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1. Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 7. Juni 2022 aufgehoben und der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin sowie der Beigeladenen zu tragen.
3. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.
4. Der Beschwerdewert wird auf bis 110.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragsgegnerin schrieb mit Bekanntmachung vom 20. Dezember 2021 im offenen Verfahren einen Rahmenvertrag über die Unterhalts- und Grundreinigung der Liegenschaften in X. für die Zeit vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2026 EU-weit aus (Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union, Bekanntmachungsnummer …). Der Auftrag war in vier Lose unterteilt, vorliegend streitgegenständlich ist allein Los 3, die Reinigung des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums X..
4Der Preis war nicht das einzige Zuschlagskriterium (Ziffer II.2.5. der Bekanntmachung). Nach den Hinweisen zur Ausschreibung sollten neben dem maximal mit 95 Punkten und einer Gewichtung von 50 Prozent zu berücksichtigenden Gesamtangebotspreis in Euro pro Jahr (brutto) und dem mit maximal 7 Punkten und einer Gewichtung von 5 Prozent zu berücksichtigenden Stundenverrechnungssatz für Sonderreinigungen auch der durchschnittliche Leistungsansatz (in Quadratmetern Fußbodenfläche pro Stunde) mit maximal 90 Punkten und einer Gewichtung von 45 Prozent berücksichtigt werden. Dabei erhielten Bieter mit einem durchschnittlichen Leistungsansatz von 210 Quadratmetern pro Stunde oder niedriger 90 Punkte, Bieter mit einem höheren Leistungsansatz im Verhältnis dieses Leistungsansatzes zu einem Leistungsansatz von 210 Quadratmetern pro Stunde weniger Punkte.
5Neben anderen Bietern gaben auch die Antragstellerin und die Beigeladene, die Bestandsbieterin, Angebote ab. Die Antragstellerin bot den mit Abstand günstigsten Gesamtangebotspreis, wobei sie einen mit […] Quadratmetern pro Stunde deutlich höheren durchschnittlichen Leistungsansatz als 210 Quadratmeter in Ansatz brachte. Aufgrund ihres günstigen Gesamtangebotspreises erzielte sie trotz geringerer Punktzahl beim dritten Zuschlagskriterium die höchste Gesamtpunktzahl, zweitplatzierte Bieterin war die Beigeladene.
6Die Antragsgegner stellte bei Auswertung der Angebote am 23. Februar 2022 einen ungewöhnlich niedrigen Preis der Antragstellerin mit einem Abstand zum nächstniedrigsten Preis von 24 Prozent fest, den sie auf die Kalkulation mit dem hohen durchschnittlichen Leistungsansatz von […] Quadratmetern zurückführte. Dabei verglich sie den Preis auch mit den tatsächlichen Kosten im Vorjahr, die noch über dem nächstniedrigsten Preis lagen, wobei vor dem Hintergrund des Lohnpreisanstiegs im Reinigungsgewerbe von 11,11 Euro auf 11,55 Euro mit nochmals höheren Kosten im Jahr 2022 zu rechnen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die E-Mail der zuständigen Stelle bei der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2022 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 2. März 2022 bat die Antragsgegnerin die Antragstellerin daher um Aufklärung gemäß § 60 Abs. 1 VgV, da das Angebot ungewöhnlich niedrig erscheine. Die Antragstellerin erklärte mit Schreiben vom 4. März 2022, ihr Angebot sei auskömmlich. Ihr engmaschiges Mitarbeiternetz ermögliche eine effiziente Mitarbeiterplanung, weite Fahrwege könnten vermieden werden. Nach ihren Erfahrungswerten sei auch nur mit durchschnittlich sechs Krankheitstagen pro Mitarbeiter zu rechnen. Aufgrund ihres Auftragsvolumens und der Digitalisierung ihrer Prozesse habe sie verringerte Betriebskosten. Auch habe sie aus Wirtschaftlichkeitserwägungen auf Aufschläge auf ihren Materialeinkauf verzichtet, ihre Geräte seien bereits abgeschrieben.
