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I.
2Die Beschwerdeführerin und Beigeladene zu 1) (fortan auch: C.) ist ein Zeitschriftenverlag und gibt u.a. Publikumszeitschriften in den Bereichen TV-Programm (insgesamt 9 Titel, darunter „X.“), Regenbogenpresse (15 Titel, darunter „X.1“), Frauenzeitschriften (zB „X.2“), Essen (zB „X.3“) und Jugendzeitschriften („X.4“) heraus. C. vermarktet ihr eigenes Werbeinventar und das Werbeinventar Dritter bislang über ihre Tochtergesellschaft C.1. C.1 wendet sich gegen die fusionskontrollrechtliche Freigabe eines Zusammenschlussvorhabens der Beteiligten zu 1), 2) und 3) durch das BKartA und begehrt zudem die Verpflichtung des BKartA, die Durchführung des von den Beteiligten zu 1), 2) und 3) geplanten Gemeinschaftsunternehmens auch kartellrechtlich zu untersagen.
3Die Beteiligte zu 2) (fortan auch: G.) ist ebenfalls ein Zeitschriftenverlag, der u.a. 38 Zeitschriftentitel herausgibt, darunter 13 Frauenzeitschriften (zB „X.5“), 7 TV-Programmzeitschriften (zB „X.6“ und „X.7“), jeweils 4 Lifestyle-Magazine bzw. Haus- und Gartenzeitschriften, 3 Esszeitschriften, 2 Gesundheitsmagazine, die Apotheken-Kundenzeitschrift „X.8“ und jeweils ein Krimi-, Streaming- und Wissensmagazin. G. vermarktete ihr Zeitschriften-Werbeinventar bisher zum Teil selbst und für den Pharma-Bereich durch N., ein Tochterunternehmen der B..
4Die Beteiligte zu 3) (fortan auch: C.2) ist ein weiterer Zeitschriftenverlag. Sie verlegt u.a. rund 150 Zeitschriften, darunter 15 Titel der Regenbogenpresse (zB „X.9“ und „X.10“), 3 TV-Programmzeitschriften (zB „X.11“) und 4 Apotheken-Kundenzeitschriften (zB „X.12“).
5Die Beteiligte zu 1) (fortan auch: C.3) ist eine 100%ige Tochtergesellschaft von C.2 und vermarktet bislang das Werbeinventar von C.2 und des weiteren Zeitschriftenverlags L.
6Ab 2018 gab es verschiedene Gespräche und Planungen zwischen C.2 und G., teilweise auch unter Beteiligung von C., zum Aufbau einer gemeinsamen Vermarktungsgesellschaft. Ende 2020 wurden erneut Gespräche zwischen C.2, G. und C. über die Möglichkeit einer gemeinsamen Werbevermarktung aufgenommen, die teils bilateral, teils trilateral geführt wurden. Als C. von den bereits weit fortgeschrittenen Verhandlungen zwischen C.2 und G. erfuhr, bat sie darum, in diese einbezogen zu werden. Kurzzeitig sondierten alle drei Verlage die Möglichkeit einer gemeinsamen Vermarktung. Diese Sondierung scheiterte jedoch, und C.2 und G. nahmen ihre bilateralen Gespräche wieder auf, die schließlich in den im Streit stehenden Zusammenschluss mündeten.
7C.2, G. und L. beabsichtigen, ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, das die Werbevermarktung insbesondere von Zeitschriften aus den Verlagen der Gesellschafter und dritter Verlage übernehmen soll. G. und L. sollen Geschäftsanteile an C.3 auf Basis des Umsatzes des relevanten Werbeinventars (Print und Digital) im Verhältnis zu dem auf C.2-Zeitschriften entfallenden Netto-Werbeumsatz (Print und Digital) erwerben. C.2, G. und L. gehen davon aus, dass nach Umsetzung der Transaktion C.2 mit ca. …%, G. mit ca. …% und L. mit ca. …% an C.3 beteiligt sein werden. Zudem soll G. mit C.3 einen Vermarktungsvertrag mit dem Inhalt schließen, dass C.3 das Werbeinventar von G., insbesondere in Zeitschriften und Internetportalen, vermarktet. Die laufende Vermarktungsaktivität von C.3 für L. soll fortgesetzt werden.
8Das BKartA hat das Vorhaben von G., …% der Anteile an C.3 zu erwerben, mit Beschluss vom 16. März 2023 freigegeben.
9Das Amt hat angenommen, der Zusammenschluss betreffe zum einen die Anzeigenmärkte, da sich die Zeitschriftenportfolios von C.3 und G. mit Blick auf Titel der Regenbogenpresse und der TV-Programmzeitschriften erheblich überschnitten, zum anderen die Lesermärkte in Bezug auf die betroffenen Zeitschriften und auch Online-Werbemärkte, da C.3 das Werbeinventar zahlreicher Onlineportale von C.2 und G. vermarkte bzw. vermarkten solle. Der hier relevante Anzeigenmarkt umfasse Anzeigen in Titeln der Regenbogenpresse und in TV-Programmzeitschriften, schließe aber auch TV-Supplements und Apotheken-Kundenzeitschriften ein. C.3 werde nach dem Zusammenschluss führender Anbieter mit Marktanteilen von … - …% auf diesem Anzeigenmarkt sein. Die Entstehung oder Verstärkung einer einzelmarktbeherrschenden Stellung sei nicht zu erwarten. Ein vom BKartA im Jahr 2014 für den damals abgegrenzten Anzeigenmarkt für TV-Programmzeitschriften festgestelltes wettbewerbsloses Oligopol bestehe heute nicht mehr. Es sei auch nicht zu erwarten, dass durch den Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung auf dem vorliegend abgegrenzten Anzeigenmarkt entstehen könne. Die Gefahr einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs unterhalb der Marktbeherrschung habe sich nicht hinreichend klar manifestiert. Auch auf den Lesermärkten führe der Zusammenschluss nicht zu einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung. Zwar bestehe bei den TV-Programmzeitschriften ein wettbewerbsloses Oligopol, doch werde dieses durch den Zusammenschluss nicht derart verstärkt, dass die Untersagungsvoraussetzungen vorlägen. Schließlich sei auch auf den betroffenen Online-Werbemärkten keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu erwarten. Es gebe zwar Hinweise für die Existenz eines eigenen Marktes für Werbung für Gesundheitspräparate auf Gesundheitsportalen. Auf einem solchen Markt würde C.3 die gesetzliche Vermutung für Einzelmarktbeherrschung erfüllen. Allerdings handele es sich bei diesem Markt noch um einen Bagatellmarkt.
10Das BKartA hat die geplante Transaktion als Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zugleich auch unter dem Gesichtspunkt des Kartellverbots geprüft. Hierzu hat es angenommen, die geplante gemeinsame Vermarktung von Anzeigen sei als verlagswirtschaftliche Kooperation von der Anwendung des § 1 GWB ausgenommen. Angesichts der Höhe der Umsätze mit Kunden aus dem EU-Ausland sei aber von einer Berührung des zwischenstaatlichen Handels auszugehen, so dass der Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV eröffnet sei. Die Kooperation bewirke auf dem relevanten Anzeigenmarkt und auf den betroffenen Lesermärkten die Einschränkung des Wettbewerbs zwischen C.3 und G.. Auf der Grundlage der dem Amt bislang bekannten Vertragsentwürfe seien die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV nur teilweise erfüllt. Die Parteien würden durch die Zusammenlegung wirtschaftlicher Tätigkeiten wahrscheinlich Effizienzgewinne erzielen, von denen die Anzeigenkunden in angemessener Weise profitieren würden. Solches sei auf den Lesermärkten angesichts der dort anderen Wettbewerbssituation hingegen nicht erkennbar. Die wettbewerbsbeschränkenden Gruppeneffekte der Vermarktungs-Vereinbarung auf dem Lesermarkt könnten jedoch durch entsprechende Klarstellungen in den finalen Verträgen beseitigt oder durch ein eigenes Verwaltungsverfahren betreffend die Vereinbarung zur redaktionellen Kooperation gezielter und effektiver adressiert werden als durch eine Untersagung der Durchführung der Vermarktungskooperation. Das Amt hat daher im Rahmen seines Ermessens davon abgesehen, die geplante Vermarktungskooperation nach Art. 101 AEUV im Zeitpunkt des Beschlusses zu untersagen.
11Im August 2023 ist die Beigeladene C. ihrerseits eine Vermarktungskooperation mit dem Vermarktungsunternehmen B.1 eingegangen, welches die Vermarktung des Digital-Portfolios von C. und im Print-Bereich die Verhandlung der Mediaagentur-Rahmenverträge übernehmen soll.
12C. begehrt mit ihren gegen die Entscheidung des BKartA gerichteten Beschwerden zum einen die Aufhebung der fusionskontrollrechtlichen Freigabeentscheidung, zum anderen die Verpflichtung des BKartA, C.2, G. und C.3 die Durchführung der geplanten Zusammenarbeit zu untersagen, hilfsweise die Verpflichtung des BKartA, über die Durchführung der geplanten Zusammenarbeit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
13Mit der Anfechtungsbeschwerde macht C. geltend, der Zusammenschluss erfülle die Untersagungsvoraussetzungen auf getrennt abzugrenzenden Anzeigenmärkten für TV-Programmzeitschriften einerseits und Frauenzeitschriften des Segments Regenbogenpresse andererseits. Auf diesen Märkten werde der Zusammenschluss zu einer einzeln oder kollektiv marktbeherrschenden Stellung der Beteiligten zu 1), 2) und 3) führen. Die Marktabgrenzung des BKartA, wonach von einem Anzeigenmarkt auszugehen sei, der TV-Programmzeitschriften, die Regenbogenpresse, TV-Supplements und Apotheken-Kundenzeitschriften umfasse, sei falsch. Aber auch bei Zugrundelegung der Marktabgrenzung des BKartA sei eine erhebliche Wettbewerbsbehinderung unterhalb der Marktbeherrschung zu erwarten. Der Zusammenschluss erfülle die Untersagungsvoraussetzungen auch auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften, weil das dort bestehende Oligopol verstärkt werde.
14Mit der Verpflichtungsbeschwerde macht C. geltend, die Ablehnung der Untersagung des Gemeinschaftsunternehmens sei ermessensfehlerhaft, weil dieses gegen Art. 101 AEUV verstoße, indem es eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecke, und die Voraussetzungen einer Freistellung nicht vorlägen. C. habe deshalb einen Anspruch auf Untersagung, hilfsweise auf Neuentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
15Die Beschwerdeführerin beantragt,
16I.
17den Beschluss des BKartA vom 16. März 2023 - V-31/22 - aufzuheben,
18II.
19das BKartA zu verpflichten, den Beteiligten zu 1), 2) und 3) die Durchführung der geplanten Zusammenarbeit in Form der Vereinbarungen des „Vermarktungsvertrages“ und des „Joint Venture Vertrages“ zu untersagen,
20III.
21hilfsweise für den Fall, dass das Gericht dem Antrag zu II. nicht stattgeben sollte, das BKartA zu verpflichten, über die Durchführung der geplanten Zusammenarbeit der Beteiligten zu 1), 2) und 3) in Form der Vereinbarung des „Vermarktungsvertrages“ und des „Joint Venture Vertrages“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
22Das BKartA beantragt,
23I.
24die Anfechtungsbeschwerde gegen seinen Beschluss vom 16. März 2023 - V-31/22 – zurückzuweisen,
25II.
26die Verpflichtungsbeschwerde und die mit dem Hilfsantrag verfolgte Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
27Das BKartA verteidigt seine Freigabeentscheidung und hält die Verpflichtungsbeschwerde mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag mangels Beschwerdebefugnis für unzulässig, jedenfalls für unbegründet.
28Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) beantragen,
29die Beschwerden zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
30Sie halten beide Beschwerden wegen missbräuchlicher Rechtsausübung für unzulässig, weil C. zuvor Vermarktungskooperationen für wettbewerblich unbedenklich gehalten habe und an dem streitbefangenen Gemeinschaftsunternehmen als weiterer Gesellschafter habe beteiligt werden wollen. Die Verpflichtungsbeschwerde sei auch deshalb treuwidrig, weil C. im Verwaltungsverfahren ausgeführt habe, dass eine Untersagung nach § 32 GWB auch in einem dem Fusionskontrollverfahren nachgelagerten Verwaltungsverfahren erfolgen könne. Die Anfechtungsbeschwerde sei zudem mangels materieller Beschwer unzulässig. Die Verpflichtungsbeschwerde sei auch mangels Beschwerdebefugnis unzulässig. Die Beteiligten zu 1), 2) und 3) halten die Anfechtungsbeschwerde darüber hinaus für unbegründet. Der relevante Anzeigenmarkt sei weiter als das BKartA ihn abgegrenzt habe und umfasse auch andere Printsegmente und – mediengattungsübergreifend – TV- und Digitalinventare. Unabhängig von der konkreten Marktabgrenzung lägen keine Untersagungsgründe vor. Auch die Verpflichtungsbeschwerde sei unbegründet, weil C. weder einen Anspruch auf eine Untersagungsverfügung noch auf eine Neubescheidung habe. Überdies greife das Kartellverbot schon nicht ein, fehle es zudem an einer tatbestandsmäßigen Wettbewerbsbeschränkung und lägen auch die Freistellungsvoraussetzungen vor. Schließlich habe das Amt von seinem Ermessen rechtsfehlerfreien Gebrauch gemacht.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt einschließlich der Ausführungen in dem angefochtenen Amtsbeschluss Bezug genommen.
32II.
33Die Anfechtungs- und die Verpflichtungsbeschwerde der Beigeladenen C. bleiben ohne Erfolg. Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet. Weder ist die fusionskontrollrechtliche Freigabeentscheidung des Amts auf die Anfechtungsbeschwerde aufzuheben (dazu nachfolgend A.), noch hat C. den mit der Verpflichtungsbeschwerde geltend gemachten Anspruch auf Untersagung des Gemeinschaftsunternehmens der Beteiligten zu 1), 2) und 3) durch das Amt oder den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Neubescheidung durch das Amt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (dazu nachfolgend B.).
34A. Die Anfechtungsbeschwerde der Beigeladenen C. gegen die Entscheidung des Amts, das Vorhaben von G., von C.2 …% der Anteile an C.3 zu erwerben, freizugeben, ist zulässig (dazu nachfolgend 1.), aber nicht begründet (dazu nachfolgend 2.).
351. Die Anfechtungsbeschwerde ist zulässig.
36a) Die Anfechtungsbeschwerde gegen die Freigabeentscheidung des Amts nach § 40 Abs. 2 GWB ist gem. § 73 Abs. 1 GWB statthaft und gem. §§ 74 Abs. 1, 72 Nr. 2 GWB, § 130d ZPO am 21. April 2023 frist- und formgerecht eingelegt worden. Auf die (erneute) Beschwerdeeinlegung per Telefax am 24. April 2023 kommt es nicht an. C. ist als Beigeladene zum Fusionskontrollverfahren gem. §§ 73 Abs. 2 S. 1, 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB beschwerdebefugt.
37b) C. ist durch die angefochtene Freigabeentscheidung auch formell und materiell beschwert.
38aa) Voraussetzung für die Zulässigkeit der Anfechtungsbeschwerde ist die formelle und materielle Beschwer des Rechtsmittelführers als besondere Form des Rechtsschutzinteresses. Die Verfahrensbeteiligung vermag dieses Zulässigkeitserfordernis nicht zu ersetzen (BGH 30.03.2011 – KVZ 100/10; BeckRS 2011, 8181 Rn. 4 – Presse-Grossisten; BGH 25.09.2007 – KVR 25/06, juris Rn. 14 – Anteilsveräußerung). Greift ein im behördlichen Verfahren beigeladenes Unternehmen mit seiner Beschwerde die Fusionsfreigabe an, muss es zur Darlegung der Beschwer geltend machen können, dass es sich im kartellbehördlichen Verfahren – ganz oder zumindest teilweise – gegen die Freigabe des Zusammenschlussvorhabens ausgesprochen hat (formelle Beschwer) und dass es ferner durch die Freigabe in seinem eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf dem relevanten Markt nachteilig betroffen ist (materielle Beschwer) (BGH 25.09.2007 – KVR 25/06, juris Rn. 16 – Anteilsveräußerung; Senat 22.09.2021 – VI-Kart 5/20 (V), juris Rn. 28). Auch materiell-rechtlich findet eine Überprüfung der angefochtenen Behördenentscheidung nur insoweit statt, wie eine Beeinträchtigung der geschützten unternehmerischen und wettbewerblichen Interessen des Beschwerdeführers in Frage kommt (BGH 24.06.2003 – KVR 14/01, juris Rn. 18 – HABET/Lekkerland; Senat 22.09.2021 – VI-Kart 5/20 (V), juris Rn. 28).
39bb) Die formelle Beschwer resultiert aus der Tatsache, dass C. im Verwaltungsverfahren des Amts die Untersagung des Zusammenschlussvorhabens erstrebt hat.
40cc) Die materielle Beschwer ergibt sich daraus, dass C. ebenso wie G. und C.2 Publikumszeitschriften in den Bereichen TV-Programm, Frauenzeitschriften und Regenbogenpresse herausgibt und daher als Wettbewerberin der Zusammenschlussbeteiligten auf den betroffenen Anzeigen- und Lesermärkten im Fall einer zu Unrecht ergangenen Freigabe des Zusammenschlusses durch das marktbeherrschende Unternehmen in ihrem eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum eingeschränkt sein könnte. Ob, wie die Zusammenschlussbeteiligten geltend machen, eine Wettbewerbsbehinderung der Beschwerdeführerin tatsächlich ausscheidet, weil diese gestärkt würde, wenn die Zusammenschlussbeteiligten Preissetzungsspielräume ausnutzten, ist im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde zu prüfen, steht aber deren Zulässigkeit nicht entgegen.
