Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
§ 935, 938 ZPO, §§ 3, 18, 38 MsbG, §§ 314, 323 BGB, § 14 des Mustervertrages der Bundesnetzagentur für Messstellenbetreiberrahmenverträge
Der Messstellenbetreiberrahmenvertrag (MSB-RV) kann nach § 14 Abs. 2 MSB-RV nur dann fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn gegen wesentliche Bestimmungen des Vertrages wiederholt trotz Abmahnung schwerwiegend verstoßen wird. An einen solchen Verstoß sind keine zu geringen Anforderungen zu stellen, da die grundzuständigen Messstellenbetreiber anson-sten den vom Gesetzgeber gewünschten Wettbewerb unterlaufen könnten.
Nach allgemeinen Regeln trägt der Kündigende auch im Rahmen des MSB-RV die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich der wichtige Grund ergibt, auf den er sein Kündigungsrecht stützt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv §§ 14 Abs. 2 MSB-RV, 314 Abs. 2 BGB, ist derjenige der Kündigung.
Leidet die auf Grundlage der Abmahnung bewirkte Leistung an einem anderen Defizit als demjenigen, für das der Gläubiger die Abmahnung ausgesprochen hatte und das daraufhin beseitigt wurde, ist eine neue Abmahnung auszusprechen.
Die Kündigung bedarf keiner Begründung, so dass ein Nachschieben von Umständen, die im Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bereits bestanden, auch im Rechtsstreit noch möglich ist.
Voraussetzung dafür, dass der Kündigende sich auf solche nachgeschobenen Gründe berufen kann, ist, dass die Kündigungsgründe nicht ausgeschlossen sind und objektiv zur Zeit der Kündigung diese rechtfertigen. Durch das Nach-schieben der Gründe werden nicht die weiteren Voraussetzungen von §§ 14 Abs. 2 MSB-RV, 314 Abs. 2 BGB entbehrlich, so dass der nachgeschobene Grund die Kündigung nur dann rechtfertigen kann, wenn dieser entweder bereits Gegenstand einer Abmahnung war oder aber eine solche ausnahmsweise entbehrlich war.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 16. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund (16 O 36/24 [EnW]) vom 30.08.2024 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 06.09.2024 abgeändert.
1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bei den in der nachfolgenden Anlage ASt 20, Spalte 7 aufgeführten Kunden der Antragstellerin und deren Messstellen, die den in Anlage ASt 20, Spalte 1 aufgeführten Marktlokations-Identifikationsnummern zugeordnet sind,
a) die Messsysteme der Antragstellerin mit den in der anliegenden Anlage ASt 20, Spalte 2 genannten Zählernummern auszubauen,
b) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass der Messstellenbetrieb aufgrund der Kündigung der Antragsgegnerin vom 29.07.2024 beendet wurde oder wird,
c) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass die Antragsgegnerin in ihrer Rolle als grundzuständiger Messstellenbetreiber den Messstellenbetrieb ausschließlich übernehmen wird,
d) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass diese berechtigt seien, sich einen neuen Messstellenbetreiber zu suchen.
2. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass gegen sie bei jedem schuldhaften Verstoß gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot nach Ziff. 1, lit a), lit b), lit c) oder lit d) jeweils ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verhängt werden kann.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens erster und zweiter Instanz.
…
G r ü n d e:
2I.
3Die Antragstellerin macht gegenüber der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassungsansprüche geltend.
4Die Antragsgegnerin ist im Netzgebiet C der örtliche Verteilnetzbetreiber und der grundzuständige Messstellenbetreiber. Die Antragstellerin ist im gesamten Bundesgebiet als wettbewerblicher Messstellenbetreiber tätig. Ihr Kerngeschäft ist die Durchführung des Messstellenbetriebs iSd § 3 MsbG für Stromlieferungen an Letztverbraucher. Sie betreibt rund 90.000 Stromzähler im Bundesgebiet, davon 194 im Gebiet der Antragsgegnerin. Die E GmbH und die Antragsgegnerin hatten im September 2017 einen Messstellenbetreiberrahmenvertrag (nachfolgend: MSB-RV) geschlossen, dessen Wortlaut durch die Bundesnetzagentur (nachfolgend: BNetzA) als Aufsichtsbehörde vorgegeben worden war. Die Antragstellerin, die nach Maßgabe des Ausgliederungsvertrages vom 03.11.2023 das Vermögen der E GmbH im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung übernommen hatte, trat in diesen Rahmenvertrag ein. § 14 des Mustervertrages lautet:
5„§ 14 Vertragslaufzeit und Kündigung
61. Der Rahmenvertrag tritt […am (Datum einfügen)] in Kraft und läuft auf unbestimmte Zeit. Er kann vom Messstellenbetreiber mit einer Frist von drei Monaten auf das Ende eines Kalendermonats in Textform gekündigt werden.
72. Dieser Vertrag kann von beiden Parteien fristlos aus wichtigem Grund in Textform gekündigt werden, wenn gegen wesentliche Bestimmungen dieses Vertrages wiederholt trotz Abmahnung schwerwiegend verstoßen wird.“
8Mit Schreiben vom 07.06.2024 (Anlage ASt 14, Bl. 107 ff. GA) wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass sie in den vergangenen Jahren wiederholt gegen wesentliche Bestimmungen des Vertrages verstoßen habe. Sie forderte die Antragstellerin unter Fristsetzung bis zum 24.06.2024 hinsichtlich der Messlokationen
9DE0000xxxx78700000000000001015xxx
10DE0000xxxx80500000000000000800xxx
11DE0000xxxx8922E000000047151210xxx
12auf, näher bezeichnete Mängel zu beseitigen. Ferner verwies sie darin auf vorangegangenen E-Mail-Verkehr zwischen den Verfahrensbeteiligten und verlangte die Beseitigung der dort beschriebenen weiteren Mängel. Für den Fall, dass dies nicht geschehe, kündigte sie die Kündigung des MSB-RV gemäß der dortigen Regelung in § 14 Abs. 2 an.
13Mit Schreiben vom 02.07.2024 (Anlage ASt 15, Bl. 142 f. GA) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass hinsichtlich der Messlokationen
14DE0000xxxx78700000000000001015xxx
15DE0000xxxx80500000000000000800xxx
16DE0000xxxx8922E000000047151210xxx
17DE0000xxxx86900000000000000531xxx
18DE0000xxxx79100000000000001013xxx
19DE0000xxxx86900000000000000531xxx
20DE0000xxxx79357940000000001062xxx
21DE0000xxxx80500000000000001043xxx
22DE0000xxxx8032E999900055800120xxx
23die Mängel weiterhin vorlägen, und setzte eine weitere Nachfrist zu deren Beseitigung bis zum 09.07.2024. Sollten diese Mängel bis dahin nicht beseitigt sein, werde sie den Vertrag gemäß § 14 Abs. 2 MSB-RV kündigen. Mit Schreiben vom selben Tag wandte sich die Antragsgegnerin an die BNetzA als Aufsichtsbehörde und informierte diese über den Sachverhalt. Diese erklärte sich mit Schreiben vom 04.07.2024 für unzuständig.