7Die Antragsgegnerin erachtete diese Auskunft ausweislich ihrer internen E-Mail vom 7. März 2022 als zur Erklärung des Preisabstands nicht ausreichend, der Preis lasse vermuten, dass das Angebot nicht auskömmlich sei. Die durch den gestiegenen Jahresumsatz niedrigeren Betriebskosten könnten den deutlichen Preisabstand nicht erklären, zumal auch andere Bieter vergleichbare Umsatzerlöse hätten. Der Verweis auf effiziente Mitarbeiterplanung lege nahe, dass Personalengpässe nicht durch „Springer“, sondern durch den Abzug von Personal aus anderen Objekten kompensiert werde. Auch der niedrige Ansatz bei den Lohnfortzahlungstagen sei keine taugliche Begründung, da andere Bieter mit ähnlich niedrigen Krankheitstagen kalkuliert hätten. Mit Schreiben vom 10. März 2022 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin nach § 134 GWB, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden könne und beabsichtigt sei, das der Beigeladenen zu bezuschlagen. Die Antragstellerin bat daraufhin noch am selben Tage um nähere Informationen zum Wertungsergebnis. Mit Schreiben vom 17. März 2022 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, dass ihr Angebot nicht habe bezuschlagt werden können, weil ihr deutlich unter denen der Mitbieter liegende Angebotspreis eine Unauskömmlichkeit nahelege und diese Zweifel nicht hätten ausgeräumt werden können. Die durch den gestiegenen Jahresumsatz niedrigeren Betriebskosten könnten den deutlichen Preisabstand nicht erklären, der Verweis auf effiziente Mitarbeiterplanung lege nahe, dass Personalengpässe nicht durch „Springer“, sondern durch den Abzug von Personal aus anderen Objekten kompensiert werde. Auch der niedrige Ansatz bei den Lohnfortzahlungstagen sei keine Begründung für den Preisabstand, da andere Bieter mit einer ähnlich niedrigen Anzahl an Krankheitstagen kalkuliert hätten.
8Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots hinsichtlich des Loses 3 mit Schreiben vom 18. März 2022 als unzulässig. Es fehle bereits an einem hinreichend eindeutigen Aufklärungsverlangen, dass erkennen lassen müsse, worauf die Zweifel konkret beruhen. Gleichwohl habe sie ihre kostendeckende Kalkulation bestätigt und begründet. Eine aufgrund großen Interesses gering kalkulierte Gewinnmarge führe nicht zu einem Unterkostenangebot. Im Übrigen komme es nur darauf an, ob der Bieter zu dem angebotenen Preis zuverlässig und vertragsgerecht leisten könne. Die Antragsgegnerin wies diese Rüge mit Schreiben vom 29. März 2022 zurück, wobei sie die Bewertung des Angebots der Antragstellerin erläuterte und seinen Ausschluss wegen Unauskömmlichkeit bekräftigte. Ausgehend von einem durchschnittlichen Leistungsansatz von 210 Quadratmetern pro Stunde sei ein Ansatz von […] Quadratmetern pro Stunde nicht plausibel und realistisch, weshalb eine zuverlässige, ordnungsgemäße und vertragsgerechte Leistungserbringung über die gesamte Vertragslaufzeit zweifelhaft sei. Auch bei anderen Bietern sei die Objektleitung in der Region wohnhaft, Reinigungsmittel und abgeschriebene Maschinen spielten auch bei anderen Bietern eine Rolle. Geringe Verwaltungskosten und flache Hierarchien könnten den erheblichen Preisabstand gleichfalls nicht erklären. Der Verweis auf niedrige Aufschläge für Wagnis und Gewinn lege eine bewusste Unterfinanzierung nahe, ohne dass deren Ausgleich und die Sicherstellung der Vertragserfüllung zufriedenstellend dargelegt seien. Hierauf erwiderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 30. März 2022. Das Abstellen auf den durchschnittlichen Leistungsansatz im Rahmen der Auskömmlichkeitsprüfung sei unzulässig, weil dieser bereits als qualitatives Bewertungskriterium in die Wertung eingeflossen sei.
