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1. Ein Testamentsvollstrecker überschreitet seine Verpflichtungsbefugnis nach § 2206 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Abschluss von Verträgen, die ihm oder seinen Kindern den Erwerb eines Nachlassgegenstandes zu 80 % des Verkehrswerts und unter zweijähriger Stundung des Kaufpreises ermöglichen sollen. Entsprechend sind dahingehende Verfügungsgeschäfte nach § 2205 Satz 3 BGB unwirksam.
2. Den Wert eines Grundstücks kann ein Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 287 Abs. 1 ZPO schätzen, nachdem es sich durch Einholung von Sachverständigengutachten eine Schätzungsgrundlage verschafft hat, auch wenn die Parteien mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme nicht einverstanden sind und deren Fortsetzung wünschen.
3. Der als Scheineigentümer im Grundbuch eingetragene bösgläubige Besitzer, der zur Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und zur Herausgabe verpflichtet ist, hat gegen den Eigentümer keinen Anspruch hinsichtlich der Kosten, die er für den unwirksamen Erwerb hatte, weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB noch aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683 Satz 1 BGB.
4. Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks steht der Geltendmachung von Verwendungsersatzansprüchen nicht gemäß § 1001 BGB entgegen. Der frühere Eigentümer muss sich mit Zuschlagserteilung gegenüber dem früheren Besitzer so behandeln lassen, als hätte er das Grundstück wiederbekommen.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.04.2019 verkündete Teilurteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (13 O 597/04) teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden hinsichtlich des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X. Blatt … (.../10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung X., Flur .., Flurstück …, P.-Str. in X zu …. m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit B bezeichneten Garage) eingetragenen Grundbesitzes verurteilt,
a. die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend zu bewilligen, dass als Eigentümer dieses Grundbesitzes Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B., und Herr X. B. in Erbengemeinschaft eingetragen werden, und
b. den Besitz an die vorgenannte Erbengemeinschaft herauszugeben.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger und Herrn D. B. 252.290,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2015 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt,
a. dass Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X., Blatt …. (Gemarkung X., Flur .., Flurstück …, F.-Str. in X zu …. qm) eingetragenen Grundbesitzes Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B., und Herr X. B. in Erbengemeinschaft über den 27.05.1987 hinaus bis zum 07.08.2014 waren;
b. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägerin und Herrn D. B. den über 252.290,73 € hinausgehenden Schaden bis zum einem Betrag in Höhe von 417.485,27 € zu ersetzen für den Fall, dass die Kläger und Herr D. B. aus dem Erlös des im Verfahren AG X - Az.: 082 K 009/11 - versteigerten Grundstücks F.-Str. in X keinen oder keinen vollständigen Anteil in Höhe von 165.194,54 € erhalten sollten.
4. Die Beklagten als Gesamtschuldner sind dem Grunde nach verpflichtet, den Klägern und Herrn D. B. die Mieten herauszugeben, die sie vereinnahmt oder erzielt haben aus der Vermietung des Objekts F.-Str. in X seit dem 01.01.1987 bis zum 07.08.2014 und des Objekts P.-Str. in X seit dem 01.01.1987.
5. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Klägern und Herrn D. B. Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Miet-Erträge sie vereinnahmt oder erzielt haben aus der Vermietung des Objekts F.-Str. in X seit dem 01.01.1987 bis zum 07.08.2014 und des Objekts P.-Str. in X seit dem 01.01.1987.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger werden zurückgewiesen.
II. Die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wird aufgehoben. Die Entscheidung über die Kosten sämtlicher Instanzen, auch diejenigen aller Berufungsverfahren, soweit nicht durch die Senatsurteile vom 17.12.2007 und 12.09.2011 wegen unrichtiger Sachbehandlung niedergeschlagen, bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000 EUR abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
G r ü n d e :
2I.
3Die Kläger sind Mitglieder einer Erbengemeinschaft. Die Beklagten sind die Söhne eines der vormaligen Testamentsvollstrecker, die den Nachlass für die Erbengemeinschaft verwalteten. Ihr Vater hatte in X den Kauf eines Grundstücks (F.-Str.), dessen Bebauung mit einem Mehrfamilienhaus und den Erwerb einer Garage (in dem gesonderten Objekt P.-Str.) durch den Nachlass initiiert und den Beklagten ein Ankaufsrecht gesichert. In Ausübung dieses Ankaufsrechts schlossen die Beklagten ohne persönliche Beteiligung der Kläger mit der Erbengemeinschaft, vertreten durch den Vater der Beklagten und einen weiteren Testamentsvollstrecker, einen Kaufvertrag über das Grundstück und die Garage und wurden als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Der Kaufpreis wurde für zwei Jahre gestundet und betrug 85 % des Wertes, den ein Sachverständiger als Verkehrswert ermittelt hatte. Das Grundstück F.-Str. wurde 2014 zwangsversteigert; über die Auskehr des verbliebenen Erlöses streiten die Parteien in einem anderen Verfahren. Die Kläger halten die Eintragung der Beklagten als Eigentümer für unwirksam und verlangen im Wesentlichen Klärung der Eigentumsverhältnisse sowie Schadens- und Nutzungsersatz.
4Wegen der Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil. Änderungen hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts haben sich in der Berufungsinstanz nicht ergeben.
5Die Klage wurde Ende 2004 eingereicht und am 26.01.2005 zugestellt. Wegen der Zusammenfassung des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz, der ursprünglichen Anträge, die insbesondere auch auf Grundbuchberichtigung und Herausgabe auch des Grundstücks in der F.-Str. gerichtet waren, der zeitweilig anhängigen Drittwiderklage gegen das weitere Mitglied der Erbengemeinschaft und der teilweisen Erledigung der ursprünglichen Anträge wird auf die Darstellung in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Zuletzt haben die Kläger erstinstanzlich beantragt:
61. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Berichtigung des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X. Blatt …. (../10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung X., Flur .., Flurstück …, P.-Str. in X zu …. m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit B bezeichneten Garage) vorgetragenen Grundbesitzes dahingehend zu bewilligen, dass als Eigentümer dieses Grundbesitzes jeweils Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B., und Herr X. B., in Erbengemeinschaft eingetragen werden;
72. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den Besitz an den im Klageantrag zu 1. genannten Grundstück P.-Str. in X an die Erbengemeinschaft nach Herrn Notar a.D. G., bestehend aus Herrn Y. B., D. B., Z. B. und X. B., herauszugeben;
83. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihnen und Herrn D. B. Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Netto-Miet-Erträge (Mieteinnahmen abzüglich Ausgaben) sie aus der Vermietung des Objekts F.-Str. in X seit dem 01.01.1987 - hilfsweise seit dem 01.02.2000 - vereinnahmt bzw. erzielt haben bis zum 07.08.2014 und des Objekts P.-Str. in X seit dem 01.01.1987 - hilfsweise seit dem 01.02.2000 - vereinnahmt bzw. erzielt haben;
94. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, einen sich aus der Auskunft zu 4. ergebenden Betrag nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an sie und Herrn D. B. zu zahlen;
105. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie und Herrn D. B. 721.937,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
116. festzustellen, dass Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X., Blatt … (Gemarkung X., Flur .., Flurstück .., F.-Str. in X zu …. qm) eingetragenen Grundbesitzes jeweils Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B. und Herr X. B. in Erbengemeinschaft über den 27.05.1987 hinaus bis zum 07.08.2014 waren;
127. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen und Herrn D. B. den über 721.937,27 Euro hinausgehenden Schaden bis zu einem Betrag von 887.131,81 Euro für den Fall zu zahlen verpflichtet sind, dass sie - die Kläger und Herr D. B. - aus dem Erlös des im Verfahren AG X - Az.: 082 K 009/11 - versteigerten Grundstücks F.-Str. in X keinen oder keinen vollständigen Anteil in Höhe von 165.194,54 Euro erhalten sollten;
13Die Beklagten haben beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Das Landgericht hat am 15.01.2007 ein Grund- und Teilurteil erlassen, welches der Senat durch Urteil vom 17.12.2007 aufgehoben hat. Nachdem es drei Zeugen vernommen hatte (vgl. Sitzungsprotokoll vom 26.10.2009, Bl. 832 ff. GA), hat das Landgericht am 29.10.2010 abermals ein Teilurteil verkündet, das nur auf die begehrte Auskunftserteilung beschränkt war. Auch dieses Urteil hat der Senat aufgehoben durch Urteil vom 12.09.2011. Nach der zweiten Aufhebung hat das Landgericht Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. zur Bestimmung des Verkehrswerts sowohl für den Zeitpunkt des Kaufs im Jahre 1987 als auch für den der Zwangsversteigerung im Jahr 2014 eingeholt (vgl. das Gutachten vom 19.04.2013, Bl. 1414 ff. GA, das Sitzungsprotokoll vom 27.05.2015, Bl. 1646 ff. GA, das Gutachten vom 19.12.2017, Bl, 1856 ff. GA, sowie das Sitzungsprotokoll vom 05.12.2018, Bl. 2042 ff. GA).