41c) Die Anfechtungsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil C. sich damit in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch setzt. Allerdings unterliegt die Ausübung prozessualer Rechte auch im Kartellverwaltungsverfahren den Geboten von Treu und Glauben und kann der Verstoß hiergegen zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führen. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn der Beschwerdeführer gegenüber einer fusionskontrollrechtlichen Freigabe geltend macht, er werde durch einen Anteilserwerb wettbewerblich behindert, obwohl er zuvor eigene Anteile am Zielunternehmen an den Erwerber veräußert hat und sich zudem im Veräußerungsvertrag mit dem Erwerber verpflichtet hat, alles zu unterlassen, was das Wirksamwerden des Übertragungsvertrags verhindern könnte (BGH 25.09.2007 – KVR 25/06, juris Rn. 27 f. – Anteilsübertragung).
42Im Streitfall verstößt C. mit ihrer Anfechtungsbeschwerde nicht deshalb gegen Treu und Glauben, weil sie zuvor Anzeigenvermarktungs-Kooperationen für wettbewerblich unbedenklich gehalten hat und eine Vermarktungskooperation sowohl bilateral mit C.2 einerseits und mit G. andererseits, aber auch trilateral mit C.2 und G. sondiert hat. Nachdem eine solche Kooperation unter Beteiligung von C. nicht zustandegekommen ist, kann es nicht als widersprüchliches Verhalten angesehen werden, wenn C. geltend macht, durch eine andere Vermarktungskooperation, nämlich diejenige von C.2 und G., wettbewerblich benachteiligt zu werden.
432. Die Anfechtungsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amt hat das Vorhaben von G., von C.2 …% der Anteile an C.3 zu erwerben, zu Recht freigegeben.
44a) Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Freigabeverfügung bestehen keine Bedenken.
45aa) Die ergänzenden Sachverhaltsausführungen der Beschwerdeführerin auf S. 7 ff. der Beschwerdebegründung zum Vorverfahren des Amts zwischen der ersten Information durch C.2 und G. vom 25. März 2022 und der förmlichen Anmeldung des Vorhabens vom 20. Oktober 2022 geben keinen Anlass zu der Annahme, C. sei im Verwaltungsverfahren entgegen § 56 Abs. 1 GWB nicht ausreichend beteiligt worden. C. wurde am 7. November 2022 zum Verfahren beigeladen und hatte nach eigener Darstellung und nach den Ausführungen in der Amtsverfügung bis einschließlich 13. März 2023 vielfältige Gelegenheit zur Stellungnahme.
46bb) Soweit C. geltend macht, es sei nicht erkennbar, ob der Kundenauswertungsvermerk der durchgeführten Marktbefragung bei Werbekunden in die Verfügung eingeflossen ist, ergibt sich hieraus kein Ermittlungs- oder Begründungsdefizit der Entscheidung entgegen §§ 57, 61 Abs. 1 GWB. Das Amt hat hierzu zusätzlich zur Darstellung des Gangs der Ermittlungen in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, die angegriffene Verfügung basiere auf der Gesamtheit der Ermittlungen der Beschlussabteilung. Hierzu zählten neben den Einzelantworten der schriftlich befragten Marktteilnehmer auch Interviews mit Kunden, Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten und Recherchen in öffentlichen Quellen. Die Beschlussabteilung habe Zugriff auf den gesamten Datensatz der Ermittlungen und habe insoweit auch weitergehende, über den zusammenfassenden Auswertungsvermerk hinausgehende, eigene Berechnungen angestellt. Mangels Entscheidungserheblichkeit hätten nicht alle im Auswertungsvermerk aufgeführten Informationen Eingang in die Verfügung gefunden. An der Richtigkeit dieser Ausführungen bestehen keinerlei Zweifel. Die Amtsverfügung nimmt bei der Marktabgrenzung wie auch bei der Beurteilung der Untersagungsvoraussetzungen umfangreich auf die Ermittlungsergebnisse Bezug und bewertet diese. C. macht auch im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens insoweit keine Defizite mehr geltend.
47cc) Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, das Amt habe seine der Entscheidung zugrundegelegte Marktabgrenzung „in informellen Gesprächen mit den Beteiligten im Vorfeld des Fusionskontrollverfahrens entwickelt“, trifft nicht zu, weil die Zusammenschlussbeteiligten der Marktabgrenzung des Amts schon im Verwaltungsverfahren entgegengetreten sind und im Beschwerdeverfahren weiterhin entgegentreten; sie halten eine weitergehende Marktabgrenzung für richtig. Soweit C. von der beabsichtigten Marktabgrenzung erst am 2. Februar 2023 erfahren hat, ist nicht ersichtlich und wird von C. auch nicht substantiiert ausgeführt, dass sie keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu mehr gehabt hätte. Ein etwaiger Beteiligungsmangel iSv § 56 Abs. 1 GWB wäre jedenfalls durch das Beschwerdeverfahren gem. § 45 Abs. 1 und 2 VwVfG geheilt.
48b) Die angefochtene Freigabeentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Das Amt hat mit Recht angenommen, dass der – gem. §§ 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 37 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 S. 1 lit. b, S. 3 GWB der Fusionskontrolle unterliegende und - angemeldete Anteilserwerb von G. an C.3 nicht die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 1 GWB erfüllt. Abzustellen ist dabei auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass der kartellbehördlichen Freigabeentscheidung, weil diese keine Dauerwirkung beansprucht, sondern eine Aussage nur für den Zeitpunkt enthält, zu dem sie getroffen wird (BGH 10.04.2018 - KVZ 37/17, BeckRS 2018, 9531 Rn. 17 – Ministererlaubnis Edeka/Tengelmann; BGH 24.06.2003 – KVR 14/01 juris Rn. 36 – HABET/Lekkerland).
49aa) Das Amt hat angenommen, das Zusammenschlussvorhaben wirke sich auf einem deutschlandweiten Anzeigenmarkt, der TV-Programmzeitschriften, TV-Supplements, Titel der Regenbogenpresse und Apotheken-Kundenzeitschriften umfasst, und auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften aus. Diese Marktabgrenzung begegnet keinen Bedenken.
50(1) Ohne weitere Bedeutung für den Streitfall ist, dass das Amt auch Überschneidungen auf Online-Werbemärkten festgestellt hat, die zum einen ergänzende Online-Angebote zu Zeitschriften der Zusammenschlussbeteiligten und zum anderen sogenannte Gesundheits-Portale betreffen. Denn bezogen auf einen Gesamtmarkt für Online-Werbung sind nach seinen Ermittlungen die Umsätze der Zusammenschlussbeteiligten im Bereich der suchungebundenen Werbung im Vergleich verschwindend gering, so dass insoweit keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu erwarten ist. Soweit das Amt erwogen hat, einen engen Online-Werbemarkt für die Bewerbung von Gesundheitspräparaten auf inländischen Gesundheitsportalen abzugrenzen, handelt es sich dabei nach seinen Feststellungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um einen Bagatellmarkt nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 GWB. Zudem ist nach den Ermittlungen des Amts auch bei Überschreiten der Bagatellmarkt-Schwelle eine Behinderung wirksamen Wettbewerbs durch das Zusammenschlussvorhaben auf diesem engen Markt nicht zu erwarten, weil potente Wettbewerber am Markt verbleiben, erheblicher Substitutionswettbewerb existiert und mit Marktzutritten zu rechnen ist. Diese Feststellungen sind nicht zu beanstanden und werden von der Beschwerde auch nicht angegriffen.
51Keine Bedeutung hat das Zusammenschlussvorhaben auch für die Lesermärkte der Regenbogenpresse, ohne dass es einer konkreten Marktabgrenzung bedarf. Zwar sind Gruppeneffekte auch auf diesen Märkten denkbar. Nach den Feststellungen des Amts gibt es jedoch aufgrund von 11 Anbietern und 107 Titeln signifikanten Wettbewerb, sind die Marktzutrittsschranken in der Regenbogenpresse niedrig und die Bindung der Leserinnen an eine bestimmte Zeitschrift eher gering ausgeprägt, so dass die Erwartung der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung aufgrund von Gruppeneffekten vor diesem Hintergrund fernliegt. Auch dagegen wendet die Beschwerde sich nicht.
52(2) Ziel der – sachlichen und räumlichen – Marktabgrenzung ist es, diejenigen Wettbewerbskräfte zu ermitteln, denen das zur Beurteilung stehende Unternehmen ausgesetzt ist. Ausgangspunkt für die sachliche Marktabgrenzung ist das Bedarfsmarktkonzept. Danach gehören zu einem Markt alle Waren oder gewerblichen Leistungen, die sich aus Sicht der Marktgegenseite nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahestehen, dass sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs gleichermaßen geeignet betrachtet und funktional als gegeneinander austauschbar angesehen werden (BGH 23.06.2020 – KVR 69/19, juris Rn. 23 - Facebook; BGH 08.10.2019 – KZR 73/17, juris Rn. 23 – Werbeblocker III). Beim Angebotsmarkt ist maßgebliche Marktgegenseite der jeweilige Nachfrager der betreffenden Ware oder Leistung, wobei die funktionale Austauschbarkeit nach objektivem Maßstab (BGH 05.10.2004 – KVR 14/03, juris Rn. 18 - Staubsaugerbeutelmarkt) und nach der Beurteilung des überwiegenden Teils der Abnehmer (BGH 16.01.2008 – KVR 26/07, juris Rn. 57 – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt) zu bewerten ist. Abweichende Präferenzen Einzelner oder kleiner Nachfragegruppen bleiben als Randungenauigkeit ebenso außer Betracht wie Sortimentsüberschneidungen im Randbereich (Senat 05.12.2018 – VI-Kart 3/18 (V), juris Rn. 35 juris – Ticketvertrieb I; Senat 23.08.2017 – VI-Kart 5/16 (V), juris Rn. 58 – Fusionsuntersagung EDEKA/Tengelmann).
53(3) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Amt zu Recht in sachlicher Hinsicht grundsätzlich zwischen Anzeigenmärkten einerseits, auf dem sich Verlage als Anbieter von Werbemöglichkeiten in ihren Informationsmedien und Anzeigenkunden als Nachfrager gegenüberstehen, und Lesermärkten andererseits, auf dem sich Verlage als Anbieter von Informationsmedien und Leser als Nachfrager gegenüberstehen, differenziert (BGH 26.05.1987 – KVR 3/86, juris Rn. 23 – Niederrheinische Anzeigenblätter; Senat 22.12.2010 – VI-Kart 4/09 (V), juris Rn. 50 – Anzeigengemeinschaft).
54(4) Im Hinblick auf die Anzeigenmärkte hat das Amt zu Recht festgestellt, dass sich das Zusammenschlussvorhaben auf einem Anzeigenmarkt auswirkt, der TV-Programmzeitschriften, Titel der Regenbogenpresse sowie TV-Supplements und Apotheken-Kundenzeitschriften umfasst. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt nicht die Annahme eines engeren sachlichen Marktes. Ob der sachliche Anzeigenmarkt noch weiter abzugrenzen ist, wie die Zusammenschlussbeteiligten meinen, kann im Ergebnis offen bleiben, weil auf der Grundlage der Markabgrenzung des Amts die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 S. 1 GWB nicht vorliegen.
55(a) Zur Identifizierung der vom Zusammenschluss betroffenen Anzeigenmärkte hat das Amt festgestellt, dass es bei den von C.3 vermarkteten Zeitschriften und den Zeitschriften von G. zu Überschneidungen bei TV-Programmzeitschriften, Frauenzeitschriften, Apotheken-Kundenzeitschriften, Gesundheitsmagazinen, Esszeitschriften sowie im Bereich der Wohn- und Gartenzeitschriften kommt. Für die vier letztgenannten Zeitschriften-Kategorien der Apotheken-Kundenzeitschriften, Gesundheitsmagazine, Esszeitschriften sowie Wohn- und Gartenzeitschriften ist das Amt zu dem Ergebnis gelangt, dass selbst bei enger Abgrenzung von Anzeigenmärkten entlang der einzelnen Zeitschriftenkategorien keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu erwarten ist. Dies ist mit Blick auf die vom Amt ermittelten konkurrierenden Verlage und die auf der Grundlage der Bruttowerbeumsätze berechneten Marktanteile der Parteien sowie unter Berücksichtigung eines bei enger Abgrenzung der Anzeigenmärkte tendenziell höheren Substitutionswettbewerbs durch angrenzende Zeitschriftenmärkte nicht zu beanstanden und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht angegriffen.
56Bei den beiden erstgenannten Zeitschriften-Kategorien der TV-Programmzeitschriften und Frauenzeitschriften hat das Amt hingegen erhebliche wettbewerbliche Überschneidungen zwischen den Titeln der Zusammenschlussparteien festgestellt. Nach seinen Ermittlungen würden die Zusammenschlussbeteiligten einen gemeinsamen Bruttowerbeumsatzanteil von knapp …% an allen TV-Programmzeitschriften erreichen. Einziger weiterer Anbieter ist danach C.. Bei den Frauenzeitschriften würden die Zusammenschlussbeteiligten einen gemeinsamen Bruttowerbeumsatzanteil von …% an allen Frauenzeitschriften erreichen. C. ist nach den Ermittlungen des Amts zweitstärkster Anbieter mit einem Bruttowerbeumsatzanteil von …%. Bei einer weiteren Aufteilung der Frauenzeitschriften in Premium-Frauenzeitschriften, Qualitäts-Frauenzeitschriften und Einfach-Frauenzeitschriften (Regenbogenpresse) ergibt sich nach den Ermittlungen des Amts keine Überschneidung bei den Premium-Frauenzeitschriften, weil G. solche nicht verlegt, eine im Ergebnis geringe und unbedenkliche Überschneidung bei den Qualitäts-Frauenzeitschriften, aber eine erhebliche Überschneidung bei Titeln der Regenbogenpresse. Auch diese Feststellungen sind nicht zu beanstanden und werden von der Beschwerde nicht angegriffen.
57(b) Ausgehend vom Bedarfsmarktkonzept und der funktionalen Austauschbarkeit aus Sicht der Anzeigenkunden als maßgeblicher Marktgegenseite hat das Amt mit Recht in sachlicher Hinsicht einen Anzeigenmarkt abgegrenzt, der TV-Programmzeitschriften, die Regenbogenpresse, aber auch TV-Supplements und Apotheken-Kundenzeitschriften umfasst.
58(aa) Nicht zu beanstanden ist zunächst die Feststellung des Amts, dass - weiterhin - kein mediengattungsübergreifender Anzeigenmarkt existiert, der neben den hier betroffenen Printmedien auch einzelne oder alle anderen Mediengattungen der Online-Werbung und der TV- und Radio-Werbung umfasst. Nach den Ermittlungen des Amts besteht aus Sicht der Werbetreibenden keine Austauschbarkeit zwischen den verschiedenen Mediengattungen, weil diese sich im Hinblick auf ihre Eigenschaften, d.h. auf die unterschiedlichen Darstellungsformen von Texten, Bildern, Ton und bewegten Bildern, ebenso erheblich voneinander unterscheiden wie im Hinblick auf die Möglichkeit, eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen. Hinzu kommt, dass erhebliche Preisunterschiede für Werbung in den einzelnen Mediengattungen bestehen. Dem steht nicht entgegen, dass Werbekunden zur umfassenden Ansprache ihrer Zielgruppen verschiedene Mediengattungen buchen, denn aus der komplementären Nutzung verschiedener Mediengattungen folgt nicht, dass aus Sicht der Werbekunden die eine gegen die andere funktional austauschbar wäre. Es ergibt sich auch nichts anderes daraus, dass der Anteil der Online-Werbung seit Jahren ansteigt. Wie das Amt festgestellt hat, ist gerade bei der hier besonders betroffenen Werbung für Gesundheitspräparate und Versandhandel der Anteil für Printwerbung seit 2017 konstant bei …-…% geblieben, obwohl der Anteil der Online-Werbung von …% auf …% gestiegen ist. Die Kundenbefragung des Amts hat bestätigt, dass Werbung in Printmedien weiterhin einen eigenständigen Markt darstellt. So haben …% der Befragten erklärt, bei einer 10%igen Preiserhöhung durch C.3 nach dem Zusammenschluss ihr Werbebudget umschichten zu wollen. Von diesen würden …% ihr Werbebudget „ganz“ bis „eher viel“ auf andere Anbieter von TV-Programmzeitschriften und von Regenbogenpresse umschichten, …% auf andere Printkategorien, aber nur …% „ganz“ bis „eher viel“ auf andere Mediengattungen. Die Beschwerde greift diese Feststellungen auch nicht an.
59(bb) Weiter hat das Amt zutreffend festgestellt, dass ein einheitlicher Anzeigenmarkt, der alle Print-Kategorien einschließt, nicht existiert. Dies beruht insbesondere darauf, dass die einzelnen Print-Kategorien - wie Zeitungen, Fachzeitschriften und Publikumszeitschriften, aber auch die unterschiedlichen Publikumszeitschriften-Kategorien, wie Special-Interest- und General-Interest-Zeitschriften - verschiedene Lesergruppen ansprechen, die sich nach Alter, Geschlecht und Interesse zum Teil stark voneinander unterscheiden. Für Werbekunden, die eine bestimmte Zielgruppe ansprechen wollen, sind daher nicht alle Print-Kategorien untereinander funktional austauschbar in dem Sinne, dass die Werbekunden ihre Zielgruppe statt mit einer Print-Kategorie genauso gut mit einer anderen Print-Kategorie erreichen können. Soweit Werbekunden verschiedene Print-Kategorien nutzen, bedeutet das daher nicht zwingend, dass diese funktional austauschbar sind. Es kann auch bedeuten, dass Werbekunden zur möglichst umfassenden Kundenansprache verschiedene Print-Kategorien und damit verschiedene Anzeigenmärkte additiv nutzen. Entscheidend für die Zielgruppenansprache ist der Leserkreis der Print-Kategorie, so dass mehrere Print-Kategorien nur dann einen einheitlichen Anzeigenmarkt bilden, wenn deren Leserkreise, die die Werbekunden ansprechen wollen, sich weitgehend decken. Das Bestehen verschiedener Anzeigenmärkte wird belegt durch die Kundenbefragung des Amts, nach der die Werbekunden im hier besonders relevanten Bereich Gesundheitspräparate und Versandhandel im Jahr 2021 ca. …% ihres Werbebudgets für Printmedien für Zeitschriften ausgegeben haben, knapp …% für Zeitungen und …% für Anzeigenblätter. Innerhalb der Zeitschriften entfiel der größte Teil der Werbeausgaben auf Titel der Regenbogenpresse (…%). Zudem erklärten …% der befragten Kunden, die Print-Kategorien komplementär bzw. eher komplementär zu nutzen. Die Feststellung, dass ein Gesamt-Anzeigenmarkt für Printmedien nicht existiert, die Marktabgrenzung sich vielmehr danach richtet, ob die Print-Kategorien im wesentlichen deckungsgleiche Anzeigenbelegungseinheiten anbieten, entspricht ständiger Rechtsprechung (BGH 19.06.2012 – KVR 15/11, juris Rn. 13 – Haller Tagblatt; BGH 26.05.1987 – KVR 3/86, juris Rn. 23 – Niederrheinische Anzeigenblätter; Senat 22.12.2010 – VI-Kart 4/09 (V), juris Rn. 57 – Anzeigengemeinschaft) und wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen. Soweit die Beschwerde allerdings meint, aus den dargestellten Kundenantworten ergebe sich zudem, dass auch innerhalb einer Print-Kategorie – im vorliegenden Fall innerhalb der Kategorie der Publikumszeitschriften – kein mehrere Zeitschriften-Kategorien umfassender Anzeigenmarkt existiere, trifft das aufgrund der auf die Existenz eines Gesamtanzeigenmarkts für den Printbereich bezogenen Fragestellung nicht zu.