24Mit Schreiben vom 29.07.2024 (Anlage ASt 13, Bl. 99 f. GA) erklärte die Antragsgegnerin die fristlose Kündigung des Rahmenvertrages aus wichtigem Grund unter Hinweis darauf, dass an den Messlokationen
25DE0000xxxx80500000000000000800xxx
26DE0000xxxx8922E000000047151210xxx
27DE0000xxxx86900000000000000531xxx
28DE0000xxxx8032E999900055800120xxx
29DE0000xxxx80500000000000001043xxx
30DE0000xxxx79100000000000001013xxx
31DE0000xxxx8052E999900034650490xxx
32weiter die gerügten Mängel vorlägen. Ferner würden an zwei weiteren Marktlokationen die Messwerte fehlen. Sie kündigte mit dem Schreiben an, die einzelnen Zähler kurzfristig zu den aus der Anlage ASt 20 (Bl. 200-203 GA) ersichtlichen Terminen, beginnend am 09.09.2024 bis zum 25.09.2024, auszubauen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin widersprachen der Kündigung mit Schreiben vom 07.08.2024 (Anlage ASt 16, Bl. 180 ff. GA) und forderten von der Antragsgegnerin die Abgabe einer Unterlassungserklärung dahingehend, den Ausbau der von der Kündigung betroffenen Messtellen, den Kontakt zu Kunden der Antragstellerin und die Einleitung von Wechselprozessen zu unterlassen. Mit Schreiben vom 15.08.2024 (Anlage ASt 18, Bl. 193 f. GA) teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie an der Kündigung und der in dem Kündigungsschreiben beschriebenen Vorgehensweise festhalte. Die mit weiterem Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 21.08.2024 (Anlage ASt 17, Bl. 190 ff. GA) bis zum 23.08.2024 erbetene strafbewehrte Unterlassungserklärung gab die Antragsgegnerin nicht ab. Zwischenzeitlich informierte die Antragsgegnerin als grundzuständige Messstellenbetreiberin zahlreiche Kunden der Antragstellerin schriftlich darüber, dass die Antragstellerin für die sie betreffenden Messlokationen aufgrund der Beendigung des MSB-RV nicht mehr zuständig sei.
33Im Rahmen ihrer Beschwerdeerwiderung vom 17.09.2024 sprach die Antragsgegnerin durch ihre Verfahrensbevollmächtigten eine weitere außerordentliche fristlose Kündigung aus. Zur Begründung führte sie aus, ihr sei am 09.08.2024 bzw. 09.09.2024 jeweils bekannt geworden, dass die Lastgangdaten an zwei bzw. drei anderen Zählpunkten für den Monat Juli 2024 bzw. den Monat August 2024 unvollständig gewesen seien.
34Die Antragstellerin ist der Auffassung gewesen, die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Kündigungserklärung sei aus den im Einzelnen von ihr dargelegten Gründen unwirksam. Insbesondere habe sie die in den Abmahnungen genannten Mängel nahezu sämtlich fristgerecht beseitigt. Sie habe daher einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, sämtliche Maßnahmen zu unterlassen, die der Durchsetzung dieser Kündigung gegenüber ihren Kunden dienten.
35Sie hat beantragt,
361. der Antragsgegnerin zu untersagen, bei den in Anlage ASt 20, Spalte 7 aufgeführten Kunden der Antragstellerin und deren Messstellen, die den in Anlage ASt 20, Spalte 1 aufgeführten Marktlokations-Identifikationsnummern zugeordnet sind,
37a) die Messsysteme der Antragstellerin mit den in der anliegenden Anlage ASt 20, Spalte 2 genannten Zählernummern auszubauen,
38b) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass der Messstellenbetrieb aufgrund der Kündigung der Antragsgegnerin vom 29.07.2024 beendet wurde oder wird,
39c) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass die Antragsgegnerin in ihrer Rolle als grundzuständiger Messstellenbetreiber den Messstellenbetrieb ausschließlich übernehmen wird,
40d) gegenüber diesen Kunden mitzuteilen, dass diese berechtigt seien, sich einen neuen Messstellenbetreiber zu suchen,
412. der Antragsgegnerin anzudrohen, dass gegen sie bei jedem schuldhaften Verstoß gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot nach Ziff. 1, lit a), lit b), lit c) oder lit d) jeweils ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verhängt werden kann.
42Die Antragsgegnerin hat beantragt,
43den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
44Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, es ginge vorliegend nicht um einzelne in den Abmahnungen und der Kündigungserklärung genannte Verstöße sowie die Frage, ob diese zum Kündigungszeitpunkt beseitigt gewesen seien, sondern um jahrelange und fortlaufende Schlechtleistungen der Antragstellerin. Anders als alle anderen Messstellenbetreiber würde die Antragstellerin nicht die im Massengeschäft erforderliche Sorgfalt aufwenden. Sie habe unzählige Beanstandungen des Messstellenbetriebs der Antragstellerin ausgesprochen. Die fortlaufenden Verfehlungen der Antragstellerin beträfen die Kategorien fehlende Gerätedaten nach Einbau von Messgeräten, fehlende / falsche Lastgangdaten, abgelehnte Lieferscheine, keine Störungsbehebung an Messstellen und überlange Reaktionszeiten für bilaterale Klärungen. Zu diesen einzelnen Verfehlungen seit dem Jahr 2019 hat die Antragsgegnerin exemplarisch und detailliert unter Bezugnahme auf E-Mails, mit denen die jeweilige Pflichtverletzung moniert wurde, vorgetragen.