16Durch das nunmehr dritte Teilurteil vom 10.04.2019 hat das Landgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Offen ist danach nur noch die Entscheidung über den erst nach Auskunftserteilung zu beziffernden Leistungsantrag. Der Tenor lautet (Bezifferung nicht im Original):
171. Die Beklagten werden verurteilt, die Berichtigung des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X. Blatt 1135 (../10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung X., Flur .., Flurstück …, P.-Str. in X zu …. m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit B bezeichneten Garage) vorgetragenen Grundbesitzes dahingehend zu bewilligen, dass als Eigentümer dieses Grundbesitzes jeweils Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B. und Herr X. B. in Erbengemeinschaft eingetragen werden.
182. Die Beklagten werden verurteilt, den Besitz an dem im Grundbuch des Amtsgerichts X für X. Blatt …. (../10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Gemarkung X., Flur .., Flurstück …, P.-Str. in X zu …. m2 verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit B bezeichneten Garage) eingetragenen Grundbesitz an die Erbengemeinschaft nach Herrn Notar a.D. G., bestehend aus Herrn Y. B., D. B., Z. B. und X. B., herauszugeben.
193. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den Klägern und Herrn D. B. Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Netto-Miet-Erträge (Mieteinnahmen abzüglich Ausgaben) sie aus der Vermietung des Objekts F.-Str. in X seit dem 01.01.1987 vereinnahmt bzw. erzielt haben bis zum 07.08.2014 und des Objekts P.-Str. in X seit dem 01.01.1987 vereinnahmt bzw. erzielt haben.
204. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Kläger und Herrn D. B. 551.937,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2015 zu zahlen.
215. Es wird festgestellt, dass Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts X für X., Blatt …. (Gemarkung X., Flur .., Flurstück .., F.-Str. in X zu …. qm) eingetragenen Grundbesitzes jeweils Herr Y. B., Herr D. B., Frau Z. B. und Herr X. B. in Erbengemeinschaft über den 27.05.1987 hinaus bis zum 07.08.2014 waren.
226. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihnen und Herrn D. B. den über 551.937,27 Euro hinausgehenden Schaden bis zum einem Betrag in Höhe von 717.131,81 Euro zu ersetzen für den Fall, dass die Kläger und Herr D. B. aus dem Erlös des im Verfahren AG X - Az.: 082 K 009/11 - versteigerten Grundstücks F.-Str. in X keinen oder keinen vollständigen Anteil in Höhe von 165.194,54 Euro erhalten sollten.
23Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits zu 25 %, die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits zu 75 %.
24Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
25Gegen die Entscheidung wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Im Wege der Anschlussberufung verfolgen die Kläger ihren weitergehenden Zahlungsanspruch weiter. Soweit sich die Berufung der Beklagten ursprünglich irrtümlich auch gegen den vormaligen Drittwiderbeklagten D. B. richtete, haben sie diese zurückgenommen.
26Die Beklagten tragen vor:
27Das Teilurteil sei unzulässig. Das Urteil beachte nicht hinreichend, dass die Beklagten nur nach Bruchteilen Bucheigentümer geworden seien; sie könnten nicht als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Es komme insofern nicht auf die Besitzverhältnisse an; Mitbesitz begründe keine Gesamtschuld. Sie hätten im Jahr 1975 eine Kaufoption eingeräumt bekommen und wirksam durch eine Auflassungsvormerkung gesichert. Der Kaufvertrag aus dem Jahr 1987 sei nicht wegen Teilunentgeltlichkeit gemäß § 2205 BGB unwirksam. Der Beweis der teilweisen Unentgeltlichkeit sei nicht durch das Sachverständigengutachten geführt. Der Preisnachlass habe im Übrigen offene Testamentsvollstreckervergütungen ihres Vaters abgedeckt. Im Übrigen hätten die Kläger das Geschäft konkludent genehmigt. Das betreffe auch die Garage P.-Str.
28Der Auskunftsanspruch bestehe nicht in dem zugesprochenen Umfang. Der Schadensersatzanspruch bestehe dem Grunde und der Höhe nach nicht. Insbesondere habe das Landgericht den Grundstückswert auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage geschätzt. In diesem Zusammenhang bestreiten sie, eine Besichtigung durch den Sachverständigen verhindert zu haben.
29Zu Unrecht habe das Landgericht die Gegenansprüche „der Beklagten“ nicht berücksichtigt. In diesem Zusammenhang stellen sie umfangreich die ihnen von 1987 bis 2009 entstandenen Aufwendungen zusammen (Seite 39 bis 224 der Berufungsbegründung = Bl. 2235 bis 2420 GA). Bösgläubig seien sie zu keinem Zeitpunkt gewesen.
30Die Beklagten beantragen,
31unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
32Die Kläger beantragen,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Im Wege der Anschlussberufung beantragen sie,
35das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger und Herrn D. B. weitere 170.000 € nebst diesbezüglicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.03.2015 zu zahlen.
36Die Beklagten beantragen,
37die Anschlussberufung zurückzuweisen.
38Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil, soweit sie es nicht mit der Anschlussberufung angreifen, und tragen vor:
39Das Teilurteil sei zulässig. Zutreffend habe das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner angesehen. Eine wirksame Kaufoption sei nicht begründet und durch Auflassungsvormerkung gesichert worden. Entsprechend seien der Kaufvertrag vom 19.01.1987 und die Auflassung unwirksam. Der Nutzungsherausgabeanspruch sei nicht verjährt. Hinsichtlich des Objekts P.-Str. bestünden die zugesprochenen Ansprüche. Auch der Schadensersatzanspruch hinsichtlich des versteigerten Objektes bestehe, allerdings in weitergehendem Umfang. Namentlich habe das Landgericht den Verkehrswert des versteigerten Grundstücks unzutreffend bemessen. Den Beklagten werfen sie insoweit Beweisvereitelung vor. Einen Anspruch der Beklagten auf Nutzungsersatz hinsichtlich der Zinsen aus dem Baranteil des Kaufpreises habe das Landgericht zutreffend versagt. Ansprüche wegen Testamentsvollstreckervergütung oder auf Verwendungsersatz bestünden ebenfalls nicht. Die Beklagten hätten auch kein Zurückbehaltungsrecht aus § 1000 BGB.
40II.