60(cc) Die vom Amt vorgenommene Abgrenzung eines sachlichen Anzeigenmarkts, der TV-Programmzeitschriften, Titel der Regenbogenpresse, TV-Supplements und Apotheken-Kundenzeitschriften umfasst, ist zutreffend. Die Einwendungen der Beschwerde greifen nicht durch. Soweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung eine vollständige Liste aller Zeitschriften vermisst hat, die das Amt den genannten vier Kategorien zugeordnet hat, hat das Amt diese mit Anlage 1 und 2 zur Beschwerdeerwiderung vorgelegt. Die Beschwerdeführerin hat im Folgenden weder die Vollständigkeit noch die Zuordnung zu einer Kategorie beanstandet.
61((1)) Nach dem Bedarfsmarktkonzept ist beim Angebotsmarkt maßgebliche Marktgegenseite der jeweilige Nachfrager der betreffenden Ware oder Leistung, wobei die funktionale Austauschbarkeit nach objektivem Maßstab (BGH 05.10.2004 – KVR 14/03, juris Rn. 18 - Staubsaugerbeutelmarkt) und nach der Beurteilung des überwiegenden Teils der Abnehmer (BGH 16.01.2008 – KVR 26/07, juris Rn. 57 – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt) zu bewerten ist. Das Amt hat festgestellt, dass die größten Werbekundengruppen bei TV-Programmzeitschriften Werbetreibende für Gesundheitspräparate und für Versandhandel sind. Die Nettowerbeerlöse mit den 10 größten Werbekunden der TV-Programmzeitschriften entfallen zu …% auf Gesundheitspräparate, zu …% auf Marken (v.a. Automobile, Post- oder Telekommunikationsanbieter) und zu …% auf den Versandhandel. Dabei wird durch die Beschränkung auf die größten 10 Kunden und große Buchungsvolumina bei Marken-Werbekampagnen die Bedeutung der übrigen Kunden unterschätzt. Bei der Berücksichtigung aller Werbekunden der TV-Programmzeitschrift „X.6“ ergaben sich Nettowerbeerlöse mit Gesundheitspräparaten von – in etwa identischen – …%, mit dem Versandhandel von – ebenfalls in etwa identischen – …%, während der Anteil der Nettowerbeerlöse mit Marken auf …% sank. Werbekunden für Gesundheitspräparaten und Versandhandel stellen damit die größten Werbekundengruppen für TV-Programmzeitschriften und damit den überwiegenden Teil der Abnehmer dar.
62((2)) Zum selben Anzeigenmarkt wie TV-Programmzeitschriften gehören TV-Supplements, d.h. wöchentlich erscheinende TV-Programmbeilagen in deutschen Tageszeitungen. Sie sind aus Sicht der Werbekunden mit den TV-Programmzeitschriften funktional austauschbar, denn auch TV-Supplements erzielen nach den Feststellungen des Amts mit den Werbekundengruppen aus den Bereichen Versandhandel mit …% und Gesundheitspräparate mit …% die höchsten Nettowerbeerlöse. Der Gesamtanteil der auf diese beiden Bereiche entfallenden Nettowerbeerlöse von …% ist mit demjenigen von …% bei den TV-Programmzeitschriften vergleichbar.
63((3)) Mit Recht hat das Amt dem sachlich relevanten Anzeigenmarkt auch Titel der Regenbogenpresse zugerechnet, zu denen insbesondere Einfach-Frauenzeitschriften wie „X.13“ und „X.5“ gehören. Auch die Titel der Regenbogenpresse erzielen mit z.B. …% bei der „X.13“ und …% bei „X.5“ die höchsten Nettowerbeumsätze mit Gesundheitspräparaten. Dies rechtfertigt es, die Titel der Regenbogenpresse aus Werbekundensicht als mit den TV-Programmzeitschriften und den TV-Supplements funktional austauschbar anzusehen. Dieser Beurteilung stehen die geringeren Nettoumsatzerlöse mit dem Versandhandel nicht entgegen. Zwar machen diese bei „X.5“ nur …% aus, bei der „X.13“ stellen sie jedoch mit …% den mit Abstand zweitgrößten Anteil dar. Zu Recht hat das Amt demgegenüber Qualitäts-Frauenzeitschriften nicht dem sachlich relevanten Anzeigenmarkt zugerechnet. Denn diese erzielen – entsprechend ihren redaktionellen Schwerpunkten – die höchsten Nettowerbeerlöse mit Kosmetik (…% jeweils bei „X.14“ und „X.15“), während der Anteil von Gesundheitspräparaten deutlich geringer ist als bei Titeln der Regenbogenpresse (…% bei „X.14“ und …% bei „X.15“) und der Versandhandel dort praktisch gar nicht beworben wird (…% bei „X.14“ und …% bei „X.15“). Erst Recht gilt dies für die Premium-Frauenzeitschriften („X.16“, „X.17“, „X.18“, „X.19“ und „X.20“), in denen hauptsächlich Luxusartikelhersteller und Hersteller hochpreisiger Kosmetik und Gebrauchsartikel werben, nicht aber Anbieter von Gesundheitspräparaten und der Versandhandel.
64((4)) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Amt auch Apotheken-Kundenzeitschriften dem sachlich relevanten Anzeigenmarkt zugerechnet hat. Diese erzielen die mit Abstand höchsten Nettowerbeerlöse – nämlich …% - ebenfalls mit Gesundheitspräparaten und stellen daher aus Sicht dieser Werbekunden eine herausragend geeignete Alternative zu TV-Programmzeitschriften, TV-Supplements und Titeln der Regenbogenpresse dar. Dass der Versandhandel in Apotheken-Kundenzeitschriften nach den Feststellungen des Amts nicht wirbt, kann mit Blick auf die herausragende Werbeeignung der Apotheken-Kundenzeitschriften für Gesundheitspräparate, die sich in Nettowerbeerlösen von …% manifestiert, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu der Annahme führen, diese würden nicht zum relevanten Anzeigenmarkt gehören. Denn dieser definiert sich, wie gezeigt, überwiegend durch seine Eignung für Werbung mit Gesundheitsprodukten, mit der auch bei TV-Programmzeitschriften und Titeln der Regenbogenpresse die höchsten Nettowerbeerlöse generiert werden, bei TV-Supplements die zweithöchsten. Die Richtigkeit der Einbeziehung von Apotheken-Kundenzeitschriften in den relevanten Anzeigenmarkt wird auch dadurch belegt, dass bei diesen Nettowerbeanzeigenerlöse für Reisewerbung mit …% den mit Abstand zweitgrößten Anteil ausmachen, wodurch wiederum eine geeignete Austauschbarkeit mit TV-Supplements besteht, bei denen Werbeanzeigen für Reisen mit …% den mit Abstand drittgrößten Nettowerbeerlösanteil ausmachen.
65((5)) Die Zugehörigkeit aller vier Zeitschriften-Kategorien zum selben Markt ergibt sich im Sinne einer Negativ-Betrachtung auch daraus, dass in diesen nach den Feststellungen des Amts Werbung für Kosmetik, Mode/Schuhe/Schmuck und den Einzelhandel durchweg praktisch nicht vorkommt und Werbung für Medien, Glückspiel, Spenden und Sonstiges durchweg nur zu Nettowerbeerlösen im höchstens mittleren einstelligen Prozentbereich führt.
66((6)) Das Amt hat überdies mit Recht angenommen, dass die unterschiedlichen Anzeigenpreise der betroffenen vier Zeitschriften-Kategorien nicht die Annahme unterschiedlicher Märkte rechtfertigen. Zwar sind unterschiedliche Preise zwischen benachbarten Produkten ein Gesichtspunkt, der einer Austauschbarkeit aus Nachfragesicht entgegenstehen kann. Jedoch lässt sich allein mit dem Hinweis auf Preisunterschiede das Vorliegen eines selbständigen Markts nicht ohne weiteres begründen. Sie können auch Ausdruck bestehenden Wettbewerbs sein. Eine allgemeine Regel, dass ein bestimmtes Maß an Preisunterschieden zur Annahme sachlich getrennter Märkte führt, besteht nicht. Maßgeblich sind stets die Marktverhältnisse im Einzelfall. Die Annahme, das Preisgefüge sei so unterschiedlich, dass die Angebote aus der maßgeblichen Sicht der Abnehmer auch unter Berücksichtigung einer etwa gegebenen Umstellungsflexibilität nicht mehr als austauschbar angesehen werden können und deshalb die Annahme eines selbständigen Markts gerechtfertigt sei, muss durch Tatsachen erhärtet werden (zum Ganzen BGH 20.04.2010 – KVR 1/09, juris Rn. 50 – Phonak/GN Store).
67Das Amt hat keine Preisunterschiede ermittelt, die die Annahme getrennter Anzeigenmärkte rechtfertigen würden. Danach variieren die Netto-TKP – d.h. die Nettokosten einer Werbung, um 1.000 Kunden zu erreichen – zwischen den Mittelwerten von … € in der Regenbogenpresse, … € in TV-Programmzeitschriften, …-… € in TV-Supplements und … € in Apotheken-Kundenzeitschriften und liegen damit vergleichsweise nah beieinander. Insbesondere liegen sie dichter beieinander als z.B. die Anzeigenpreise aller Titel der Regenbogenpresse eines Verlags, die nach den Feststellungen des Amts zwischen … € und … € schwanken.
68Soweit die Beschwerde auf eine Amtsverfügung aus dem Jahr 2014 verweist, in der wegen Anzeigenpreisunterschieden separate Anzeigenmärkte angenommen wurden (BKartA 25.04.2014 – B6-98/13 Rn. 210 bis 213 – Funke/Springer TV-Programmzeitschriften), ergibt sich daraus nur, dass die damaligen Anzeigenpreise in der Regenbogenpresse (…-… €) und in TV-Programmzeitschriften (…-… €) in der Zwischenzeit stark gesunken sind. Dies spricht gerade für die Richtigkeit der aktuellen Erwägungen des Amts im Streitfall, nicht gegen diese.
69((7)) Die vom Amt durchgeführte Kundenbefragung steht der vorgenommenen sachlichen Marktabgrenzung, anders als die Beschwerdeführerin meint, nicht entgegen. Danach haben Kunden für jeweils ein Paar von Printkategorien deren Austauschbarkeit nach Preis, Eigenschaften und Verwendungszweck auf einer Skala von +2 (sehr hoch) bis -2 (sehr gering) bewertet. Die Auswertung auf S. 67 der Amtsverfügung ergibt die höchste Austauschbarkeit zwischen TV-Programmzeitschriften und TV-Supplements (+1), eine mittlere Austauschbarkeit von TV-Programmzeitschriften und der Regenbogenpresse (0), von Regenbogenpresse und Apotheken-Kundenzeitschriften (0), von Regenbogenpresse und TV-Supplements (-0,5). Die geringere Austauschbarkeit zwischen Apotheken-Kundenzeitschriften und TV-Programmzeitschriften (-1) sowie zwischen Apotheken-Kundenzeitschriften und TV-Supplements (-1) war mit Blick auf die bereits erwähnte fehlende Werbung des Versandhandels in Apotheken-Kundenzeitschriften zu erwarten, stellt aber aus den vorstehend erläuterten Gründen der herausragenden Werbeeignung von Apotheken-Kundenzeitschriften für Gesundheitspräparate die vorgenommene Marktabgrenzung nicht in Frage, weil diese Werbekunden auch für TV-Programmzeitschriften, die Regenbogenpresse und TV-Supplements die höchsten oder zweithöchsten Nettowerbeerlöse generieren. Ohne Relevanz ist insoweit der Einwand der Beschwerde, die befragten Werbekunden aus den Bereichen Versandhandel und Gesundheitspräparate könnten den Anzeigenmarkt für Tageszeitungen und Anzeigenblätter nicht beurteilen, weil es auf diesen im Streitfall nicht ankommt.
70Auch aus den Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen das in der Amtsentscheidung auf S. 68 dargestellte Diagramm und dessen nachfolgende Erläuterung ergibt sich nichts anderes. Denn hierbei handelt es sich nur um eine bildliche Darstellung der oben wiedergegebenen Ergebnisse der Kundenbefragung und die Erläuterung dieser bildlichen Darstellung. Insbesondere beruht die sachliche Marktabgrenzung des Amts nicht auf der Annahme von aus der räumlichen Marktabgrenzung bekannten Kettensubstitutionseffekten. Vielmehr verhält es sich so, dass alle vier Zeitschriften-Kategorien mit Werbung für Gesundheitspräparate hohe Nettowerbeerlöse erzielen, davon TV-Programmzeitschriften, Regenbogenpresse und Apotheken-Kundenzeitschriften die höchsten und TV-Supplements die zweithöchsten. Dies ist der maßgebliche Grund für die Zuordnung aller vier Zeitschriften-Kategorien zum sachlich relevanten Markt; die Gruppe der Werbekunden für Gesundheitspräparate ist insoweit der entscheidende, da überwiegende Nachfragerkreis. Das Ergebnis wird dadurch gestützt, dass der bei TV-Supplements größte Nachfragerkreis, nämlich die Werbekunden für Versandhandel, bei TV-Programmzeitschriften und der Regenbogenpresse der jeweils zweitgrößte Nachfragerkreis sind. Es wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Versandhandel in den Apotheken-Kundenzeitschriften nicht wirbt, denn die Zugehörigkeit der Apotheken-Kundenzeitschriften zum Markt wird schon durch deren – überragende – Bedeutung für die Werbekunden für Gesundheitspräparate vermittelt.
71Die von der Beschwerdeführerin zitierten Kundenantworten, wonach Kunden zwischen C.3, G. und C. untereinander im Hinblick auf TV-Programmzeitschriften und die Regenbogenpresse und zwischen Q. und S. untereinander im Hinblick auf TV-Supplements „sehr starken“ bis „eher starken“ Wettbewerb sehen, aber zwischen C.3, G. und C. einerseits und Q. und S. andererseits nur „mittleren“ bis „eher schwachen“ Wettbewerb, vermag an der aufgrund der tatsächlichen Wettbewerbsverhälttnisse erfolgten Marktabgrenzung nichts zu ändern.
72((8)) Aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Qualität und Leserschaft der vier Zeitschriften-Kategorien ergeben sich keine Unterschiede, die einer Zugehörigkeit zu dem relevanten Anzeigenmarkt entgegenstünden. Es trifft zu, dass Apotheken-Kundenzeitschriften sich fast zu 100% Gesundheitsthemen widmen und Titel der Regenbogenpresse einen Gesundheitsschwerpunkt haben, während TV-Programmzeitschriften einen solchen Gesundheitsschwerpunkt nicht haben und TV-Supplements schon keinen relevanten redaktionellen Teil haben. Die festgestellten Nettowerbeerlöse zeigen jedoch, dass Werbeanzeigen für Gesundheitspräparate in diesen Zeitschriften-Kategorien jeweils den höchsten bzw. zweithöchsten Anteil ausmachen, diese Werbekunden sich daher durch die Unterschiede des redaktionellen Umfelds nicht daran gehindert sehen, mit diesen Zeitschriften-Kategorien ihre Zielgruppe zu erreichen. Nichts anderes ergibt sich aus der Aufschlüsselung der Leserschaft nach Geschlecht und Alter. Titel der Regenbogenpresse werden auch nach Angaben der Beschwerdeführerin überwiegend von älteren Frauen gelesen. Werbetreibende für Gesundheitspräparate können diese Zielgruppe ebensogut über TV-Programmzeitschriften erreichen, die ebenfalls überwiegend von Älteren gelesen werden. Dass TV-Programmzeitschriften nicht nur von älteren Frauen, sondern zu fast dem gleichen Anteil daneben auch von älteren Männern gelesen werden, ändert an der Erreichbarkeit der Frauen nichts.
73((9)) Nicht zu beanstanden ist schließlich die Annahme des Amts, dass dem sachlich relevanten Anzeigenmarkt nicht nach dem Grundsatz der Angebotsumstellungsflexibilität weitere Verlage zuzurechnen seien. Das Amt begründet dies mit der Notwendigkeit längerfristiger Verträge mit den Verlagen der Trägermedien bei TV-Supplements und mit Apotheken bei den Apotheken-Kundenzeitschriften. Der Markt für TV-Programmzeitschriften sei rückläufig, was im Ergebnis auch für die Regenbogenpresse gelte, so dass kurzfristige Marktzutritte nicht zu erwarten seien. Dagegen wendet die Beschwerde sich auch nicht.