9Mit Anwaltsschriftsatz vom 31. März 2022 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu dessen Begründung sie die vorstehende Rüge wiederholte und vertiefte. Die Einbeziehung der durchschnittlichen Leistung in Quadratmetern pro Stunde in die Auskömmlichkeitsprüfung sei schon deswegen fehlerhaft, da ihr der Grund für die Zweifel nicht mitgeteilt worden sei. Der Ansatz der Antragsgegnerin sei aber auch in der Sache verfehlt, weil die Auskömmlichkeitsprüfung sich ausschließlich auf ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung beziehen könne. Der durchschnittliche Leistungsansatz beziehe sich jedoch primär auf das Leistungsversprechen des Bieters und könne als nichtmonetäres Zuschlagskriterium nicht Gegenstand der Auskömmlichkeitsprüfung sein. Die Antragsgegnerin versuche im Nachhinein eine Mindestanforderung vorzugeben, obwohl es sich beim durchschnittlichen Leistungsansatz von 210 Quadratmetern pro Stunde gerade nicht um den maximal zulässigen Wert handele. Weshalb ihr der angebotene Leistungsansatz nicht gelingen solle, erschließe sich ihr nicht. Es sei aber letztendlich auch ihr Risiko. Aus einer angeblichen Unterfinanzierung könne nicht auf eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung geschlossen werden.
10Die Antragstellerin hat beantragt,
111. der Antragsgegnerin zu untersagen, in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag für die ausgeschriebenen Leistungen auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen;
122. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin zurückzunehmen, hilfsweise sonstige geeignete Maßnahmen zu treffen, um die geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften zu beseitigen;
133. die Hinzuziehung ihrer Verfahrensbevollmächtigten für notwendig zu erklären;
144. die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen;
155. ihr Einsicht in die Vergabeakte zu erteilen.
16Die Antragsgegnerin hat beantragt,
171. die Anträge zu Ziffer 1 und 2 zurückzuweisen;
2. die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen.
Der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin gemäß § 60 Abs. 3 VgV sei gerechtfertigt. Ihr Gesamtangebotspreis habe 24 Prozent unter dem Preis des nächstgünstigsten Bieters gelegen und noch deutlicher unter dem der Beigeladenen. Hingegen habe der durchschnittliche Leistungsansatz der Antragstellerin 50 Prozent über der kalkulatorischen Größe von 210 Quadratmetern pro Stunde gelegen, der seinerseits der Empfehlung der Gütegemeinschaft Gebäudereinigung e. V. entnommen sei. Die Preisdifferenz habe die Antragstellerin nicht zufriedenstellend aufzuklären vermocht, die angeführten Umstände könnten einen solchen Unterschied nicht erklären. Auf ein derartiges Unterkostenangebot müsse sie den Zuschlag nicht erteilen.
21Die Beigeladene hat ergänzend vorgetragen, sie habe sich bei ihrem Angebot für den Bestandsauftrag mit ihrem hohen Leistungswert verkalkuliert und über die Vertragslaufzeit den Auftrag in sechsstelliger Höhe subventionieren müssen. Der von der Antragstellerin angebotene Preis sei absolut unauskömmlich.
22Die Vergabekammer hat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. Juni 2022 eine Zuschlagerteilung an die Beigeladene auf der Basis der bisherigen Wertung untersagt und ihr deren Wiederholung aufgegeben. Das Angebot der Antragstellerin könne nicht wegen Unauskömmlichkeit ausgeschlossen werden. Zwar habe aufgrund des Preisabstands Anlass zur Aufklärung bestanden. Auch seien die von der Antragstellerin angeführten Umstände zu dessen Erklärung nicht ausreichend. Der Grund für den Preisabstand, der hohe durchschnittliche Leistungsansatz der Antragstellerin, sei jedoch als qualitatives Wertungskriterium ausgestaltet. Dabei habe es die Antragsgegnerin versäumt, einem Maximalwert festzulegen, ab dem keine Punkte mehr vergeben würden. Wenn aber ein Leistungsansatz wie der der Antragstellerin immer noch eine beachtliche Punktzahl erhalte, sei es mit dem in § 97 Abs. 1 GWB normierten Transparenzgrundsatz unvereinbar, ein solches Angebot im Rahmen der Preisprüfung als unauskömmlich abzulehnen.
23Gegen diese Entscheidung hat die Beigeladene fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Für die Preisermittlung seien letztlich nur zwei Komponenten relevant, der Preis pro Arbeitsstunde und die Arbeitsleistung pro Stunde. Da der Preis pro Arbeitsstunde wegen der allgemeinverbindlichen Tarifvorschriften wenig Spielraum lasse, könne allein eine hohe Arbeitsleistung pro Stunde deutliche Preisunterschiede begründen. Auch für die Antragstellerin habe daher klar sein müssen, dass sich die Nachfrage der Antragsgegnerin auf den außerordentlich hohen Leistungsansatz beziehe. Dieser führe zwangsläufig zu einem defizitären Angebot und damit zur Gefahr eines Leistungsausfalls, auf das sich die Antragsgegnerin nicht habe einlassen müssen. Dass die Antragstellerin für ihren Leistungsansatz noch Punkte erhalte, stehe einer Berücksichtigung im Rahmen der Auskömmlichkeitsprüfung nicht entgegen, denn hier dürften alle preisrelevanten Umstände berücksichtigt werden. Punkte würde auch noch ein Bieter mit einem absurd hohen Leistungsansatz von 5.000 Quadratmetern erhalten.