41Die zulässige Berufung ist teilweise begründet, während die ebenfalls zulässige Anschlussberufung keinen Erfolg hat. Zunächst hat das Landgericht zulässig durch Teilurteil entschieden (1.). Bezogen auf das Objekt P.-Str. kann die Erbengemeinschaft Grundbuchberichtigung (unten 2.) und Herausgabe (3.) verlangen, weil die Beklagten in Wahrheit nie Eigentümer der streitgegenständlichen Objekte geworden sind.
42Bezogen auf das nach der Zwangsversteigerung nicht mehr herauszugebende Objekt F.-Str. hat die Erbengemeinschaft dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch (4.). Dieser Anspruch besteht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner (4. b.). Der Höhe nach das Landgericht diesen Anspruch im Ausgangspunkt zutreffend ermittelt (5. a.) und ihn um die unbestritten nach Hilfsaufrechnung abzuziehenden Positionen gekürzt (5. b.). Abzuändern war die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich des Zahlungsanspruchs nur deswegen, weil er weitergehend in Höhe der notwendigen Verwendungen der Beklagten zu kürzen war (5. c.) Im Übrigen ist die Entscheidung des Landgerichts hinsichtlich der Gegenansprüche nicht zu beanstanden (5. d. und e.).
43In der Folge war die Feststellung der Schadensersatzpflicht an die von dem Senat zugrunde gelegte Rechtslage anzupassen, während die Feststellung der Eigentümerstellung nicht zu beanstanden war (6.).
44Einer Korrektur und Ergänzung bedurfte schließlich der Ausspruch im Zusammenhang mit den als Nutzungsersatz geschuldeten Mieten (7.). Weil die Verwendungen schon den Schadensersatzanspruch kürzen und außerdem die entsprechenden Auskünfte schon erteilt sind, kam eine abermalige Berücksichtigung nicht mehr in Betracht. Dem zum Ausdruck gebrachten Begehren der Kläger entsprechend konnte über das Bestehen der Ersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach entschieden werden, was auch der Vermeidung einander widersprechender Entscheidungen dient.
451.
46Das Teilurteil ist zulässig und verstößt nicht gegen das Verbot widersprechender Entscheidungen nach § 301 ZPO. Auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluss vom 22.12.2021 wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen (Bl. 2692 GA). Eine Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht nun auch deshalb nicht mehr, weil das Landgericht nach Auskunftserteilung nur noch über die Höhe der von den Beklagten auszukehrenden Mietzahlungen befinden muss, während das Bestehen des Anspruchs auf Herausgabe der Mieten dem Grunde nach ebenfalls ausgeurteilt ist. Die übrigen Ansprüche und die Gegenansprüche sind überdies auch der Höhe nach geklärt.
472.
48Auf der Basis seiner Feststellungen hat das Landgericht den Klägern zu Recht einen Anspruch gemäß § 894 BGB auf Grundbuchberichtigung bezüglich der Garage in dem Objekt P.-Str. in X zuerkannt. Denn die Beklagten sind nie Eigentümer des Objekts geworden.
49a.
50Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Einräumung eines Ankaufsrechts und die darauf fußende Auflassungsvormerkung unwirksam waren. Darauf wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen Bezug genommen, allerdings mit der Maßgabe, dass sich die Unwirksamkeit des notariellen Vertrags nicht unmittelbar aus dem nur für Verfügungsgeschäfte geltenden § 2205 Satz 3 BGB ergibt, sondern erst in Verbindung dieser Vorschrift mit § 2206 Abs. 1 Satz 2 BGB, welcher die Verpflichtungsbefugnis des Testamentsvollstreckers an die Reichweite seiner dinglichen Verfügungsmacht koppelt (vgl. Dutta, in: Staudinger, BGB (2021), § 2206 BGB Rn. 10).
51Die zu den tatbestandlichen Voraussetzungen von dem Landgericht getroffenen Feststellungen binden den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen hat der Senat nicht, auch nicht in Ansehung des Berufungsvorbringens.
52Zusammengefasst sollte die Käuferseite einen Kaufpreis signifikant unter dem Verkehrswert zahlen, der zudem für zwei Jahre zinslos gestundet wurde. In diesem Umfang war das Geschäft unentgeltlich und sollte es auch sein. Eine Begründung für diese Vergünstigungen findet sich weder in dem „Vertrag“ aus dem Jahr 1975 noch in dem aus dem Jahr 1987. Weder ist von Gegenansprüchen die Rede, die durch die Gewährung von Vergünstigungen erledigt werden sollten, noch ist von sittlichen Verpflichtungen oder Anstandspflichten die Rede. Die Vergünstigungen wurden nicht in Erfüllung rechtlicher oder sittlicher Verpflichtungen oder aus einem Anstandsgefühl heraus gewährt. Das ist erkennbar eine nachträgliche Konstruktion. Da sich für solche Pflichten in den notariellen Urkunden nicht einmal eine Andeutung findet, lässt das den sicheren und vom Landgericht deshalb zutreffend gezogenen Schluss zu, dass die angeblichen Vergütungsansprüche des Vaters der Beklagten für die vertraglichen Vereinbarungen keine Rolle spielten.
53Zutreffend beachtet das Landgericht, dass die Vertragsparteien selbst den Verkehrswert des Grundstücks haben bestimmen lassen. Damit dürfte zwar kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis verbunden gewesen sein, sondern es handelte sich um eine Abrede eigener Art. Für die Beurteilung des expliziten Willens der Kaufvertragsparteien, ein teilunentgeltliches Geschäft zu schließen, ist diese Qualifizierung jedoch nicht erheblich. Jedenfalls sollte die Einholung eines Sachverständigengutachtens sicherstellen, dass die Käuferseite die in Aussicht genommene Vergünstigung eines Erwerbs deutlich unter Verkehrswert auch erhielt.
54Dass der wahre Verkehrswert viel geringer gewesen sein könnte und es deshalb in Wahrheit gar keine Vergünstigung gegeben habe, hat das Landgericht mit nachvollziehbarer Begründung als nicht bewiesen angesehen. Dagegen sprechen deutlich die auch den Senat überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen S. in seinem Gutachten vom 19.04.2013, das er am 27.05.2015 mündlich ebenso überzeugend erläutert hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung lassen nicht an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts zweifeln.
55b.
56Wegen der Unwirksamkeit des dinglichen Vollzugs steht den Klägern der geltend gemachte Anspruch auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB zu. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung bloßer Wiederholungen Bezug genommen.
573.
58Ebenso zutreffend sind die Ausführungen des Landgerichts zum Herausgabeanspruch der Kläger gemäß § 985 BGB, so dass auch darauf Bezug genommen werden kann.
594.
60a.
61Der Schadensersatzanspruch der Kläger hinsichtlich des Objekts F.-Str. besteht dem Grunde nach gemäß § 989 BGB, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind entgegen der Einschätzung der Beklagten erfüllt. Weiterhin Wiederholungen vermeidend wird darauf Bezug genommen.