74(dd) Räumlich hat das Amt den relevanten Anzeigenmarkt zutreffend deutschlandweit abgegrenzt. Dass die Zeitschriften der Zusammenschlussbeteiligten auch im deutschsprachigen Ausland gelesen werden, rechtfertigt keine Erweiterung des relevanten Anzeigenmarktes, weil der für die Marktabgrenzung maßgebliche überwiegende Teil der Werbekunden auch überwiegend auf die Ansprache von Lesern in Deutschland abzielt. Dem treten weder die Beschwerdeführerin noch die Zusammenschlussbeteiligten entgegen.
75(5) Nicht zu beanstanden ist die weitere Feststellung des Amts, dass sich das Zusammenschlussvorhaben über Gruppeneffekte auch auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften auswirken kann.
76Das Amt hat mit Recht angenommen, dass Lesermärkte in der Regel enger abzugrenzen sind als Anzeigenmärkte. Zutreffend ist auch die Annahme, dass TV-Programmzeitschriften unabhängig davon in den sachlich relevanten Markt einzubeziehen sind, ob sie wöchentlich, 14-täglich oder 4-wöchentlich erscheinen. Entscheidend für die Zuordnung zum selben Markt ist, dass alle diese Zeitschriften den spezifischen Bedarf des Lesers nach einer vertieften Information über das kommende TV-Programm für einen bestimmten Zeitraum bedienen und sich im Kern, nämlich im Hinblick auf den TV-Programmteil und die redaktionelle Aufbereitung des TV-Programms, nahestehen. Die Feststellung des Amts, dass andere Print-Kategorien, die ausschließlich das TV-Programm wiedergeben, aber keinen redaktionellen Teil enthalten, der über die Programminhalte weitergehend informiert, sie bewertet oder empfiehlt, wie Tageszeitungen, TV-Supplements, Apotheken-Kundenzeitschriften mit TV-Programm, dem relevanten Markt nicht zugehören, ist nicht zu beanstanden, weil die bloße Wiedergabe des TV-Programms nicht den spezifischen Bedarf des Lesers von TV-Programmzeitschriften nach zusätzlicher Information bedient. Keinen Bedenken begegnet auch die Annahme, dass elektronische Programmführer, die über Smart-TV oder Set-Top-Boxen steuerbar sind, allenfalls zur kurzfristigen Planung geeignet sind und für den Großteil der überwiegend älteren Leserschaft von TV-Programmzeitschriften auch aufgrund von deren Lesegewohnheiten nicht als Ausweichalternative in Betracht kommen.
77Das Amt hat überdies mit Recht festgestellt, dass auch unter dem Gesichtspunkt der Angebotsumstellungsflexibilität eine weitere Abgrenzung des relevanten Marktes nicht sachgerecht ist. Denn die befragten Verlage der vier Zeitschriftenkategorien TV-Programmzeitschriften, TV-Supplements, Apotheken-Kundenzeitschriften und Regenbogenpresse haben die Möglichkeit von Marktzutritten im Bereich der TV-Programmzeitschriften in den nächsten drei Jahren mit Blick auf die sehr hohen Papier- und Energiekosten und den rückläufigen Markt für „eher unwahrscheinlich“ bis „sehr unwahrscheinlich“ gehalten.
78Die Beschwerde erhebt zu alledem auch keine Einwendungen.
79Räumlich ist der Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften ebenfalls deutschlandweit abzugrenzen. Dies folgt daraus, dass die TV-Programmzeitschriften über das deutsche TV-Programm informieren und sich daher überwiegend an die Leserschaft in Deutschland wenden. Zwar hat das Amt eine räumliche Marktabgrenzung nicht ausdrücklich vorgenommen, doch kann der Senat die erforderlichen Feststellungen aufgrund der Lebenserfahrung seiner Mitglieder, die zum angesprochenen Nachfragerkreis gehören, auch selbst treffen (BGH 16.01.2007 – KVR 12/06, juris Rn. 15 – National Geographic II).
80bb) Das Amt hat weiter angenommen, es sei nicht zu erwarten, dass das Zusammenschlussvorhaben auf dem relevanten Anzeigenmarkt für TV-Programmzeitschriften, TV-Supplements, die Regenbogenpresse und Apotheken-Kundenzeitschriften oder auf dem relevanten Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs iSd § 36 Abs. 1 S. 1 GWB, insbesondere nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führt. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
81(1) Auf dem relevanten Anzeigenmarkt führt das Zusammenschlussvorhaben nicht zu einer einzelmarktbeherrschenden Stellung von C.3. Es ist auch keine Entstehung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung zu erwarten. Auch unterhalb der Marktbeherrschung führen unilaterale, horizontale Effekte nicht zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs.
82(a) Wie das Amt mit Recht festgestellt hat, ist nicht zu erwarten, dass der Zusammenschluss auf dem relevanten Anzeigenmarkt eine einzelmarktbeherrschende Stellung von C.3 begründet.
83(aa) Nach der Marktanteilsberechnung des Amts, die von der Beschwerde nicht in Frage gestellt wird, wird C.3 nach dem Zusammenschluss unabhängig davon, ob die Zeitschriften „X.9“ oder „X.23“ oder beide miteinbezogen werden, einen Marktanteil zwischen …% und maximal …% erreichen. Damit ist die Vermutungsschwelle der Einzelmarktbeherrschung von mindestens 40% gem. § 18 Abs. 4 GWB nicht erreicht.
84(bb) Es sind auch keine Umstände festzustellen, die trotz des Nichterreichens der Vermutungsschwelle des § 18 Abs. 4 GWB für das Entstehen einer Einzelmarkbeherrschung sprechen.
85((1)) Dem steht bereits entgegen, dass – neben verschiedenen kleineren Anbietern – mit C., Q. und V. drei große Verlage auf demselben Markt vertreten sind, die – je nach Einbeziehung von „X.9“ oder „X.23“ oder beiden - über Marktanteile von …-…% (C.) und jeweils von …-…% (Q. und V.) verfügen. C.3 wird damit über keinen bedeutenden Marktanteilsvorsprung verfügen; es ist vielmehr zu erwarten, dass die genannten Verlage in der Lage sind, signifikanten Wettbewerbsdruck auf C.3 auszuüben. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass dies nicht der Fall ist.
86((2)) Im Hinblick auf den im Prognosezeitraum zu erwartenden Marktaustritt des kleineren Wettbewerbers S. mit einem bisherigen Marktanteil von maximal …% geht das Amt nachvollziehbar davon aus, dass ein Teil von dessen Supplement-Kunden zu Q. wechseln wird, so dass sich der Marktanteil von Q. weiter erhöhen wird. Den aus dem Markt ausgetretenen Verlag T. hat das Amt schon bei der Marktstrukturanalyse unberücksichtigt gelassen. Anstehende Schließungen bei H. sind für den Streitfall nicht relevant, weil der Verlag nur bei weiter Abgrenzung mit „X.23“ zum relevanten Anzeigenmarkt rechnet. Soweit C. darauf hinweist, sie habe selbst gerade die Einstellung von vier Titeln aus den Bereichen Regenbogenpresse und TV-Programmzeitschriften verkündet, fehlt es schon an Vortrag dazu, dass das Amt dies im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt hätte berücksichtigen können.
87Gegen die Annahme erheblichen Wettbewerbsdrucks auf C.3 spricht auch nicht, dass C.2 nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin im Jahr 2022 eine unterjährige Listenpreiserhöhung von …% vorgenommen hat. Unabhängig davon, ob C.2 diese Listenpreiserhöhung tatsächlich durchsetzen konnte, was das Amt aufgrund der vertraulichen Aussage eines Marktteilnehmers in Frage stellt, weist dieses Verhalten angesichts eines bisherigen Marktanteils von – je nach Einbeziehung von „X.9“ oder „X.23“ oder beiden – maximal …% nicht auf Preissetzungsspielräume von C.2 hin. Ursache hierfür sind nachvollziehbar vielmehr die erheblichen Preissteigerungen in den Bereichen Papier und Energie, die nach den Ermittlungen des Amts die Wettbewerber im Jahr 2023 zu einer weit stärkeren Erhöhung ihrer Listenpreise veranlassen werden.
88((3)) Wie das Amt ferner festgestellt hat, haben die Zusammenschlussbeteiligten auch auf vor- oder nachgelagerten Märkten keine überragende Marktbedeutung, die zu der Erwartung einer einzelmarktbeherrschenden Stellung auf dem relevanten Anzeigenmarkt Anlass geben könnte. Unzutreffend ist der Hinweis der Beschwerdeführerin auf eine marktbeherrschende Stellung von C.2 und G. auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften. Beim Lesermarkt handelt es sich schon nicht um einen dem Anzeigenmarkt vor- oder nachgelagerten Markt; zudem besteht auf diesem nach den Feststellungen des Amts eine kollektiv marktbeherrschende Stellung mit C..
89(b) Das Amt hat erwogen, ob der Zusammenschluss zu einer Entstehung oder Verstärkung von kollektiver Marktbeherrschung führen wird, solches aber mit Recht verneint. Die Beschwerde erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
90Zwar werden schon C.3 und C. – unabhängig von der Frage der Einbeziehung von „X.9“ oder „X.23“ oder beiden - zusammen einen Marktanteil von über …% erreichen und damit die Vermutungsschwelle des § 18 Abs. 6 Nr. 1 GWB für Kollektivmarktbeherrschung überschreiten. Es ist aber nicht zu erwarten, dass durch den Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung entsteht oder eine schon bestehende verstärkt wird. Der Annahme einer bestehenden Kollektivmarktbeherrschung, die durch den Zusammenschluss verstärkt werden könnte, steht entgegen, dass das Amt Marktanteilsverschiebungen bei allen Marktteilnehmern ermittelt hat. Es ist auch nicht zu erwarten, dass durch den Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung entsteht. Denn die Marktanteile der Wettbewerber sind asymmetrisch, und diese Asymmetrie wird durch den Zusammenschluss wie auch durch den bevorstehenden Marktaustritt von S. weiter verstärkt, was im Grundsatz kollusives Verhalten erschwert. Zudem erwarten knapp zwei Drittel der befragten Kunden, dass sich der Wettbewerb zwischen C. und C.3 verschärfen wird, werden mit V. und Q. zwei weitere ebenfalls reichweitenstarke Anbieter am Markt weiter vertreten sein und erschweren auch Randwettbewerber und ein von benachbarten Printmärkten ausgehender Substitutionswettbewerb etwaiges kollusives Verhalten.
91(c) Mit Recht hat das Amt schließlich festgestellt, dass das Zusammenschlussvorhaben auf dem relevanten Anzeigenmarkt auch nicht zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs nach dem Grundtatbestand des § 36 Abs. 1 S. 1 GWB führt.
92(aa) Das – mit der Neufassung der Fusionskontrollverordnung Nr. 139/2004 (FKVO) auf europäischer Ebene und mit der 8. GWB-Novelle im deutschen Recht eingeführte - Untersagungskriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs (SIEC-Test) ist in der deutschen und europäischen Rechtsprechung, der Praxis der Europäischen Kommission und der Literatur noch nicht – abschließend - geklärt. Von folgenden Grundsätzen kann ausgegangen werden (Senat 9.3.2022 – VI-Kart 2/21 (V), BeckRS 2022, 8834 Rn. 85 ff. – Fusionskontrolle im Möbeleinzelhandel):
93((1)) Nach der Begründung zum Regierungsentwurf für die 8. GWB-Novelle (BT-Drs. 17/9852, S. 28) soll das Untersagungskriterium der erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs (SIEC-Test) eingreifen „in den wenigen wettbewerblich schädlichen Konstellationen, in denen die Voraussetzungen der Einzelmarktbeherrschung nicht erfüllt sind“ und in denen „eine Verschlechterung der Marktstruktur nicht unmittelbar mit dem Zusammenschluss eintritt, sondern erst infolge geänderter Möglichkeiten und Anreize zu einem wettbewerbsschädlichen Verhalten der Unternehmen“. Genannt werden in diesem Zusammenhang „komplexe Oligopolsachverhalte“ und die „Erfassung nicht koordinierten beziehungsweise unilateralen Verhaltens einzelner Unternehmen (zum Beispiel Preissetzungsmöglichkeiten eines Unternehmens nach einem Zusammenschluss, ohne dass es zugleich eine marktbeherrschende Marktposition innehat)“. Mit der Angleichung an die EU-Fusionskontrolle verbindet der Gesetzgeber (BT-Drs. 17/9852, S. 19, 28) zudem die Erwartung „dass dadurch eine weitgehend gleichlaufende Beurteilung von Fusionsvorhaben auf deutscher und europäischer Ebene erleichtert wird“.
94((2)) Die Europäische Kommission unterscheidet sowohl in ihren Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse als auch in ihren Leitlinien zur Bewertung nicht-horizontaler Zusammenschlüsse zwischen koordinierten und nicht koordinierten Wirkungen eines Zusammenschlusses, durch die der Wettbewerb erheblich behindert werden kann. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Zusammenschlüsse zwischen Wettbewerbern entweder zu einer Erhöhung der individuellen Marktmacht führen, die Unternehmen unabhängig voneinander ausüben können, oder es den Unternehmen ermöglichen, ihr Verhalten zu koordinieren. Im Rahmen des Marktbeherrschungstest werden die koordinierten Wirkungen grundsätzlich erfasst durch die Oligopolmarktbeherrschung und deren Verstärkung, die nicht koordinierten Wirkungen durch die Einzelmarktbeherrschung und deren Verstärkung (vgl. zum Ganzen Bechtold/Bosch, GWB, 10. Auflage 2021, § 36 Rn. 32; Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO, Rn. 61 ff.).
95((3)) Koordinierte Wirkungen eines Zusammenschlusses ohne Begründung oder Verstärkung einer Oligopolmarktbeherrschung dürften im wesentlichen kongruent sein mit den Wirkungen, die im Rahmen des Marktbeherrschungstests als Begründung oder Verstärkung einer Oligopolmarktbeherrschung qualifiziert werden. Soweit angenommen wird, dass ein Zusammenschluss zwischen Oligopolunternehmen das Risiko erhöht, dass die Unternehmen ihr Verhalten stärker als bisher koordinieren können und dadurch insbesondere in die Lage versetzt werden, die Preise zu erhöhen, dürfte es sich um Fälle handeln, die schon bisher als Begründung oder Verstärkung einer Oligopolmarktbeherrschung gedeutet werden konnten, zumal die Marktbeherrschungsvermutung des § 18 Abs. 6 GWB so tief ansetzt, dass sie bei einem Markt mit wenigen Wettbewerbern fast immer erfüllt sein dürfte, und ihre Widerlegung nach § 18 Abs. 7 Nr. 1 GWB den Nachweis wesentlichen Wettbewerbs erfordert, der mit dem Merkmal des wirksamen Wettbewerbs in § 36 Abs. 1 GWB identisch ist (vgl. zum Ganzen Bechtold/Bosch, GWB, 10. Auflage 2021, § 36 Rn. 33).
96((4)) Nicht koordinierte Wirkungen eines Zusammenschlusses ohne Begründung oder Verstärkung einer Einzelmarktbeherrschung können sich im wesentlichen aus dem Wegfall des Wettbewerbs zwischen den sich zusammenschließenden Unternehmen ergeben. Die FKVO zielt mit der Anwendung des SIEC-Tests nach ihrem Erwägungsgrund 25 auf unilaterale Effekte in oligopolistischen Märkten und geht nach dessen Satz 3 davon aus, dass unter bestimmten Umständen Zusammenschlüsse, in deren Folge der beträchtliche Wettbewerbsdruck beseitigt wird, den die fusionierenden Unternehmen aufeinander ausgeübt haben, sowie der Wettbewerbsdruck auf die verbleibenden Wettbewerber gemindert wird, zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs führen können, auch wenn eine Koordinierung zwischen Oligopolmitgliedern unwahrscheinlich ist (vgl. hierzu EuGH 13.07.2023 – C-376/20, juris Rn. 98 ff. – Fusion Hutchinson/Telefónica UK). Gemäß Satz 6 des Erwägungsgrunds 25 wird für die Anwendung der Bestimmungen des Art. 2 Abs. 2 und 3 FKVO beabsichtigt, den Begriff „erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs“ dahingehend auszulegen, dass er sich über das Konzept der Marktbeherrschung hinaus „ausschließlich auf diejenigen wettbewerbsschädigenden Auswirkungen eines Zusammenschlusses erstreckt, die sich aus nicht koordiniertem Verhalten von Unternehmen ergeben, die auf dem jeweiligen Markt keine beherrschende Stellung haben würden“. Nach Erwägungsgrund 32 FKVO besteht ein Indiz, dass eine Eignung zu wirksamer Wettbewerbsbehinderung nicht gegeben ist, wenn der gemeinsame Marktanteil …% nicht überschreitet. Auch die Horizontal-Leitlinien der Kommission nehmen für die Anwendung des SIEC-Tests vor allem unilaterale Effekte in oligopolistischen Märkten in den Blick. Nach deren Rn. 25 kann in oligopolistischen Märkten die Verringerung des Wettbewerbsdrucks es den verbleibenden Wettbewerbern ermöglichen, individuell und unabhängig voneinander eine verstärkte Marktmacht, beispielsweise in Gestalt von Preiserhöhungen oder Verringerungen des Angebots auszuüben, ohne zu diesem Zweck ihr Verhalten stillschweigend koordinieren zu müssen (vgl. zum Ganzen Bechtold /Bosch, GWB, 10. Auflage 2021, § 36 Rn. 34 f.; Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesen-kampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO, Rn. 64, 159; Thomas in: Immenga/Mestmäcker, Kartellrecht, 6. Auflage 2020, § 36 GWB Rn. 246 ff.).
97((5)) Eine Untersagung eines Zusammenschlusses, der keine beherrschende Stellung begründet oder verstärkt, wird dementsprechend – nur – unter den Voraussetzungen in Betracht kommen, dass der relevante Markt durch eine oligopolistische Struktur gekennzeichnet ist oder eine solche Struktur durch den Zusammenschluss entsteht und dass der Zusammenschluss nicht koordinierte Auswirkungen im Verhältnis zwischen den zusammengeschlossenen Unternehmen und den anderen Oligopolmitgliedern hat, durch die ein wirksamer Wettbewerb erheblich behindert wird (vgl. Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/ Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO, Rn. 161; Thomas in: Immenga/Mestmäcksr, Kartellrecht, 6. Auflagec 2020, § 36 GWB Rn. 246 ff.).