45Das Landgericht hat den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Kündigung des MSB-RV zu Unrecht erfolgt sei. An die Zuverlässigkeit eines Messstellenbetreibers seien wegen der Komplexität des Abrechnungsvorgangs, der Höhe der teilweise abzurechnenden Beträge und des Umstands, dass von der auf den Messergebnissen beruhenden Abrechnungen nicht nur die Antragsgegnerin, sondern auch andere Marktteilnehmer unmittelbar betroffen seien, hohe Anforderungen zu stellen. Aufgrund der vorliegenden Korrespondenz und eidesstattlichen Versicherungen der Verfahrensbeteiligten sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht in der Lage sei, diesen Anforderungen gerecht zu werden und daher ein wichtiger Grund für die Kündigung vorliege. Nicht nur aus dem Kündigungsschreiben vom 29.07.2024 und der Abmahnung vom 07.06.2024, sondern auch aus den von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben der Antragsgegnerin vom 03.06.2022, vom 19.06.2022 und vom 15.09.2023 sowie der ebenfalls von der Antragstellerin mit Anlagenkonvolut K14 vorgelegten E-Mail-Korrespondenz ergebe sich, dass die Antragstellerin teilweise über Monate hinweg gerügte Mängel der Messeinrichtungen oder fehlerhafte bzw. unvollständige Messdaten nicht nachgebessert oder abgeklärt habe. Das gleiche Bild ergebe sich aus der von der Antragsgegnerin als Anlage AG05 bis AG19 vorgelegten Korrespondenz. Das Gericht gehe daher davon aus, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Umfang aufgetretene Datenmängel nicht hinreichend zeitnah aufgeklärt habe. Es sei ferner davon auszugehen, dass das Verhalten der Antragstellerin Abrechnungsvorgänge bei der Antragsgegnerin über Monate hinweg verzögert oder erheblich erschwert habe. Da der MSB-RV nicht mehr fortbestehe, sei die Antragstellerin berechtigt, die nach §§ 14 ff. MsbG erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
46Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, weil ihr die Antragserwiderung, auf die wesentliche Teile der Antragsablehnung gestützt würden, vor der Entscheidung des Landgerichts nicht zugänglich gemacht worden sei. Fehlerhaft habe das Landgericht auf andere vermeintliche Pflichtverletzungen als diejenigen abgestellt, die zum Kündigungszeitpunkt vorgelegen hätten. Zum Kündigungszeitpunkt hätten, wie erstinstanzlich dargelegt, keine Vertragsverstöße vorgelegen. Insoweit wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen. Für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung sei eine Abmahnung erforderlich. Ferner müsse die Kündigung innerhalb angemessener Frist erklärt werden. Daran mangele es bei den von der Antragsgegnerin erhobenen weiteren Vorwürfen. Zudem bausche die Antragsgegnerin die Vorwürfe gegen sie durch Mehrfachnennung der Lokationen auf.
47Die Antragstellerin beantragt,
48den Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 30.08.2024 (16 O 36/24 [EnW]) aufzuheben und die durch Schriftsatz vom 23.08.2024 beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen.
49Die Antragsgegnerin beantragt,
50die sofortige Beschwerde zu verwerfen (wohl: zurückzuweisen).
51Sie tritt dem Vorbringen der Antragstellerin unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Darlegungen entgegen. Hinsichtlich der mit der Beschwerdeerwiderung ausgesprochenen weiteren außerordentlichen fristlosen Kündigung führt sie an, dass sich an den erneuten Pflichtverletzungen der Antragstellerin im Juli und August 2024 trotz der bereits ausgesprochenen ersten Kündigung ihre besondere Unzuverlässigkeit zeige. Die Antragstellerin könne auch in anderen Netzgebieten einen ordnungsgemäßen Netzstellenbetrieb nicht gewährleisten, wie mindestens ein weiteres Kündigungsverfahren vor dem Landgericht Stuttgart erweise.
52Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 06.09.2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
53Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Beschlüsse des Landgerichts vom 30.08.2024 und 06.09.2024 verwiesen.
54II.
55Die gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Der Antragsgegnerin ist aufgrund des zwischen den Verfahrensbeteiligten fortbestehenden MSB-RV iVm §§ 935, 938 Abs. 1 ZPO vorläufig zu untersagen, die im Tenor genannten Maßnahmen gegenüber den Kunden der Antragstellerin vorzunehmen.
56Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 935 ZPO die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) eines Verfügungsanspruchs und eines Verfügungsgrundes. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
571. Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin aufgrund des weiterhin bestehenden MSB-RV die geltend gemachte Unterlassung verlangen. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin diesen Vertrag – unter dem 29.07.2024 oder jedenfalls mit ihrer erneuten Erklärung vom 17.09.2024 im Beschwerdeverfahren – wirksam gekündigt hätte. Daher ist die Antragsgegnerin nicht berechtigt, den Messstellenbetrieb bei den Kunden der Antragstellerin zu übernehmen (§ 18 Abs. 1 MsbG) und die in diesem Zusammenhang erforderlichen Maßnahmen wie die Information der Kunden über die Übernahme des Messstellenbetriebs (§ 38 MsbG) zu treffen. Dieses Verhalten stellt sich vielmehr vor dem Hintergrund des fortbestehenden MSB-RV als gravierende Vertragsverletzung seitens der Antragsgegnerin dar. Aus demselben Grund ist ein entsprechender Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus § 1004 Abs. 1 BGB gegeben.
58Nach den allgemeinen Regeln trägt der Kündigende die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich der wichtige Grund ergibt, auf den er sein Kündigungsrecht stützt. Soweit der Kündigungsgrund in einer Pflichtverletzung des Kündigungsgegners besteht, muss der Kündigende alle Tatsachen nachweisen, welche die Rechtswidrigkeit der Pflichtverletzung indizieren (BeckOGK/Martens, BGB, Stand 01.07.2024, § 314 Rn. 93; MüKoBGB/Gaier, 9. Aufl. 2022, § 314 Rn. 52; jeweils mwN).
59Deshalb ist es entgegen der Annahme des Landgerichts bereits ausreichend für die Glaubhaftmachung des von der Antragstellerin geltend gemachten Unterlassungsanspruchs, dass sie sich auf den unstreitig geschlossenen MSB-RV berufen kann. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin ihrer Darlegungslast nicht genügt. Die von ihr vorgebrachten Tatsachen rechtfertigen nicht den Ausspruch einer fristlosen Kündigung.
60Nach § 14 Abs. 2 MSB-RV kann der Vertrag von beiden Vertragsparteien fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn gegen wesentliche Bestimmungen dieses Vertrages wiederholt trotz Abmahnung schwerwiegend verstoßen wird. Diese Regelung greift das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund im Sinne des § 314 BGB für Dauerschuldverhältnisse auf und hat sich – auch – daran messen zu lassen. § 314 BGB ist in seinem Kern zwingendes Recht und kann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht eingeschränkt werden (BGH, Urt. v. 08.02.2012 − XII ZR 42/10 Rn. 27; MüKoBGB/ Gaier, aaO, § 314 Rn. 1; Grüneberg/Grüneberg, 83. Aufl. 2024, § 314 Rn. 1; jeweils mwN).
61Die Erfüllung der Voraussetzungen von § 14 Abs. 2 MSB-RV lässt sich nicht feststellen.