24Die Antragsgegnerin trägt ergänzend vor, die Überschreitung des fachtechnisch im Gebäudereinigungshandwerk anerkannten Leistungswertes von 210 Quadratmetern pro Stunde führe zu einem anteiligen Abzug von dem für diesen Leistungswert erzielbaren Punkten. Auf die Festlegung eines Höchstwerts für den Leistungsansatz habe sie verzichtet, um den Bietern im Rahmen ihrer unternehmerischen Freiheit Raum für fortschrittliche Technik wie Reinigungsroboter zu lassen. Vorliegend gehe es aber nicht um die Wertung des Angebots der Antragstellerin, sondern um die das Angebot betreffende Auskömmlichkeitsprüfung zur Vermeidung eines Ausfalls der Leistungserbringung aufgrund eines zu niedrigen Angebots. Die Antragstellerin habe den Preis des nächstgünstigsten Bieters um 24 Prozent und das der Beigeladenen noch deutlicher unterboten, ohne dies zufriedenstellend begründen zu können. Hierzu wären Ausführungen erforderlich gewesen, wie sie ihre Leistungswerte bei verlässlicher Qualität erreichen wolle.
25Die Beigeladene und die Antragsgegnerin beantragen,
261. den Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 7. Juni 2022, VK 2-40/22, aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt zudem,
292. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht einschließlich ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen;
3. die Hinzuziehung ihrer Verfahrensbevollmächtigten für notwendig zu erklären.
Die Antragstellerin beantragt,
331. die sofortige Beschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen;
2. der Beigeladenen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich ihrer notwendigen Auslagen aufzuerlegen.
Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer. Der Beigeladenen fehle bereits eine materielle Beschwer, da sie lediglich einen Anspruch auf Prüfung der Auskömmlichkeit, nicht jedoch einen Anspruch auf einen Ausschluss wegen Auskömmlichkeit habe. Es sei aber auch kein Ausschlussgrund gegeben. Die Vergabeunterlagen hätten von einem verständigen Bieter nur so verstanden werden können, dass ein Wert über 210 Quadratmeter zwar zu einer schlechteren Bewertung im Qualitätskriterium führe, die Abwägung zwischen Qualität und Preis aber ihm obliege. Dagegen, dass ihr Leistungsansatz ein absoluter Ausreißer sei, spreche bereits, dass sie eine positive Punktebewertung erhalten und dabei mehr als die Hälfte der maximal 45 Punkte bekommen und damit insgesamt das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe. Es sei für sie auch nicht nachvollziehbar, weshalb ihr als einem großen Unternehmen nicht gelingen solle, was die Beigeladene geschafft habe. Ihr Angebot sei auch ohne Ortsbesichtigung seriös kalkuliert, den Arbeitsaufwand kenne sie als Auftragnehmerin beim Marinestützpunkt C..
37II.
381. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingereicht. Die erforderliche Beschwer der Beigeladenen ist nach § 171 Abs. 1 Satz 2 GWB gegeben, weil sie am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt war und die Vergabekammer zu ihrem Nachteil erkannt hat, indem sie der Antragsgegnerin die Erteilung des Auftrags auf ihr Angebot untersagt hat.
39Im Übrigen ist höchstrichterlich geklärt, dass sich auch die anderen Teilnehmer am Vergabeverfahren auf die Beachtung der Vorgaben in § 60 Abs. 3 VgV berufen können. Soll ein nach den Vorgaben der Vergabeverordnung an sich wegen seines zu niedrigen Preises auszuschließendes Angebot den Zuschlag erhalten, geht es in der Sache um eine Auftragserteilung unter Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB) konkretisierende Regelungen.
402. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unbegründet. Die Ablehnung des Zuschlags auf ihr Angebot nach § 60 Abs. 3 VgV ist vergaberechtskonform, die beabsichtigte Auftragserteilung an die Beigeladene verletzt die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten, § 97 Abs. 6 GWB.