98((6)) Eine oligopolistische Marktstruktur ist nach Rn. 25 der Horizontal-Leitlinien gekennzeichnet durch eine begrenzte Zahl bedeutender Wettbewerber, die in ihrem Marktverhalten voneinander abhängen, da ihr Verhalten spürbare Auswirkungen auf den Gesamtmarkt und damit indirekt auf alle Mitglieder des Oligopols hat. Dabei sind an die oligopolistische Prägung des Marktes geringere Anforderungen zu stellen als bei der Feststellung gemeinsamer Marktbeherrschung, da eine oligopolistische Marktstruktur weder den Ausschluss wirksamen Binnenwettbewerbs im Oligopol noch das Fehlen von Außenwettbewerb voraussetzt (vgl. Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO, Rn. 162).
99((7)) Wesentliche Faktoren, die für nicht koordinierte wettbewerbsbeschränkende Wirkungen horizontaler Zusammenschlüsse sprechen, sind hohe Marktanteile der Unternehmen als Konsequenz des Zusammenschlusses und insbesondere ein großer Marktanteilsabstand zum nächsten Wettbewerber (Rn. 27 der Horizontal-Leitlinien), der Umstand, dass die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen nahe Wettbewerber sind und gerade dadurch schädliche Auswirkungen, insbesondere Preiserhöhungen drohen (Rn. 28 der Horizontal-Leitlinien). Weiter können Zusammenschlüsse gerade deswegen wettbewerbsschädlich sein, weil dadurch kleine, aber aktive Wettbewerber („Mavericks“) aus dem Markt genommen werden und dadurch regulierender Wettbewerbsdruck beseitigt wird. Wettbewerbsbehinderungen können sich auch aus der Beseitigung von Wettbewerbsdruck auf ein zusammenschlussbeteiligtes Unternehmen ergeben. Weitere für eine Wettbewerbsbehinderung sprechende Faktoren beziehen sich auf die Möglichkeiten der Kunden, den Anbieter zu wechseln, weil der Zusammenschluss die Ausweichmöglichkeiten verringert, auf den Umstand, dass die Erhöhung des Angebots durch die Wettbewerber bei Preiserhöhungen unwahrscheinlich wird, oder darauf, dass die Zusammenschlussbeteiligten nach dem Zusammenschluss in der Lage sind, Wettbewerb durch andere Unternehmen zu verhindern, etwa durch Zugriff auf Ressourcen oder Schutzrechte, die die Wettbewerber benötigen. Ein weiteres Beispiel für unilaterale Effekte kann die Schwächung des Innovationswettbewerbs sein (vgl. zum Ganzen Bechtold/Bosch, GWB, 10. Auflage 2021, § 36 Rn. 35 ff. m.w.N.; Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO, Rn. 163; Thomas in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Auflage 2020, § 36 GWB, Rn. 245 ff. m.w.N.).
100Dabei betrifft die oben genannte Annahme einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung auf dem Gesamtmarkt durch die Fusion naher Wettbewerber grundsätzlich eine Konstellation, in der auf einem Gesamtmarkt für differenzierte Güter der Binnenwettbewerb zwischen den Anbietern der engen Substitute beseitigt wird. Auf einem Markt für differenzierte Güter können einzelne Güter enger miteinander austauschbar sein als andere, wenngleich die Austauschbarkeit insgesamt so groß ist, dass alle Güter zu demselben Markt gehören. Wenn sich in der fusionierten Einheit zwei enge Substitute vereinigen, kann dies Anreiz zu Preisanhebungen und anderen einseitigen Verhaltensweisen geben. Sofern die fusionierte Einheit den Preis für das eine Substitut anhebt oder andere einseitige Verhaltensweisen zu Lasten der Abnehmer entfaltet, wie Qualitätsverschlechterungen, werden Kunden eventuell von einem Kauf dieses Guts absehen und auf das andere enge Substitut ausweichen, so dass die Wirkungen des Kundenverlusts dort von der fusionierten Einheit gleichsam aufgefangen werden. Die Anbieter entfernterer Substitute werden keinen hinreichenden Wettbewerbsdruck ausüben können, um solche Preiserhöhungen oder andere schädliche Verhaltensweisen zu verhindern. Die Annahme einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung kann demnach allein darauf gründen, dass durch den Zusammenschluss ein besonders enges Wettbewerbsverhältnis zwischen den Zusammenschlussbeteiligten beseitigt wird. Die Wettbewerbsbedenken sind indes geringer, wenn die Zusammenschlussbeteiligten entfernte Substitute anbieten und die Konkurrenten enge Wettbewerber jeweils eines Substituts sind. Ebenso geringer sind die Wettbewerbsbedenken, wenn im Segment der engen Substitute neben den Zusammenschlussbeteiligten weitere Wettbewerber tätig sind, die hinreichenden Wettbewerbsdruck auf die Zusammenschlussbeteiligten ausüben (vgl. zum Ganzen EuGH 13.07.2023 – C-376/20, juris Rn. 180 ff. – Fusion Hutchinson/Telefónica UK; Riesenkampff/Steinbarth in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, Kartellrecht, 4. Auflage 2020, Art. 2 FKVO Rn. 163; Thomas in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Auflage 2020, § 36 GWB Rn. 252 f. m.w.N., sowie Nr. 28 der Horizontal-Leitlinien der Europäischen Kommission).
101(bb) Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs durch das Zusammenschlussvorhaben nach dem Grundtatbestand des § 36 Abs. 1 S. 1 GWB auf dem relevanten Anzeigenmarkt nicht feststellen.
102((1)) Wie oben ausgeführt, sind nicht koordinierte Wirkungen eines Zusammenschlusses ohne Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung im Wesentlichen durch den Wegfall des Wettbewerbs zwischen den sich zusammenschließenden Unternehmen auf Märkten zu erwarten, die durch eine oligopolistische Struktur gekennzeichnet sind oder auf denen eine solche Struktur durch den Zusammenschluss entsteht, auf denen es also eine begrenzte Zahl bedeutender Wettbewerber gibt, die in ihrem Marktverhalten voneinander abhängen. Eine solche Struktur hat das Amt für den relevanten Anzeigenmarkt nicht festgestellt. Hiergegen spricht schon, dass das Amt – mit gewissen Unterschieden je nach Einbeziehung von „X.9“ oder „X.23“ oder beiden – neben dem Marktführer C. mit einem Marktanteil von …-…% vier weitere Verlage mit Marktanteilen von jeweils …-…% und zahlreiche kleinere Verlage, insgesamt 16 Marktteilnehmer ermittelt hat, und dass nach dem Zusammenschluss, mit dem C.3 Marktanteile von …% bis maximal …% erreichen wird, mit C., Q. und V. drei weitere Verlage mit hohen Marktanteilen von …-…% bzw. jeweils …-…% neben den kleineren Wettbewerbern am Markt verbleiben.
103((2)) Überdies lässt sich nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht feststellen, dass der Wegfall des Wettbewerbs zwischen den Zusammenschlussbeteiligten zu einer erheblichen Wettbewerbsbehinderung auf dem betroffenen Anzeigenmarkt durch nicht koordinierte Effekte führen wird.
104((a)) C.3 wird nach dem Zusammenschluss einen fusionsbedingten Marktanteil von …% bis maximal …% erreichen und damit über keinen sehr hohen Marktanteil, jedenfalls aber über keinen großen Marktanteilsabstand gegenüber C., Q. und V. verfügen. Der Eintritt einer Wettbewerbsbehinderung allein aufgrund hoher Marktanteile unterhalb der Marktbeherrschung und großer Marktanteilsabstände lässt sich daher nicht feststellen.
105((b)) Eine erhebliche Wettbewerbsbehinderung ist im Streitfall auch nicht deswegen anzunehmen, weil die Zusammenschlussbeteiligten nahe Wettbewerber wären.
106Wie oben ausgeführt, muss für einen solchen Fall der erheblichen Wettbewerbsbehinderung ohne Marktbeherrschung grundsätzlich eine Konstellation vorliegen, in der auf einem Gesamtmarkt für differenzierte Güter der Wettbewerb zwischen den Anbietern der engen Substitute beseitigt wird, weil dies Anreiz zu Preisanhebungen und anderen einseitigen Verhaltensweisen geben kann, da die Anbieter der entfernteren Substitute keinen hinreichenden Wettbewerbsdruck ausüben können, um dies zu verhindern (Erstrundeneffekt). Solche Preisanhebungen und anderen Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Qualitätsverschlechterungen, der fusionierten Einheit können den anderen Wettbewerbern gegebenenfalls ebenfalls Verhaltensspielräume zum Nachteil der Nachfrager eröffnen (Zweitrundeneffekt).
107Eine solche Konstellation ist im Streitfall bereits zweifelhaft. Es liegt gerade nicht so, dass die Zusammenschlussbeteiligten die Anbieter enger Substitute, also solcher Werbeinventare sind, die für Anzeigenkunden besonders geeignet sind, während die Wettbewerber der Zusammenschlussbeteiligten entferntere und für Anzeigenkunden weniger geeignete Substitute anbieten. Vielmehr stellen sich nach den obigen Ausführungen zur sachlichen Marktabgrenzung alle vier Zeitschriftenkategorien der Regenbogenpresse, TV-Programmzeitschriften, TV-Supplements und Apothekenzeitschriften für den überwiegenden Teil der Anzeigenkunden als gleichermaßen geeignet dar und bieten neben den Zusammenschlussbeteiligten zahlreiche andere Verlage diese Zeitschriftenkategorien ebenfalls an. Dementsprechend handelt es sich entgegen der Beschwerde auch nicht um einen Zusammenschluss von „drei zu zwei“. Dass bei den vom Amt durchgeführten Befragungen sowohl die Werbekunden als auch die Verlage den Wettbewerb zwischen C. und G. einerseits und zwischen Q. und S. andererseits als sehr stark und den Wettbewerb zwischen C.3 und G. bzw. C. als eher stark wahrgenommen haben, stützt das Ergebnis, dass C.2 und G. nicht als nahe Wettbewerber im oben genannten Sinne bezeichnet werden können.
108Nach den Feststellungen des Amts liegt es allerdings so, dass C.2 und G. jeweils drei der vier Zeitschriftenkategorien (keine TV-Supplements) anbieten, die anderen Verlage aber nur jeweils zwei oder eine der vier Zeitschriftenkategorien. Ob dies die Qualifikation beider Verlage als naher Wettbewerber im oben genannten Sinne erlaubt, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls hat das Amt nicht feststellen können, dass fusionsbedingte Preiserhöhungen zu erwarten sind, weil von den anderen Verlagen kein dies verhindernder Wettbewerbsdruck mehr ausgehen wird. Das ist nicht zu beanstanden. Nach den Ermittlungen des Amts sehen zwar von den befragten Direktwerbekunden …% den Zusammenschluss „eher negativ“ und …% „sehr negativ“, von den befragten Mediaagenturen sehen ihn aber jeweils …% „neutral“ und „eher positiv“. Dabei durfte das Amt der Antwort der Mediaagenturen entsprechendes Gewicht beimessen. Denn entgegen der Beschwerde kommt den Direktwerbekunden nicht eine deutlich stärkere Bedeutung zu als den Mediaagenturen, sondern im Gegenteil generieren die Mediaagenturen …% der Werbeerlöse und die Direktwerbekunden …% (S. 91 der Amtsverfügung). Das Amt hat auch berücksichtigt, dass die befragten Verlage – mit Ausnahme der Zusammenschlussbeteiligten - das Vorhaben „eher negativ“ bis „sehr negativ“ beurteilen. Insbesondere hat das Amt berücksichtigt, dass von den befragten Werbekunden …% angegeben haben, ein Verzicht auf das Werbeinventar der Zusammenschlussbeteiligten würde ihren Kampagnenerfolg „deutlich erschweren“, und …%, er würde ihn „unmöglich machen“, und dass es für die Werbekunden auf Mehrfachkontakte ankomme, also darauf, die Zielpersonen mehrfach zu erreichen, wofür die großen Verlage die wichtigste Rolle spielten. Gleichwohl lassen sich fusionsbedingte Preiserhöhungsspielräume aufgrund wirksamer Sanktionsmöglichkeiten der Anzeigenkunden nicht feststellen. Denn die Befragung der Anzeigenkunden hat ergeben, dass bei einer 10%igen Anzeigenpreiserhöhung …% der Anzeigenkunden ihr Budget „ganz“, …% ihr Budget „viel“ und …% ihr Budget „eher viel“ auf andere Anbieter von TV-Programmzeitschriften und Titeln der Regenbogenpresse umlenken würden. Insgesamt …% würden „viel“ und „eher viel“ auf sonstige Printanbieter ausweichen und insgesamt …% „viel“ und „eher viel“ auf andere Mediengattungen, so dass von diesen nicht unerheblicher Substitutionswettbewerb ausgeht. Zu Unrecht wendet die Beschwerde ein, die Zusammenschlussbeteiligten würde ihre Anzeigenpreise aber bei denjenigen Anzeigenkunden erhöhen, die auf ihr Werbeinventar angewiesen seien. Das Amt hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass zu den insgesamt …% der Werbekunden, die ihr Budget im Falle einer 10%igen Anzeigenpreiserhöhung „ganz“ bis „eher viel“ umschichten würden, weit überwiegend auch solche gehören, die das Inventar von C.3 nach dem Zusammenschluss für unverzichtbar halten (S. 124 der Amtsentscheidung).
109Ist daher die Ausnutzung fusionsbedingter Preiserhöhungsspielräume der Zusammenschlussbeteiligten aufgrund der Wettbewerbsbedingungen auf dem relevanten Anzeigenmarkt nicht zu erwarten, so spricht auch nichts dafür - und entsprechende Feststellungen hat das Bundeskartellamt auch nicht getroffen -, dass die anderen Wettbewerber den Zusammenschluss zu eigenen Preiserhöhungen oder anderen verbraucherschädlichen Verhaltensweisen nutzen würden.
110((c)) Zu Unrecht macht die Beschwerde geltend, es werde aber deshalb zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Anzeigenmarkt kommen, weil C.3 nach dem Zusammenschluss aufgrund seines hohen Markanteils in der Lage sein werde, durch sogenannte Sogeffekte Anzeigenkunden über Rabattsysteme an sich zu binden und so kleinere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen. Das Amt hat auch dies geprüft und für den allein maßgeblichen Prognosezeitraum von drei bis fünf Jahren aus zutreffenden Gründen ausgeschlossen. Gegen die behauptete Verdrängungswirkung spricht maßgeblich, dass …% der befragten Werbekunden angegeben haben, nach einem Zusammenschluss von C.3 und G. zusätzlich noch Werbeinventar anderer Zeitschriftenverlage zu benötigen. Die weiteren Ermittlungen haben ergeben, das rabattierte Titelkombinationen bei den Zusammenschlussbeteiligten keine überwiegende Rolle spielen, so dass die Gefahr davon ausgehender Verdrängungseffekte eher moderat ist. Das Amt hat weiter festgestellt, dass Kundenrabatte - wie auch Agenturvergütungen - retroaktiv nach dem Gesamtbuchungsvolumen gewährt werden und insofern durchaus Verdrängungswirkung zum Nachteil kleiner Verlage haben könnten, die nicht in der Lage sind, in absoluten Zahlen die gleichen Rabatte zu gewähren wie der marktstarke Anbieter, selbst wenn die prozentuale Rabatthöhe größer ist als bei dem größeren Anbieter. Dabei hat es auch in Rechnung gestellt, dass Mediaagenturen, von denen auf dem relevanten Markt etwa zwei Drittel der Kauf- und Auswahlentscheidungen ausgehen, ein Interesse daran haben können, Werbebudget bei dem Verlag zu platzieren, der ihnen die attraktivsten Vergütungen (sogenannte Kickbacks) bietet, so dass eine Verdrängungswirkung durch Kundenrabatte um eine solche durch Agenturvergütungen ergänzt werden kann. Wie das Amt weiter festgestellt hat, haben diese Umstände aber bislang offensichtlich keine Ausschlusseffekte derart nach sich gezogen, dass ein Wettbewerber mit spürbaren Marktanteilen aus dem Markt ausgeschieden ist. Zudem haben die Verlage mit großem Titelportfolio wie C.2, G. oder C., obwohl sie mit signifikant mehr Werbeagenturen entsprechende Kickback-Vereinbarungen getroffen haben als V., S., Q. oder B.2, seit 2014 im Vergleich zu Letzteren mehr Marktanteile verloren als gewonnen. Unter diesen Umständen ist die Annahme, von fusionsbedingten Rabattmöglichkeiten sei keine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu erwarten, nicht zu beanstanden. Die Beschwerde zeigt auch keine konkreten Anhaltspunkte auf, aus denen dies anderes zu beurteilen wäre.
111(2) Schließlich ist auch die Feststellung des Amts nicht zu beanstanden, dass das Zusammenschlussvorhaben auf dem relevanten Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften nicht zu einer untersagungsfähigen Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung führt.
112(a) Dem Amt kann darin gefolgt werden, dass zwischen C., G., L. und C.2 auf dem relevanten Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften ein marktbeherrschendes Oligopol besteht. Ein solches besteht, wenn zwischen mehreren Unternehmen kein wesentlicher Binnenwettbewerb stattfindet und sie als Gesamtheit im Außenverhältnis keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind oder jedenfalls eine überragende Marktstellung haben. Maßgeblich für die Feststellung der Wettbewerbsverhältnisse in einem möglichen Oligopol ist eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände. Dabei kommt im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle den die Marktstruktur bestimmenden Merkmalen eine besondere Bedeutung zu. Es ist zu untersuchen, ob aufgrund der Marktstruktur mit einem dauerhaft einheitlichen Verhalten der Mitglieder des möglichen Oligopols zu rechnen ist. Das ist anzunehmen, wenn zwischen den beteiligten Unternehmen eine enge Reaktionsverbundenheit besteht. Entscheidende Indizien dafür sind die Markttransparenz und die Abschreckungs- und Sanktionsmittel bei abweichendem Marktverhalten. Es muss ein Anreiz bestehen, nicht von dem gemeinsamen Vorgehen abzuweichen. Davon ist dann auszugehen, wenn jedes beteiligte Unternehmen weiß, dass eine auf Vergrößerung seines Marktanteils gerichtete, wettbewerbsorientierte Maßnahme die gleiche Maßnahme seitens der anderen Unternehmen auslösen würde, so dass es keinerlei Vorteil aus seiner Initiative ziehen könnte. So besteht kein Anreiz für einen Preiswettbewerb, wenn eine Preissenkung durch ein Unternehmen von den anderen Unternehmen des Oligopols sofort erkannt und mit einer ebensolchen Preissenkung beantwortet werden kann, ohne dass sich dadurch die Marktanteile aller beteiligten Unternehmen verändern. In diesem Zusammenhang sind weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen, etwa die Symmetrie der beteiligten Unternehmen hinsichtlich der Produktpalette, der verwendeten Technologien und der Kostenstruktur, etwaige Marktzutrittsschranken, die Nachfragemacht der Marktgegenseite und die Preiselastizität der Nachfrage. Von Bedeutung kann auch sein, ob aufgrund der Homogenität des vertriebenen Produkts ein Produkt- und Qualitätswettbewerb nur eingeschränkt oder gar nicht in Betracht kommt und ob die Mitglieder des möglichen Oligopols gesellschaftsrechtlich miteinander verflochten sind. Für die Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse im Oligopol kommt der Verteilung und Entwicklung der Marktanteile besondere Bedeutung zu. Bleiben die Marktanteile über längere Zeit unverändert, kann dies im Rahmen der Gesamtbeurteilung für ein marktbeherrschendes Oligopol sprechen. Daneben ist das tatsächliche Wettbewerbsverhalten der beteiligten Unternehmen auf dem betreffenden Markt zu berücksichtigen. Dabei kann eine geringe Kundenwechselquote ein Anzeichen für einen fehlenden Binnenwettbewerb sein (zum Ganzen BGH 06.12.2011 – KVR 95/10, juris Rn. 48 f., 87 – Total/OMV; BGH 20.04.2010 – KVR 1/09, juris Rn. 55 – Phonak/GN Store; BGH 11.11.2008 – KVR 60/07, juris Rn. 26, 39 – E.ON/Stadtwerke Eschwege).
113Nach diesen Maßgaben rechtfertigen die Feststellungen des Amts die Annahme eines Oligopols. Danach schwankten die Marktanteile von C. mit …-…%, gefolgt von G. mit …-…%, von L. mit …-…% und von C.2 mit …-…% im gesamten Zeitraum seit 2016 bei allen vier Verlagen um maximal einen Prozentpunkt und sind damit praktisch konstant. Der Markt für TV-Programmzeitschriften ist insgesamt rückläufig, es besteht eine hohe Markttransparenz und existieren einfache Fokalpunkte für kollusives Verhalten und die Möglichkeit zielgerichteter Vergeltung. Die Wechselbereitschaft der Leser ist wegen der zumeist hohen Verbundenheit mit ihrer TV-Programmzeitschrift gering und das Produktportfolio der Verlage seit 2016 weitgehend unverändert. Das Amt hat zutreffend weiter berücksichtigt, dass Wettbewerbsvorstöße durch Preissenkungen in der Vergangenheit nicht stattgefunden haben, sondern die Preise seit 2014 im wesentlichen parallel verlaufen, und dass Marktzutritte Dritter nach Angaben der befragten Verlage mit Blick auf die sehr hohen Papier- und Energiekosten sowie den insgesamt rückläufigen Markt und die hohen Kosten für die Beschaffung von Programminhalten bei Dritten und deren redaktionelle Aufbereitung nicht zu erwarten sind. Gegen diese Feststellungen wendet die Beschwerde sich nicht.
114(b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist aber nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass das primär die Anzeigenmärkte betreffende Zusammenschlussvorhaben aufgrund von Gruppeneffekten die kollektiv marktbeherrschende Stellung des Oligopols auf dem relevanten Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften in untersagungsfähiger Weise verstärkt. Deshalb kann auch offen bleiben, ob und in welchem Umfang unter dem Gesichtspunkt, dass bei Beschwerden Beigeladener auch materiell-rechtlich eine Überprüfung der angefochtenen Behördenentscheidung nur insoweit stattfindet, wie eine Beeinträchtigung der geschützten unternehmerischen und wettbewerblichen Interessen des Beschwerdeführers in Frage kommt (BGH 24.06.2003 – KVR 14/01, juris Rn. 18 – HABET/Lekkerland; Senat 22.09.2021 – VI-Kart 5/20 (V), juris Rn. 28), auf die Beschwerde eines Beigeladenen gegen eine Freigabeentscheidung der Untersagungstatbestand der Verstärkung kollektiv marktbeherrschenden Stellung zu prüfen ist, wenn der Beigeladene selbst Mitglied des Oligopols ist.
115(aa) Zweck der Zusammenschlusskontrolle ist es, eine Unternehmenskonzentration zu verhindern, die die strukturellen Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt derart verändert, dass infolge der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs nicht mehr gewährleistet ist oder ein bereits beeinträchtigter Wettbewerb durch die Verstärkung einer bestehenden marktbeherrschenden Stellung weiter eingeschränkt oder die Chance für sein Wiederaufleben weiter verschlechtert wird. Nach ständiger Rechtsprechung wird eine marktbeherrschende Stellung verstärkt, wenn rechtliche oder tatsächliche Umstände dem marktbeherrschenden Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine günstigere Wettbewerbsposition verschaffen würden. Dies ist aufgrund eines Vergleichs der Wettbewerbslage, wie sie vor der Verwirklichung des Vorhabens besteht, und der nach dem Zusammenschluss wahrscheinlich eintretenden Entwicklung festzustellen. Es genügt, wenn die Marktmacht ausgleichende Wirkung des Wettbewerbs durch eine Veränderung der markt- und unternehmensbezogenen Strukturen in noch höherem Maße eingeschränkt wird, als dies schon vor dem Zusammenschluss der Fall war. Die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung kann insbesondere schon in der Stärkung der Fähigkeit des Unternehmens liegen, nachstoßenden Wettbewerb abzuwehren und den von aktuellen oder potentiellen Wettbewerbern zu erwartenden Wettbewerbsdruck zu mindern, um die bereits errungene Marktposition zu erhalten und zu sichern. Auf einen bestimmten Grad an Spürbarkeit kommt es dabei nicht an. Insbesondere genügt bei Märkten mit einem hohen Konzentrationsgrad schon eine geringfügige Beeinträchtigung des verbliebenen oder potentiellen Wettbewerbs für eine Verstärkungswirkung (zum Ganzen BGH 12.01.2021 - KVR 34/20, juris Rn. 18 – CTS Eventim/Four Artists; BGH 19.06.2012 – KVR 15/11, juris Rn. 17 – Haller Tagblatt; BGH 11.11.2008 – KVR 60/07, juris Rn. 61 – E.ON/Stadtwerke Eschwege). Die marktbeherrschende Stellung eines Oligopols wird gegenüber dem Außenwettbewerb grundsätzlich schon dann verstärkt, wenn die Absatzmöglichkeiten nur eines der Oligopolmitglieder verbessert werden (BGH 08.06.2010 – KVR 4/09, juris Rn. 45 – Springer/Pro Sieben II; BGH 11.11.2008 – KVR 60/07, juris Rn. 61 – E.ON/Stadtwerke Eschwege). Anders ist die Situation dann zu beurteilen, wenn sich die Marktstruktur durch den Zusammenschluss so verändert, dass mit einem Wiederaufleben des Binnenwettbewerbs zwischen den Oligopolmitgliedern zu rechnen ist (BGH 08.06.2010 – KVR 4/09, juris Rn. 45 – Springer/Pro Sieben II). Auch eine gegen das führende Unternehmen gerichtete „Aufholfusion“ kann wirksamen Wettbewerb fördern (BGH 20.04.2010 – KVR 1/09, juris Rn. 65 – Phonak/GN Store). Für die Annahme, die Verstärkungswirkung sei wahrscheinlich, bedarf es stets konkreter Anhaltspunkte. Der mit einer Untersagungsverfügung verbundene Eingriff in die unternehmerische Freiheit und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbieten es, eine Verstärkungswirkung anzunehmen, wenn sie nicht aufgrund konkreter Umstände jedenfalls wahrscheinlich ist (BGH 19.06.2012 – KVR 15/11, juris Rn. 17 f. – Haller Tagblatt).
116Als Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung werden nur solche strukturellen Veränderungen erfasst, die überhaupt eine Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen erwarten lassen und in diesem Sinne qualitativ oder quantitativ marktrelevant sind. Die Anforderungen an die Verstärkungswirkung lassen sich dabei nicht abstrakt festlegen. Sie stehen vielmehr in einer Wechselbeziehung zu der Wettbewerbssituation auf dem betroffenen Markt, insbesondere dem Maß der bereits ohne das Zusammenschlussvorhaben eingetretenen Schwächung der Kontrolle der bestehenden Marktmacht durch den Wettbewerb, und sind deshalb umso niedriger, je stärker die Machtstellung des erwerbenden Unternehmens bereits ist. Für diese Betrachtung der Wettbewerbsbedingungen ist die Gesamtheit der strukturellen Wettbewerbsparameter in den Blick zu nehmen (zum Ganzen BGH 12.01.2021 – KVR 34/20, juris Rn. 20 f. – CTS Eventim/Four Artists).
117Verstärkt ein Zusammenschluss eine bereits bestehende marktbeherrschende Stellung im Sinne einer qualitativ oder quantitativ marktrelevanten weiteren Verschlechterung der Gesamtheit der strukturellen Wettbewerbsbedingungen, stellt er eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs iSv § 36 Abs. 1 S. 1 GWB dar und ist zu untersagen. Einer weiteren gesonderten Feststellung der Erheblichkeit der Behinderung wirksamen Wettbewerbs bedarf es nicht (BGH 12.01.2021 – KVR 34/20, juris Rn. 31 – CTS Eventim/Four Artists).
118Bei eher geringen markt- oder unternehmensbezogenen strukturellen Veränderungen kommt es maßgeblich darauf an, ob infolgedessen rechtliche oder tatsächliche Umstände dem marktbeherrschenden Unternehmen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine günstigere Wettbewerbssituation verschaffen. Diese Veränderung ist festzustellen durch einen Vergleich der den Wettbewerb auf dem relevanten Markt bestimmenden Kräfte vor und nach dem Zusammenschluss unter Einbeziehung der zu erwartenden weiteren Entwicklung. Sind bestimmte Veränderungen der die Marktmacht bestimmenden Größen so gering, dass sie den Schluss auf eine Verschlechterung der Wettbewerbsverhältnisse in dem dargelegten Sinne nicht rechtfertigen, ist bereits das Tatbestandsmal der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht erfüllt. Ist hingegen – insbesondere wegen noch ungünstigerer Bedingungen für einen nachstoßenden Wettbewerb – eine weitere Verringerung der die Marktmacht ausgleichenden Wirkung des Wettbewerbs zu besorgen, ergibt sich aus der Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung notwendigerweise eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs (zum Ganzen BGH 12.01.2021 – KVR 34/20, juris Rn. 34 – CTS Eventim/Four Artists). Je stärker auf einem Markt die Wettbewerbskräfte bereits geschwächt sind, desto eher stellt sich auch eine weitere, für sich genommen geringfügige Schwächung als für den Wettbewerb auf dem betroffenen Markt erheblich dar. Deshalb ist, soweit schon eine geringfügige Stärkung der Stellung eines marktbeherrschenden Unternehmens für eine Verstärkungswirkung als ausreichend erachtet wird, zugleich auch das Erfordernis einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs erfüllt (BGH 12.01.2021 – KVR 34/20, juris Rn. 36 – CTS Eventim/Four Artists).
119(bb) Nach diesen Maßgaben hat das Amt mit Recht angenommen, dass die mit dem Zusammenschlussvorhaben entstehenden strukturellen Veränderungen keine qualitativ oder quantitativ relevante Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften erwarten lassen.
120((1)) Das Amt hat seiner Beurteilung mit Recht die Wettbewerbslage zugrundegelegt, wie sie aufgrund der bereits vorhandenen Kooperationen zwischen C.2 und G. und teilweise auch mit L. bei Druck und Vertrieb besteht. Mit diesen Kooperationen geht bereits jetzt eine mehr oder minder große Transparenz über diese zwei Kostenblöcke einher. So kennt C.2 aufgrund der Druckkooperation die Druckkosten einer bedeutenden Zahl von TV-Programmzeitschriften von G.. Im Vertrieb kooperieren C.2, L. und G. als gemeinsam kontrollierende Gesellschafter des M., so dass auch insoweit eine Kostentransparenz besteht. Was den Zeitschriftenversand an Abonnement-Kunden betrifft, besteht ebenfalls eine erhebliche Kostentransparenz, weil die bestimmenden Kostenfaktoren, wie Portokosten, Format und Gewicht der Zeitschrift sowie Anzahl der Abonnements, weitgehend öffentlich bekannt sind. Die Kosten für Vertrieb über das Grosso, d.h. die Belieferung der Einzelverkaufsstellen, sind ohnehin aufgrund einer entsprechenden Branchenvereinbarung einheitlich und unter allen Verlagen bekannt.
121Das Amt durfte davon ausgehen, dass die bestehenden Kooperationen der Zusammenschlussbeteiligten bei Druck und Vertrieb Teil der Wettbewerbsbedingungen vor dem Zusammenschluss sind, weil sie als verlagswirtschaftliche Zusammenarbeit gem. § 30 Abs. 2b GWB vom Kartellverbot des § 1 GWB ausgenommen und im Anwendungsbereich von Art. 101 AEUV nach dessen Absatz 3 freigestellt sind. Entsprechendes gilt für die Branchenvereinbarung zu den Grosso-Kosten, die nach § 30 Abs. 2a GWB freigestellt ist. Das Amt hat das Kooperationsgeflecht zwischen C.2 und G. anlässlich einer Eingabe geprüft und für ein Verbot der Durchführung der Druck- und Vertriebsvereinbarungen zwischen C.2 und G. in ihrer konkreten Ausgestaltung keinen kartellrechtlichen Anknüpfungspunkt gesehen. Fusionskontrollrechtlich ist hinzunehmen, dass die Folgen einer zulässigen Kooperation im Rahmen des § 36 Abs. 1 GWB bei der Beurteilung der vor dem Zusammenschluss bestehenden Wettbewerbslage zu berücksichtigen sind (BGH 19.06.2012 – KVR 15/11, juris Rn. 26 – Haller Tagblatt). Die weitere redaktionelle Kooperation, die darin besteht, dass G. redaktionelle Inhalte zu TV-Programmzeitschriften von C.2 beisteuert, hat das Amt zutreffend unberücksichtigt gelassen.
122Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Zulässigkeit der Branchenvereinbarung zu den Grosso-Kosten. Soweit sie geltend macht, die bestehende Druck- und Vertriebskooperation der Zusammenschlussbeteiligten verstoße gegen Kartellrecht, zeigt sie keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf. Sie meint lediglich, die Druck- und Vertriebskooperation müsse deshalb gegen Art. 101 AEUV verstoßen, weil das Amt in der angefochtenen Verfügung auch die jetzt geplante Vermarktungskooperation nach Art. 101 AEUV geprüft hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es für den Lesermarkt an der Freistellungsvoraussetzung der angemessenen Verbraucherbeteiligung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV fehlt. Einen solchen Automatismus gibt es indes nicht. Vielmehr ist für jede Unternehmensvereinbarung gesondert zu prüfen, ob diese nach ihrem Inhalt und ihrer konkreten Ausgestaltung gegen das Kartellverbot verstößt.
123((2)) Unter Zugrundelegung dieser Wettbewerbslage auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften, die von den bestehenden Druck- und Vertriebskooperationen der Zusammenschlussbeteiligten und einer damit verbundenen Kostentransparenz und Wettbewerbsdämpfung geprägt ist, ist das Amt mit Recht weiter davon ausgegangen, dass die durch die geplante Vermarktungskooperation entstehenden strukturellen Veränderungen keine qualitativ oder quantitativ relevante Auswirkung auf die Wettbewerbslage erwarten lassen.
124Das Amt hat festgestellt, dass die Vermarktungskooperation der Parteien keine Vereinheitlichung der Anzeigenpreise vorsieht und ebenso keine Vergemeinschaftung der Anzeigenerlöse. Vielmehr soll die Preisgestaltung bei den Gesellschaftern des Gemeinschaftsunternehmens bleiben und soll jeder Gesellschafter nur die Erlöse ausgeschüttet erhalten, die auf Anzeigenbuchungen in seinen eigenen Inventaren zurückgehen. Danach führt die Vermarktungskooperation allein zu einer weiteren Kostentransparenz zwischen den Zusammenschlussbeteiligten betreffend den Kostenblock der Vermarktungskosten und zu einer Angleichung der – derzeit unterschiedlich hohen – Vermarktungskosten. Das Amt hat weiter zugrundegelegt, dass nach den Angaben der Zusammenschlussbeteiligten die Vermarktungskosten nur einen kleinen Teil der Gesamtkosten ausmachen, dass die Vertriebserlöse die Anzeigenerlöse weit übersteigen und dass Haupteinnahmequellen der Zusammenschlussbeteiligten ohnehin die Vertriebserlöse auf anderen Lesermärkten sind. Unter diesen Umständen durfte das Amt annehmen, dass infolge der durch die Vermarktungskooperation entstehenden Kostentransparenz und Kostenangleichung betreffend einen kleinen Kostenblock keine qualitativ oder quantitativ relevante Auswirkung auf die Wettbewerbslage auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften zu erwarten ist, so dass die Untersagungsvoraussetzung der Verstärkung kollektiver Marktbeherrschung nicht gegeben ist.
125Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Betrachtung. Der von C. behauptete Widerspruch zu dem Ergebnis der kartellrechtlichen Prüfung, wonach das Amt aufgrund der weiteren Kostenangleichung und des noch näheren Zusammenrückens der Parteien einschließlich des damit verbundenen Informationsaustauschs von einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung des Gemeinschaftsunternehmens auf den Lesermärkten ausgeht, besteht nicht. Die kartellrechtliche Prüfung betrifft die Frage, ob allein dadurch, dass die Parteien den zwischen ihnen bisher bestehenden Wettbewerb beschränken, Nachteile für andere Wettbewerbsteilnehmer entstehen können. Solches hat das Amt auf den Lesermärkten für die Leser festgestellt. Das Amt befürchtet Nachteile für die Leser etwa in Form einer reduzierten Titelauswahl, einer reduzierten Qualität bzw. eines reduzierten Umfangs der Titel oder ausbleibenden Preiswettbewerbs, die auf dem Lesermarkt für TV-Programmzeitschriften wegen des dort bestehenden wettbewerbslosen Oligopols auch spürbar seien. Trifft dies zu, so können die Nachteile für die Leser zum Wiederaufleben des Binnenwettbewerbs zwischen den Oligopolmitgliedern durch Stärkung des - bisher stärksten – Oligopolmitglieds C. sowie eventuell auch zum Entstehen von Außenwettbwerb durch neue Marktzutritte führen. Daher lassen die aufgrund der Wettbewerbsbeschränkung zwischen den Zusammenschlussbeteiligten befürchteten Nachteile für die Leser nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit eine Verstärkung des Oligopols erwarten.
126B. Die Verpflichtungsbeschwerde, mit der die Beigeladene C. in der Hauptsache die Verpflichtung des Amts, den Beteiligten zu 1), 2) und 3) die Durchführung des Gemeinschaftsunternehmens zu untersagen, und hilfsweise die Verpflichtung des Amts begehrt, über die Durchführung des Gemeinschaftsunternehmens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, ist zulässig (dazu nachfolgend 1.), aber weder mit dem Hauptantrag (dazu nachfolgend 2.) noch mit dem Hilfsantrag (dazu nachfolgend 3.) begründet.
1271. Die Verpflichtungsbeschwerde ist zulässig.
128a) Die Verpflichtungsbeschwerde ist statthaft. Die Beschwerdeführerin ist auch formell beschwert und hat die Verpflichtungsbeschwerde fristgerecht eingelegt.
129aa) Nach § 73 Abs. 3 GWB ist die Beschwerde auch gegen die Unterlassung einer beantragten Verfügung der Kartellbehörde gegeben, wobei die Bestimmung sowohl den Fall erfasst, dass die Kartellbehörde den Antrag auf Erlass einer begehrten Verfügung abgelehnt hat (§ 73 Abs. 3 S. 1 GWB), als auch den Fall, dass die Kartellbehörde untätig geblieben ist und den Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat (§ 73 Abs. 3 S. 2 GWB). Das Antragserfordernis soll ausschließen, dass ein Begehren zum Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens gemacht wird, bevor der Kartellbehörde Gelegenheit zur Entscheidung gegeben wurde. Mit der Ablehnung (oder der unterlassenen Bescheidung) des gestellten Antrags ist auch die erforderliche formelle Beschwer gegeben. Hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinen Antrag gestellt, ist festzustellen, welches Ziel er mit seiner Beteiligung am Verwaltungsverfahren erstrebt hat; für eine Beschwerde mit einem entgegengesetzten Ziel fehlt ihm die erforderliche formelle Beschwer. Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer sich im Verwaltungsverfahren überhaupt nicht geäußert hat, so dass dort seine Haltung offen geblieben ist (Senat 30.08.2004 – VI-Kart 21/03, BeckRS 2012, 6592 Rn. 10 – Argenthaler Steinbruch). Hat die Kartellbehörde den gestellten Antrag zurückgewiesen (§ 73 Abs. 3 S. 1 GWB), so beginnt vom Zeitpunkt der Zustellung der ablehnenden Behördenentscheidung an die einmonatige Beschwerdefrist des § 74 Abs. 1 GWB zu laufen.
130bb) Nach diesen Maßgaben ist die Verpflichtungsbeschwerde statthaft und C. formell beschwert; die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt. C. begehrt mit ihrer Beschwerde die Untersagung der Durchführung des geplanten Gemeinschaftsunternehmens der Beteiligten zu 1), 2) und 3), hilfsweise die Neubescheidung durch das BKartA und damit eine Verfügung iSv § 73 Abs. 3 GWB. C. hat zwar nach eigenem Vorbringen im fusionskontrollrechtlichen Verwaltungsverfahren keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Sie hat dort aber mit Eingaben vom 31. Oktober 2022 und 13. März 2023 ausgeführt, es handele sich bei C.3 um ein kooperatives Gemeinschaftsunternehmen, die Zusammenarbeit verstoße gegen Art. 101 AEUV, sei nicht freistellungsfähig und daher gem. § 32 GWB zu untersagen. Sie hat damit ihr Untersagungsbegehren hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, so dass das Antragserfordernis erfüllt ist (vgl. Senat 30.08.2004 – VI-Kart 21/03, BeckRS 2012, 6592 Rn. 11 – Argenthaler Steinbruch). Die Entscheidung des Amts im Beschluss vom 16. März 2023, von einer Untersagung der Durchführung der Vermarktungskooperation nach Art. 101 AEUV zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen, stellt sich daher als Ablehnung eines gestellten Antrags iSv § 73 Abs. 3 S. 1 GWB dar. Hierdurch ist C. formell beschwert. Die Beschwerdeschrift vom 21. April 2023 richtet sich insgesamt gegen den Beschluss des Amts vom 16. März 2023 und ist auch im Hinblick auf die Verpflichtungsbeschwerde gem. § 74 Abs. 1 GWB fristgerecht.
131b) Die Beschwerdeführerin ist auch gem. § 73 Abs. 3 S. 1 GWB beschwerdebefugt und damit durch die Ablehnung der begehrten Entscheidung zugleich materiell beschwert.
132aa) Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsbeschwerde auf Erlass einer abgelehnten (oder unterlassenen) kartellbehördlichen Verfügung setzt nach § 73 Abs. 3 S. 1 GWB voraus, dass der Beschwerdeführer behauptet, ein Recht auf Vornahme der begehrten Verfügung zu haben. Diese Voraussetzung der Beschwerdebefugnis verlangt jedoch nicht, dass bereits für die Zulässigkeit der Beschwerde abschließend überprüft wird, ob der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch voll begründet dargelegt hat. Ebenso wie § 42 Abs. 2 VwGO im allgemeinen Verwaltungsverfahren bezweckt § 73 Abs. 3 S. 1 GWB den Ausschluss der Popularklage, indem die Vorschrift die Zulässigkeit der Beschwerde an eine eigene materielle Betroffenheit des Beschwerdeführers knüpft. Damit sollen Beschwerden gegen die Unterlassung von Maßnahmen ausgeschlossen werden, die keinerlei Beziehung zum Beschwerdeführer aufweisen, weshalb eine einfache Verbalbehauptung dem gesetzlichen Erfordernis nicht genügt. Ausreichend ist es jedoch, wenn der Beschwerdeführer einen Sachverhalt der gerichtlichen Nachprüfung unterstellt, der einen Rechtsanspruch auf die beantragte Verfügung ergeben kann, mithin substantiiert darlegt, dass eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers in Betracht kommt. Daran fehlt es nur dann, wenn ihm das geltend gemachte Recht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise zustehen kann (zum Ganzen BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 13 – Internord; BGH 14.11.1968 – KVR 1/68, juris Rn. 12 – Taxiflug).
133Bei Beantwortung der Frage, ob dem Beschwerdeführer nach dem von ihm vorgetragenen Sachverhalt das behauptete Recht auf Erlass einer Verfügung zustehen kann, stellt sich das Problem der Abgrenzung subjektiv-öffentlicher Rechte von Rechtsreflexen und bloßen wirtschaftlichen Interessen, die keine Konkretisierung in einem rechtlichen Anspruch gefunden haben. Zur Feststellung, ob eine Norm des GWB dem Beschwerdeführer ein subjektives Recht auf Tätigwerden der Kartellbehörde verleiht, kann die aus dem Verwaltungsprozess geläufige Schutznormtheorie herangezogen werden. Entscheidend ist danach, ob die in Rede stehende Norm jedenfalls auch den individuellen Interessen des Beschwerdeführers und nicht nur öffentlichen Interessen zu dienen bestimmt ist. Der individualschützende Charakter einer Vorschrift ist ohne weiteres dann zu bejahen, wenn dem Beschwerdeführer ausdrücklich ein Antragsrecht eingeräumt wird. Aber selbst wenn ein Antragsrecht nicht vorgesehen ist, schließt dies die Begründung eines individualschützenden Charakters unter anderen Gesichtspunkten nicht aus (zum Ganzen Senat 30.08.2004 – VI-Kart 21/03, BeckRS 2012, 6592 Rn. 13 – Argenthaler Steinbruch). Kann der Beschwerdeführer geltend machen, ein Recht auf die Vornahme der abgelehnten (oder unterbliebenen) Verfügung zu haben, so ist er durch die Nichtvornahme zugleich materiell beschwert (Senat 30.08.2004 – VI-Kart 21/03, BeckRS 2012, 6592 Rn. 13 – Argenthaler Steinbruch).
134bb) Nach diesen Maßgaben kann die Beschwerdebefugnis und die materielle Beschwer der Beschwerdeführerin nicht verneint werden.
135(1) Zwar stellt § 32 GWB es in das Ermessen der Kartellbehörde, ob sie Unternehmen verpflichtet, eine Zuwiderhandlung u.a. gegen § 1 GWB oder Art. 101 AEUV abzustellen; dies macht eine auf ein Einschreiten der Kartellbehörde gegen Dritte gerichtete Verpflichtungsbeschwerde allerdings nicht unzulässig (BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 12 – Internord). Die Verpflichtungsbeschwerde ist schon dann zulässig, wenn ein wettbewerbswidriges Verhalten des Dritten gegenüber dem Beschwerdeführer nicht von vornherein verneint werden kann und nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden kann, dass dem Beschwerdeführer als dem dadurch Betroffenen ein subjektiv-öffentliches Recht gegen die Kartellbehörde darauf zusteht, dass diese gegen das Verhalten des Dritten einschreitet; denn ein solches Recht kann auch bei einer Ermessensentscheidung, wie sie hier in Betracht kommt, ausnahmsweise gegeben sein (BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 14 – Internord; BGH 14.11.1968 – KVR 1/68, juris Rn. 13 - Taxiflug).
136(2) C. beruft sich darauf, dass das in Rede stehende Gemeinschaftsunternehmen gegen Art. 101 AEUV verstößt und diese Norm individualschützenden Charakter habe, damit auch ihrem Schutz diene und ihr ein subjektiv-öffentliches Recht verleihe. Sie macht zu Recht geltend, dass die Durchführung eines Gemeinschaftsunternehmens über den ggf. verwirklichten Zusammenschlusstatbestand hinaus zu einer Interessenabstimmung und damit zu einer Wettbewerbsbeschränkung iSv § 1 GWB oder Art. 101 AEUV zwischen den Muttergesellschaften führen kann (BGH 23.06.2009 – KZR 58/05, juris Rn. 14 – Gratiszeitung Hallo; BGH 04.03.2008 – KVZ 55/07, juris Rn. 14 – Nord-KS/Xella; BGH 08.05.2001 – KVR 12/99, juris Rn. 15 – Ost-Fleisch). Ebenso trifft es zu, dass Art. 101 AEUV in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugt und unmittelbar in deren Person Rechte entstehen lässt, die die Gerichte der Mitgliedstaaten zu wahren haben (EuGH 13.07.2006 – C-295/04, juris Rn. 39 – Manfredi; EuGH 20.09.2001 – C-453/99, juris Rn. 23 - Courage). Dementsprechend ist ein Einzelner berechtigt, sich auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV zu berufen und deshalb die Nichtigkeit der danach verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse geltend zu machen sowie Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens zu verlangen (EuGH 20.09.2001 – C-453/99, juris Rn. 22 ff. – Courage).
137Unter diesen Umständen ist die Verpflichtungsbeschwerde als zulässig zu erachten. Dass C. sich darauf beschränkt, sich auf den individualschützenden Charakter von Art. 101 AEUV zu berufen, und nicht konkret darlegt, ob und in welchem Umfang sie selbst als Wettbewerberin von G. und C.2 (und L.) auf den betroffenen Anzeigen- und Lesermärkten durch das Gemeinschaftsunternehmen, d.h. durch eine den Wettbewerb zwischen G. und C.2 (und L.) beschränkende Vereinbarung, betroffen sein wird, ist im Rahmen der Begründetheit zu berücksichtigen. Auf die Erwägungen der Beschwerdeführerin dazu, ob nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen stets eine Beschwerde gegen eine ablehnende Entscheidung einer Kartellbehörde gegeben sein muss, kommt es demnach nicht an.
138c) Die Verpflichtungsbeschwerde ist auch nicht wegen Rechtsmissbrauchs oder Treuwidrigkeit unzulässig. Dass C. zunächst versucht hat, eine bilaterale Vermarktungskooperation mit C.2 oder mit G. einzugehen und später auch an dem streitbefangenen Gemeinschaftsunternehmen als weiterer Gesellschafter beteiligt werden wollte, steht der Zulässigkeit der Verpflichtungsbeschwerde auf Untersagung des ohne ihre Beteiligung gegründeten Gemeinschaftsunternehmens aus denselben Gründen nicht entgegen, aus denen auch die Anfechtungsbeschwerde gegen die fusionskontrollrechtliche Freigabe des ohne ihre Beteiligung geplanten Zusammenschlusses nicht unzulässig ist. Die Verpflichtungsbeschwerde ist auch nicht deshalb treuwidrig, weil C. im Verwaltungsverfahren ausgeführt hat, dass eine Untersagung nach § 32 GWB auch in einem dem Fusionskontrollverfahren nachgelagerten Verwaltungsverfahren erfolgen könne. In einem solchen Fall könnte zwar eine Untätigkeitsbeschwerde iSv § 73 Abs. 3 S. 2 GWB unzulässig sein, wenn das Amt – der Anregung der Beschwerdeführerin folgend – über die Untersagung noch nicht entschieden hätte. Nachdem das Amt aber bereits im Verfahren der Fusionskontrolle eine Untersagung geprüft und – derzeit – abgelehnt hat, verhält die Beschwerdeführerin sich nicht treuwidrig, wenn sie hiergegen – die i.ü. gem. § 74 Abs. 1 GWB fristgebundene – Beschwerde einlegt.
1392. Die Verpflichtungsbeschwerde ist mit dem Hauptantrag unbegründet. C. steht kein Anspruch darauf zu, dass das Amt den Beteiligten zu 1), 2) und 3) die Durchführung des geplanten Gemeinschaftsunternehmens untersagt.
140a) Dabei kann offen gelassen werden, ob das Gemeinschaftsunternehmen von G. und C.2 (und L.) gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen aus Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt, nicht nach Art. 101 Abs. 3 AEUV freistellungsfähig ist und das Amt gemäß § 32 GWB berechtigt wäre, dessen Durchführung zu untersagen. Denn selbst dann, wenn dies der Fall wäre, ergäbe sich daraus kein Recht der Beschwerdeführerin auf Erlass einer solchen Verfügung (vgl. BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 16 – Internord). Schon deshalb bedarf es nicht der Einsichtnahme der Beschwerdeführerin in die für die Zusammenschlussbeteiligten bestimmte Verfügung des Amts, die nicht um deren Geschäftsgeheimnisse bereinigt ist und in der die dem Amt vorliegenden Vertragsentwürfe ungeschwärzt wiedergegeben sind, um festzustellen, ob die Vermarktungskooperation als bezweckte oder bewirkte Wettbewerbsbeschränkung einzuordnen ist. Die Offenlegung der vertraulichen Passagen gegenüber der Beschwerdeführerin nach § 70 Abs. 2 S. 4 GWB war daher nicht geboten.
141b) Das Bundeskartellamt kann nach § 32 GWB Unternehmen verpflichten, eine Zuwiderhandlung u.a. gegen Art. 101 AEUV abzustellen. Dritte haben aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat sich angeschlossen hat, grundsätzlich weder einen Anspruch auf Einschreiten der Kartellbehörde nach § 32 GWB noch auf den Erlass einer bestimmten Entscheidung (BGH 6.3.2001 – KVZ 20/00, juris Rn. 5 – Fachklinik für Herzchirurgie; BGH 11.3.1997 – KVZ 22/96, juris Rn. 3 – Rechtsschutz gegen Berufsordnung; BGH 19.12.1995 – KVZ 23/95, juris Rn. 9 – Nichtzulassungsbeschwerde; BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 17 ff. – Internord; BGH 14.11.1968 – KVR 1/68, juris Rn. 19 ff. – Taxiflug; Senat 16.01.2023 – VI-Kart 1/23 (V) n.v.; Senat 17.12.2021 – VI-Kart 7/21 (V) n.v.; Senat 26.08.2020 – VI-Kart 2/20 (V) n.v.; Senat 14.03.2018 – VI-Kart 4/17 (V) n.v.; Senat 05.03.2015 – VI-Kart 7/14 (V), juris Rn. 8; Senat 16.03.2005 – VI-Kart 31/04 (V), juris Rn. 14; OLG Düsseldorf 22.04.2009 – VI-2 Kart 3/08 (V), juris Rn. 15). Dies ist im Streitfall nicht anders zu beurteilen.