62a) Die von der Antragsgegnerin in ihrem Kündigungsschreiben vom 29.07.2024 aufgeführten Gründe erfüllen weder im jeweiligen Einzelfall (dazu unter den Ziffern aa) bis hh)) noch in ihrer Gesamtheit (Ziffer ii)) die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 14 Abs. 2 MSB-RV, weil einzelne bemängelte Pflichtverletzungen im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr vorlagen, es bei einzelnen Pflichtverletzungen an dem erfolglosen Ablauf einer zur Abhilfe gesetzten Frist bzw. einer Abmahnung mangelt und – soweit die übrigen Voraussetzungen vorliegen – die jeweilig verbliebenen Pflichtverletzungen nicht als schwerwiegend iSv § 14 Abs. 2 MSB-RV zu bewerten sind.
63Im Einzelnen gilt – in der Reihenfolge der in der Kündigungserklärung genannten Kündigungsgründe – Folgendes:
64aa) Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin auf Kündigungsgründe hinsichtlich der Messlokation DE0000xxxx80500000000000000-800xxx.
65Soweit sie ihr in Kündigung und Antragserwiderung vorwirft, dass Gerätestammdaten zu spät gemeldet und (zunächst) keine Lastgangdaten für diese Messstelle übermittelt worden seien, war dieser Pflichtenverstoß unstreitig im Zeitpunkt der Kündigung beseitigt.
66In den Schreiben vom 07.06.2024 und 02.07.2024 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, spätestens bis zum 09.07.2024 die Messlokation auf ein intelligentes Messsystem umzurüsten. Dies ist indessen unstreitig bereits am 17.04.2024 geschehen, so dass die Antragsgegnerin – wie sie mit der Beschwerdeerwiderung klarstellt – darauf ihre Kündigung im Grundsatz nicht stützen kann und will. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist derjenige der Kündigung (MüKoBGB/Gaier, aaO, § 314 Rn. 22; BeckOGK/Martens, aaO, § 314 Rn. 51). Dies gilt auch für die damit zusammenhängenden Pflichtverletzungen der unterlassenen Anzeige des Gerätewechsels und rechtzeitigen Übermittlung der Gerätedaten sowie der Lastgangdaten. Damit kommt es nicht mehr darauf an, dass es hinsichtlich solcher Pflichtverletzungen nicht nur an der nach § 14 Abs. 2 MSB-RV erforderlichen Abmahnung bzw. der nach § 314 Abs. 2 BGB erforderlichen Fristsetzung zur Abhilfe fehlt. Dem Kündigungsschreiben vom 29.07.2024 ist deutlich zu entnehmen, dass diese mit dem Gerätewechsel zusammenhängenden Pflichtverletzungen aus der Sicht der Antragsgegnerin umfassend beseitigt und sie aus ihrer Sicht kein Kündigungsgrund mehr waren. Sie führt ausdrücklich aus, dass die für die Bilanzierung seit dem Tag des Geräteeinbaus erforderlichen viertelstündlichen Lastgangdaten (zunächst) fehlten, sie nun aber zum 01.08.2024 vollständig vorliegen, und behält sich lediglich vor, etwaige Nachteile geltend zu machen. Im Folgenden geht sie dann auf die aus ihrer Sicht nach wie vor bestehenden Pflichtverletzungen ein, die sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigen sollen.
67Soweit die Antragsgegnerin insoweit im Zusammenhang mit der – innerhalb der gesetzten Frist – vorgenommenen Übersendung der Daten einen neuen Mangel (fehlende Lastgangdaten für diese Messstelle für den Zeitraum ab dem 01.04.2024) ausgemacht hat und – wie sie mit der Beschwerdeerwiderung hervorhebt – die Nachteile verspäteter Bilanzierung zum Gegenstand ihrer Kündigung machen will (s. dazu unter hh)), hätte es zunächst einer neuen Fristsetzung zur Abhilfe bedurft. Dies war nicht aufgrund der in den Schreiben vom 07.06.2024 und 02.07.2024 genannten anderweitigen Pflichtverletzung entbehrlich. Abmahnung und Abhilfefrist im Rahmen von § 314 BGB bei Dauerschuldverhältnissen dienen in erster Linie der Harmonisierung mit dem Rücktrittsrecht aus § 323 BGB, das grundsätzlich erst nach Ablauf einer angemessenen Frist zur Leistung oder Nacherfüllung eröffnet ist. Entsprechend dem Zweck, der mit der Fristsetzung nach § 323 BGB verfolgt wird, soll der Schuldner auch hier eine letzte Chance erhalten, um zu vertragsgemäßem Verhalten zurückzukehren. Gleichzeitig liegt der Regelung die Entscheidung des Gesetzgebers zugrunde, dass Pflichtverletzungen im Regelfall erst nach erfolgloser Abhilfefrist und Abmahnung als wichtiger Grund qualifizierbar sind (MüKoBGB/Gaier, aaO, § 314 Rn. 36 mwN). Im Rahmen von § 323 BGB ist indessen für den Fall, dass der Schuldner nach Fristsetzung wegen Nichtleistung eine mangelhafte Leistung erbringt, anerkannt, dass der Gläubiger nicht ohne Weiteres nach § 323 Abs. 1 Alt. 2 BGB vom Vertrag zurücktreten kann. Leidet die innerhalb der Nachfrist bewirkte Leistung an einem anderen Defizit als demjenigen, für das der Gläubiger die Nachfrist gesetzt hatte, ist aber der ursprüngliche Mangel der nun bewirkten Leistung behoben, so ist die gesetzte Nachfrist nicht fruchtlos abgelaufen. Der Schuldner hat das, was unter Fristsetzung von ihm verlangt wurde, getan. Wegen des weiteren Mangels muss der Gläubiger eine getrennte weitere Frist setzen (MüKoBGB/Ernst, aaO, § 323 Rn. 94; BeckOGK/Looschelders, BGB, Stand 01.08.2024, § 323 Rn. 175; Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 323 Rn. 16). So verhält es sich auch hier. Dass eine Mangelbeseitigung und damit eine Nachfristsetzung und Abhilfe nicht in Betracht kamen, ist weder ersichtlich noch aufgezeigt. Zwischen Abhilfefrist oder Abmahnung besteht kein Wahlrecht. Vielmehr muss eine Abhilfefrist gesetzt werden, wenn die Pflichtverletzung selbst oder deren Folgen noch andauern (MüKoBGB/Gaier, aaO, § 314 Rn. 37).
68Im Übrigen ist es für die Darlegung eines schwerwiegenden Vertragsverstoß unzureichend, dass die Antragsgegnerin nur pauschal auf die Nachteile verspäteter Bilanzierung verweist, ohne ihr etwaige entstandene und durch eine nachträgliche Mangelbeseitigung unvermeidbare Nachteile näher zu spezifizieren.