41a) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV darf der öffentliche Auftraggeber den Zuschlag auf ein Angebot ablehnen, wenn ihm nach der Prüfung der Preis dieses Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheint und der Bieter die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären kann.
42aa) Die Regelungen über den möglichen Ausschluss von ungewöhnlich niedrigen Angeboten und die damit korrespondierende Prüfungspflicht basieren auf dem Erfahrungswissen, dass niedrige Preise für die öffentlichen Belange von einem bestimmten Niveau an nicht mehr von Nutzen sein, sondern diese umgekehrt sogar gefährden können, weil sie das gesteigerte Risiko einer nicht einwandfreien Ausführung von Leistungen einschließlich eines Ausfalls bei der Gewährleistung oder der nicht einwandfreien Lieferung beziehungsweise Erbringung der nachgefragten Dienstleistung und damit einer im Ergebnis unwirtschaftlichen Beschaffung bergen. Geschützt wird dementsprechend in erster Linie das haushaltsrechtlich begründete Interesse des Auftraggebers und der Öffentlichkeit an der jeweils wirtschaftlichsten Beschaffung (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Berliner Feuerwehr).
43Dabei ist die Angemessenheit des Angebotspreises durch eine Betrachtung des Preis-Leistungs-Verhältnisses innerhalb des vom Ausschluss bedrohten Angebots zu ermitteln. Der Gesamtpreis des Angebots ist in eine Relation zum Wert der angebotenen Leistung zu stellen (Senatsbeschluss vom 16. April 2020, VII-Verg 37/19, BeckRS 2020, 60582 Rn. 24). Nur wenn sich ergibt, dass der Wert der Leistung zum Betrag der Gegenleistung, das heißt zum Gesamtpreis, in einem erheblichen Missverhältnis steht, kann von einer Unangemessenheit des Preises gesprochen werden (Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2006, VII-Verg 54/06, NZBau 2007, 462, 464; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22. März 2011, Verg W 18/10, BeckRS 2011, 6542; Lausen in Burgi/Dreher, Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2019, VgV § 60 Rn. 20).
44bb) Die Feststellung, dass ein Preis ungewöhnlich niedrig ist, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten ergeben, aus Erfahrungswerten, die der öffentliche Auftraggeber beispielsweise aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen gewonnen hat, oder aus dem Abstand zur Auftragswertschätzung (Senatsbeschlüsse vom 12. August 2021, VII-Verg 27/21, BeckRS 2021, 56263 Rn. 39, und vom 16. April 2020, VII-Verg 37/19, BeckRS 2020, 60582 Rn. 24). Dem Auftraggeber ist für die Intervention, d. h. für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens, ein Entscheidungsspielraum zuzuerkennen, dessen Ausübung von den Vergabenachprüfungsinstanzen lediglich darauf zu kontrollieren ist, ob er einen gemäß den Tatumständen nachvollziehbaren, vertretbaren und nicht willkürlichen Ermittlungsansatz gewählt hat. Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben dem öffentlichen Auftraggeber nicht vorzuschreiben, wann und aufgrund welcher Kriterien er in eine Preisprüfung eintreten darf (Senatsbeschluss vom 30. April 2014, VII-Verg 41/13, BeckRS 2014, 9478).
45In der Rechtsprechung der Vergabesenate sind insoweit Aufgreifschwellen anerkannt, bei deren Erreichen sogar eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Diese Aufgreifschwelle ist nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel erst bei einem Preisabstand von 20 Prozent zum nächsthöheren Angebot erreicht (Senatsbeschlüsse vom 25. April 2012, Verg 61/11, ZfBR 2012, 613, 615, und vom 30. April 2014, VII-Verg 41/13, BeckRS 2014, 9478 m. w. Nw.), was Bundesgerichtshof gebilligt hat (Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 14) und jedenfalls von der Mehrheit der Vergabesenate ebenso praktiziert wird (MüKoVergabeR II/Seebo/ Lehmann, 2. Aufl. 2019, VOB/A § 16dEU Rn. 9 m. w. Nw.; so jetzt auch OLG München, Beschluss vom 7. März 2013, Verg 36/12, BeckRS 2013, 5399). Im Bereich zwischen 10 und 20 Prozent kann eine Nachforschung im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers stehen (Senatsbeschluss vom 30. April 2014, VII-Verg 41/13, BeckRS 2014, 9478).
46cc) Der Auftraggeber prüft die Angemessenheit des Preises anhand der im Zusammenhang mit der Angebotseinreichung vorliegenden oder angeforderten Unterlagen über die Preisermittlung des betreffenden Bieters (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 27- Berliner Feuerwehr). Reicht dies nicht aus, um die Angemessenheit befriedigend beurteilen zu können, gibt der Auftraggeber dem Bieter Gelegenheit, den Nachweis der Seriosität seines Angebots erbringen (EuGH, Urteil vom 29. März 2012, C-599/10, EuZW 2012, 387 Rn. 29 - SAG ELV Slovensko). Er gibt dem Bieter Gelegenheit zur Aufklärung über die Bildung seiner Preise oder Kosten für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen und prüft zur Beurteilung der Angemessenheit die betreffende Zusammensetzung unter Berücksichtigung der gelieferten Nachweise. Dazu gehören Angaben zur Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, der Erbringung der Dienstleistung oder des Bauverfahrens, zu den gewählten technischen Lösungen oder allen gegebenenfalls außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die der Bieter bei der Lieferung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung sowie bei der Durchführung der Bauleistungen verfügt und sonst zur Eigenart der angebotenen Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 27- Berliner Feuerwehr).
47Ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung ist zu verneinen, sofern das betreffende Angebot tatsächlich auskömmlich, also kein Unterkostenangebot ist, aber effektivere Dienstleistungs- oder Produktionsverfahren anwendet, eine geringere Gewinnmarge als andere Angebote oder keinen Gewinn in Ansatz bringt oder zwar unauskömmlich ist, der betreffende Bieter mit der Preisgestaltung aber wettbewerbskonforme Ziele verfolgt, wie zum Beispiel das Bestreben, auf einem bislang nicht zugänglichen Markt oder bei einem bestimmten Auftraggeber mit einem Angebot Fuß zu fassen oder in prekärer Unternehmenslage einen Deckungsbeitrag zu den Gemeinkosten zu erzielen und der Bieter trotz Unauskömmlichkeit die Zuverlässigkeit nachweisen kann, den Auftrag bis zu einer längstmöglichen vertraglichen Befristung ordnungsgemäß auszuführen (Senatsbeschluss vom 30. April 2014, VII-Verg 41/13, BeckRS 2014, 9478, unter II.2.c).
48Kann der öffentliche Auftraggeber die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen, § 60 Abs. 3 VgV. Die Berechtigung, den Zuschlag auf solche Angebote abzulehnen, trägt dem Anliegen des Vergabewettbewerbs Rechnung, die wirtschaftlichste Beschaffung zu realisieren. Unangemessen niedrige Angebotspreise bergen insoweit - wie vorstehend unter aa) ausgeführt - gesteigerte Risiken, die sich in vielfältiger Weise verwirklichen können. Der Auftragnehmer kann infolge der zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen. Der Schutz der öffentlichen Interessen setzt aber nicht erst bei derart gravierenden Gefährdungen ein. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 29 - Berliner Feuerwehr).
49Die Entscheidung darüber, ob der Angebotspreis angemessen und der Bieter in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen, prognostiziert der öffentliche Auftraggeber aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse, wobei ihm - wie bei der Prüfung der Eignung - ein dem Beurteilungsspielraum rechtsähnlicher und von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Wertungsspielraum zukommt (Senatsbeschlüsse vom 29. Mai 2020, VII-Verg 26/19, BeckRS 2020, 47402 Rn. 39, und vom 8. Juni 2016, VII-Verg 57/15 BeckRS 2016, 18627 Rn. 14). Dem Auftraggeber ist ein rechtlich gebundenes Ermessen eingeräumt. Die Verwendung des Verbs „dürfen“ in § 60 Abs. 3 VgV ist nicht so zu verstehen, dass es im Belieben des Auftraggebers stünde, den Auftrag trotz weiterbestehender Ungereimtheiten doch an den betreffenden Bieter zu vergeben. Die Ablehnung des Zuschlags ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann. Bei der Beurteilung der Anforderungen an eine zufriedenstellende Aufklärung berücksichtigt der Auftraggeber Art und Umfang der im konkreten Fall drohenden Gefahren für eine wettbewerbskonforme Auftragserledigung (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rnrn. 31, 32 - Berliner Feuerwehr).
50Die Prüfung muss zwar einerseits darauf gerichtet sein, eine gesicherte Erkenntnisgrundlage für die nach§ 60 Abs. 3 VgV oder § 16d Abs. 1 Nr. 1 VOB/A-EU zu treffende Entscheidung zu schaffen. Die Anforderungen an den zu erreichenden Grad der Erkenntnissicherheit sind jedoch beschränkt. Wegen des Interesses nicht nur des öffentlichen Auftraggebers, sondern auch der Allgemeinheit an einer zügigen Umsetzung von Beschaffungsabsichten und einem raschen Abschluss von Vergabeverfahren sowie wegen der begrenzten Ressourcen und Möglichkeiten des öffentlichen Auftraggebers sind seiner Überprüfungspflicht durch den Grundsatz der Zumutbarkeit Grenzen gesetzt (Senatsbeschlüsse vom 11. Juli 2018, VII-Verg 19/18, BeckRS 2018, 28978 Rn. 35; und vom 17. Februar 2016, VII-Verg 28/15 BeckRS 2016, 9777 Rn. 18).
51Dabei ist zu beachten, dass es Sache des Bieters ist, den Nachweis der Seriosität seines Angebots erbringen (EuGH, Urteil vom 29. März 2012, C-599/10, EuZW 2012, 387 Rn. 29 - SAG ELV Slovensko; OLG Brandenburg, Beschluss vom 22. März 2011, Verg W 18/10, BeckRS 2011, 6542, unter II.2.b.bb). Der Bieter muss konkrete Gründe darlegen, die den Anschein widerlegen, dass sein Angebot nicht seriös ist. Dazu muss er seine Kalkulation und deren Grundlagen erläutern. Die Erläuterungen des Bieters müssen umfassend, in sich schlüssig und nachvollziehbar sowie gegebenenfalls durch geeignete Nachweise objektiv überprüfbar sein (Lausen in Burgi/Dreher, Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2019, VgV § 60 Rn. 17; Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, VgV § 60 Rn. 8). Verbleibende Ungewissheiten gehen zu seinen Lasten (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017, X ZB 10/16, NZBau 2017, 230 Rn. 31 - Berliner Feuerwehr; Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, VgV § 60 Rn. 8).
52b) Gemessen daran ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin wegen Unauskömmlichkeit nach § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV abzulehnen, vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
53aa) Die Aufgreifschwelle für das Einleiten eines Prüfungsverfahrens nach § 60 Abs. 1 VgV war deutlich überschritten. Der Preisabstand der Antragstellerin zum nächsthöheren Angebot lag bei 24 Prozent und zu den tatsächlichen Kosten des Vorjahres sogar bei 30 Prozent, wobei die Lohnsteigerungen des für allgemeinverbindlich erklärten Mindesttariflohns im Reinigungsgewerbe von 11,11 Euro auf 11,55 Euro für 2022 sogar noch einen noch höheren Kostenansatz erwarten ließen. Die Antragsgegnerin war folglich zur Preisaufklärung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet.
54bb) Die Entscheidung der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin die geringe Höhe ihres Angebotspreises nicht zufriedenstellend aufgeklärt hat, hält einer vergaberechtlichen Nachprüfung stand. Die Antragsgegnerin hat sich mit jedem einzelnen Argument der Antragstellerin, das sie zur Begründung für die geringe Höhe angeführt hat, auseinandergesetzt, wie sich nicht zuletzt aus dem Inhalt ihres Nichtabhilfeschreibens vom 29. März 2022 ergibt. Sie ist danach zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt, dass weder niedrigere Betriebskosten aufgrund gestiegenen Jahresumsatzes, ein naheliegender Wohnort der Objektleitung, noch ein mit durchschnittlich sechs Krankheitstagen unterdurchschnittlichen Krankenstand und eine Abschreibung der Maschinen geeignet sind, einen Preisabstand zum nächsthöheren Angebot von 24 Prozent und zu den tatsächlichen Kosten des Vorjahres von sogar 30 Prozent zu erklären. Gleiches gilt in Bezug auf die Einkaufspreise für Reinigungsmittel und Kleinmaterial sowie geringe Verwaltungskosten aufgrund flacher Hierarchien.
55Ausschlaggebend für den niedrigeren Angebotspreis war somit - wie die Antragsgegnerin im Zuge der Auswertung am 23. Februar 2022 festgestellt hat - der von der Antragstellerin angebotene durchschnittlichen Leistungsansatz von […] Quadratmetern, der deutlich über dem von der Gütegemeinschaft Gebäudereinigung e. V. empfohlenen 210 Quadratmetern pro Stunde liegenden Leistungsansatz liegt.
56Ihren Leistungsansatz hat die Antragstellerin jedoch nicht erläutert, obwohl es sich dabei um einen wesentlichen kalkulatorischen Faktor handelt, wie die Beigeladene aber auch die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats betätigt haben. Das Reinigungsgewerbe ist personalintensiv, die Lohnhöhe ist durch den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifmindestlohn weitgehend vorgegeben. Der Leistungsansatz ist daher eine zentrale Kalkulationskomponente, die auch ohne nähere Spezifikation auf ein Preisaufklärungsverlangen des Auftraggebers zu erläutern ist (Senatsbeschluss vom 30. April 2014, VII-Verg 41/13, BeckRS 2014, 9478, unter II.2.d).
57Im Übrigen hat die Antragstellerin selbst dann nicht zu ihrem Leistungsansatz vorgetragen, nachdem sie aufgrund der Rügezurückweisung vom 29. März 2022 positiv wusste, dass Grund für den Ausschluss ihres Angebots wegen Unauskömmlichkeit der Leistungsansatzes von […] Quadratmetern pro Stunde war, der nicht plausibel und realistisch sei. Auch im Laufe des Nachprüfungsverfahrens hat die Antragstellerin zum Zustandekommen ihres Leistungsansatzes nichts Plausibilisierendes vorgetragen. Vortrag etwa zu einem überlegenen Reinigungskonzept oder zu einem höheren Automatisierungsgrad ihrer Reinigungsleistungen, sind bis heute nicht erfolgt.
58Der Umstand, dass der durchschnittliche Leistungsansatz auch als qualitatives Zuschlagskriterium dient und die Antragstellerin mit ihrem Leistungsansatz Punkte erzielt hat, hindert die Berücksichtigung im Rahmen der Auskömmlichkeitsprüfung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 VgV nicht, da die Leistungswerte in Quadratmetern pro Arbeitskraft und Stunde - wie ausgeführt - für die Kalkulation des Angebotspreises von wesentlicher Bedeutung und bei einem ungewöhnlich niedrigen Angebot zu erläutern sind. Der vom Bieter angenommene durchschnittliche Leistungsansatz beeinflusst den Preis unmittelbar. Bei einer doppelt so hohen Reinigungsleistung pro Arbeitskraft und Stunde sinkt der für den Gesamtpreis zentrale Preisfaktor der Personalkosten auf die Hälfte.
59Die Erwägungen der Vergabekammer, dass die Antragsgegnerin, obwohl die geringe Höhe des Angebotspreises nicht zufriedenstellend aufgeklärt worden ist, das Angebot der Antragstellerin nicht ausschließen darf, weil der angebotene hohe Leistungsansatz nach der Wertungsmethode noch Wertungspunkte erhält, vermögen nicht zu überzeugen, zumal die Antragstellerin in dieser Hinsicht einen Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB) nicht geltend gemacht und auch die Wertungsmethode nicht beanstandet hat.
60III.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 Abs. 3, Abs. 4, § 175 Abs. 2 i.V.m. § 71 Satz 1 GWB. Die Beigeladene hat ihr Verfahrensziel erreicht (Senatsbeschluss vom 21. Oktober 2015, VII-Verg 28/14, NZBau 2016, 235 Rn. 178). Dabei entspricht es der Billigkeit, der Antragstellerin neben den Kosten der Beigeladenen auch die der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil sich die Antragsgegnerin aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt hat, indem sie erfolgreich dem Begehren der Antragstellerin widerstreitende Anträge gestellt und diese begründet hat.
62Gemäß § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG sind insoweit auch die Gebühren und Auslagen des Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen erstattungsfähig, da dessen Hinzuziehung im Verfahren vor der Vergabekammer in Anbetracht der dort aufgetretenen Schwierigkeiten im Ergebnis notwendig war.
63Die Entscheidung über die Festsetzung des Werts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG. Demnach beträgt der Gegenstandswert fünf Prozent des Bruttoauftragswerts des Angebots der Antragstellerin (Senatsbeschluss vom 10. Februar 2021, VII-Verg 22/20, BeckRS 2021, 8801 Rn. 56).