142aa) Der Wortlaut des § 32 GWB gibt dem betroffenen Dritten keinen Anspruch auf Tätigwerden der Kartellbehörde. Nach dieser Vorschrift "kann" diese bei einem Verstoß u.a. gegen Art. 101 AEUV einschreiten. Diese Formulierung besagt, dass das Einschreiten im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht. Eine Handlungspflicht gegenüber dem durch das kartellrechtswidrige Verhalten geschädigten Dritten wird damit grundsätzlich ausgeschlossen. Sie wird auch nicht durch eine zusätzliche Regelung – z. B. durch Einräumung eines Antragsrechts – begründet. Es besteht auch kein Anlass, über den Gesetzeswortlaut hinaus dem geschädigten Dritten einen Anspruch auf behördliches Einschreiten zuzubilligen. Insbesondere ist dies noch nicht deshalb geboten, weil die Ermessensausübung an bestimmte Rechtssätze gebunden ist, so dass von der eingeräumten Befugnis nicht völlig frei, sondern nur nach pflichtgemäßen Ermessen Gebrauch gemacht werden darf. Es besteht nämlich kein Bedürfnis, daraus auch eine Handlungspflicht gegenüber dem geschädigten Dritten abzuleiten. Dieser kann bei einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV vielmehr selbst eine zivilrechtliche Klage anstrengen und aus § 33 GWB Unterlassung oder – im Verschuldensfall – aus § 33a GWB Schadenersatz verlangen. Wenn aber ein zivilrechtlicher Anspruch auf Abwehr eines rechtswidrigen Verhaltens sich hinsichtlich der Vor-aussetzungen und des Inhalts mit einer im Verwaltungsverfahren vorgesehenen Maßnahme deckt, so ist in der Regel ein Anspruch auf Durchführung einer solchen Maßnahme ausgeschlossen. Die Behörden sollen nämlich in der Regel dem öffentlichen Interesse dienen, nicht aber privatrechtliche Ansprüche durchsetzen, die der Geschädigte selbst verfolgen kann (zum Ganzen BGH 25.10.1983 – KVR 8/82, juris Rn. 17 f. – Internord; BGH 14.11.1968 – KVR 1/68, juris Rn. 19 ff. - Taxiflug).
143bb) Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man für den Ausnahmefall eines Schrumpfens des Ermessens "auf Null", bei dem auf Grund der konkreten Sachlage als einzig richtige Ermessensausübung die begehrte Maßnahme in Betracht kommt, einen Anspruch des geschädigten Dritten auf deren Durchführung annimmt. Hier ist nämlich kein Fall gegeben, in dem das Ermessen nur dahin ausgeübt werden darf, dass die begehrte Maßnahme ergriffen wird. Vielmehr steht dem wiederum die Tatsache entgegen, dass die Beschwerdeführerin ihre Rechte selbst im Zivilrechtsweg verfolgen kann. Wenn der Geschädigte sich selbst helfen kann, besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Bedürfnis nach einem Einschreiten der Behörde (vgl. zum Ganzen BGH 25.10.1983, KVR 8/82, juris Rn. 19 – Internord).
144cc) Das Vorstehende gilt schon für Dritte, die durch ein kartellrechtswidriges Verhalten geschädigt sind. Es gilt erst Recht für den vorliegenden Fall, in dem C. sich darauf beschränkt, sich auf den individualschützenden Charakter von Art. 101 AEUV zu berufen, hingegen nicht konkret darlegt, ob und in welchem Umfang sie selbst als Wettbewerberin von G. und C.2 (und L.) auf den betroffenen Anzeigen- und Lesermärkten durch das Gemeinschaftsunternehmen, d.h. durch eine den Wettbewerb zwischen G. und C.2 (und L.) beschränkende Vereinbarung, nachteilig betroffen sein wird. Solches liegt auch nicht auf der Hand. Nach den zutreffenden Feststellungen des Amts im Fusionskontrollverfahren werden die Zusammenschlussbeteiligten auf dem relevanten Anzeigenmarkt nicht marktbeherrschend und ist C. mit eher geringem Marktanteilsabstand nächststarker Anbieter mit Marktanteilen – je nach Einbeziehung von „X.9“ oder „X.23“ oder beiden – von …-…% oder …-…%. Auch eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs unterhalb der Marktbeherrschung hat das Amt mit Recht ausgeschlossen. Auf dem relevanten Lesermarkt ist C. Mitglied des dort bestehenden Oligopols. Unter diesen Umständen spricht nichts dafür, dass C. durch das Gemeinschaftsunternehmen nachteilig betroffen sein wird. Dies gilt auch deshalb, weil C. in der Lage war, selbst eine Vermarktungskooperation mit dem Vermarktungsunternehmen B.1 einzugehen.
145C. hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch keine Anhaltspunkte dargetan, die Zweifel an der Effektivität zivilrechtlichen Rechtsschutzes begründen. C. ist entgegen ihrer Auffassung gerade nicht darauf beschränkt, einen Schaden nachzuweisen und retroaktiv vorzugehen; ihr steht die Beseitigungs- und Unterlassungsklage aus § 33 Abs. 1 GWB offen. Soweit C. befürchtet, auf dem Zivilrechtsweg nicht erfolgreich vorgehen zu können, weil sie eine eigene nachteilige Betroffenheit nicht darlegen kann, übersieht sie, dass ohne deren Darlegung auch ein subjektiver Anspruch auf Einschreiten des Amts nicht in Betracht kommen kann.
146dd) Besteht damit kein Recht der Beschwerdeführerin gegenüber dem Amt auf Erlass der begehrten Untersagungsverfügung, so ist kein Raum für die Nachprüfung, ob das Amt von seinem Ermessen fehlerhaften Gebrauch gemacht hat, als es entschieden hat, derzeit von Maßnahmen gegen das Gemeinschaftsunternehmen von G., C.2 (und L.) abzusehen (vgl. BGH 14.11.1968 – KVR 1/68, juris Rn. 25 – Taxiflug; OLG Düsseldorf 22.04.2009 – VI-2 Kart 3/08 (V), juris Rn. 16). Abgesehen davon sind Ermessensfehler auch weder von der Beschwerdeführerin dargetan noch sonst ersichtlich.
147(1) Das Amt hat berücksichtigt, dass die bereits bestehende Transparenz zwischen C.2, G. und L. - mit Ausnahme der redaktionellen Kooperation zwischen C.2 und G. - aus gesetzgeberisch intendierten und nach § 30 Abs. 2b GWB vom allgemeinen Kartellverbot ausgenommenen verlagswirtschaftlichen Kooperationen resultiert, in die der Marktführer C. nicht eingebunden ist. Das Amt hat ferner berücksichtigt, dass es die Vereinbarung zur redaktionellen Kooperation in einem eigenen Verfahren aufgreifen kann, mit dem die wettbewerbsbeschränkenden Gruppeneffekte der Vermarktungsvereinbarung auf dem Lesermarkt gezielter und effektiver adressiert würden als bei einer Untersagung der Durchführung der Vermarktungskooperation. Das Amt hat weiter berücksichtigt, dass ihm im Entscheidungszeitpunkt nur Entwürfe des Joint-Venture-Vertrages und des Vermarktungsvertrages vorlagen, so dass ihm keine abschließende Beurteilung der Freistellungsfähigkeit möglich gewesen sei. Es hat weiter berücksichtigt, dass die sich aus den vorliegenden Entwürfen ergebenden wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen durch entsprechende Klarstellungen in den finalen Verträgen beseitigt werden könnten und die Parteien sich bereiterklärt haben, die kartellrechtlich gebotene Begrenzung des Informationsaustauschs in den Verträgen klarer herauszustellen.
148(2) Unter diesen Umständen lässt die Entscheidung, die geplante Vermarktungskooperation im Zeitpunkt der fusionskontrollrechtlichen Freigabeentscheidung vom 16. März 2023 nicht nach Art. 101 AEUV zu untersagen, unter Berücksichtigung der Grundsätze des effizienten und verhältnismäßigen Verwaltungshandelns keine Ermessensfehler erkennen. Dies gilt auch deshalb, weil das Amt von einem Einschreiten damit gerade nicht endgültig abgesehen, sondern gleichzeitig in Aussicht gestellt hat, die Vermarktungskooperation etwa im Falle substantieller Beschwerden, möglicher Erweiterungen oder weiterer wettbewerbsrelevanter Kooperationen der Beteiligten in der Zukunft aufzugreifen. Der Ermessensfehlerfreiheit der (Entschließungs-)Entscheidung, gegen das Gemeinschaftsunternehmen derzeit nicht vorzugehen, steht von vornherein nicht entgegen, dass das Amt sein (Aufgreif-)Ermessen dahingehend ausgeübt hat, die Vereinbarung auf einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV zu überprüfen.
149Ermessensfehler ergeben sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht daraus, dass ein künftiges Aufgreifen der redaktionellen Kooperation nichts an den aus der Vermarktungskooperation resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen der Beteiligten untereinander ändern würde. Denn die Lesermärkte sind von der redaktionellen Kooperation stärker betroffen als von der Anzeigenvermarktungs-Kooperation, so dass es keinen Ermessensfehler darstellt, wenn das Amt im Hinblick auf die Lesermärkte anstelle einer Untersagung der Anzeigenvermarktungskooperation ein Aufgreifen der redaktionellen Kooperation in Erwägung zieht. Auch aus dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf ein Merkblatt des Amts, nach dem dieses für Absprachen über wesentliche Wettbewerbsparameter wie etwa die Festsetzung von Verkaufspreisen, Rabatten oder sonstigen Preisbestandteilen ab einem kartellierten Marktanteil von …-…% von einer wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung ausgeht, ergibt sich nicht die Ermessensfehlerhaftigkeit des derzeitigen Absehens von einer Untersagung.
150Ermessensfehler sind schließlich auch deshalb zu verneinen, weil C., wie bereits erwähnt, nicht konkret darlegt, ob und in welchem Umfang sie selbst als Wettbewerberin von G. und C.2 (und L.) auf den betroffenen Anzeigen- und Lesermärkten durch das Gemeinschaftsunternehmen, d.h. durch eine den Wettbewerb zwischen G. und C.2 (und L.) beschränkende Vereinbarung, nachteilig betroffen sein wird, die tatsächlichen Umstände eine nachteilige Betroffenheit vielmehr nicht erwarten lassen.
151ee) Die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 13.07.2006 – C-295/04, juris – Manfredi; EuGH 20.09.2001 – C-453/99, juris – Courage) stehen der vorstehend angewandten ständigen Rechtsprechung, wonach sich aus § 32 GWB kein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Erlass der begehrten Entscheidung ergibt, nicht entgegen. Diese Rechtsprechung verstößt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht gegen das europarechtliche Effektivitätsprinzip.
152(1) Dass nach der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Art. 101 AEUV in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugt und unmittelbar in deren Person Rechte entstehen lässt, die die Gerichte der Mitgliedstaaten zu wahren haben, und damit individualschützende Wirkung hat, ändert nichts daran, dass die Verfahrensvorschrift des § 32 GWB unabhängig davon gilt, ob ein Verstoß gegen nationales Kartellrecht oder gegen Art. 101 AEUV in Rede steht (BGH 06.03.2001 – KVZ 20/00, juris Rn. 5 – Fachklinik für Herzchirurgie), und der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die begehrte Untersagungsverfügung einräumt.
153(2) Aus dem europarechtlichen Effektivitätsprinzip folgt nichts anderes. Richtig ist, dass die nationalen Kartellbehörden unter den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 S. 1 VO 1/2003 auch Art. 101 AEUV anzuwenden haben und nach Art. 4 Abs. 3 EUV verpflichtet sind, alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen zu ergreifen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben. Auch haben nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts (ECN+-Richtlinie) die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die nationalen Kartellbehörden bei Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 oder Art. 102 AEUV die beteiligten Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten können, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen. Art. 5 VO 1/2003 und Art. 10 Abs. 1 ECN+-Richtlinie räumen den nationalen Kartellbehörden aber ebenfalls ein Ermessen beim Erlass einer Abstellungsverfügung gegen eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 oder Art. 102 AEUV ein. Nach Art. 7 VO 1/2003 haben Dritte auch gegen die Europäische Kommission keinen Anspruch auf eine abschließende Entscheidung über das Vorliegen der geltend gemachten Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 oder Art. 102 AEUV (EuG 16.05.2017 – T-480/15, juris Rn. 94 – Pflanzenschutzmittel) und liegt bei festgestellter Zuwiderhandlung der Erlass einer Abstellungsverfügung ebenfalls im Ermessen der Kommission.
154ff) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin lässt sich auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Das Amt weist zu Recht darauf hin, dass mit der Rüge der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Kartellbehörde in anderen Fällen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV eine Abstellungsverfügung erlassen habe, nicht die Verletzung eines subjektiven Rechts geltend gemacht werden kann, wenn dieses – wie hier – nicht existiert (vgl. BVerwG 02.07.1979 – 7 B 139/79, juris Rn. 8). Abgesehen davon unterscheiden sich die Vereinbarungen der Zusammenschlussbeteiligten des vorliegenden Verfahrens von denen in den von der Beschwerdeführerin zitierten Fällen im Hinblick auf die Intensität der Wettbewerbsbeschränkung (BKartA 09.07.2015 – B1-72/12 – Rundholzvermarktung; BKartA 23.02.2015 – B6-81/11 – Germany’s Gold). Während die Vereinbarungen in den zitierten Fällen die Schaffung einer zentralen Stelle vorsahen, die einheitliche Preise für ein gemeinsames Angebot festlegt, ist eine Koordinierung von C.2, G. und L., ihre Anzeigenpreise von C.3 als zentraler Stelle anstelle von individuellen Preisentscheidungen der Gesellschafter bestimmen zu lassen, in den Vereinbarungen über das Gemeinschaftsunternehmen nicht enthalten.
155gg) Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es bei der Verpflichtungsbeschwerde auf den Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht ankommt, weil das Beschwerdebegehren in die Zukunft gerichtet ist, nämlich auf die Verpflichtung der Kartellbehörde, die beanspruchte Verfügung zu erlassen bzw. den gestellten Antrag auf Erlass der begehrten Verfügung neu zu bescheiden, ergibt sich nichts anderes. Denn C. hat keine veränderten Umstände vorgetragen, aufgrund derer sie einen Anspruch darauf haben könnte, dass das Gemeinschaftsunternehmen zum jetzigen Zeitpunkt untersagt wird. Dass es C. darauf ankam, wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebracht hat, bereits den Start des Gemeinschaftsunternehmens zu verhindern, ändert entgegen ihrer Auffassung nichts am maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht und führt insbesondere nicht dazu, dass der Entscheidungszeitpunkt des Amts maßgeblich wäre.
1563. Die Verpflichtungsbeschwerde ist auch mit dem Hilfsantrag auf Verpflichtung des BKartA, über die Durchführung des Gemeinschaftsunternehmens der Beteiligten zu 1), 2) und 3) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, unbegründet.
157C. stellt den genannten Hilfsantrag ausdrücklich für den Fall, dass das Gericht wegen eines Ermessens der Kartellbehörde die Sache für nicht spruchreif erachtet. Die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung liegen nicht vor.
158Nach § 76 Abs. 4 GWB spricht das Beschwerdegericht die Verpflichtung der Kartellbehörde aus, die beantragte Verfügung vorzunehmen, wenn es die Ablehnung oder Unterlassung der Verfügung für unzulässig oder unbegründet hält. Dabei kommt es für den Erfolg der Verpflichtungsbeschwerde nicht darauf an, ob die ablehnende Behördenentscheidung (oder die Untätigkeit der Kartellbehörde) rechtswidrig war. Maßgebend ist vielmehr, ob dem Beschwerdeführer – nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – ein Anspruch auf den beantragten kartellbehördlichen Verwaltungsakt zusteht. Ist dies der Fall und die Sache überdies spruchreif, spricht das Beschwerdegericht die Verpflichtung der Kartellbehörde aus, die beantragte Verfügung vorzunehmen. Ist die Sache nicht spruchreif, weil etwa die Behörde noch tatsächliche Feststellungen zu treffen oder Ermessenserwägungen anzustellen hat, so erfolgt keine Zurückverweisung der Sache an die Kartellbehörde. Eine solche ist in § 76 Abs. 4 GWB ebensowenig vorgesehen und zulässig wie für die Anfechtungsbeschwerde. Zu tenorieren ist deshalb analog § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO eine Neubescheidungsverpflichtung dahin, dass die Kartellbehörde über den Antrag des Beschwerdeführers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts neu zu entscheiden hat. Voraussetzung hierfür ist aber, wie erwähnt, dass der Beschwerdeführer einen Anspruch auf den Erlass der beantragten kartellbehördlichen Verfügung hat. Ein solcher Anspruch steht der Beschwerdeführerin aber, wie oben ausgeführt, schon nicht zu. Zudem war die Entscheidung des Amts ermessensfehlerfrei und hat C. keine veränderten Umstände aufgezeigt, die zum jetzigen Zeitpunkt eine neue Entscheidung über die Durchführung des Gemeinschaftsunternehmens gebieten.
159III.
1601. Die Kostenentscheidung beruht auf § 71 GWB. Danach sind der Beschwerdeführerin die durch ihr unbegründetes Rechtsmittel veranlassten Gerichtskosten und die dem Amt sowie den Beteiligten zu 1), 2) und 3) entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Eine weitergehende Kostenerstattung kommt nicht in Betracht, weil die Beigeladenen zu 2) und 3) sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt haben.
1612. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 77 Abs. 2 GWB liegen nicht vor. Der Senat hat den Streitfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden. Darüber hinausgehend wirft der Entscheidungsfall keine rechtsgrundsätzlichen Fragen auf.
1623. Die mit den Angaben der Beschwerdeführerin übereinstimmende Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 50 Abs. 1 S. 2 GKG und entspricht dem von dieser dargelegten wirtschaftlichen Interesse an der Vermeidung von infolge der Umsetzung des Gemeinschaftsunternehmens befürchteten wirtschaftlichen Einbußen. Eine Wertaddition von Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde erfolgt im Hinblick auf die wirtschaftliche Identität nicht (vgl. Senat, 26.08.2020 – VI-Kart 2/20 (V) n.v.).
163Breiler Poling-Fleuß Dr. Mis-Paulußen
164Rechtsmittelbelehrung
165Die Entscheidung kann nur aus den in § 77 Abs. 4 GWB genannten absoluten Rechtsbeschwerdegründen mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Rechtsbeschwerden der Kartellbehörden. Es gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den elektronischen Rechtsverkehr.
166Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und –begründung müssen durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden. Es gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den elektronischen Rechtsverkehr.