkrete Anhaltspunkte für einen besonders gravierenden, von den Gerichten überprüfbaren Verstoß gegen die Nominierungsrichtlinien liegen nicht vor. Schließlich vermag der Senat – wie das Landgericht – angesichts der Erfolge, die beide Athletinnen bei Wettkämpfen in letzter Zeit vorweisen können, in der Auswahl der Konkurrentin auch kein willkürliches Vorgehen zu erkennen.
30bb) Vor diesem Hintergrund scheidet schließlich auch ein vertraglicher Anspruch aus. Allein der Umstand, dass der Nominierungsvertrag mit der Antragstellerin zeitlich früher abgeschlossen worden ist, führt nicht dazu, dass dieser vorrangig zu erfüllen ist. Bei Abschluss mehrerer Verträge, die auf dieselbe (noch mögliche) Leistung gerichtet sind, haben die kollidierenden schuldrechtlichen Ansprüche denselben Rang, so dass jeder Gläubiger Erfüllung verlangen kann, ohne Rücksicht darauf, ob er als Erster oder als Zweiter den Vertrag abgeschlossen hat. Der Schuldner kann frei wählen, welche seiner beiden Verpflichtungen er erfüllt (vgl. KG, Beschl. vom 25. September 2008 – 8 U 44/08, juris Rn. 1 für den Fall der Doppelvermietung sowie allgemein zur Gläubigerkollision Riehm, in; beck-online.GROSSKOMMENTAR, GesamtHrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 01.08.2023, § 275 BGB, Rn. 149).
31III.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
33Dieser Beschluss ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht anfechtbar.
34Die Wertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO. Der Senat folgt insoweit der Streitwertfestsetzung in der ersten Instanz, der die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist.