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Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. August 2023 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (3 O 202/22) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Kläger jeweils zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Im Jahr 2018 nahmen die Kläger bei der Beklagten zum Zweck der Finanzierung des Erwerbs einer privat genutzten Immobilie drei durch eingeräumte Grundschulden abgesicherte „Immobiliar-Verbraucherdarlehen mit (anfänglich) gebundenem Sollzins“ auf, deren anfängliche Zinsbindungen zwischen 15 Jahren und 15 Jahren und 4 Monaten lagen.
4In allen drei Darlehensverträgen (Anlagen K1-1 bis K1-3, Bl. 18-56 GA LG) war zur Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung der Darlehen Folgendes ausgeführt:
5„10 Vorzeitige Rückzahlung/Vorfälligkeitsentschädigung
610.1 Vorzeitige Rückzahlung
7Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten aus dem Darlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Abweichend hiervon kann der Darlehensnehmer im Zeitraum einer Sollzinsbindung nur dann vorzeitig erfüllen, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht.
8Im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung kann die A. eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen.
910.2 Vorfälligkeitsentschädigung
10Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die A. erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. ‚Aktiv/Passiv-Methode‘. Durch diese Berechnungsmethode wird die A. so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.
11Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen. Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit – auf Basis des effektiven Jahreszinses – zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.
12Die A. ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend.
13Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.
14Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:
15[…]
16Sofern der Darlehensnehmer der A. die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die A. dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.
1711 Kündigung/Sofortige Fälligkeit
1811.1 Ordentliche Kündigung
19Der Darlehensnehmer kann das Darlehen nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen.“
20Nach Veräußerung der finanzierten und zugleich als Sicherheit dienenden Immobilie führten die Kläger die Darlehen bei der Beklagten vollständig zurück. Die Beklagte akzeptierte dies ausweislich ihres Schreibens vom 14. April 2021 für alle drei Darlehen unter der Voraussetzung der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung von insgesamt 34.958,38 €.
21Die Kläger beglichen diesen Betrag am 29. April 2021 unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
22Mit außergerichtlichem Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 4. Juni 2021 verlangten die Kläger die Rückzahlung des gezahlten Betrags der Vorfälligkeitsentschädigung bis zum 18. Juni 2021. Dieser Aufforderung kam die Beklagte jedoch nicht nach.
23Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die in ihren Darlehensverträgen enthaltenen Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien unzureichend, insbesondere seien die Angaben in zeitlicher Hinsicht nicht klar und verständlich. Tragendes Grundprinzip für die Bestimmung der Vorfälligkeitsentschädigung sei, dass sie nur so weit reichen könne wie die geschützte Zinserwartung des Darlehensgebers, also 10 Jahre und 6 Monate. Die von der Beklagten verwendete Klausel sei daher fehlerhaft, weil aufgrund der vereinbarten Zinsbindung über mindestens 15 Jahre der Eindruck entstehe, dass die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bis zu diesem Zeitpunkt erfolge.
24Die Kläger haben beantragt,
25die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.958,38 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Juni 2021, hilfsweise seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.
26Die Beklagte hat beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung sei in den Darlehensverträgen klar und verständlich dargestellt, wobei es genüge, dass die wesentlichen Parameter in groben Zügen umschrieben seien. Die Formulierung "Ablauf der Zinsbindung" sei im Kontext und unter Berücksichtigung der Formulierung unter Ziffer 10.1 zu sehen. Danach werde deutlich, dass unter Ziffer 10.1 der Anspruch seinem Umfang nach bestimmt werde und unter Ziffer 10.2 lediglich die Methodik der Berechnung beschrieben sei, die niemals weitergehen könne als der zuvor unter Ziffer 10.1 dargestellte Anspruch.
29Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 16. August 2023 antragsgemäß zur Rückzahlung des Betrags der Vorfälligkeitsentschädigung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der zugesprochene Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründet sei, weil die Kläger den von ihnen gezahlten Betrag ohne Rechtsgrund geleistet hätten. Ein Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung sei nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, weil die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unter Ziffer 10.2 der Darlehensverträge unzureichend seien. Die dortige Formulierung, nach der die Beklagte so gestellt werde, „als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“, lasse den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher annehmen, dass die volle Zeit der Zinsbindung (von hier mindestens 15 Jahren) für die Berechnung der Entschädigung maßgebend sei. Diese Information sei aber unrichtig, weil die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung so zu bemessen sei, dass der Darlehensgeber durch die Kreditablösung im Ergebnis weder finanziell benachteiligt noch begünstigt werde. Ersatzfähig sei der Zinsschaden daher lediglich im Rahmen der rechtlich geschützten Zinserwartung des Darlehensgebers. Eine solche bestehe bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs oder höchstens bis zur erstmaligen Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die von der Beklagten verwendete Formulierung sei potentiell geeignet, den Darlehensnehmer von einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens abzuhalten, weil eine auf die gesamte restliche Vertragslaufzeit berechnete Vorfälligkeitsentschädigung regelmäßig höher ausfalle als eine solche bei Berücksichtigung der bestehenden Kündigungsmöglichkeit. Wegen der weiteren Begründungseinzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 365-371 GA LG) Bezug genommen.
30Gegen die rechtliche Würdigung des Landgerichts wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterverfolgt.
31Die Beklagte beantragt abändernd,
32die Klage abzuweisen.
33Die Kläger beantragen,
34die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
35Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend.
36II.
37Die Berufung ist zulässig und auch begründet. Die landgerichtliche Entscheidung beruht auf einem Rechtsfehler. Den Klägern steht der von ihnen geltend gemachte Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu.
381.
39Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Kläger gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB setzte voraus, dass die Vorfälligkeitszahlung von den Klägern ohne Rechtsgrund geleistet worden wäre. Rechtsgrund für die Zahlung ist hier jedoch § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit den darlehensvertraglichen Vereinbarungen über die Vorfälligkeitsentschädigung unter Ziffer 10 der Darlehensverträge.
40a)
41Nach § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB in der zum 21. März 2016 und damit vor Abschluss der Darlehensverträge in Kraft getretenen, hier maßgeblichen Fassung kann der Darlehensgeber, hier die Beklagte, im Falle der vorzeitigen Darlehensrückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer – wie hier die Kläger – zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet.
42b)
43Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ist hier nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen.
44Nach § 502 Abs. 2 BGB ist ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung unter anderem dann ausgeschlossen, wenn – was die Kläger allein geltend machen – die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Vertrag unzureichend sind. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
45aa)
46Der Inhalt von Verbraucherinformationen für grundpfandrechtlich gesicherte Immobiliendarlehensverträge richtet sich ausschließlich nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 und 7 EGBGB. Die Verbraucherkreditrichtlinie findet nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und c insoweit keine Anwendung.
47Nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ist der Darlehensgeber verpflichtet, den Darlehensnehmer eines Immobiliendarlehensvertrags über die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. Die Angaben hierzu müssen nach dem Einleitungssatz in Art. 247 § 7 Abs. 2 EGBGB klar und verständlich formuliert sein, soweit sie für den Vertrag bedeutsam sind.
48Die Gesetzesbegründung zum Entwurf des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB verweist insoweit darauf, dass aus systematischer Sicht der Verbraucherkreditrichtlinie entscheidend sei, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen können solle (vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 87). Des Weiteren verweist sie auf Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB-E, wonach eine zureichende Angabe verlangt, dass die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung klar und prägnant und für den Verbraucher verständlich sein müssen (vgl. BT-Drs. 16/11643, S. 88).
49bb)
50Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist das Merkmal der „unzureichenden Angaben“ in § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB aus Sicht des Senats im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleichwohl eher eng und restriktiv auszulegen, weil es sich bei der Bestimmung um eine Ausnahmevorschrift handelt und für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge nicht dieselben strengen Vorgaben gelten wie für Allgemein-Verbraucherdarlehen (so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. März 2024 – I-17 U 187/22, Bl. 171 GA LG; OLG München, Beschlüsse vom 25. Oktober 2023 – 19 U 1861/23e, juris, Rn. 107, und vom 18. Januar 2024 – 19 U 3956/23e, juris, Rn. 71 m.w.N.; Weber, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 502 Rn. 15). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, juris, Rn. 45, und Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, juris, Rn. 18). Der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, juris, Rn. 44), weil es eine einfache, für den verständigen Verbraucher nachvollziehbare finanzmathematische Formel zur Berechnung der Entschädigungshöhe nicht gibt (BGH, Beschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, juris, Rn. 19). Der Darlehensnehmer muss auch nicht in die Lage versetzt werden, die Vorfälligkeitsentschädigung selbst berechnen zu können.
51bb)
52Nach diesem Maßstab reichen die Angaben der Beklagten zur Berechnung der Vorfälligkeitsentscheidung nach Ansicht des Senats hier auch unter dem Gesichtspunkt aus, den die Kläger als im Sinne von § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB unzureichende Angabe rügen.
53(1)
54Die in den Darlehensbedingungen zur Vorfälligkeitsentschädigung enthaltenen Angaben sind inhaltlich hinreichend. Die Beklagte hat in den Darlehensbedingungen – wie vom Bundesgerichtshof gefordert – die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benannt. Zu diesen Parametern zählen das zwischenzeitlich veränderte Zinsniveau, die für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme, der der Bank entgangene Gewinn, die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten und der mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundene Verwaltungsaufwand (siehe BGH, Urteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, juris, Rn. 46). Die betreffenden Angaben finden sich unter Ziffer 10 der Darlehensbedingungen.
55Dass die Beklagte, wie die Kläger meinen, im Zusammenhang mit der nach dem Vorstehenden geforderten und hier unter Ziffer 10.2 der Darlehensbedingungen aufgenommenen Nennung der ursprünglichen Zahlungsströme auch darauf hätte hinweisen müssen, dass der „Ablauf der Zinsbindung“ durch eine Kündigung des Darlehensnehmers vorverlagert werden kann und deshalb die sogenannte rechtlich geschützte Zinserwartung lediglich den Zeitraum bis zur nächstmöglichen ordentlichen Kündigung umfasst, ergibt sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht. Nach Auffassung des Senats handelt es sich hierbei dementsprechend um ein Detail der Berechnungsmethode, dessen Angabe nicht verlangt ist, um den Anforderungen der Pflichtangabe von Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB zu genügen (so auch OLG Celle, Urteil vom 16. August 2023 – 3 U 8/23, juris, Rn. 35; OLG Köln, Urteil vom 24. Mai 2023 – 13 U 177/22, juris, Rn. 20).
56(2)
57Die von den Klägern beanstandete Formulierung in den Darlehensbedingungen vermittelt dem Darlehensnehmer nach Auffassung des Senats auch keinen falschen Eindruck und ist nicht unter diesem Aspekt „unzureichend“ im Sinne von § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
58(a)
59Nach Auffassung des Senats kann die von der Beklagten unter Ziffer 10.2 Satz 3 der Darlehensbedingungen gewählte Formulierung schon deshalb nicht als unrichtig oder einen falschen Eindruck vermittelnd angesehen werden, weil sie sich im Rahmen dessen hält, was in der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Nennung der wesentlichen Berechnungsparameter in groben Zügen anerkannt ist.
60(b)
61Zu ihrer Schlussfolgerung einer einen falschen Eindruck vermittelnden Formulierung gelangen die Kläger überdies nur, weil sie die Formulierung aus ihrem Gesamtzusammenhang reißen und einer unzulässigen isolierten Betrachtung unterziehen. Wird der Satz kontextbezogen betrachtet, wird ein falscher Eindruck nach Ansicht des Senats nicht erweckt.
62Der von den Klägern angegriffene Satz steht zum einen im Zusammenhang mit den Angaben unter Ziffer 10.1 der Darlehensbedingungen. Daraus ergibt sich, dass es bei der Vorfälligkeitsentschädigung – entsprechend § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB – um einen Ersatz des unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schadens der Bank geht. Bereits dies darf der verständige Durchschnittsverbraucher unter Berücksichtigung der Kündigungsregeln der Darlehensverträge unter Ziffer 11 der Darlehensbedingungen als einen Hinweis darauf lesen, dass bei der Berechnung der Entschädigung nicht auch noch Zinsausfälle einbezogen werden sollen, die im Falle einer Darlehenskündigung nicht anfallen würden.
63Die von den Klägern beanstandete Formulierung ist zum anderen auch im Zusammenhang mit der Kündigungsregel unter Ziffer 11.1 der Darlehensbedingungen zu sehen. Bei ihrer Berücksichtigung kann der verständige Durchschnittsverbraucher ersehen, dass der in Ziffer 10.2 Satz 3 der Darlehensbedingungen genannte „Ablauf der Zinsbindung“ variieren kann und nicht mit der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit übereinstimmen muss. Die unter Ziffer 4.4 der Darlehensbedingungen festgelegte Vertragslaufzeit kann sich aufgrund einer Kündigung nach Ziffer 11.1 der Darlehensbedingungen auf zehn Jahre und sechs Monate verkürzen.
64Schließlich verweist der erste Satz von Ziffer 10.2 der Darlehensbedingungen auf eine Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Insbesondere aus Letzterer ergibt sich die Relevanz der berechtigten Zinserwartung des Darlehensgebers für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Eine rechtlich geschützte Zinserwartung besteht nach dieser Rechtsprechung bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruchs oder, wenn dieser zeitlich früher liegt, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung, wobei die erstmalige Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren die Obergrenze darstellt (BGH, Urteil vom 19. Januar 2016 – XI ZR 388/14, juris, Rn. 25). Satz 3 von Ziffer 10.2 der Darlehensbedingungen nimmt letztlich nicht nur auf den vorangehenden Satz 2, sondern auch hierauf Bezug („Durch diese Berechnungsmethode“), wobei die fehlende weitere Erläuterung dieser Rechtsprechung nach dem oben Ausgeführten unschädlich ist.
652.
66Mangels begründeter Hauptforderung steht den Klägern auch die geltend gemachte Zinsforderung nicht zu.
67III.
68Die Entscheidung über die Kosten folgt, weil die Kläger unterlegen sind, aus §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
69Der Senat lässt gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zur Fortbildung des Rechts die Revision zu. Der Einzelfall gibt angesichts der in der Rechtsprechung bestehenden Unsicherheiten bei der Auslegung des Merkmals der nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB unzureichenden Angaben (vgl. insoweit z.B. die vom Senat abweichende Entscheidung des OLG Brandenburg, Urteil vom 20. März 2024 – 4 U 35/23, juris, Rn. 52) Veranlassung, weitere Leitsätze für die Auslegung aufzustellen, die Kriterien für die Abgrenzung zwischen einerseits entbehrlichen und andererseits fehlerhaften, einen falschen Eindruck vermittelnden Angaben formulieren.
70Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 34.958,38 € festgesetzt.
71… … …