69bb) Der Umstand, dass nach dem Vortrag der Antragsgegnerin bis zum Tag der Kündigung hinsichtlich der Messlokation DE0000xxxx8922E000000047151210xxx trotz Nachfristsetzung in den Schreiben vom 07.06.2024 und 02.07.2024 keine gültigen Messwerte vorlagen, berechtigt die Antragsgegnerin ebenfalls nicht zu einer fristlosen Kündigung.
70§ 14 Abs. 2 MSB-RV verlangt einen „schwerwiegenden Verstoß gegen wesentliche vertragliche Verpflichtungen“, der sich hinsichtlich dieser Pflichtverletzung nicht feststellen lässt. An das Vorliegen eines solchen Verstoßes sind – entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung – keine zu geringen Anforderungen zu stellen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Wahrnehmung der Aufgaben eines Messstellenbetreibers wegen der Komplexität des Abrechnungsvorgangs, der Höhe der teilweise abzurechnenden Beträge und des Umstandes, dass von der auf den Messergebnissen beruhenden Abrechnungen nicht nur die Antragsgegnerin, sondern auch andere Marktteilnehmer unmittelbar betroffen sind, anspruchsvoll ist und eine besondere Vertrauensstellung beinhaltet. Das führt jedoch nicht dazu, dass der Netzbetreiber einen nahezu vollständig reibungslosen Ablauf erwarten und einzelne mehr oder minder gewichtige Pflichtverletzungen zum Anlass einer Kündigung nehmen kann. Die Liberalisierung des Zähl- und Messwesens in § 21b Abs. 2 EnWG in den Fassungen vom 07.07.2005 und 29.08.2008 hat dem Anschlussnehmer die Möglichkeit eröffnet, seinen Messstellenbetreiber im Hinblick auf Einbau, Betrieb und Wartung des Zählers frei zu wählen sowie die Ab- und Auslesung der Messgeräte einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu übertragen. Als Teil der Bestimmungen zum regulierten Netzzugang dienen sie (auch) der Herstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Energieversorgung. Ziel der Norm ist insbesondere die Marktöffnung für Dienstleistungen im Bereich des Messwesens (BR-Drs. 14/08 vom 04.01.2008, S. 1, 4; Britz/Hellermann/Hermes/Herzmann, EnWG, 3. Aufl. 2015, vor § 21b EnWG Rn. 5). Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn an die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung des MSB-RV zu niedrige Anforderungen gestellt würden, da die Netzbetreiber / grundzuständigen Messstellenbetreiber auf diese Weise den vom Gesetzgeber gewünschten Wettbewerb unterlaufen könnten. Dem wollte auch die Bundesnetzagentur entgegenwirken, indem sie in den Musterrahmenvertrag ein nur einseitiges reguläres Kündigungsrecht des wettbewerblichen Messstellenbetreibers (§ 14 Abs. 1 MSB-RV) festgelegt hat. Sie hat zudem die für beide Vertragsparteien mögliche fristlose Kündigung an schwerwiegende und wiederholte Verstöße gegen wesentliche Vertragsbedingungen geknüpft. Dafür reicht ein (einmaliger) Verstoß gegen § 8 Abs. 1 MSB-RV keinesfalls. § 8 Abs. 1 Satz 3 MSB-RV selbst sieht für den Fall einer unterbliebenen Störungsbeseitigung durch den Messstellenbetreiber ein Recht zur Selbstvornahme des Netzbetreibers, nicht aber eine Kündigung des gesamten Vertrages vor.
71Gemessen daran reicht der angeführte Einzelfall einer unterbliebenen Entstörung keinesfalls, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Falls das zeitweise Versenden fehlerhafter Messwerte seit dem 15.09.2023 für die Antragsgegnerin zu erheblichen Problemen geführt haben sollte – Entsprechendes ist auch hier nicht hinreichend vorgetragen oder sonst ersichtlich, zumal es sich offenkundig um eine seit dem 12.12.2022 offline geschaltete Zählanlage handelt, an die kein neuer Nutzer angeschlossen wurde – hätte sie mithin ohne Weiteres selbst tätig werden können und nicht bis zum 09.08.2024 zuwarten müssen. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin – wie sie u.a. durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihres Mitarbeiters H vom 06.09.2024 (Anl. BF 03, Bl. 533 GA) glaubhaft gemacht hat – mehrfach versucht hat, die Störung zu beseitigen. Ihr ist mithin nicht vorzuwerfen, absichtlich untätig geblieben zu sein und damit bewusst einen Vertragsverstoß begangen zu haben.
72cc) Dass für die Messlokation DE0000xxxx86900000000000000531xxx nach dem Vorwurf der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung „bis zum heutigen Tage die Messwerte ab Einbau der Messeinrichtung am 26.02.2024 um 07:15 Uhr bis 23:59 desselben Tages“ fehlen, begründet die fristlose Kündigung auch nicht. Bezüglich dieser mutmaßlichen Pflichtverletzung fehlt es schon an der erforderlichen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Auf die Ausführungen unter Ziffer 1. a) aa) wird verwiesen. Denn mit dem Schreiben vom 07.06.2024 hat die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf eine E-Mail der Antragsgegnerin vom 15.05.2024 (Bl. 114 GA: „[…] weisen wir erneut darauf hin, dass uns für die Lieferstelle: DE0000xxxx86900000000000000-531xxx […] Daten Ihres bereits am 26.02.2024 eingebauten Zählers 1xxx0012805xxx fehlen!!!“) fehlende Gerätedaten moniert. Hierauf hatte sie auch die Kündigung gestützt. Diesen Mangel hatte die Antragsgegnerin indessen zum Zeitpunkt der Kündigung bereits fristgerecht beseitigt, wie die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 02.07.2024 selbst einräumt („Schließlich haben Sie uns die im Schreiben vom 07.06.2024 angemahnten Gerätedaten […] hinsichtlich der Messlokation DE0000xxxx86900000000000000531xxx zugesandt.“), wohingegen sie mit Schreiben vom 15.08.2024 und mit der Antrags- und Beschwerdeerwiderung auf fehlende Messwerte für einen Zeitraum von knapp 17 Stunden ausschließlich am 26.02.2024 hinweist. Unabhängig davon, dass diesbezüglich keine Fristsetzung vorliegt, lässt sich jedenfalls auch nicht nachvollziehen, dass darin ein schwerwiegender Verstoß gegen wesentliche Vertragspflichten iSv § 14 Abs. 2 MSB-RV liegt. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin mit der Beschwerdeerwiderung einräumt, dass sie ein Mitverschulden treffen könne, weil die Antragstellerin für die Ermittlung der noch fehlenden Messwerte von ihr – der Antragsgegnerin – die Verbrauchswerte der ersten Stunden des Tages (00.00 Uhr bis 7.15 Uhr) benötigt.