62Die Beklagten trifft namentlich auch das Verschulden daran, dass die Herausgabe des Grundbesitzes unmöglich wurde, weil sie diesen mit einer Grundschuld belastet hatten, ihren Verpflichtungen zur Tilgung des zugrundeliegenden Darlehens aber nicht nachkamen. Das lag allein in ihrem Verantwortungsbereich. Die Berufungsbegründung macht deutlich, dass aus der eigenen Sicht der Beklagten keine Möglichkeit bestand, dass die Kläger dies hätten verhindern können. Die Kläger trifft also auch aus ihrer Sicht kein Mitverschulden an der Schadensentstehung. Anhaltspunkte für ein Mitverschulden nach § 254 BGB gibt es in der Tat nicht. Namentlich ist ein Gläubiger nicht gehalten, zur Schadensminderung eigene finanzielle Mittel einzusetzen (vgl. Looschelders, in: BeckOGK BGB, Stand: 01.12.2022, § 254 BGB Rn. 275 m.w.N.). Nichts anderes ergibt sich aus dem von dem Landgericht angeführten Urteil des RG vom 06.02.1933 – VI 328/32 (RGZ 139, 353, zugänglich über BeckRS 1933, 100149), das Raff in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 989 BGB Rn. 14 zum Beleg der Auffassung zitiert, der Besitzer habe für die Zwangsvollstreckung „jedenfalls“ einzustehen, wenn er dem Eigentümer nicht Gelegenheit zur Intervention gegeben habe. Denn in dem Fall des RG ging es um Eintragungen im Grundbuch. Solche mögen durch Information des wahren Eigentümers im Einzelfall zu verhindern sein. In jenem Fall ging es aber nicht um die Zwangsversteigerung des Grundstücks, die jedenfalls vorliegend nicht anders als durch Befriedigung der Gläubigerin der Beklagten abzuwenden gewesen wäre, wozu die Kläger nicht verpflichtet waren.
63b.
64Die Beklagten sind hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs Gesamtschuldner im Sinne des §§ 421, 431 BGB. Sie schulden Ersatz des Schadens, den sie als Besitzer im Sinne des § 989 BGB verursacht haben. Dabei hat nicht jeder der Beklagten für sich den Schaden verursacht, sondern dies haben sie gemeinschaftlich getan. Die Schulden, die schließlich zur Zwangsversteigerung des Grundstücks führten, haben sie gemeinschaftlich aufgenommen. Entsprechend haben sie die Grundschuld zugunsten der Stadtsparkasse am 08.08.1997 gemeinschaftlich für das gesamte Grundstück begründet (Anl. K24). Es hat also nicht jeder der Beklagten ein eigenes Darlehen aufgenommen und dieses jeweils durch Belastung nur seines vermeintlich eigenen Miteigentumsanteils belastet. Entsprechend wurden auf Antrag der Stadtsparkasse … auch die Zwangsversteigerung (Anl. BB1) und die Zwangsverwaltung (Anl. K57) des gesamten Grundstücks angeordnet und nicht der jeweiligen Miteigentumsanteile. Den Schaden haben die Beklagten also als Mitbesitzer gemeinschaftlich und nicht getrennt nach ihren vermeintlichen Miteigentumsanteilen verursacht. Es handelt sich deshalb um einen unteilbaren Schaden im Sinne des § 431 BGB, für den sie als Gesamtschuldner im Sinne des § 421 BGB verantwortlich sind.
655.
66Der Höhe nach hat das Landgericht den ersatzfähigen Schaden im Ausgangspunkt in nicht zu beanstandender Weise ermittelt (a.). Davon sind jedoch nicht nur der Kaufpreis und der zu erwartende Erlös im Verteilungsverfahren abzuziehen (b.), sondern auch die über §§ 994 Abs. 2, 670, 683 Satz 1 BGB zu ersetzenden notwendigen Verwendungen (c.). Weitergehende Gegenansprüche wegen angeblicher Testamentsvollstreckergebühren (d.) oder der Nutzungen des Kaufpreises (e.) bestehen dagegen nicht.
67a.
68Das Landgericht ist zutreffend von einem ersatzfähigen Schaden in Höhe von 1.130.000,00 Euro ausgegangen. Auf die gut nachvollziehbaren Ausführungen zur Schätzung dieses Schadens in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
69Die von dem Landgericht getroffenen Feststellungen binden den Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der getroffenen Feststellungen ergeben sich auch nicht im Lichte der Angriffe beider Parteien dagegen. Das Landgericht durfte den Schaden nach § 287 Abs. 1 ZPO schätzen. Bei Streit über einen Schaden und seine Höhe sieht diese Vorschrift vor, dass das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung hierüber entscheidet. Es bleibt seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit (!) unter anderem die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei.
70Das Landgericht hat dieses Ermessen zutreffend ausgeübt. Die Parteien streiten in dem vorliegenden Rechtsstreit seit nunmehr rund 18 Jahren. Die Kläger meinen, der Grundstückswert sei mit 1.300.000 EUR statt mit 1.130.000 EUR zu bemessen. Die Beklagten hingegen sehen einen Wert von höchstens 890.000 EUR. Der Unterschied liegt also bei +170.000 EUR (+15 %) bzw. -240.000 EUR (-21 %). Die Parteien haben sich dazu überaus ausführlich geäußert. Das Landgericht hat von 2012 bis 2018 Verkehrswertgutachten eingeholt und den Parteien Gelegenheit gegeben, ihre Einwendungen gegen die Gutachten auch durch persönliche Befragung des Sachverständigen anzubringen. Seine Einschätzungsgrundlage hat das Landgericht auch dadurch verbreitert, dass es weitere gutachterliche Äußerungen (und Gegenäußerungen) zur Kenntnis genommen hat, namentlich die Einschätzung des Sachverständigen T. aus dem Jahre 1986 (Anl. K13), die Gutachten Q. aus den Jahren 2011 (Anl. BB2b) und 2013 (Anl. K51), sowie die Äußerungen und das Gutachten des Sachverständigen V. aus den Jahren 2011 (Anl. BB4b und BB3b) und 2017 (Anl. K62).
71An die Festsetzung des Verkehrswertes auf 1.300.000 EUR in dem Zwangsversteigerungsverfahren durch das Landgericht X mit Beschluss vom (25 T 34/13, Anl. K 50), durch den die Festsetzung des Amtsgerichts auf 1.100.000 EUR abgeändert wurde, war die Kammer nicht gebunden. Im Gegenteil ist der bei 1.075.000 EUR erteilte Zuschlag (Beschluss vom 07.08.2014, Anl. K 52) eher ein Indiz dafür, dass der Verkehrswert deutlich unter 1.300.000 EUR lag, aber auch nicht unter dem erzielten Meistgebot.
72Angesichts des überaus umfangreichen Stoffs, der mehr als langen Dauer des Verfahrens insgesamt und auch der intensiven Beweisaufnahme zum Verkehrswert war es in keiner Weise ermessensfehlerhaft, sondern geradezu geboten, nunmehr keine weiteren sachverständigen Einschätzungen mehr einzuholen, sondern auf der Basis der bisherigen Erkenntnisse schlicht den Schaden zu schätzen. Soweit die Kläger demgegenüber meinen, eine Schätzung sei verboten, wenn der Schaden „ohne Schwierigkeiten exakt berechnet“ werden könne, ist ein solcher Fall nicht gegeben. Das zeigt sich nicht nur in der Dauer und dem Umfang des Verfahrens, sondern ist der Bestimmung eines Verkehrswertes ohnehin immanent: Die Bestimmung eines solchen Wertes ist methodisch stets eine Schätzung; er kann gar nicht exakt berechnet werden.
73Deshalb passen auch die von den Klägern in diesem Zusammenhang weiter angeführten Zitate (Bl. 2561 f. GA) nicht, denn es galt gar nicht mehr, zusätzliche Tatsachen zu ermitteln, sondern es ging um eine Einschätzung auf der Basis bereits gewonnener Tatsachenerkenntnisse. Das Landgericht war nicht gehalten, nach der mündlichen Anhörung des Sachverständigen dem Antrag der Kläger in ihrem Schriftsatz vom 14.09.2019 (Bl. 2057 ff. GA) nachzugehen, womit sich das Verfahren nur noch weiter verlängert hätte. Die Schriftsatzfrist nach der letzten mündlichen Verhandlung war den Klägern nur eingeräumt worden, um zum letzten Schriftsatz der Beklagten Stellung zu nehmen, nicht jedoch, um abermals Einwendungen gegen das Gutachten vorzubringen. Das war auch schon deshalb nicht nötig, weil sich die Kläger in dem Termin zur Anhörung des Sachverständigen ihrerseits der Begleitung und Unterstützung ihres Privatsachverständigen V. bedient hatten. Sie konnten alle offenen Fragen abschließend in dem Termin klären. Auch deshalb genügte es für das Gericht, ihrer Forderung nachzukommen, die Ausführungen des Sachverständigen sorgfältig und kritisch zu prüfen. Das war dem Gericht auch ohne erneute Befassung des Sachverständigen möglich, wie sich ja auch die Kläger auf der Basis der gewonnen Erkenntnisse und unter Beachtung der von Einschätzung des Sachverständigen V. zu einer eigenen Einschätzung in der Lage sahen, mag diese auch von der des Gerichts abweichen.
74Anhaltspunkte dafür, dass die Kammer es ermessensfehlerhaft unterlassen hat, die Beweisaufnahme zur Höhe des Verkehrswertes fortzusetzen, gibt es auch im Lichte des beiderseitigen Berufungsvorbringens nicht. Der Sachverständige war ohne erneute Inaugenscheinnahme in der Lage, sich zum Verkehrswert zu äußern. Er kannte die Örtlichkeiten und hat sich ergänzend der Erkenntnisse bedient, die ihm der Sachverständige S vermittelt hatte. All das hat er auch in seiner Anhörung erläutert. Zuvor hatte bereits der Privatsachverständige V. ausführlich und überzeugend erläutert, warum der Sachverständige S. auch ohne erneute Ortsbesichtigung zu einer zuverlässigen Einschätzung des Verkehrswerts kommen konnte. Sonach kommt es nicht darauf an, ob die Beklagten eine weitere Beweiserhebung vereitelt haben.
75Etwaige Unsicherheiten bildet die Schätzung ab. Das gilt auch für die weiteren, bereits erstinstanzlich diskutierten Einwendungen, welche die Beklagten gegen das Gutachten erheben, die Wohnflächenberechnung, den Ansatz eines fiktiven Baujahres, die unterbliebene weitere Beteiligung des Gutachterausschusses und den Vortrag zu den angeblichen Mängeln. Gerade auch Mängel hat der Sachverständige durchaus berücksichtigt und sich dabei zulässig und nachvollziehbar auf die Erkenntnisse des Sachverständigen S. bezogen. Dass eine weitergehende Berücksichtigung von Mängeln geboten war, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die Mängel, die sich im Verlaufe der Zwangsverwaltung zeigten (vgl. Schreiben des Zwangsverwalters vom 05.06.2012, Anl. K68, und im Übrigen den Inhalt der beigezogenen Akte über die Zwangsverwaltung) sind nicht so erheblich, als dass sich daraus auf eine signifikante Minderung des Grundstückswerts schließen ließe.
76Aller Diskussionsstoff rund um die Bewertung des Grundstücks war dem Sachverständigen und dem Landgericht bekannt. Die Parteien hatten hinreichend Gelegenheit, ihre Fragen und Bedenken nicht zuletzt in der mündlichen Anhörung anzubringen. Der Sachverständige, dessen Kompetenz außer Zweifel steht, hat alle Fragen in einer Weise beantwortet, die erkennen lässt, dass seine Schätzung auf einer soliden, hinreichend gründlich und sorgfältig ermittelten Grundlage beruht. Angesichts der in Wahrheit überaus breiten Informationsgrundlage war es keinesfalls ermessensfehlerhaft, die erkennbar nicht fundamentalen Einwendungen und den daraus etwaig resultierenden Unsicherheiten durch eine Schätzung zu begegnen, die diese Unsicherheiten beseitigt.
77Auch das Ergebnis der Schätzung zeigt, dass sie durchaus beiden Seiten gerecht wird, denn sie ist nicht weit entfernt von dem rechnerischen Mittel der beiden Extrempositionen der Parteien. Mit seiner Schätzung weicht das Landgericht um 15 - 21 % von denen der Parteien ab. Auch die Beschränkung des Streits auf nur noch rund 1/5 der Schadenssumme rechtfertigt in der Gesamtschau das Vorgehen der Schätzung.
78Insgesamt mündet die Schätzung des Landgerichts in eine Tatsachenfeststellung, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, weil es keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit dieser Feststellung gibt.
79Die Kammer hat nominell lediglich den Mindestschaden geschätzt, was auf den ersten Blick so zu verstehen sein könnte, dass sie einen höheren Schaden für möglich hält. In der Gesamtschau der Umstände ist der Schaden jedoch auch nach oben hin auf 1.130.000 EUR begrenzt. Der Senat schließt sich insoweit der Schätzung der Kammer an und macht sie sich auch bezogen auf den Höchstschaden zu eigen.
80b.
81Zutreffend und von den Parteien auch nicht angegriffen hat das Landgericht den Schadensersatzanspruch der Erbengemeinschaft um den Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises und den im Verteilungsverfahren zu erwartenden Erlös reduziert, weil der Schadensersatzanspruch insoweit infolge der hilfsweise erklärten Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen ist. Auf die Ausführungen dazu in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
82Hinsichtlich des Kaufpreises war ein weitergehender Abzug nicht mit Rücksicht auf die Finanzierungskosten geboten, welche die Beklagten im Kontext ihrer Verwendungen auflisten. Insoweit fehlt es an einer Bereicherung der Kläger. Ersparte Aufwendungen gehören nicht zu dem Erlangten im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB (vgl. Schwab, in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 812 BGB Rn. 18 m.w.N.). Soweit die Beklagten Zinsen auf eigene oder übernommene Darlehen zu entrichten hatten, während diese Notwendigkeit für die Kläger entfiel, fiel das allein in die Risikosphäre der Beklagten.
83Soweit der Erlös noch nicht ausgekehrt ist, wird dem im Feststellungsausspruch zu Ziffer I 3 b Rechnung getragen. Festzuhalten ist also, dass den Klägern im Ausgangspunkt und noch ohne die Berücksichtigung der nachfolgend abgehandelten Gegenansprüche folgender Anspruch zusteht:
841.130.000 EUR Schaden
85./. 412.868,19 EUR Kaufpreis
86= 717.131,81 EUR Zwischensumme (= höchstens zu zahlender Betrag).
87Realisiert sich die Erlöserwartung, reduziert sich der Schaden weiter auf den bereits zugesprochenen Betrag:
88717.131,81 EUR Zwischensumme
89./. 165.194,54 EUR Erlöserwartung
90= 551.937,27 EUR (= vom Landgericht zugesprochener Betrag)
91c.
92Verwendungsersatzansprüche dagegen hat das Landgericht zu Unrecht nicht berücksichtigt. Dies ist in der Berufungsinstanz zu korrigieren. Abzuziehen sind weitere 299.646,54 EUR.
93aa.
94Das Landgericht lässt Verwendungsersatzansprüche der Beklagten unter anderem daran scheitern, dass diese bösgläubig gewesen seien. In diesem ersten Schritt ist dem Urteil des Landgerichts zu folgen, auf das deshalb Bezug genommen wird.
95Die Feststellungen des Landgerichts zur Bösgläubigkeit der Beklagten binden den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, weil es keine Anhaltspunkte für ihre Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit gibt. Dies gilt auch in Ansehung der Überlegungen, die der Senat in früherer Besetzung in seinem Urteil vom 17.12.2007 (I-9 U 58/07) angestellt hat; auf diese ist der Senat auch mit Rücksicht auf die analog § 563 Abs. 2 ZPO bestehende Bindungswirkung der Vorentscheidung schon deshalb nicht festgelegt, weil sie nicht die tragenden Gründe jener Entscheidung betreffen.
96Soweit der Senat seinerzeit der auch schon in dem ersten Teilurteil geäußerten Auffassung des Landgerichts entgegengetreten ist, die Beklagten seien bei Besitzerwerb bösgläubig gewesen, hat er dies damit begründet, die Beklagten hätten auf die Äußerungen ihres Vaters vertrauen dürfen. In dem nunmehr in Rede stehenden Teilurteil hat sich das Landgericht jedoch mit diesem Gesichtspunkt überzeugend auseinandergesetzt. Die Kammer hatte nach dem umfangreich gewordenen Prozessstoff und einer durchgeführten Beweisaufnahme eine breitere Beurteilungsgrundlage, als sie der Senat im Jahre 2007 haben konnte. Zutreffend hat sie darauf abgestellt, dass etwaige (Vergütungs-)Ansprüche des Vaters der Beklagten keinerlei Auswirkungen auf die Beurteilung des Geschäfts als teilunentgeltlich haben konnten und dies auch ungeachtet aller Erklärungen des Vaters deutlich genug war. Da solche Ansprüche nicht einmal andeutungsweise in einer der Urkunden von 1975 oder 1987 erwähnt werden, hatten die den Beklagten in dem Kaufvertrag gewährten Vergünstigungen keinerlei Auswirkungen oder Bezug zu diesen Ansprüchen. Auch wenn der Vater der Beklagten subjektive Vorstellung gehabt haben sollte, eine Schmälerung des Nachlasses zugunsten seiner Söhne sei moralisch oder aus sonstigen Gründen gerechtfertigt, handelt es sich doch bloß um ein Motiv, aber nicht um ein Element des Geschäfts. Auf die Aussage des Zeugen Dr. D. kam es deshalb im Ergebnis nicht an.
97Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht zutreffend nur darauf abgestellt, dass die Beklagten die Teilunentgeltlichkeit des Geschäfts kannten und wollten. Namentlich wussten sie auch, dass die in dem Kaufvertrag nicht erwähnten angeblichen Forderungen ihres Vaters durch den Vertrag nicht berührt wurden. Ungeachtet der Motive ihres Vaters war für die Beklagten klar, dass sie zu überaus günstigen Konditionen, nämlich unter Verzicht auf einen signifikanten Teil des bei freihändigem Verkauf zu erzielenden Kaufpreises, aus dem Nachlass ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück erwerben sollten, ohne dass dem Nachlass durch das konkrete Geschäft ein konkreter Ausgleich für die gewährten Vergünstigungen zukam. Dass es ohne Beteiligung oder Genehmigung der Erben nicht möglich ist, ein solches teilunentgeltliches Geschäft zu Lasten der Erben abzuschließen, wie es § 2205 BGB konstituiert, liegt auch ohne Kenntnis der Norm auf der Hand. In ähnlicher Weise wird etwa auch bei einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Untreue nach § 266 StGB nicht gefordert, dass die entsprechende Norm bekannt ist, sondern es genügt die Erfassung des Unrechtsgehalts bei Parallelwertung in der Laiensphäre.
98Für die zutreffende Sicht des Landgerichts spricht im Übrigen, dass der gute Glaube an die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht geschützt wird (vgl. hierzu OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2001 – 5 U 185/00, Juris Rn. 15; so auch Zimmermann, in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2022, § 2205 BGB Rn. 82; Grotheer, in: BeckOGK BGB (1.4.2022), § 2205 BGB Rn. 83.1). Ein gutgläubiger Eigentumserwerb eines zum Nachlass gehörenden Gegenstands ist nur möglich, wenn sich der gute Glaube auf die Eigentumsverhältnisse bezieht. Der Erwerber wäre also geschützt, wenn er annimmt, der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker sei Eigentümer. Nicht geschützt ist dagegen derjenige Erwerber, der lediglich gutgläubig annimmt, der für den Nachlass handelnde Testamentsvollstrecker sei zu Verfügungen über die Nachlassgegenstände uneingeschränkt berechtigt. Das lässt sich auf die Frage der Bösgläubigkeit im Hinblick auf das Besitzrecht übertragen.
99bb.
100Aufgrund ihrer Bösgläubigkeit sind die Beklagten im Ausgangspunkt auf etwaige Ansprüche aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683 Satz 1 BGB beschränkt. Danach kann der Besitzer notwendige Verwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt verlangen. Auf diesem Wege kann der Besitzer unter anderem Ersatz für diejenigen Verwendungen verlangen, die dem mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprachen. Verwendungen in diesem Sinne sind Vermögensaufwendungen, die der herausverlangten Sache zugutekommen sollen (Raff, in: MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 994 BGB Rn. 10). Keine Verwendungen sind deshalb Aufwendungen für den Erwerb wie der Kaufpreis etc. (BGH, Urteil vom 03.11.1989 – V ZR 143/87, NJW 1990, 447; Raff, a.a.O., Rn. 25 m. w. N. in Fn. 40).
101Die Begründung, mit welcher das Landgericht einen solchen Verwendungsersatzanspruch abgelehnt hat, trägt nicht. Nach Auffassung des Landgerichts hätten die Beklagten trotz mehrfacher Rüge durch die Kläger nicht schlüssig dargelegt, notwendige Verwendungen getätigt zu haben. Das ist aber so nicht richtig. Die Kammer hatte die Beklagten in dem Beschluss vom 07.12.2009 (Bl. 878 GA) dazu aufgefordert, ihre Rechnungslegung zu vervollständigen. Dieser Aufforderung sind die Beklagten nachgekommen. Die Kläger haben in ihrem Schriftsatz vom 09.05.2012 auch anerkannt, dass die Beklagten Auskunft über ihre „angeblichen Aufwendungen“ erteilt haben; was fehle, seien nur die ebenfalls geltend gemachten Auskünfte bezüglich der Einnahmen aus dem streitgegenständlichen Objekt. An der Darlegung der Aufwendungen fehlte es aus Sicht der Streitparteien und auch objektiv jedenfalls nicht.
102Zudem widerspricht sich das Landgericht selbst, wenn es einerseits Verwendungsersatzansprüche versagen möchte, andererseits die Beklagten verurteilt, Auskunft zu erteilen über die Mieteinnahmen abzüglich der Ausgaben. Die Beklagten sollten also ausdrücklich nach der Entscheidung des Landgerichts noch Gelegenheit haben, ihre Aufwendungen dem Nutzungsersatzanspruch der Erbengemeinschaft entgegenzuhalten, was ihnen andererseits versagt sein sollte.
103Tatsächlich haben sie ihre Ausgaben bereits mitgeteilt und nachgewiesen. Das haben sie in der Berufungsinstanz in der Weise wiederholt, dass sie die mit den Unterlagen belegten Ausgaben in die Berufungsbegründung aufgenommen haben (Bl. 2235 bis 2419 GA). Auf diese Darstellung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen, wobei die Beklagten die Kosten für das Jahr 2007 versehentlich doppelt aufführen. Aus dem eingangs vorgestellten Begriff der Verwendung folgt allerdings, dass die von den Beklagten in ihre Übersicht eingestellten Kapitalkosten nicht ersatzfähig sind. Es handelt sich um Kosten für den Erwerb der Sache, die nicht der Sache selbst zugutekommen und deshalb nicht als notwendige Verwendungen gemäß § 994 Abs. 2 BGB ersetzt werden können.
104Die Beklagten kommen danach auf folgende Abzugspositionen:
105
Jahr |
Summe (DM) |
./. Darlehenszinsen (DM) |
Ergebnis (DM) |
1987 |
35.483,62 |
26.622,94 |
8.860,68 |
1988 |
29.407,64 |
24.045,88 |
5.361,76 |
1989 |
34.702,15 |
24.045,88 |
10.656,27 |
1990 |
71.790,51 |
23.685,69 |
48.104,82 |
1991 |
46.104,45 |
24.027,36 |
22.077,09 |
1992 |
47.749,00 |
24.027,36 |
23.721,64 |
1993 |
39.725,99 |
24.027,36 |
15.698,63 |
1994 |
54.724,86 |
24.027,36 |
30.697,50 |
1995 |
61.018,91 |
24.027,36 |
36.991,55 |
1996 |
53.964,51 |
23.493,42 |
30.471,09 |
1997 |
45.232,59 |
23.315,44 |
21.917,15 |
1998 |
49.794,45 |
23.315,44 |
26.479,01 |
1999 |
70277,71 |
23.315,44 |
46.962,27 |
2000 |
51.593,79 |
23.315,44 |
28.278,35 |
2001 |
35.593,31 |
23.315,44 |
12.277,87 |
Insgesamt |
727.163,49 |
358.607,81 |
368.555,68 |
in Euro |
371.792,79 |
183.353,26 |
188.439,53 |
Jahr |
Summe (€) |
./. Darlehen (€) |
Ergebnis (€) |
Übertrag |
371.792,79 |
183.353,26 |
188.439,53 |
2002 |
16.923,83 |
11.920,90 |
5.002,93 |
2003 |
15.210,95 |
11.920,90 |
3.290,05 |
2004 |
19.586,03 |
11.920,90 |
7.665,13 |
2005 |
17.737,98 |
11.920,90 |
5.817,08 |
2006 |
54.453,26 |
8.603,99 |
45.849,27 |
2007 |
30.886,05 |
7.498,32 |
23.387,73 |
2008 |
19.154,37 |
7.498,32 |
11.656,05 |
2009 |
16.037,09 |
7.498,32 |
8.538,77 |
Insgesamt |
561.782,35 |
262.135,81 |
299.646,54 |
Die Kläger sind dem in der Berufung nicht dezidiert entgegengetreten. Es ist plausibel, dass – abgesehen von den vom Senat abgezogenen Kapitalkosten – alle geltend gemachten Verwendungen dem mutmaßlichen Willen der Kläger entsprachen, weil sie sie zur Erhaltung der Sache in gleicher Weise hätten tätigen müssen.
108cc.
109Die Beklagten sind nicht gemäß § 1001 BGB daran gehindert, ihre Verwendungsersatzansprüche in Höhe von 299.646,54 EUR geltend zu machen.
110Nach dieser Vorschrift, die unter der gesetzlichen Überschrift „Klage auf Verwendungsersatz“ gefasst ist, kann der Besitzer den Anspruch auf Ersatz der Verwendungen nur geltend machen, wenn der Eigentümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt. Unter Beachtung der gesetzlichen Überschrift ist mit „geltend machen“ die Klage des Besitzers auf Verwendungsersatz gemeint.
111Eine solche Klage steht hier nicht in Rede, sondern die Beklagten machen Verwendungsersatz im Wege der Rechtsverteidigung geltend. Indes mag die Norm ihrem Sinn und Zweck nach auch auf eine Konstellation wie die vorliegende übertragbar sein. Sie stellt klar, dass der Besitzer nur unter eingeschränkten Voraussetzungen Verwendungen ersetzt verlangen kann. Erhält der Eigentümer die Sache nicht wieder, fallen die Verwendungen allein in seine Risikosphäre. Das aber ist keine prozessuale Regelung, sondern eine materiell-rechtliche. Unter diesem materiell-rechtlichen Gesichtspunkt spielt es keine Rolle, in welcher prozessualen Situation der Besitzer seine Verwendungen ersetzt verlangt, ob im Wege der Klage, der Aufrechnung oder durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts.
112Die Eigentümergemeinschaft muss sich aber so behandeln lassen, als hätte sie die Sache wiederbekommen. Sponheimer schreibt in BeckOGK BGB, Stand: 01.11.2022, § 1001 BGB Rn. 11, im Falle einer Zwangsversteigerung könne der unberechtigte Besitzer seinen Verwendungsersatzanspruch mit dem Zuschlag gegen den früheren Eigentümer des Grundstücks durchsetzen. Das sei auch sachgerecht, denn der Verwender stünde in diesen Fällen weitgehend schutzlos, während umgekehrt der Versteigerungserlös dem früheren Eigentümer zugutekommt und sich in ihm letztlich auch werterhöhende Verwendungen realisieren. Raff äußert sich in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 1001 BGB Rn. 4 entsprechend; dies entspricht auch der ganz herrschenden Meinung, welcher sich der Senat anschließt.
113dd.
114Nach alledem sind die notwendigen Verwendungen der Beklagten von dem von dem Landgericht zugesprochenen Betrag abzuziehen, so dass sich folgende Rechnung ergibt:
1151.130.000 EUR Schaden
116./. 412.868,19 EUR Kaufpreis
117= 717.131,87 EUR Zwischensumme (= Höchstschaden gemäß Landgericht)
118./. 299.646,54 EUR notwendige Verwendungen
119= 417.485,27 EUR Zwischensumme (= Höchstschaden gemäß Senat)
120./. 165.194,54 EUR Erlöserwartung aus der Zwangsversteigerung
121= 252.290,73 EUR Ersatzbetrag ohne Erlösanteil.
122d.
123Das Landgericht hat die weitere Hilfsaufrechnung mit den Testamentsvollstreckergebühren zutreffend abgelehnt. Weder hätten die Beklagten einen Anspruchsübergang dargetan noch hätten sie einen fälligen Anspruch aufgezeigt.
124Die Ausführungen des Landgerichts, auf die wiederum Bezug genommen wird, sind in beiderlei Hinsicht zutreffend. Auf welche Weise die Beklagten welche konkreten Forderungen erworben haben wollen und wann diese fällig geworden sein sollen, ergibt sich auch nicht aus ihrem Berufungsvorbringen. Entgegen der Berufungsbegründung oblag es den Beklagten, genau aufzuzeigen, welche Zahlungsansprüche ihres Vaters wann fällig geworden sind. Angesichts der erhobenen Verjährungseinrede war dies nicht unerheblich. Anlass, die Höhe möglicher Testamentsvollstreckervergütungen durch ein Sachverständigengutachten zu ermitteln, bestand nicht. Die Beklagten tragen sogar widersprüchlich vor, wenn sie einerseits geltend machen, die Vergünstigungen beim Kauf der Grundstücke seien ihnen mit Rücksicht auf die von ihrem Vater nicht geltend gemachten Vergütungsansprüche eingeräumt worden, und nun andererseits suggerieren, solche Ansprüche seien außerhalb des Grundstücksgeschäfts irgendwann einmal fällig gestellt worden.
125Im Übrigen sprechen die zur Akte gelangten Abrechnungen „Notar a. D. ... G. Erben / Einnahmen und Ausgaben“ für die Jahre 1965-1972 und 1984-1986 dagegen, dass irgendwelche Testamentsvollstreckervergütungen offengeblieben sein könnten. Denn in der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben werden die „TV-Gebühren“ und „Büroarbeiten“ stets als Ausgabenposten unter der Überschrift „Honorare“ aufgeführt, die erkennbar als bezahlt verbucht wurden. Mit der Abrechnung wurde zum Ausdruck gebracht, dass weitere Forderungen nicht bestanden. Die Abrechnungen für die Jahre 1984 bis 1986 sind nur unvollständig zu den Akten gereicht worden. Angesichts der insoweit vorliegenden handschriftlichen Aufstellungen und der Fassung der vorliegenden Teile dieser Abrechnungen ist aber hinreichend klar, dass die Testamentsvollstreckervergütungen auch in den Jahren 1984 bis 1986 abgerechnet wurden. Das erlaubt den Schluss, dass dies auch in den Jahren 1973 bis 1983 durchgängig so gehandhabt wurde.
126e.
127Einen Nutzungsersatzanspruch hinsichtlich Zinsen aus dem Baranteil des Kaufpreises hat das Landgericht mit zutreffender Begründung versagt. Tatsächlich gezogene Nutzungen sind nicht belegt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann abermals Bezug genommen werden.
1286.
129Die Feststellung der Eigentümerstellung für das Objekt F.-Str. 2d folgt aus den bisherigen Ausführungen.
130Auch die Feststellung der weitergehenden Ersatzpflicht hinsichtlich dieses Objekts folgt aus dem schon Gesagten. Der Höhe nach war sie an den ausgeurteilten Zahlungsbetrag anzupassen und nach oben um den Betrag der zu berücksichtigenden notwendigen Verwendungen zu reduzieren.
1317.
132a.
133Die Beklagten schulden der Erbengemeinschaft analog § 988 BGB die Herausgabe der von ihnen gezogenen Nutzungen. Das Landgericht hat auf die Stufenklage der Kläger bislang nur über die Auskunftsstufe befunden. Der Senat hat das Begehren der Kläger unter Berücksichtigung des Streits um die Zulässigkeit des Teilurteils weitergehend dahingehend aufgefasst, dass sie auch schon auf der Ebene der Auskunftsstufe eine Klärung dem Grunde nach wünschen, um etwaige Widersprüche zwischen dem Teil- und dem Schlussurteil zu vermeiden. Solche könnten sich sonst etwaig dadurch ergeben, dass die Kammer in anderer Besetzung auf der Zahlungsstufe keinen Nutzungsherausgabeanspruch mehr anerkennt. Ein solcher ergibt sich aber zwingend aus den hier vorgestellten Überlegungen. Zu der deshalb mit ausgesprochenen Entscheidung über das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach unter teilweisem „Heraufziehen“ der Zahlungsstufe ist der Senat wegen ihrer in der konkreten prozessualen Situation offenkundigen Sachdienlichkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch berechtigt (BGH, Urteil vom 12.01.1994 – XII ZR 167/92, juris Rn. 25 m.w.N.; vgl. auch Heßler, in: Zöller, ZPO, 34. Auflage, § 538 ZPO Rn. 55, ebenfalls m.w.N.).
134b.
135Die Beklagten haften der Erbengemeinschaft auch hinsichtlich der Nutzungsersatzansprüche und der dieser vorgelagerten Auskunftspflicht als Gesamtschuldner. Im Ausgangspunkt kann abermals auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden.
136Als Gesamtschuldner haften die Beklagten, weil sie auch insoweit die tatsächliche Gewalt über die Grundstücke (mittelbar) gemeinsam ausgeübt und sich gemeinsam als Vermieter geriert haben. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie hinsichtlich der Gegenansprüche, derer sie sich berühmen, als Gesamtgläubiger auftreten. Sie trennen insoweit – nachvollziehbar – nicht nach Ansprüchen, die einem von ihnen entstanden sein sollen. Vielmehr stehen sie auf dem Standpunkt, dass ihnen die Aufwendungen für die gemeinsam verwalteten Grundstücke gemeinsam zustehen. Im Umkehrschluss verdeutlicht dies aber auch, dass sie bezogen auf die gemeinsam verwalteten Grundstücke als Gesamtschuldner anzusehen sind.
137c.
138Diese Ansprüche sind auch nicht verjährt. Bei dem Nutzungsersatzanspruch handelt es sich nicht um einen solchen, der auf Zahlung wiederkehrender Leistungen gerichtet wäre. Eine vierjährige Verjährungsfrist nach § 197 BGB alter Fassung galt insoweit nie, vielmehr die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB alter Fassung. Aufgrund der Überleitungsvorschrift des Art. 226 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB galt ab dem 01.01.2002 eine dreijährige Verjährung, die zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen war.
139d.
140Aus dem Bestehen der Nutzungsersatzansprüche folgt zugleich, dass aus § 242 BGB auch ein Anspruch auf Auskunft über den Umfang dieser Nutzungen besteht. Das hat das Landgericht zutreffend gesehen, so dass abermals auf seine Ausführungen Bezug genommen werden kann.
141Dass die Beklagten die Auskünfte „unschwer“ erteilen können, zeigt sich auch daran, dass es ihnen möglich war, ihre eigenen Ausgaben von 1987 an in der Berufungsbegründung und zuvor durch umfangreiche Belege mitzuteilen.
1428.
143Eine Kostenentscheidung war in dem Teilurteil noch nicht veranlasst (vgl. nur Feskorn, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 301 ZPO Rn. 21). Über die Kosten – auch des mehrfachen Berufungsverfahrens – ist einheitlich erst im Schlussurteil zu entscheiden.
144Veranlasst war dagegen eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit. Sie beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
145Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die dafür in § 543 Abs. 1 ZPO geregelten Voraussetzungen nicht vorliegen.
146Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf (bis) 2.100.000 EUR festgesetzt. Eine Korrektur der Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren erfolgt durch gesonderten Beschluss in dem Verfahren I-9 W 40/19.
147Bei der einheitlichen Bewertung der Anträge zu 1 und 2 hat das Landgericht zutreffend wirtschaftliche Identität angenommen, das Interesse mit 500.000 EUR aber deutlich zu hoch bemessen. Es geht lediglich um eine Garage. Der Sachverständige S. hat den Wert der Garage in seinem ersten Gutachten mit „pauschal 10.000 DM“ berücksichtigt (Seite 12 = Bl. 1425 GA). In dem zweiten Gutachten war sie nicht mehr Gegenstand, weil sie nicht mitversteigert worden war. Auch bei großzügiger Betrachtung können für die Garage nicht mehr 10.000 EUR angesetzt werden.
148Den Antrag zu 3 (Auskunftserteilung) hat das Landgericht mit 48.200 EUR bemessen. Das ist zutreffend und entspricht der Festsetzung durch den Senat vom 30.04.2007 (Bl. 501 GA).
149(Der Antrag zu 4 betrifft die in der Berufungsinstanz nicht streitgegenständliche Zahlungsstufe, über die das Landgericht erst noch befinden muss und die deshalb unberücksichtigt bleibt.)
150Der Antrag zu 5 ist in der Höhe des geltend gemachten Betrags und deshalb mit 721.937,27 EUR zu bemessen.
151Bei den Anträgen zu 6 und 7 geht es darum, den Klägern die noch offene Summe von 165.194,54 EUR aus dem Verteilungsverfahren zu sichern. Für den Streitwert ist von wirtschaftlicher Identität beider Anträge auszugehen. Weil es lediglich um ein Feststellungs- und nicht um ein Zahlungsbegehren geht, sind 80 % des Interesses ansetzen, also 132.155,63 EUR.
152In dem Beschluss vom 17.05.2019 (Bl. 2160 GA) hat das Landgericht dann zutreffend die Gegenansprüche hinzuaddiert.
153Fasst man alle Positionen zusammen, ergibt sich folgende Rechnung:
15410.000 EUR Garage P.-Str.
155+ 48.200 EUR Auskunft
156+ 721.937,27 EUR Schadensersatz
157+ 132.155,63 EUR Feststellungsanträge
158+ 316.951,74 EUR Nutzungsersatz
159+ 561.731,21 EUR Verwendungsersatz
160+ 260.572,05 EUR Testamentsvollstreckergebühren
161= 2.051.547,90 EUR
162Damit liegt der Streitwert für das Berufungsverfahren in der Stufe bis 2.100.000 EUR.