73dd) Weiter ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Messlokation DE0000xxxx8032E999900055800120xxx auf auch nach der Kündigung trotz Abmahnung mit Schreiben vom 02.07.2024 noch vorliegende „Differenzen zwischen den der Antragsgegnerin gemeldeten Lastgangdaten und den Lieferanten vorliegenden Lastgangdaten (abgelehnte Lieferscheine)“. Die Antragsgegnerin hat schon nicht nachvollziehbar dargelegt, inwieweit die Antragstellerin hierfür verantwortlich ist, gegen welche „wesentliche“ Vertragsbestimmung sie verstoßen hat und inwieweit dieser Verstoß „schwerwiegend“ sein soll. Weder hat sie zu der Höhe der Messdifferenzen noch zu einem ihr möglicherweise entstandenen Schaden näher vorgetragen. Zudem hat sie den Vortrag der Antragstellerin nicht ausgeräumt, dass hier nur geringfügige Rundungsdifferenzen vorliegen könnten, die sich durch eine Systemaktualisierung bei der Antragsgegnerin und den Lieferanten beseitigen ließen.
74Ungeachtet dessen aber hat die Antragstellerin vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung ihrer Mitarbeiterin K vom 06.09.2024 (Anl. BF 04, Bl. 534 GA) glaubhaft gemacht, dass sie noch am 18.06.2024 – und damit vor der Kündigung – zur Beseitigung etwaiger Differenzen den erneuten Versand der Messwerte an die Antragsgegnerin und den Lieferanten veranlasst hat. Insoweit räumt die Antragsgegnerin im Schreiben vom 15.08.2024 ein, die Werte erhalten zu haben und dass es sich um dieselben handele, die der Antragstellerin vorliegen. Ohne Erfolg bestreitet die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdeerwiderung nun erstmals den Versand am 18.06.2024 mit dem Einwand, der Lieferant habe erst am 08.08.2024 und damit nach ihrer Kündigung die neuen Messwerte bestätigt. Unabhängig davon, dass es auf das Datum der Reaktion des Lieferanten nicht ankommen kann, wird dieses Vorbringen und damit das Bestehen eines etwaigen Kündigungsgrunds im Zeitpunkt der Kündigung auch durch die Anlage AG 25 nicht glaubhaft gemacht. Letztere ist nur der Screenshot zu der den Zählpunkt DE0000xxxx8922E000000047151210xxx (s.o. bb)) betreffenden Abmeldeanfrage des MSB, also der Antragstellerin, vom 14.08.2024. Ausgehend davon, dass die Antragstellerin innerhalb der gesetzten Frist durch den erneuten Versand tätig geworden ist, wäre selbst ein etwaig danach noch verbleibender Vertragsverstoß erheblich gemindert. Schließlich hat die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung (Bl. 229 GA) noch selbst konstatiert, dass es sich bei der von ihr behaupteten mutmaßlichen Pflichtverletzung der Antragstellerin nur um eine – nicht belastbare – Vermutung handelt, wenn sie ausführt, die Antragsgegnerin habe eine Klärung mit dem Lieferanten „vermutlich“ unterlassen.
75ee) Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für den gerügten Mangel an der Messlokation DE0000xxxx80500000000000001043xxx. Hier kommt hinzu, dass auch die Folgen einer mutmaßlichen Pflichtverletzung ausweislich der eidesstattlichen Versicherung von S, Gruppenleiter in der Abteilung Netzwirtschaft bei der Antragsgegnerin (Bl. 284 GA), jedenfalls unmittelbar nach der Kündigungserklärung beseitigt waren, weil der Lieferant die Daten schließlich freigab. Dies beruhte offensichtlich auf der auch insoweit von der Antragstellerin am 18.06.2024 veranlassten erneuten Datenversendung, mit der bereits die Ursache rechtzeitig ausgeräumt worden war. Diese hat die Antragstellerin mit eidesstattlicher Versicherung ihrer Mitarbeiterin K vom 06.09.2024 (Anl. BF 04, Bl. 534 GA) glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hatte damit bereits vor Ausspruch der Kündigung das ihr Mögliche getan, um die Datendifferenzen zu beseitigen, was einen etwaigen Pflichtverstoß als allenfalls geringfügig erscheinen lässt.
76ff) Auch soweit die Kündigung hinsichtlich der Messlokation DE0000xxxx791-00000000000001013xxx auf fehlende Lastgangdaten abstellt, fehlt es erneut an der notwendigen Fristsetzung zur Mangelbeseitigung. Mit Schreiben vom 07.06.2024 und vom 02.07.2024 wurde jeweils die Vorlage von Gerätedaten angemahnt. Diese hat die Antragstellerin ausweislich des Kündigungsschreibens bis dahin indessen vorgelegt. Soweit sich die Kündigung wiederum auf anderweitige, mit dieser Messlokation zusammenhängende Pflichtverletzungen stützt, geht dem schon keine Abmahnung voraus, was aber erforderlich gewesen wäre. Auf die Ausführungen unter Ziffer 1. a) aa) wird verwiesen. Im Übrigen sieht auch die Antragsgegnerin diesen mutmaßlichen Pflichtverstoß ausweislich der Ausführungen unter 1 a) ff) der Antragserwiderung, Bl. 228 ff. GA, wie auch unter IV. 1 ff. der Beschwerdeerwiderung offensichtlich als erledigt an, weil er nicht mehr unter den zum Kündigungszeitpunkt bestehenden Verstößen aufgezählt wird.
77gg) Ebenso wenig rechtfertigen Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Messlokation DE0000xxxx8052E999900034650490xxx mangels Fristsetzung eine fristlose Kündigung. Die Antragstellerin hat diese Lokation am 15.05.2024 mit Wirkung zum 18.06.2024 übernommen. Jegliche Pflichtverletzungen in Form unterbliebener / verspäteter Mitteilungen waren schon nicht Gegenstand einer Abmahnung / Fristsetzung, insbesondere nicht der Schreiben vom 07.06.2024 und 02.07.2024. Die Gerätedaten – wie auch die täglich zu versendenden Lastgänge und die Monatsgesamtmengen für Juni 2024 – liegen der Antragsgegnerin zudem zumindest seit dem 06.08.2024 vor, so dass diese Pflichtverletzungen im Übrigen inzwischen beseitigt sind.
78hh) Hinsichtlich der Marktlokationen 5xxx4845xxx (siehe auch Messstelle DE0000-xxxx80500000000000000800xxx, Ziffer aa)) und 5xxx397xxx (siehe auch Messstelle DE0000xxxx79100000000000001013xxx, Ziffer ff)), auf die sich (erstmals) die Kündigungserklärung mit der Begründung bezieht, hier fehlten seit dem 1. bzw. 30.04.2024 die Messdaten, fehlt es schließlich ebenfalls schon an einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung (vgl. die Ausführungen unter Ziffern 1.a) aa) und ff)).
79ii) Auch auf Grundlage einer Gesamtbewertung der behaupteten Pflichtverletzungen, hinsichtlich derer die Antragsgegnerin jeweils eine Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt hat und die auch im Zeitpunkt der Kündigung gegebenenfalls noch vorhanden gewesen sein mögen (vgl. die Ziffern 1. a) bb), dd) und ee)), folgt kein anderes Ergebnis. Aus den oben ausgeführten Gründen sind entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keine geringen Anforderungen an „schwerwiegende Vertragsverstöße“ gegen „wesentliche Vertragsregelungen“ zu stellen. Gemessen daran handelt es sich hinsichtlich der verbleibenden kündigungsrelevanten Pflichtverletzungen weder hinsichtlich ihrer Menge noch hinsichtlich ihrer Auswirkungen um gravierende Pflichtverstöße. Dass die Zusammenarbeit mit den neu in den Markt eingetretenen Messstellenbetreibern nicht immer gänzlich reibungslos verläuft und die Abstimmungsschwierigkeiten größer sind als in dem Fall, dass der Netzbetreiber selbst als grundzuständiger Messstellenbetreiber die Messstelle betreibt, liegt auf der Hand und wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen, um den Wettbewerb zu fördern. Dem hat auch die Bundesnetzagentur etwa mit der Regelung in § 8 Abs. 3 des MSB-RV Rechnung getragen und den Netzbetreibern ein Selbstvornahmerecht eingeräumt, jedoch nicht ohne Weiteres an derartige Verstöße die Kündigungsfolge geknüpft.
80b) Die Antragsgegnerin kann ein Recht zur fristlosen Kündigung nicht aus weiteren Umständen, insbesondere in Form seit 2019 fortlaufender Verfehlungen der Antragstellerin in den Kategorien fehlende Gerätedaten nach Einbau von Messgeräten, fehlende / falsche Lastgangdaten, abgelehnte Lieferscheine, keine Störungsbehebung an Messstellen und überlange Reaktionszeiten für bilaterale Klärungen, herleiten.
81Dem steht zwar nicht bereits entgegen, dass die Antragsgegnerin ihre Kündigungserklärung auf diese Gründe nicht ausdrücklich gestützt hat. Denn die Kündigung bedarf keiner Begründung (Grüneberg/Grüneberg, aaO, § 314 Rn. 10). Zudem ist maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines wichtigen Grundes der Zeitpunkt der Kündigung. Die Tatsachen, aus denen ein Kündigungsgrund hergeleitet werden kann, müssen zu diesem Zeitpunkt vorliegen. Ein Nachschieben von Umständen, die im Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bereits bestanden, ist deshalb nach überwiegender Auffassung selbst im Rechtsstreit noch möglich (OLG Frankfurt, Urt. v. 17.09.2014 – 4 U 97/14, Rn. 28, juris; MüKoBGB/Gaier, aaO, § 314 Rn. 22; BeckOGK/Martens, aaO, § 314 Rn. 51; Herberger/Martinek/Rüßmann/ Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, Stand: 01.02.2023, § 314 Rn. 30; jeweils mwN zum Meinungsstand).
82Voraussetzung dafür, dass der Kündigende sich auf solche nachgeschobenen Gründe berufen kann, ist gleichwohl, dass die Kündigungsgründe nicht ausgeschlossen sind und objektiv zur Zeit der Kündigung diese rechtfertigen (OLG Frankfurt, Urt. v. 17.09.2014, aaO, Rn. 28; Grüneberg/Weidenkaff, aaO, vor § 620 Rn. 36; Ganten/Jansen/Voit/Althaus, 4. Aufl. 2023, VOB/B § 8 Abs. 3 Rn. 28). Durch das Nachschieben der Gründe werden somit nicht die weiteren Voraussetzungen von § 14 Abs. 2 MSB-RV und § 314 Abs. 2 BGB entbehrlich, so dass die Möglichkeit, die Kündigung auf einen nachgeschobenen Grund zu stützen, nur dann in Betracht kommt, wenn dieser entweder bereits Gegenstand einer Abmahnung bzw. einer Fristsetzung war oder aber ausnahmsweise eine solche Abmahnung bzw. Fristsetzung entbehrlich war.
83Daran fehlt es vorliegend. Die Antragsgegnerin hat zwar umfangreiche Korrespondenz vorgelegt, aus der sich ergibt, dass sie bestimmte Leistungen von der Antragsgegnerin nachgefordert hat. Dieser Schriftverkehr erfüllt indessen schon nicht die Voraussetzungen einer Abmahnung bzw. Fristsetzung iSv § 14 Abs. 2 MSB-RV und § 314 Abs. 2 BGB. Zu deren Wirksamkeit ist erforderlich, dass der zugrundeliegende Sachverhalt konkret dargelegt und das Fehlverhalten genau bezeichnet wird, also auch konkret das beanstandete Dauerverhalten mit Störung im Leistungsbereich. Beides setzt zudem die – gegebenenfalls konkludente – Androhung vertragsrechtlicher Konsequenzen voraus. Denn die Funktion einer Abmahnung / Fristsetzung besteht darin, dem Schuldner die Vertragswidrigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen und ihn vor den Folgen einer Fortsetzung zu warnen; erst die Missachtung dieser Warnung lässt die weitere Vertragsfortsetzung für den Gläubiger regelmäßig unzumutbar erscheinen (Rüge- und Warnfunktion). Es ist daher erforderlich, dass eine Abmahnung dem Schuldner vor Augen führen muss, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht und er für den Fall weiterer Verstöße mit vertraglichen Konsequenzen rechnen muss (BGH, Urt. v. 12.10.2011 – VIII ZR 3/11, NJW 2012, 53, Rn. 18; BeckOGK/Martens, aaO, § 314 Rn. 54).
84Gemessen daran liegen nur in den Schreiben vom 07.06.2024 und 02.07.2024 Abmahnungen / Fristsetzungen in dem vorgenannten Sinn, da in ihnen ausdrücklich Konsequenzen für die Vertragsfortsetzung angedroht werden. Diese Schreiben greifen jedoch nicht das von der Antragsgegnerin auch mit ihrer Beschwerdeerwiderung nochmals in Bezug genommene Dauerverhalten der Antragstellerin, sondern lediglich einzelne Fälle vermeintlicher Pflichtverletzungen an. Das ist unzureichend.
85Eine Abmahnung war nicht ausnahmsweise entbehrlich. Gerade weil die Antragsgegnerin das von ihr bemängelte Dauerverhalten nach eigenem Vortrag bereits über Jahre hingenommen hat, war es erforderlich, die Antragstellerin zuvor ausdrücklich abzumahnen, was aus den von der Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdeerwiderung nochmals angeführten, an die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin gerichteten Schreiben vom 24.09.2019, 31.01.2022, 03.06.2022, 19.06.2022 und 15.09.2023 nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit hervor geht Die Antragsgegnerin droht dort lediglich damit, dass die Antragstellerin die einzelne Messstelle, die Gegenstand der Beanstandung ist, zurückzugeben hat. Das ist nicht gleichzusetzen mit der Warnung, dass der gesamte Vertrag in Frage steht.
86Vor diesem Hintergrund können die zweifelhaften Fragen dahinstehen, inwieweit die Antragstellerin als (Teil-) Rechtsnachfolgerin für Vertragsverletzungen der E GmbH überhaupt herangezogen werden kann, ob das von der Antragsgegnerin geschilderte Dauerverhalten schon die Voraussetzungen einer schwerwiegenden Verletzung wesentlicher Vertragspflichten erfüllt und ob die Antragsgegnerin insoweit innerhalb einer angemessenen Frist die Kündigung des Vertrages erklärt hat.
87c) Auch die mit der Beschwerdeerwiderung nachgeschobenen Kündigungsgründe rechtfertigen weder die bereits unter dem 29.07.2024 erklärte noch die erneute fristlose Kündigung.
88Allerdings ist – wie bereits unter b) ausgeführt – ein Nachschieben von Umständen grundsätzlich auch noch im Kündigungsprozess möglich, wenn sie im Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund bereits bestanden. Indessen kommt die Möglichkeit, die Kündigung auf einen nachgeschobenen Grund zu stützen, mit Blick auf die weiteren Voraussetzungen von § 14 Abs. 2 MSB-RV und § 314 Abs. 2 BGB nur dann in Betracht, wenn dieser entweder bereits Gegenstand einer Abmahnung bzw. einer Fristsetzung oder aber ausnahmsweise eine solche Abmahnung bzw. Fristsetzung entbehrlich war.
89Dass die Antragsgegnerin die im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vom 29.07.2024 vorliegende, ihr jedoch erst nachträglich bekannt gewordene – teilweise – unvollständige Übermittlung der Lastgangdaten für die Zähler 1xxx0009720xxx und 1xxx0011697xxx für den Monat Juli 2024 gegenüber der Antragstellerin unter Fristsetzung abgemahnt hat, ist schon nicht ersichtlich. Unabhängig davon lässt sich dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Antragsgegnerin auch nicht entnehmen, dass dieser Status über den 09.08.2024 hinaus andauerte, so dass schon im Ansatz ein schwerwiegender Pflichtenverstoß und damit das Vorliegen eines wichtigen Grunds iSd § 14 Abs. 2 MSB-RV nicht ersichtlich ist. Ihr Vorbringen und die zur Glaubhaftmachung vorgelegte eidesstattliche Versicherung beziehen sich allein auf den Stand am 09.08.2024, dh den Tag unmittelbar nach Ablauf der Frist zur Datenübermittlung (Ablauf des 8. Tages des Folgemonats, Auszug WiM Anl. AG 6). Daher lag und liegt auch bei der gebotenen Gesamtwürdigung – wie sie im Übrigen schon unter 1.a) ii) vorgenommen ist – eine im Zeitpunkt des 29.07.2024 erfolgte wirksame außerordentliche Kündigung nicht vor.
90Im Ergebnis kann nichts anderes für die erst im Rahmen der Beschwerdeerwiderung unter dem 17.09.2024 ausgesprochene erneute fristlose Kündigung gelten. Die ihr erst am 09.09.2024 bekannt gewordene (teilweise) unvollständige Übermittlung der Lastgangdaten für die Zähler 1xxx0008342xxx, 1xxx009720xxx und 1xxx0013003xxx für den Monat August 2024 – und damit einem Zeitpunkt nach der fristlosen Kündigung vom 29.07.2024 – hat sie ebenfalls nicht abgemahnt. Unabhängig davon ist dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Antragsgegnerin auch nicht zu entnehmen, dass dieser Status über den 09.09.2024 hinaus andauert, so dass schon im Ansatz ein erneuter schwerwiegender Pflichtenverstoß und damit das Vorliegen eines wichtigen Grunds iSd § 14 Abs. 2 MSB-RV weder vorgetragen noch ersichtlich ist, zumal für den Zähler 1xxx009720xxx nur Werte im Zeitraum vom 30.08. bis 31.08.2024 fehlen sollen. Auch insoweit beziehen sich das Vorbringen der Antragstellerin und die zur Glaubhaftmachung vorgelegte eidesstattliche Versicherung allein auf den Tag unmittelbar nach Ablauf der Frist zur Datenübermittlung (Ablauf des 8. Tages des Folgemonats, Auszug WiM Anl. AG 6), den 09.09.2024. Daher lässt sich auch bei der gebotenen Gesamtwürdigung, die unter Einbeziehung etwaiger früherer, auch abgemahnter Pflichtverstöße zu erfolgen hat, derzeit die Beendigung des MSB-RV infolge einer außerordentlichen Kündigung nicht feststellen.
912. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin besteht bereits aufgrund der unstreitigen Tatsachen ein Verfügungsgrund. Einstweilige Verfügungen sind gemäß § 940 ZPO unter anderem zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist hier schon deshalb gegeben, weil die Antragsgegnerin in ihrem Kündigungsschreiben angegeben hat, bereits zum 09.09.2024 mit dem Abbau der Zähler bei den Kunden zu beginnen. Sie hat zudem einzelne Kunden der Antragsgegnerin bereits angeschrieben und diese auf das Ende ihres Vertragsverhältnisses mit der Antragsgegnerin hingewiesen. Beide Maßnahmen führen dazu, dass der Antragstellerin erhebliche finanzielle Nachteile und eine gravierende Schädigung ihres Rufes drohen. Überdies hat sie ergänzend mit Schriftsatz vom 16.09.2024 vor dem Hintergrund der Schreiben zweier Kunden erläutert, dass ein Austausch der Messtechnik nicht nur für sie, sondern auch für diese Kunden mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden wäre.
92III.
93Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
94Die Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet aus (§§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
95Der Streitwert wird im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin für beide Instanzen auf 100.000,00 € festgesetzt.